Helmut Weissenbacher

Hexenkünste

                     

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Rosa, die Tochter vom Leitenbauer, war ein wenig hintersinnig, sagten die Leute. Das heißt nun nicht, dass sie dumm war, im Gegenteil, seit dem frühen Tod der Mutter führte sie dem Leitenbauern die umfangreiche Wirtschaft wie es eine erfahrene Bäuerin nicht besser gekonnt hätte. Niemand konnte dem Hof etwas Schlechtes nachsagen. Jeder Knecht, jede Magd, konnte glücklich sein beim Leitenbauern einstehen zu dürfen. Aber einfach war das nicht, die Rosa suchte die Leute nämlich sehr genau aus und keiner wusste nach welchen Gesichtspunkten eigentlich.

 

Aber die Rosa war eben  anders.  Schon die braunen Augen mit grünen Sprenkeln unter der hohen reinen Stirn konnten manchen nervös machen. Normalerweise blickten sie fröhlich und unbekümmert in die Welt, immer zu einem Lachen bereit. Manchmal aber konnte sie Menschen in einer Weise mustern, dass diese glaubten sie wolle in ihr Inneres schauen. Die Schmiedin, das größte Lästermaul weit und breit, kam nicht mehr auf den Hof. „Denn“, sagte sie „Bei der Rosa glaubt man die kann einem Die Gedanken ablesen“. Und bei den Gedanken die die Schmiedin immer wälzte war das eine ungute Vorstellung.

 

Die Rosa redete auch mit den Dingen ihrer Umgebung. Das wäre noch nicht sehr ungewöhnlich gewesen, aber die Dinge schienen auf sie zu hören. Sie entschuldigte sich zum Beispiel beim Hollerbusch wenn sie ihm die Blüten abnahm um Strauben zu backen oder die Früchte um Mus zu kochen. Sie bat ihn dies nicht übel zu nehmen und im Jahr darauf blühte er doppelt so stark. Sie redete einem Kohlkopf der nicht recht wachsen wollte gut zu, grub ein bisschen um den Strunk herum und eine Woche später stand er in voller Pracht wie alle anderen.

 

Sie hielt sich bei der Gartenarbeit überhaupt nicht an die Tradition, an die alten Bräuche. An einem freistehenden Backofen können keine Pflanzen wachsen hieß es, es wird ihnen zu warm. Der Backofen vom Leitenbauern war so überwuchert mit Sommerrosen, Knöterich, und Levkojen, dass gerade die eiserne Tür frei blieb. Der Garten war ein Durcheinander, da standen Erdbeeren neben Spinat, Zwiebel neben Kopfsalat, zwischen den Stangenbohnen wucherten Ringelblumen. Und alles gedieh prächtig. Gute Pflege zuckte Rosa die Achseln. wenn man sie nach ihrem Rezept fragte. Das kommt nur vom Zureden, sagte Mara hingegen zur Jungmagd Gretel.

 

Mit dem Vieh war es genauso. Der ewig grantige Widder Salomon, stellte sich jedem mit gesenkten Hörnern entgegen, der seiner Herde zu nahe kam. Wenn Rosa über die Wiese ging kam er mit erhobenem Kopf und kleinen Schritten auf sie zu, steckte ihn unter ihren Arm und rieb ihn genüsslich an ihrer Hüfte. Die Haflinger die sich sonst nur um ihr Futter kümmerten, kamen auf den Zaun zu marschiert wenn Rosa nur in den Hof kam  nur um ein paar Streicheleinheiten zu bekommen. Und so war es bei allen anderen auch. Mara, die Magd die die Oberaufsicht über den Stall und alles Vieh führte, war oft direkt beleidigt. „Ich füttere sie, ich tränke sie, ich helfe den Kranken und ihr laufen sie nach als wäre sie die Einzige die sich um sie kümmert“.

 

Einen Vogel hatte sie gefunden, noch nackt aus dem Nest gefallen. Jeder hatte den Kopf geschüttelt, „nichts zu machen“. Rosa hatte ihn aufgepäppelt. Fritzi die Bergdohle hatte sie zwar wieder ausgewildert, aber seitdem hielt sie sich in der Nähe des Hofes auf. Wenn Rosa auftauchte, war auch Fritzi da, setzte sich auf ihre Schulter und knabberte an ihrem Ohr. Es sah aus als würde sie ihr etwas erzählen und viele meinten das wäre tatsächlich so.

 

 Eines Tages war ein Lumpenbündel vor der Tür gelegen. Erst als es sich bewegte und unter zottigen Brauen ein paar Augen und eine rote Zunge sichtbar wurden sah man, dass es ein Hund war. Jakob der Knecht wollte ihn verjagen aber Rosa verwies ihm das streng. „Lass den Wuschel in Ruhe“! Verdutzt schaute der Knecht sie an: Woher weist du das er Wuschel heißt“? „Es IST der Wuschel“ stellte sie entschieden fest und führte ihn ins Haus. Der Hund wurde gefüttert und am Nachmittag als Zeit war, im Garten in der alten Sitzbadewanne gebadet. Als der Dreck nicht mehr am Hund war sondern im Wasser schwamm, wusste man zwar immer noch nicht wo hinten und vorne war, aber er war seit dem Augenblick ein treuer, tapferer und flinker Begleiter.

