Helmut Weissenbacher

Herr Ludwig und der Leibhaftige

                     

 

 

 

Da es auch im Zeitalter von Weltraumfahrt und Computerspielen nicht alltäglich ist, sei es vom Chronisten gebührend aufgezeichnet: „Dem Herrn Ludwig , gutbestallter Lagerist und von seinen Freunden –Wiggerl- gerufen, ist der Leibhaftige erschienen. Und an einem Tag gleich in dreifacher Form.

So geschehen an einem schönen, sonnigen Samstagvormittag, an dem Herr Ludwig nichts anderes im Sinn hatte, als sich eine Zeitung zu kaufen und anschließend mit seinen Freunden einen Frühschoppen zu nehmen.

Zum Ersten nahte er in Gestalt eines distinguierten Herren in grauem Anzug und schwarzer Krawatte. „Dieser verhieß eine florierende Wirtschaft und dadurch Wohlstand ohne Maßen. Der heimliche Wunsch des Herrn Ludwig, ein Häuschen im Grünen, sei geradezu ein lächerlicher Traum und würde zumindest durch ein Zweitauto ergänzt. Die Staatsschulden würden schmelzen, die Beamten und öffentlich Angestellten die reinsten Engel. Dadurch auch Behördenwege ein durch nichts zu überbietendes Vergnügen“. Gewissermaßen als Vorschuss gab er, ohne Gegenforderung, einen schwarzen Kugelschreiber und eine halbgefüllte Streich-
holzschachtel mit dem gleichen Emblem welches der Herr  am Revers trug.

Die zweite Figuration war schon rein äußerlich die Verführung selbst. Eine junge Dame mit ausnehmend netten Umgangsformen und Proportionen. Lediglich eine rote Nelke, auf der linken Brust getragen, störte die vorherrschende Symmetrie. Sie versprach geradezu paradiesische Zustände. “Die Steuern würden, wenn nicht ganz, so zumindest auf liechten-steinisches Niveau fallen. Öffentliche Dienste generell kostenlos geleistet und für alle Ar-beitslosen, so sie arbeiten wollten, angenehme Beschäftigung in der verstaatlichten Industrie bereitgestellt. Das Pensionsalter würde drastisch gesenkt und die Altersversorgung auf eine Basis gestellt die im Bedarfsfall sogar ein Schrebergartenhäuschen auf Mallorca ermöglichte“. Für sein verständiges Zuhören bekam Herr Ludwig einen roten Kugelschreiber und einen  Schlüsselanhänger mit eingeschmolzener roter Nelke.

Schon eine Ecke weiter kam es zur nächsten Begegnung. Diesmal in Gestalt eines jungen Mannes in Sporthemd, Jeans und Turnschuhen. Auf der Brusttasche trug er einen imitierten grünen Frosch. „Nur eine heile Umwelt sei erstrebenswert“ meinte er und ver-sprach: „Saubere Luft allerorts, keine Motorengestank, keine Industrieabgase, keinen Müll und dadurch auch keine Grundwasserverseuchung. Und kein Waldsterben. Durch plastische Sonnenenergiefenster allzeit freier Blick auf wohltuendes Grün. Kein störender Motoren- oder Arbeitslärm, nur Vogelgezwitscher, Frauen- und Kinderlachen. Der Atomteufel, der an allen Grenzen lauert würde auf die Milchstraße, zumindest aber auf den Mond expediert“. Als Vorschuss auf diese heile Welt gab er einen grünen Kugelschreiber und eine Leselupe in Form eines grünen Frosches.

