Elisabeth Zieger

Das letzte Zeichen

Da waren oft Zeichen in deinen Augen. Wie verblassende Schatten im Licht. Kamen und gingen sie. Rätselhafte Zeichen. Manchmal. Eigentlich nur manchmal. Wie Spuren im Sand. Diese Zeichen.
 Stumme Zeugen meiner Erinnerung. Denkmäler. Mahnmäler. Narben.
 Jedoch ist das vorbei. Vorüber jetzt.
 Du kämpfst nicht weiter. Ich kämpfe auch nicht.
 Aber ich denke noch an die Zeichen. Die Zeichen in deinen Augen. Manchmal.
 Wir haben Frieden geschlossen. Eines Tages. Ganz still.
 Du hast Frieden geschlossen. Mit dir. Für mich. Wir leben normal.
 Wir sprechen nicht mehr darüber, was war. Haben wir nie. Das ist schließlich gewesen!
 Es ist ja so vieles gewesen. Gewesen und vorbei. Unwichtig.
 Nicht alles müsste dem Schweigen verfallen! Nicht alles. Nicht unbedingt.
 Wir sprechen es trotzdem niemals aus. Das ist Gesetz.  Denn wo wir waren, gab es keine Worte.
 Nur Wut. Nur Angst. Nur Schmerz.
 Nicht nur. Nicht alles. Natürlich.
 Wir verscharren es trotzdem. Alles. Sicherheitshalber.
 Tot schmeckt das Präteritum in unseren Mündern nach.
 Aber wir erinnern uns. Ich erinnere mich. An deine Augen. Und an die Zeichen darin.
 Lebendig. Bilder liegen in gläsernen Särgen namenloser Gräber. Lebendige Bilder. Unaussprechlich.
 Und nun stehst du im Flur. Du kommst spät.
 Die Straßenlaterne scheint warm herein. Ich liebe dieses warme Licht.
 Die Vergangenheit ist vergeben. Ein lauterer Engelshauch, wie heller Nebel, umspielt dich.
 Mystisch. Wunderbar. Ein wenig unwirklich.
 Dein Gesicht ist wie immer. Ich vertraue dir. Ich vertraue diesem Gesicht!
 Nur ab und zu suche ich noch nach den Zeichen in deinem Blick.
 Wir kennen uns schon so lange Zeit. Eine gute Zeit. Bis die Zeichen kamen.
 Da wurde es eine tote Zeit.
 Diese Zeichen.
 Sind sie noch da? Woher waren sie gekommen?
 Wohin sind sie verschwunden? Wie? Wieso?
 
 Du trägst die Hände in den Taschen. Ewig nur schamhaft in den Taschen.
 Weshalb noch immer? Stehst du so da? Mit deinen Händen in den Taschen?
 Du kommst so spät. Mit deinen Händen in deinen Taschen.
  
Eine Träne. Herrlich warm vom Feuer, ergriffen, erfasst, erwählt.
Auf dem Flug zum Himmel in gleißender Helligkeit vergangen. Unser Haus steht in Flammen.
 Das letzte Zeichen!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.11.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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