 

Was die Leute aber am meisten betuschelten, Rosa hatte Gesichter. Eines Tages ließ sie mitten in den Vorbereitungen alles stehen, rief der Küchendirn noch zu: „mach weiter“ und rannte zum Stadel hinüber. Dort arbeitete ihr Vater mit einem Knecht. „Schnell“ rief sie, „den Traktor mit der Winde, dem Jakob ist was passiert“. „Was soll dem beim Scheiterladen passieren“? fragte der Vater verdutzt. Aber sie drängte nur weiter und so fuhren sie zu Dritt in den Wald hinauf. Der Jakob hatte Scheiter aufgeladen, aber der Hänger stand mit einer Seite auf nassem Grund. Als er halb voll war kippte er und begrub den Knecht unter sich. Mit der Winde konnten sie das Gefährt aufheben und ihn bergen. „Woher hast du das gewusst“? fragte der Vater etwas verstört. „Ich glaube ich habe ihn schreien gehört“ zuckte sie die Achseln. Jeder wusste, dass das unmöglich war.

 

„Spann mir die Mirl vor den leichten Zweiradler“ rief sie ein andermal dem Halterbuben zu. Mit der jungen kräftigen Stute vor dem Wagen fuhren sie hinüber zur Birnlucken wo die Kräuterfrau Waberl ihre karge Hütte hatte. Sie fanden die Alte von Fieberschauern geschüttelt und hilflos vor dem Bett liegen. Gerade noch rechtzeitig, dass Rosa dafür sorgen konnte, dass sie wieder auf die Beine kam.

 

Die Waberl war es auch die die Rosa in die Geheimnisse der Kräuterkunde einführte. Rezepte die sie sonst niemandem anvertraut hätte gab sie an Rosa weiter. „Und“ sagte sie „weil die Kräuter allein nie helfen muss man auch die richtigen Gebete dazusagen“ und auch diese lernte die Rosa. Aber die erfahrene Kräuterfrau musste sich eingestehen: „Viel braucht man der nicht lernen, die hat es mehr im Gespür als ich je gehabt habe“. Und so heilte die Rosa mit Kräutern und Gebeten (die sie aber nur stumm sprach) so manches Tier und manchen Menschen am Hof  bei Gebrechen die sonst als sehr langwierig galten.

 

Das waren natürlich Dinge die viel Anlass zu Gerede gaben, denn geredet und vor allem gedeutet wurde über alles. Auch wenn es noch so harmlose Erklärungen gab. Die einen deuteten es als Gottesgabe, als übersinnliche Kräfte und begegneten der Rosa mit Hochachtung und Scheu. Manche taten es als Zufälle ab weil sie ganz einfach nicht an so einen Schmarren glaubten. Nicht wenige aber munkelten sogar von Hexenkräften die irgendwann auch ins Böse umschlagen würden. „Gottesgabe“ höhnte die Schmiedin. „Wann geht den die schon in die Kirche, zu Ostern und zu Weihnachten. Nicht jeden Sonntag wie ein rechter Christenmensch“. Das stimmte, aber man wusste, dass die Rosa am Wochenende fast immer oben auf der Birnlucken war. Dort hatte einer ihrer Vorfahren in großer Not einmal ein Kreuz versprochen und dann auch gestiftet. Und unter den weitausladenden Armen dieses Kreuzes mit seiner schönen geschnitzten Christusfigur saß die Rosa, die Hände im Schoss gefaltet und schaute in die Weite. Und wenn sie auch nicht in die Kirche ging, umso öfter kam der alte Pfarrer sie besuchen, saß bei ihr in der Küche oder am Anger. Was sie redeten hat nie jemand erfahren. Für die Schmiedin war es nur ein weiterer Beweis: „Sogar den Pfarrer hat sie verhext mit ihrem Schöntun“.

 

So lebten sie nun am Leitenbauernhof. Eigentlich recht glücklich, aber von allen beobachtet. Wenn der Bauer, er war schließlich auch nicht mehr der Jüngste, ab und zu aufs Heiraten zu sprechen kam zuckte die Rosa nur die Achseln und meinte recht unbestimmt, „wird schon werden“.

 

 

 

 

Der Huber Hansl war Briefträger im Tal. Sohn des Wasserburger, des Bauern der unmittelbarer Nachbar vom Leitenbauern war. Und eigentlich wäre er auch gerne Bauer geworden. Aber als jüngerer Sohn wurde das eben nicht gespielt auf dem Land. So hatte der Hansl Zimmerer gelernt und er war ein guter Handwerker. Aber viel Arbeit gab es nicht in der Gegend und so hatte er bei der Post angeheuert. Diese hatte nämlich Probleme jemanden zu finden der das ganze Tal mit all seinen Nebengräben und einschichtigen Bauern ohne zu murren mit der täglichen Post, Prospekten und dergleichen versorgte.

 

Der Lohn war nicht sehr hoch, aber für den Hansl war das leichte Arbeit. Er war ja da daheim und wenn es im Winter einmal gar zu arg wurde ließ er eben sein Moped stehen und schnallte die Schier an. Außerdem blieb ihm Zeit genug, nebenbei Zimmermanns -, Tischler –und Holzknechtarbeiten zu machen, so das er auch nicht zu kurz kam.

 

Allerdings gab es ein Problem. Nicht für den Hansl, für den war es eher eine Pflichtübung. Im Tal hatten auch viele andere keine Arbeit. Und so musste es eben sein, dass manche auspendelten in die Stadt oder die ganze Woche in einem fernen Holzschlag verbrachten. Die zurückgebliebenen Frauen und Freundinnen fühlten sich nun, nur zum Teil muss man gerechterweise sagen, recht einsam. Kein Wunder das sie Trost suchten bei einem Menschen der eben greifbar und willens war Trost zu spenden. Und weil er ein wirklich guter Kerl war spendete der Hansl eben. Nur aus Gutherzigkeit und ohne schlechte Hintergedanken.

 

Das solches Tun nicht verborgen blieb dafür sorgten wohlmeinende Nachbarinnen die mit Feldstecher und Stoppuhr die Zeit registrierten die der Hansl für die Zustellung eines Briefes fallweise brauchte. Obwohl niemand Genaues sagen konnte wurde er von manchem Mann scheel angesehen. Dass ihn manche „den Witwentröster“ und böse Zungen sogar „den Gemeindestier“ nannten war aber eine starke Übertreibung.