Herrn Ludwig war natürlich sonnenklar, dass es sich nur um einen Angriff des ewigen Versuchers handeln konnte. Zum einen, weil ihm schon seine Großmutter beigebracht und immer wieder betont hatte, dass die himmlische Seligkeit nur nach dem irdischen Leben und damit eben im Himmel zu gewärtigen sei. Auf Erden müsse sie hart und mit vielen Entbeh-rungen verdient werden. Zum anderen, weil die teuflisch – schönen Versprechungen nur durch ein typisches Hexenritual zu gewinnen waren. An einem bestimmten Tag, am vorge-gebenen Ort und in einem bestimmten Kreis war ei schräges Kreuz zu machen. Damit war zwar das Glück hienieden erkauft, nach der Gewissheit des Herrn Ludwig aber die Seele der ewigen Verdammnis preisgegeben. Obwohl, und auch das musste er eingestehen, sie keiner gefordert hatte und auch nicht gesagt, was er damit zu tun gedenke.

Nach langem Sinnen und Abwägen beschloss Herr Ludwig seine Seele zu opfern. Vor allem weil noch niemand den Beweis für die „Belohnung im Jenseits“ hatte erbringen können und er als Praktiker eher dem Motto „vom Sperling in der Hand als der Taube auf dem Dach“ huldigte. Weil er aber nie halbe Sachen machte und meinte, seine Seele ohnehin nur einmal verkaufen zu können ging er aufs Ganze. Er machte in drei Kreise je ein schräges Kreuz.

Irgendetwas muss Herr Ludwig dabei falsch gemacht haben. Die Wirtschaft will nicht recht vom Fleck, Das Finanzamt ist ruppig wie eh und jäh und kriegt nicht genug Steuern. Das Häuschen und die frühere Pension sind in weitere Ferne gerückt den je. Durch russge-schwärzte Fenster schaut er auf einen fernen Wald, in dem die Nadeln rieseln. Dazwischen dröhnt Motoren- und Turbinenlärm und an allen Grenzen bleckt der Atomteufel und wischt mit seinem buschigen Schwanz über das Land wann immer es ihm gefällt. Von allen Ver-sprechungen sind geblieben: „Drei Kugelschreiber, eine halbleere Schachtel Streichhölzer ein Schlüsselanhänger und eine Leselupe“. Und jeder Mensch weiß wie vergänglich solche Dinge sind.

Herr Ludwig ist zur Überzeugung gelangt, dass der Höllenfürst im Zeitalter der Welt-raumfahrt und der Computerspiele auch nicht mehr so kann wie er will. Oder die Seelen sind schon so verseucht und verdorben, dass er lieber die Hölle davor bewahrt..

Dem Chronisten bleibt nur zu berichten, dass Herr Ludwig, dieses bedenkend nun „aus innerster Überzeugung“, auf ein besseres Leben in einem besseren Jenseits hofft.

 

 

 

 

 

 

Ing. Weissenbacher Helmut
1986  August 2005

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Helmut Weissenbacher).
Der Beitrag wurde von Helmut Weissenbacher auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.12.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Helmut Weissenbacher als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel von Nina Mallée



Epilepsie – was ist das eigentlich? Gute Frage... denn wie ich immer wieder mit Entsetzen feststellen musste, wussten selbst ein Großteil der von mir und anderen Betroffenen konsultierten Neurologen keine vernünftige Antwort darauf, geschweige denn Allgemeinmediziner jedweder Art und erst recht nicht Otto – Normalverbraucher. Völlig außer Frage steht, dass Epilepsien oft mit geistigen Behinderungen einhergehen, was aber nicht heißt, dass das eine mit dem anderen gleichzusetzen ist. Dieses Buch soll deshalb auch nicht als medizinisches Handbuch dienen, sondern lediglich als ein Beweismittel, dass es auch anders geht, wenn man nur will oder allenfalls eine Art Gebrauchsanleitung für den Umgang mit solchen und ähnlichen Problemen. Es sind, wenn man so will, Geschichten aus dem wahren Leben, die ich hier beschreibe und Konfliktsituationen, für deren Bewältigung sich mal eine mehr, mal eine weniger elegante Lösung findet.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Satire" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Helmut Weissenbacher

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Das Wesen der Dinge von Helmut Weissenbacher (Skurriles)
Der Igel von Kerstin Köppel (Satire)
Oh....dieser Duft von Engelbert Blabsreiter (Humor)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen