Peter, Nr. 31
Der Polizist Kern saß an
seinem Schreibtisch und sah sich die Berichte an, der Tod eines Mannes, von
seinen Polizisten erschossen beschäftigte ihn sehr. Es klopfte und ein Polizist
meldete das Eintreffen von Peter und seinem Vater. Sie kamen beide herein und
waren sehr blass, setzten sich in eine Couchecke und der Polizeichef dazu. Sie
rauchten schweigend und tranken Kaffee. Jetzt fing Peters Vater an fragen, was
eigentlich los sei. Der Polizist, der sie vom Bahnhof abgeholt habe, sei so
komisch und so merkwürdig zugeknöpft
erschienen. Erst habe man ihnen im Ausstellungsgelände in Dresden den BMW
geklaut und hier tue man so geheimnisvoll. Sie müssten heim, seine Frau
ängstige sich bestimmt ! Herr Kern
beugte sich vor und sah Peters Vater in die Augen und sagte ganz ernst, dass
man Peters Mutter weggebracht habe und an einen geheimen Ort versteckt halte !
Jemand habe versucht sie
umzubringen. Dabei wurde dieser bisher
Unbekannte von zwei zufällig in der Wohnung weilenden Polizisten in Notwehr
erschossen. In die Wohnung können sie jetzt erst mal nicht zurück, dort werden
vom Kriminal Technischen Dienst erst mal die Spuren gesichert. Beide Männer
schwiegen jetzt. Peter beugte sich vor und sah auf die Berichte, die auf dem
Couchtisch in Fächerform vom Polizeichef hingelegt wurden. Die Fotos nahm er
und betrachtete den zusammen gesunkenen Kapuzenmann mit der langläufigen
Pistole in der Hand.
Dann sah er die Fotos vom
Tatort, die zerlöcherte Badewanne, die
Einschusslöcher in der Flurwand hinter dem am Boden liegenden Mann und
schließlich das von der Kapuze befreite Gesicht des Killers. Die erstaunten
Augen weit aufgerissen und den Mund noch im Tod höhnisch verzerrt, erkannte man
aber den südländischen Einschlag. Peter reichte das Bild seinen Vater und
fragte, ob er ihn denn kenne ? Dieser schüttelte den Kopf und sagte nur auf die
anderen Bilder weisend, wird eine Menge Arbeit machen, dass alles wieder zu
renovieren. Herr Kern lächelte und sagte, dass seine Frau mit dabei war und
auch alles hautnah miterlebt habe. Er erzählte, wie der Anruf von der Polizeidirektion Dresden kam und er
sofort Beamte und seine Frau., weil es ja mal eine enge und ihr herzlich
zugetane Arbeitskollegin von Peters Mutter war, mitgeschickt habe. Zum Glück,
sprach Peters Vater, aber warum und wer ist dieser Mann ? In diesem Moment
klopfte es und zwei Herren, in dunklen Anzügen kamen herein. Sie stellten sich
als Beamte vom Bundeskriminalamt vor und zeigten ihre Ausweise. Der Polizist
Kern nahm die beiden Ausweise und reichte sie einen weiteren Polizisten, den er
ins Zimmer rief, zur Überprüfung weiter. Diesen drückte er eine Visitenkarte in
die Hand, mit der Maßgabe nur diesen Herrn anzurufen und um Auskunft zu bitten.
Die beiden Herren lächelten nun nicht mehr. Einer fragte etwas unbeherrscht,
was dieses Kasperletheater soll ? Herr Kern antwortete ganz höflich, dass er heute
genug erlebt habe und mit ihnen erst sich unterhalten werde, wenn ihre genaue
Identität geklärt sei. Während er sprach, dass fiel Peter auf, hatte er die ganze
Zeit die Hand in der ausgebeulten Jacketttasche.