 

Von zuhause war er ausgezogen. Sein Bruder war ein arger Moralist, der ihm immer einen unsittlichen Lebenswandel vorhielt. Zusätzlich war er ein schlechter Bauer und sein Wirtschaften passte wieder dem Hansl nicht. So hatte er sich im Austraghäuschen das zum Hof gehörte eingerichtet. Es lag auf einer Terrasse über dem Bach, auf halbem Weg zum Leitenbauern. Dort hatte er ein kleines Bad eingebaut, zwei kleine Zimmer und die Küche gemütlich eingerichtet und hauste da recht bequem. Weil er aber den Gerüchten die über ihn und seine „angeblichen“ Liebschaften kursierten keine konkrete Nahrung geben wollte, achtete er sehr darauf, dass er in seinem Daheim nie Frauenbesuch empfing.

 

 

 

 

Der Leitenbauer hatte unten an der Abzweigung von der Straße einen Briefkasten aufgehängt. Dort wurde die Post abgelegt, wenn wer vorbeikam nahm er sie mit, wenn nicht, auch gut. So Wichtiges hatte der Bauer kaum zu erwarten. Der Hansl kam daher praktisch nie auf den Hof. Nur sein Ruf war auch dort bekannt und immer wieder Gesprächsstoff.

 

Wenn man aber einen Brief vom Finanzamt in die Hosentasche steckt, wie Jakob der Knecht es tat, die Hose dann in die Wäsche schmeißt, so das nur mehr ein undefinierbarer Papp überbleibt, dann wird das Finanzamt böse. Es schreibt einen RSB – Brief, der persönlich und gegen Unterschrift übernommen werden muss. Es kann daher nicht bestritten werden, dass das Finanzamt schuld war, dass der Hansl auf den Leitenbauernhof kam.

 

Es war Vormittag und die Rosa allein in der Küche beim Gemüseputzen. Der Wuschel meldete den Besuch an, da er ihn noch nicht kannte. Der Hansl klopfte kurz und stand auch schon da. „Da schau her die Rosa, wir haben uns auch schon eine Ewigkeit nicht gesehen“. Sie kannten sich natürlich vom gemeinsamen Schulweg her. „Dirndl du hast dich aber sauber zusammengewachsen. Wenn ich denk was für ein mageres und zausiges Ding das du warst“. Die Rosa musterte ihn und meinte dann: „Hast recht Hansl, ich glaub seit der Schulzeit nimmer. Hätte dich auch schon gleich nicht erkannt, wenn nicht alle Welt wüsste das der Wasserburger -  Hansel Briefträger ist. Sitz nieder ein bisschen, was führt dich denn her“? Der Hansl setzte sich und schob seinen Brief über den Tisch: „Ihr müsst mit dem Finanzamt was haben, sonst schreiben die keine Einschreiben“. Die Rosa war aufgestanden und holte vom Herd eine Tasse Kaffee und aus dem Rohr ein großes Stück Apfelstrudel. Während sie es vor ihn hinstellte, lachte sie: „Das wird der Brief im Jakob seinem Sack gewesen sein, er ist durch die Wäsche gegangen und war nicht mehr leserlich“. „Wie geht’s dir denn Hansl? Gefallts dir auf der Post“? „Ja mei“ meinte er, „es ist eine leichte Arbeit und man kommt viel herum“. „Und in so viele Häuser“ lächelte sie. Er wurde fast ein wenig rot und meinte: „Musst nicht alles glauben was die Leute so reden Rosa“ irgendwie schien es ihm wichtig, dass sie keine allzu schlechte Meinung von ihm hatte. Sie hatte sich wieder gesetzt und betrachtete ihn nun ganz intensiv mit ihren unergründlichen braunen Augen. Dem Hansl war auf einmal gar nicht wohl in seiner Haut. Warum wusste er aber auch nicht.

 

Dann wurde ihr Blick weich. „Was ich glaub Hansl ist ja egal, du musst wissen was du tust. Und ich mein halt du weist es noch nicht was das Richtige ist“. Er schaute sie etwas verdutzt an. Was sollte das? Woher wollte sie wissen was für ihn das Richtige war. „Hast den Strudel selber gemacht“? lenkte er ab. „Freilich, willst noch ein Stück“? „Ich muss leider weiter“ meinte er. „Und wenn ich zu lange da bliebe kämest du auch noch ins Gerede“. Sie lachte: „Bin ich das nicht ohnehin, die Hex von der Leiten und von der Birnlucken. Aber mir ist das egal. Könnte nur sein, dass die Leut sagen jetzt hat sie den auch noch verhext. Aber keine Angst, ich habe noch nie jemanden etwas Böses getan“. Dem Hansl wurde ganz eigen zu Mute. Dieses saubere Dirndl und diese Augen. Hatte sie ihn tatsächlich schon verhext“? „Tu mir unterschreiben Rosa“ schob er ihr den Brief hin. „Ich muss wirklich schauen das ich weiter komm“. „Ist recht Hansl“ sie schaute ihn wieder so tiefgründig an. „Komm halt wieder einmal vorbei, musst ja nicht unbedingt einen Brief vom Finanzamt bringen“.

 

Die Rosa saß noch lange da. In der einen Hand eine Karotte, in der anderen das Gemüsemesser, und schaute ins Leere. Kann auch sein, dass sie Dinge sah die allen anderen verborgen blieben. Dann lächelte sie und schüttelte den Kopf. „Was meinst du“ sagte sie zum Hund und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.

