Hartmut Pollack

Zum Jahreswechsel 2006

 
Zum Jahreswechsel
 
Nachdenklichkeit und Sorge möchte ich dem Jahresrückblick auf das Jahr 2006 voran setzen, welches von vielen als ein Jahr der Euphorie empfunden wurde.
Eine Woge der Begeisterung schlug wie eine Monsterwelle während der Fußball-Weltmeisterschaft über unser Land und verebbte danach wie bei Wellen üblich wieder ab. Dazu wurde mit der Macht aller Medien die Vaterlandsliebe angeheizt. Ich will das nicht klein schreiben. Genau wie sehr viele Landsleute war ich stolz auf unsere offene Gastfreundschaft und die natürliche Freundlichkeit unseres Volkes und natürlich auch auf die Leistungen unserer Nationalmannschaft.
Es waren wunderbare Wochen. Sie dürfen beim Rückblick nicht fehlen und auch nicht negativ geschrieben werden. Unser Volk lebte, liebte und lächelte.
Ein weiteres positives Ergebnis erbrachte das Jahr 2006 in der vorsichtigen Verringerung der Arbeitslosenzahlen. Dieses Krebsgeschwür im Körper unseres Volkes wurde gehemmt und wuchs nicht planlos weiter.
Skeptisch sei angemerkt, dass in diesem Zusammenhang nie verdeutlicht wurde, wie viele neue Arbeitsplätze durch die Wirtschaft wirklich geschaffen wurden. Dort lese ich immer nur über neue geplante Entlassungen. Im Hinterkopf schlummert der Verdacht, dass die Verringerung der Arbeitslosenzahl eventuell mehr mit Frühverrentung oder mit dem Absacken in die Sozialhilfe (alte Schreibweise) oder Hartz IV (neue Schreibweise) zu tun hat.
Sorge bereitet mir im wirtschaftlichen Zusammenhang der Verlust an Charakterstärke unser führenden Wirtschaftsmanager. Das Grundgesetz geht von einer sozialen Marktwirtschaft aus. Bei den Wirtschaftslenkern ist nur noch der Zusammenhang von Markt und wirtschaften für den Profit im Kopf geblieben. Das Wort sozial ist bei ihnen nicht mehr geläufig, Streben nach der Gewinnmaximierung sitzt in ihren Köpfen und leider auch in ihren Herzen.
Nachdenklich betrachte ich die Leistungen der Politik im Jahr 2006. Eine große Koalition hielt fest zusammen gegen die Interessen der Menschen in unserem Lande. Eine Demokratie lebt von einer starken Opposition. In Deutschland scheinen sich die so genannten Volksparteien heftig zu bemühen, die Opposition so klein wie möglich zu halten.
Das Wort Reform wurde von der Koalition umgedeutet vom Inhalt des Verbesserns in die Bestandteile des Wortes Reform. Re für zurück und form für formen, lenken, also alles zurück lenken. Die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zurück lenken. 
Für den Großteil der Menschen in unserem Lande verbesserte sich 2006 nichts. Sie wurden vielmehr an die Grenze ihrer Belastbarkeit geführt oder haben diese Grenze im negativen Sinne schon überschritten.
Erste Warnzeichen wie die immer weiter absackende Wahlbeteiligung werden von unserer politischen Kaste ( im Sinne des indischen Kastenunwesens) bewusst übersehen, von Sonntagreden abgesehen. Was interessiert diese in sich geschlossene Kaste der Politiker, ob 85 % oder nur noch 45 % zur Wahl gehen. Selbst bei einer Wahlbeteiligung von einem Drittel der Wahlberechtigten würde sich diese Kaste als demokratisch gewählte Volksvertreter sehen.
Nachdenklich sehe ich die Armut in unserem Lande stetig wachsen. Die Umverteilung von oben nach unten hat eben ihre Opfer, die meistens schamhaft tot geschwiegen werden. Was kümmert weite Teile unseres Volkes die Armut, sie lesen und hören die Zahlen der veramten Menschen und – vergessen sie, weil sie ja NOCH nicht dazu gehören.
Die Zahl der Kinder in verarmten Familien wächst. Unsere Politiker rufen nach Immigration wegen fehlendem Nachwuchs, doch sorgen in erschreckender Weise nicht für die vorhandenen Kinder. Welches Potential für die Zukunft geht hier verloren.
Nachdenklich betrachte ich auch den Aufschrei der Lobbyisten aus der Ärzteschaft, den Privatversicherungen und der Pharmaindustrie wegen der geplanten Gesundheitsreform.
Die Ärztelobby kauft sich Demonstranten für ein Interessenplakat. Privatversicherungen senken stillschweigend die Leistungen mit Hinweis auf eine geplante Reform. Die Pharmaindustrie hat oft schon den Inhalt der Arzneimittelschachten und Flaschen verringert, um ihre Gewinne auch über die Reform hinaus zu sichern. Stillschweigend wurden Preise erhöht, um dies nach der Reform lauthals senken zu können. Profitgier in Reinkultur unter dem Schlagwort „Alles zum Wohle der Patienten“.
Wie hat sich doch in dieser Berufsgruppe das Wertdenken negativ verändert.
Ich könnte noch die Preiserhöhungen in der Mitte des Jahres 2006 anführen, oft mit der Propaganda „Wir erhöhen trotz der höheren Mehrwertsteuer in 2007 nicht!“ Ist ja auch erstmal nicht nötig, sie fahren ja auch seit Mitte 2006 höhere Gewinne ein.
Auch die enormen Belastungen durch Preiserhöhungen durch die gewinnreichen Energiekonzerne, das Steigen der Benzinkosten, insgesamt das Absinken der allgemeinen Lebensqualität in Deutschland könnte ich noch bei meinem Rückblick erwähnen.
Doch möchte ich das Jahr 2006 nicht nur mit der schwarz getönten Brille betrachten.
Wer ihn heute lesen kann, lebt zum Glück noch.
Wer ihn zur Kenntnis nimmt, wird auch in Zukunft seinen Geist für ein besseres Morgen einsetzen.
Ich selbst gehe mit einem kritischen Optimismus, mit großer Lebenslust und mit einer ausgeglichenen Lebensfreude in das neue Jahr.
Ich wünsche euch allen ein gesundes Jahr 2007.
© Hartmut Pollack 12 / 06
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 31.12.2006. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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