Die beiden setzten sich hin
und behielten auffällig ganz ruhig ihre Hände nebeneinander auf den Tisch
gelegt, oben. Mit Kern, dem alten Fuchs, war nicht zu spaßen, das wusste jeder,
der ihn näher kannte. Der andere Polizist kam wieder herein und drückte einen
Zettel seinen Chef in die Hand. Jetzt wurde der Polizist Kern freundlicher und
nahm auch die Hand aus dem Jackett. Man setzte sich zu fünft an den großen
Konferenztisch. Diesen kannte Peters Vater schon aus der DDR-Zeit. Als
Schuldirektor musste er einmal im Monat zur Polizei und über bestimmte
Problem-Schüler und deren Elternhaus bericht erstatten. Meistens waren dann
auch die Herren vom Ministerium für Staatssicherheit anwesend. Nach der Einheit
wollten etliche Schüler und Kollegen ihren damaligen Schuldirektor öffentlich
an den Pranger stellen, weil es ganz schnell heraus war, das dieser
Informationen an das MfS über Menschen abgegeben hatte. Aber, wenn diese dann Akteneinsicht bei der Außenstelle
der „Gaukbehörde“ genommen hatten, waren
sie sehr schnell beruhigt. Denn Peters Vater hatte oft nichts Negatives über
die Menschen, zu denen er befragt wurde, geäußert. Er war kein guter Partner
bei der Maßregelung von Menschen, die man in der DDR künstlich kriminalisierte,
weil diese nicht sich bedingungslos unterwarfen. Herr Kern gehörte schon zu DDR-Zeiten zu der
im Dienste der Staatsmacht stehenden Polizei und war einer der wenigen
Altgedienten, die man mit übernommen hatte. Die beiden Herren vom BKA erzählten
vom Tod der beiden Autodiebe. Es seien tschechische Staatsbürger gewesen. Man
observiere die Autoschieberbande schon lange. Hier werden die Autos geklaut und
dann in den Ostblock verschoben. Erst habe man gedacht, dass die beiden Toden,
Peter und sein Vater waren. Als man die abgetrennten Köpfe der zwei Männer
entdeckte, ahnte man, dass es eine Art Bandenkrieg sei. Die zwei
Parkplatzleichen wurden genauer untersucht, obwohl gänzlich verbrannt, erkannte
man an den Zähnen, dass es tschechische oder slowakische Bürger waren. Dann
ging alles sehr schnell. In einer Nebenstrasse wurde ein abgestelltes Auto mit
tschechischen Kennzeichen gefunden und gesichert war es mit einer leichten
Splitterbombe. Dann kam der Hilferuf aus der Heimatstadt von Peter, welche für
ihre weihnachtlichen Bergparaden bekannt war. Hierher unterwegs war auch ein
Team der tschechischen Polizei, die den erschossenen Killer sich anschauen
wollten. Peter und sein Vater waren wahrscheinlich Opfer einer Autoknackerbande
geworden. Bloß der erschossenen Killer passte so nicht richtig ins Bild. Und
warum unbedingt Peters Mutter erschossen werden sollte, begreife man nicht und
warum man zwei Autoknacker erledigt habe ? Die Tötungsart der beiden, erinnerte
schon an einen Bandenkrieg, ergänzte der jünger von den beiden BKA-Leuten.
Hatte sich da zwei Banden einen Schlagabtausch geliefert ? Peter und sein Vater
wurden in einem unauffälligen Auto zur ungeduldig wartenden Mutter gefahren. Silvester
feierten sie im engsten Familiekreis mit Antje in einem kleinen Hotel im
bayerischen Wald. Am zweiten Tag im neuen Jahr fuhr man Peter wieder zu seinen
Schulungsort, denn jetzt begannen die Abschlussprüfungen und Peters Eltern mussten beginnen mit Hilfe
von Handwerkern ihre Wohnung wieder zu renovieren.
Antje schrieb sich jeden Tag
mit ihrem Peter fleißig SMS und Emails, war glücklich. Die Versicherung hatte
Peters Eltern einen neuen BMW erstattet, der nächste Woche von Peter geholt
werden konnte und die Kosten für die Renovierung wurde ebenfall voll ersetzt.
Peter bat seine zwei Frauen, die ihm eine sonst so willkommene Geldquelle
waren, erst mal um Ruhepause, solange er noch dem Prüfungsstress ausgesetzt
war. Großzügig wurde ihm das auch gewährt. So langsam, legte sich die Aufregung wieder in
der Familie von Peter. Über die drei Menschen, die gestorben waren, weil Peter
der Schwester dreier türkischer Brüder
sehr weh getan hatte und diese ihre Rache haben wollten, sprach bald niemand mehr.