 

In den folgenden Tagen war die Rosa oft ein wenig geistesabwesend. Auch ging sie in der Abenddämmerung dreimal hinauf zum Kreuz auf der Birnlucken. Saß da, die Hände im Schoß gefaltet, den Hund zu ihren Füssen und schaute übers Land. Die Waberl sah sie sitzen, ging ihr aber nicht in die Nähe. Sie spürte: „Die dort suchte eine Entscheidung zu treffen und es war keine leichte“.

 

In der Woche darauf am Samstag nahm Rosa nach dem Mittagessen einen Korb und ging. Schwammerlsuchen sagte sie und bevor sich jemand anbieten konnte sie zu begleiten war sie verschwunden. Seltsam nur das sie für ein paar Stunden eine Tüchtige Jause mitnahm. Selchfleisch, Käse, Brot und eine Flasche Most.

 

Sie wusste natürlich wo die Pilze zu finden waren. Die Mara sagte einmal, die liefen ihr sogar zu. Der Korb war daher in einer knappen Stunde voll. Rosa aber ging immer weiter in den Wald hinein der schon dem Niederwieser gehörte. Als sie Axtschläge und das Brummen einer Kettensäge hörte nickte sie zufrieden. Sie kam an den Rand einer Lichtung wo der Hansl drei Schadbäume gefällt hatte und dabei war sie aufzuarbeiten. Sie bedeutete dem Hund ruhig zu sein, setzte sich auf einen umgestürzten Baum und sah ihm zu. Er arbeitete mit nacktem Oberkörper, war braun gebrannt und man konnte sehen, dass er ein kräftiger, sehniger Mann war. „Kein Wunder“ dachte sie, „das so ein Geriss ist um ihn“.

 

Der Hansl spürte fast körperlich, dass er beobachtet wurde. Er schaute sich suchend um und da saß ausgerechnet die Frau, die ihm in den letzten Tagen nicht aus dem Kopf gegangen war. „Ja Rosa was machst denn du da“ sagte er und griff nach seinem Hemd. Sie deutete auf ihren Korb: „Siehst ja, Schwammerl suchen“. Sie rückte einladend zur Seite als er näher kam und er setzte sich zu ihr. „Schöne Pilze“ stellte er fest. „Du weist sicher wo man die finden kann“. „Freilich“ meinte  sie, hab ich ja als Kind schon gewusst. Aber ich verrat sie niemandem“. „Nicht einmal mir“? Neckte er sie. „Dir am wenigsten, weil du suchst eh keine Schwammerl“. „Hast recht, aber traust du dich überhaupt so allein in den Wald“? Die Dohle Fritzi fiel mit Geschimpfe auf einem Ast über ihr ein. Sie lachte: „Hab ja eh zwei brave Bewacher“ deutete sie auf den Hund und die Dohle. „Ist wahr“ meinte er, „aber ein Mannsbild wär halt gescheiter“. „Oder gefährlicher“ gab sie zurück. „Magst was essen Hansel“ lenkte sie dann ab und begann ihre Schätze auszupacken. „Na du hast aber ordentlich mit“ meinte er. „Da muss ich dir wirklich helfen, sonst tragst noch das Meiste heim“.

 

Sie aßen gemeinsam und plauderten. „Warum meinst, dass ein Mannsbild gefährlicher sein könnte“? fragte er plötzlich nach. „Na ja, man hört ja so manches, das zum Beispiel Männer es ausnutzen wenn sie mit einer wehrlosen Frau allein sind“. Er schüttelte den Kopf: „Das tät ich nie, eine Frau gegen ihren Willen beglücken. Man kann das ja auch so machen, dass sie es gern tut“. „Das wird schon so sein Hansel. Aber weist du ich versteh nichts davon. Du hast da viel mehr Erfahrung, manche sagen sogar eine große, Vielleicht könntest du mir das beibringen“. Das letzte mit unschuldigem Augenaufschlag.

 

Er schaute sie ganz verdutzt an, nicht sicher ob das ernst oder im Spaß gesagt war. Dann lachte er auf: „Ich wär der Allerletzte der dir so was beibringen sollte. Du kennst meinen Ruf, hast es ja selber gesagt. Und ich werde ganz sicher kein so unschuldiges Mädel wie dich verführen“. „Brauchst ja nicht, ich will ja nur wissen wie es geht, dass man seine Unschuld verliert“. „Du bist verrückt“ schloss er das Gespräch. „Ich muss meine Arbeit fertigmachen dank schön für die Jausen“. „Ist schon recht Hansel, weist was, ich werde dich einmal besuchen, dann reden wir weiter“. „Du das ja nicht“ fuhr er sie fast grob an. „Was die Leute reden würden trau ich mich gar nicht denken und dein Vater tät mich zerreißen“. „Der Vater muss es ja nicht wissen und die Leute sind mir egal. Ich frag mich nur warum du dir so Sorgen um meinen Ruf machst? Sonst, hört man, bist du nicht so zimperlich“. Er schaute sie im Weggehen wütend an und dann entfuhr ihm gegen seinen Willen: „ Weil ich dich mag und weil ich nicht will, dass man dir weh tut“.

 

Sie sah ihm nach wie er wegging und lächelte vor sich hin. „Hast das gehört Wuschel“ sagte sie zu ihrem Begleiter. „Das läuft schon richtig, jetzt muss ich dranbleiben“. Dann packte sie ihren Korb zusammen, rief dem Hansel noch einen Gruß zu und machte sich auf den Heimweg.

 

Drei Tage später in der Abenddämmerung klopfte es ganz energisch an der Tür des Austraghäusels. Da Licht im Haus zu sehen war konnte der Hansl nicht so tun als wäre er nicht zuhause. „Ich habe dir doch gesagt du sollst nicht herkommen“ raunzte er die Rosa grantig an. „Ja ich weiß“ sagte diese leichthin und schob sich an ihm vorbei ins Haus. „Das könnte meinem Ruf abträglich sein. Aber mach dir nichts daraus, hat mich niemand gesehen und wenn, ist das auch nur meine Sache. Du kannst ja auch sagen ich bin nur gekommen um gewisse Fertigkeiten zu lernen“. „Das wird keinen Menschen beeindrucken“ versetzte er giftig. „Das ist höchstens zum Lachen“.

 

Ungerührt wanderte sie in dem kleinen Haus herum und besichtigte alles eingehend. „Hübsch“ stellte sie fest. „Sehr hübsch hast du es hier ich könnte mir vorstellen auch hier zu wohnen“. „Tatsächlich“ meinte er verblüfft „aber hier ist doch nichts was dich interessieren könnte“. „Ich habe auch gesagt wohnen“ betonte sie. „Zum Leben hätte ich hier zuwenig zu tun. Und auch für dich mein ich wird das auf Dauer zu einsam sein“.

 

Sie hatte ihre Besichtigung beendet und setzte sich auf die bequeme Polsterbank die er vor kurzem angeschafft hatte. „Was soll den das heißen“? fragte er. „Na ja wie ich dich einschätze bist du mit dem was du jetzt machst nicht unbedingt zufrieden. Post austragen, ein bisschen Holzarbeiten machen und Frauen trösten“, fügte sie boshaft hinzu. „Mach dir keine Sorgen um mich, mir geht es recht gut und ich bin recht zufrieden“. „Aha, dann ist der ständige Hader mit deinem Bruder nur Spaß und nicht Sorge um den Hof und den Besitz. Und ich hab gemeint du wärst der viel bessere Bauer“. Er schaute sie finster an: „Wäre ich auch, aber was soll man machen, am Besten aus dem Weg gehen“. „Ja meine ich auch“ sagte sie. „Aber darüber wollten wir ja nicht reden, setz dich her zu mir“.

 

Widerstrebend, obwohl er sich heimlich freute neben ihr zu sitzen, tat er ihr den Gefallen. „Und jetzt zeig mir wie das funktioniert mit der Liebe“ ging sie direkt auf ihr Ziel los. „Das werde ich wirklich nicht“ brauste er auf „und ich hab dir auch gesagt warum“. „Aber Hansel, ich will doch nichts Unmögliches, aber ich bin ganz unerfahren. Einen Kuss, ich meine einen richtigen Kuss, kannst du mir doch geben“. Er musterte sie argwöhnisch. „Was versprichst du dir davon“? „Na ich möchte einmal spüren, nicht immer nur von den anderen hören wie schön das ist“. „Na ja ein Kuss“ meinte er und zog sie sachte an sich. „Weist du ein Kuss kann schon sehr viel bewirken und ich möchte mich nicht unnötig in etwas hineinsteigern, was wir dann bereuen“.

 

Sie schmiegte sich enger an ihn und ihre vollen leicht geöffneten, und verlangenden Lippen ließen ihn seine guten Vorsätze vergessen. Es wurde ein sehr langer, intensiver und besonders schöner Kuss. Sie hatte sich an ihn geklammert und war willig seiner Führung gefolgt. Als sie sich schwer atmend voneinander lösten schaute sie ihm in die Augen, strich zart über seine Wange und sagte: „Das war schön, davon möchte ich gerne mehr haben“. „Ja“ meinte er, „aber dann wird es auch gefährlicher, am besten wir lassen es“. Sie aber hatte ihn schon an sich gezogen und eine stürmische Fortsetzung eingeleitet.

 

Als sie dann eng aneinandergeschmiegt beisammen saßen fragte sie: „Und wie geht es jetzt weiter, dass war doch nicht alles“? „Rosa hör auf mit dem Unsinn, so geht das nicht. Schau, du bist doch noch Jungfrau und ich will dir nicht wehtun und dein künftiger Mann wird auch lieber eine jungfräuliche Braut im Bett haben“. Sie lächelte: „Mein künftiger Mann wird damit keine Probleme haben Hansel und einmal muss es doch sein. Und ich habe mir sagen lassen, dass es nur beim ersten Mal weh tut“. Ja, das ist schon richtig, aber warum muss das ich sein, außerdem braucht man dazu Zeit und Ruhe“. „Ich will aber, dass es nur du bist, aber das mit der Zeit und der Ruhe verstehe ich“. Damit machte sie sich zum Gehen fertig nicht ohne noch einen ausgiebigen Abschiedskuss zu fordern den er schon recht gerne gab.

 

„Ich komme wieder“ verkündete sie. „Und merk dir, du kannst dich nicht vor mir verstecken, ich bin eine Hexe und finde dich“. Er wusste nicht, war das ernst oder im Spaß gemeint. Aber eines wusste er, so sehr sich sein Verstand dagegen sträubte, so sehr war sein Herz dafür, sie wieder zu sehen.

 

Drei Tage später kam er abends nach hause und fand die Tür unversperrt. Dass er vergessen hatte sie zu abzuschließen war unmöglich. In der Küche rumorte jemand und sie war da. „Rosa – wie bist du da hereingekommen“? „Mit dem Schlüssel, du hast ihn nicht gut versteckt und du weist ja vor mir kann man nichts verstecken“. „Und was machst du da“? Dampfnudeln kochen, dein Lieblingsessen. Sind schon fertig, das Hollerkoch habe ich von daheim mitgebracht“. Er konnte nicht widerstehen. Sie saßen bald beim Tisch und verzehrten Dampfnudeln und Hollerkoch.

 

Als sie abgeräumt und saubergemacht hatte schmuste sie sich an ihn: „Und jetzt möchte ich eine Belohnung“! Und wieder konnte er nicht widerstehen. Diesmal war sie noch anschmiegsamer, noch zärtlicher. Er spürte ihre Brüste, ihre Hüften und ihre Hände die überall waren. Die Erregung wurde einfach auch für ihn zu groß. Er begann zu streicheln und zu verwöhnen was ihm da geboten wurde und sie stöhnte erstmals auf unter der Lust die ihr zuteil wurde. „Heute haben wir Zeit und heute haben wir Ruhe“ flüsterte sie und begann schon ihm sein Hemd auszuziehen. Er hatte nicht mehr die Kraft sich abzuwenden sondern tat es ihr Stück für Stück gleich.

 

Er ging sehr erfahren ans Werk, denn er wollte ihr nicht wehtun und sie nicht enttäuschen. Sie spürte seine Hände, seine Lippen, seine Zunge überall und wurde in eine Erregung hineingesteigert die kein Zurück mehr zuließ. Als er spürte, dass sie wirklich bereit war, drang er in sie ein. Nach einem kurzen Schmerz wartete er bis sie sich wieder entspannt hatte und führte sie sachte in die Mysterien der Liebe ein. Er ging mit großer Liebe und Zärtlichkeit mit ihr um so dass das Ergebnis für sie äußerst befriedigend war. Für ihn weniger, da er sich ängstlich bemühte sie ja nicht zu schwängern.

 

Sie lagen eng umschlungen beisammen und sie flüsterte ihm zu: „Das war wunderschön. Warum wolltest du mir das vorenthalten“? „Ach Rosa“ murmelte er „was hast du mit mir angestellt. Ich war noch nie so verliebt und ich habe noch nie so gewünscht jemanden heiraten zu können wie dich“. „Wenn das ein Antrag war, warum tun wir es dann nicht“? Du weist genau wie dein Vater reagieren würde. Der ist nie einverstanden mit mir. Und was im ganzen Dorf erst geredet würde, - aber das wäre eigentlich egal“.

 

Sie legte sich über seine Brust, streichelte ihn zärtlich, schaute aber ernst auf ihn hinunter: „Ich möchte nur eines wissen, ist dir das wirklich ernst, möchtest du mich wirklich heiraten und hast du mich wirklich gern“? „So sehr das es schön weh tut“ gestand er. „Und weist du seit ich dich vor ein paar Wochen gesehen habe, habe ich keine andere mehr angerührt. Ich glaube ich könnte es gar nicht“. „Mir geht es genau so“ gestand sie „ ich hab vom ersten Augenblick an gewusst das du der einzige bist den ich will. Aber! Hansel wenn wir das wirklich wollen, dann dürfen wir auch nicht verzagen, sondern schauen wie wir gemeinsam glücklich werden können“. „Ja, aber wie“?

 

„Vielleicht wär es gut wenn wir heiraten  MÜSSEN „ sagte sie leichthin. „Du meinst ein Kind“ fuhr er auf. „Nein, das tu ich auf keinen Fall. Dann bleibt dein Vater stur, du sitzt mit einem anderen und meinem Kind auf eurem Hof und ich allein in der Hütten da“. Sie lächelte ihn zärtlich an: „Ich werde sicher nie mit einem anderen auf dem Hof leben, eher hausen wir zwei gemeinsam da in deinem Häuschen. Aber wenn du das nicht willst, dann geht es ja auch anders, ich werde das schon hinkriegen. Weist du und so ein unbelehrbares Monster ist mein Vater ja auch nicht“. „Für ein unschuldiges Ding, das gerade seine Jungfräulichkeit verloren hat hast du recht merkwürdige Gedanken“ brummte er. „Nicht wahr“ schmiegte sie sich wieder an ihn. „Aber der Zweck heiligt die Mittel. Und wenn du mir schon kein Kind machen willst, dann zeig mir wenigstens noch einmal wie das geht“. „Also wie du leidenschaftlich ans Werk gehst, werde ich das noch oft tun müssen habe ich den Eindruck“. „Ja“ meinte sie „weist du ich bin sehr begriffsstützig und brauch schon mehrfache Unterweisung“. Damit zog sie ihn energisch näher zu sich.

 

 

 

Mara, die Magd, meinte Mutterstelle an Rosa ausüben zu müssen. Zum einen weil sie das an dem kleinen Kind tatsächlich eine Zeitlang getan hatte. Zum anderen weil sie meinte älter und damit natürlich erfahrener zu sein. Und schlussendlich weil sie immer wieder dem Bauern sein verwaistes Ehebett wärmte. Zum beiderseitigen Nutzen und Vergnügen muss gesagt werden. Von Abhängigkeit war da keine Spur. Ganz im Geheimen natürlich, aber alle wussten und akzeptierten es.

 

Mara hatte nun sehr schnell bemerkt, dass Rosa sich verändert hatte. Sie blühte geradezu auf vor Freude und Liebe. Mara glaubte daher auch von Anfang an nicht, dass Rosa die alte Waberl in der Birnlucken besuchte wenn sie mit ihrem Korb loszog. Sie bezog Stellung im kleinen Wäldchen an der Rückseite des Stadels und sah natürlich, dass sie hinunter und nicht hinauf ging. Ihr tatsächliches Ziel festzustellen war dann keine Kunst mehr.

 

Tags darauf als sie allein waren brach es daher aus ihr los: „Was machst du ausgerechnet bei dem Haderlumpen und Weiberhelden“? Rosa tat ganz erschrocken: „Woher weist du das, spionierst du mir nach“? „Das war keine Kunst, die Geschichte mit der Waberl hab ich dir sowieso nie geglaubt. Aber was du treibst ist gefährlich. Domimo spielen wirst mit dem Hansel ja sicher nicht“. Rosa senkte verschämt den Kopf: „Na ja, wir haben uns halt gern und er sagt er geht sicher zu keiner anderen mehr“. „So ein Blödsinn. Kein Kater lässt das Mausen und du weist nicht was da alles passieren kann“. Rosas Kopf sank noch tiefer: „Es ist schon passiert“.

 

Jetzt zog Mara scharf den Atem ein: „Heißt das du bist . . . ? Rosa nickte. „Du kriegst ein Kind“ wollte es die andere genau wissen. Neuerliches Nicken: „Schaut ganz so aus“ Mara musste sich setzen. „Weis es dein Vater schon“? Kopfschütteln. „Weis er es schon“? neuerliches Kopfschütteln. „Na das ist ja eine Katastrophe. Was willst jetzt tun“? Achselzucken. „Und warum sagst es ihm nicht“? „Ich will nicht, dass er glaubt er muss mich heiraten“. „Aber irgendwann kommt es ja doch heraus, so was lässt sich nicht verbergen“. Ja ich weiß, weist was sag du es dem Vater“. „Ich? Damit ich den ersten Dampf abkrieg, nein – nein“. „Du musst es halt diplomatisch beibringen. Wenn ich ihm das so plötzlich hineinsage, trifft ihn noch der Schlag“. Das wollte Mara natürlich nicht und sie begann nachzudenken. „Ich werde schauen, vielleicht gibt sich eine gute Gelegenheit“. „ Ich habe gewusst, ich kann mich auf dich verlassen „ sagte Rosa und gab ihr dankbar einen Kuss auf die Wange.

 

Die Gelegenheit ergab sich bald. Sie hatten Stroh gehäckselt und der Bauer war von den Rundungen in Maras enger Hose so angetan, dass er zärtlich darüber streichelte. Sie erhöhte sein Behagen noch indem sie schnurrte wie eine Katze. „Kommst heute Abend zu mir“ flüsterte er ihr zu und sie nickte mit glänzenden Augen.

 

 Als sie zufrieden und entspannt beisammen lagen begann sie ihre diplomatische Mission. „Du passt nie auf, was tätest du eigentlich wenn ich ein Kind kriege“? Er schaute etwas verdutzt: „Du kriegst kein Kind mehr, dafür bist du schon zu alt“. „Das ist gemein, aber gut was wäre wenn die Rosa ein Kind bekäme, die ist sicher nicht zu alt“. Unsinn. Von wem sollte die Rosa ein Kind kriegen, ist doch immer daheim und ein braves Mädel“. „Du bist naiv. Auch ein braves Mädel kann in Versuchung kommen. Und es gibt gewisse Anzeichen, die nur Frauen kennen. Und wenn ich die Rosa so anschaue bin ich mir nicht mehr so sicher“. Sie hatte Zweifel geweckt und langsam sickerten diese bei ihm ein.

 

Nächsten Tag beobachtete er seine Tochter genau, konnte aber nichts Besonderes feststellen. Da wollte er es genau wissen. „Rosa“ begann er, „die Mara meint du hast dich verändert wie – ja wie soll ich sagen, wie eine Frau die ein Kind kriegt. Ist da was dahinter“? Wieder ließ sie den Kopf hängen und wurde sogar rot. Das war der schwerste Moment. „Na ja begann sie weist du es ist halt passiert und jetzt bin ich froh das du es weißt“. Jetzt war er es der zischend den Atem anhielt und die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. „Wenn du dich schon vergessen hast, wer ist dann der Lump der dir das angetan hat“? „Der Hansl vom Wasserburger aber er hat es nicht mit Gewalt getan. Wir haben uns halt gern“. Jetzt war es mit seiner Beherrschung vorbei. Kaum ein Schimpfwort, welches er nicht über den Missetäter benutzte. „Ausgerechnet dieser Don – Juan“ schloss er seinen Anfall. „Der wird dich leicht herumgekriegt haben, unerfahren wie du bist, aber aus der Sache wird nichts, dafür werde ich sorgen“. „Kommt das Kind halt ledig auf die Welt“ sagte die Rosa aus sicherer Entfernung. „Wäre ja nicht das Erste“. „Nicht auf meinem Hof und nicht von meiner eigenen Tochter“ brüllte der Alte und lief hinaus.

 

Zwei Tage lief der Leitenbauer herum wie ein angeschossener Bär. Dann kam er plötzlich in die Küche und stellte fest: „Du heiratest den Niederwieser – Naz, der nimmt dich samt dem Kind, ist schon alles ausgeredet“. „Der Naz möchte nicht mich heiraten, sondern den Hof und den hat er in fünf Jahren zu Grunde gerichtet“, stellte die Rosa sachlich fest. „Aber mit mir könnt ihr das nicht machen. Da geh ich zur Waberl hinauf und hause eben in der Birnlucken“.  Wieder rannte der Bauer hinaus. Er musste sich eingestehen, dass sie mit ihrer Feststellung Recht hatte.

 

Und wieder grollte er zwei Tage vor sich hin. Sogar die Mara wurde rüde zurückgewiesen als sie ihm Trost anbot. „Dann kommst du auch noch daher und sagst du bist schwanger“ knurrte er, sehr zu ihrer Belustigung.

 

 Dann hatten seine Grundsätze gesiegt und er marschierte energisch hinunter zum Austraghäusel des Wasserburger. Dort trommelte er hart an die Tür. Als der Hansl öffnete schrie er statt einer Begrüßung: „Na was ist jetzt du Kinderverführer, stehst jetzt dazu oder nicht“. Dieser, von seiner Liebsten natürlich ausführlich informiert und instruiert, schaute nur dumm drein und sagte: „Ja Leitenbauer, was ist denn, was ärgert dich denn so und zu was soll ich stehen“? Der war einen Moment perplex. „Ein Kind kriegts, willst abstreiten, dass es von dir ist“? Jetzt war der andere erstaunt: „Ein Kind? Ja warum sagt mir die Rosa das nicht. Aber ich kann mir das schon denken, weil ich dir zu minder bin, aber ich werde es halt anerkennen das Kind“.

 

Jetzt riss dem Anderen die Geduld. Er packte den Hansl an seinen Rockaufschlägen und versuchte ihn zu schütteln. Aber dieser war ein recht standfester Kerl. „Heiraten sollst du sie, wie sich das in einer christlichen Familie gehört“, schrie er daher unbeherrscht. „Aber gar heiraten“? staunte der Hansel. „Ist das dein Ernst Leitenbauer? Und will das auch die Rosa? Weist dein Dirndl hat manchmal einen recht eigenwilligen Schädel“! Das wusste der Leitenbauer nur zu gut und daher sagte er nur: „Sie wird Wollen müssen, so wie du. Und jetzt zieh dir Schuhe an und wir gehen mit ihr reden“.

 

Die Rosa empfing ihre Besucher in der Küche. Die Mara, die merkte, dass sich was anbahnte, verdrückte sich in den Hintergrund, blieb aber. Der Hansel fiel hier etwas aus der Rolle denn er sagte nicht: „Wir müssen heiraten“. Sondern er nahm ihre Hand und sagte:“ Rosa, dein Vater sagt, wir müssen heiraten. Ich will dich aber nicht heiraten weil wir müssen, sondern weil ich dich gern hab. Wenn du auch so denkst, dann tät ich mich sehr freuen, wenn du meine Frau wirst“. Die Mara zerdrückte eine Träne und selbst der Bauer konnte nicht umhin gerührt zu sein. Die Rosa aber nahm den Hansel um den Hals, zog ihn zu sich herunter und gab ihm einen kurzen, aber innigen Kuss. „Ist dir die Antwort genug“? fragte sie zärtlich“. Es reichte ihm.

 

„Dann haben wir aber noch was zu reden“ mischte sich der Vater wieder ein: „Mit dem Herumrennen für die Post muss Schluss sein. Ich will, dass du bei mir einstehst und Bauernarbeit machst, damit ich weiß ob du überhaupt zum Bauern geeignet bist“. Wenn er gemeint hatte auf Ablehnung zu stoßen dann irrte er. Der Hansel strahlte: „Das ist ein Wort und du wirst sicher nicht enttäuscht sein …Schwiegervater“ fügte er etwas gehemmt dazu. Aber es wurde akzeptiert.

 

Und so geschah es, dass am darauf folgenden Sonntag der Pfarrer von der Kanzel herab die Heiratsabsichten der ehrbaren Jungfrau Rosa und des unbescholtenen Hans Huber, vulgo Wasserburger, verkündete wie es noch immer Brauch war. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe und die Gerüchtebörse wurde umgehend geöffnet. Die erste war die Schmiedin die nach der Messe verkündete: „Die hat sicher ein Kind gefangen darum müssen sie heiraten. Das bin ich ihr vergönnt, die immer so hoch hinaus ist. Einen heiraten müssen der eh schon durch alle Betten gerutscht ist“. Der Jakob, der das gehört hatte sagte laut: „Aber doch nicht durch deines Schmiedin, weil da hätte ihm ja müssen grausen“. Zornrot unter allgemeinem Gelächter zog das Lästermaul ab.

 

Die Hochzeit wurde mit dem Pomp und Aufwand gefeiert der für die einzige Tochter des honorigen Leitenbauern unerlässlich war. Der Hansl kündigte bei der Post und war künftig im Wald, am Acker und den Wiesen des Schwiegervaters beschäftigt. Nebenher begann er die Wohnung im Haus die dem jungen Paar zugedacht war herzurichten und mit seinen geschickten Händen machte er ein richtiges Schmuckkästchen daraus. Und alle warteten gespannt, wann der erste Nachwuchs das Licht der Welt erblicken würde. Zur Enttäuschung vieler mussten sie sehr lange warten.

 

Fast ein Jahr dauerte es bis der erste Enkel des Leitenbauern geboren wurde. Zur großen Enttäuschung der Schmiedin die ihre Boshaftigkeit widerlegt sah. Der Bauer hatte schon bald gemerkt, dass er angeführt worden war, aber er nahm es gelassen. Denn der nunmehr geborene Bub war dafür ein richtiges Prachtexemplar. Außerdem hatte sich sein  „erzwungener“ Schwiegersohn als umsichtiger und fleißiger Bauer entpuppt, der auch das richtige Gespür für Feld, Wald und Vieh hatte. Er hatte überhaupt nur seine junge Familie und das Wohlergehen des Hofes im Sinn.

 

Alle kamen natürlich um zu Bewundern, zu Begutachten und zu Gratulieren. Zuletzt auch die alte Waberl von der Birnlucken. Sie brachte ein Deckelkörbchen aus Wacholderruten. Es enthielt ein knorriges Wurzelwerk in dem man eindeutig ein Waldmännchen erkennen konnte. „Ein Alraundl, ein Schutzgeist“ flüsterte sie „für den kleinen Buben. Können ja gar nicht Schutz genug haben heute die Kinder. Wird er was von deinem Wissen mitkriegen“? Nein Waberl, schau ihn dir an, der ist der ganze Vater, der wird ein Bauer. Aber das Nächste, das wird ein Dirndl, die wird die Beste seit Generationen“.

 

War’s schwer den Hansel zu kriegen wollte die alte Hexe noch wissen“? „Überhaupt nicht, wie ich einmal gespürt und gewusst habe, dass er der einzig Richtige ist habe ich keine Hexenkünste mehr gebraucht sondern nur Frauenlist“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ing. Weissenbacher Helmut
Sept. Okt. 2005

 

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