24. Dezember 2006
Der Weihnachtsbaum, eine wunderschöne mittelgroße Nordmannstanne vom Nebel, so der Name meines Baumhändlers, der Tannen aus der nahen Region verkauft, erleuchtet im hellen, goldenen Kerzenschimmer die warme Stube. Schlicht mit altem Baumschmuck aus den fünfziger Jahren in Silber gehalten und weißen Kerzen, so präsentiert sich der Weihnachtsbaum auch heuer wieder. Dazu wunderschöne Chor– und Orgelwerke von Martin Vogt, ein schöner Weihnachts-abend, der einem in tiefe Meditation verfallen lässt und einer der letzten Tage im zu ende gehenden Jahr besinnlich ausklingen lässt...
...Die Nebel am frühen kalten Morgen hatten sich verzogen als wären sie ein Vorhang, den man aufzieht und gab so einem blassblauen Himmel die Bühne frei für seinen Auftritt. Die sanften Strahlen der Dezembersonne vermochten das Publikum nicht zu erwärmen, der Biswind mit seinem kalten Hauch war stärker. Im Geäst der großen Buche flatterte immer noch ein letztes grünes Blatt, das mir lustig zuwinkte „schau, wie gut es mir geht, alle sind schon unten auf er frosterstarrten Erde und ich lebe immer noch“, so oder ähnlich mussten seine Gedanken sein, dem kleinen, grünen munteren Gesellen.
Ja, die Erde war steif gefroren an diesem Morgen, aufgeschwollen die Erdschollen im Garten, eine weißlich eisige Schicht bedeckte sie Grashalme und die krumpelige Erdschicht. Aber auch den immergrünen Pflanzen glitzerte es wie wenn sämtliche Sterne sich über diese dünne Eisschicht verstreut hätten.
Scharen von krächzenden Rabenvögeln querten das Firmament, am Morgen von Ost nach West und am Abend in umgekehrter Reihenfolge. Die letzten kamen dann wirklich erst beim Eindunkeln, zu der Zeit, als ich übers große freie Feld dem nahen Wald zulief. Im Osten stand eine dunkle, drohende Nebelwand über dem Schwarzwald, während über mir der dunkelblaue, schon fast schwarze Himmel mit seinen hell funkelnden Sternen. Leichter Dunst über der Stadt und dem Dorf ist durch die vielen Lichter Rosa gefärbt. Trotz der Dunkelheit ist der Weg im Wald gut erkennbar. Außer meinen weichen Schritten, die ein zartes Rascheln im Laub auslösen und dem rhythmischen Atmen meiner selbst ist absolute nichts zu hören, außer Ruhe und Stille. Ab und zu verharrte ich in dieser Stille, hielt für kurze Momente den Atem an, ja, nichts als stille Nacht! Ein wunderbares Gefühl überkam mich, allein im Wald, ab und zu ein leises Knacken von einem Ast, der vom kalten Biswind bewegt wurde. Ich und sicher viele Tiere, die diese Ruhe ebenfalls genossen hatten. Beim kleinen Weiher wollte ich mich ein wenig hinsetzten und so den Tag ausklingen lassen, ausklingen mit Gedanken an liebe Freunde, die einen seit langen nicht mehr unter uns, die anderen in nah und fern. Eine weiße Baumkerze, die ich eigens für all meine Freunde mitgenommen hatte und nun fast feierlich mit einem Streichholz entzündete. Zwei bis drei kleine Wachstropfen auf die Holzbank neben mir genügten, um der Kerze den notwendigen Halt zu geben. Wenn dies doch nur auch all den Menschen genügen würde, die in Not sind, die Einsam oder Krank sind, nur zwei oder drei Tropfen von dem Stoff, der sie für immer gesund und glücklich machen könnte.
Aus dem Dorf und von Inzlingen herüber drang das Geläut von Kirchenglocken zu mir herauf, das, je nach Windrichtung, mal stärker und dann wieder schwächer erklingt. Der Himmel zeigte sich nun in tiefstem Schwarz, mit prächtig funkelnden Sternen. Ein leichtes Frösteln überkam mich, nicht wegen der Kälte, nein, die Stimmung war so ergreifend, dass es mich fröstelte. Die Kirchenglocken waren inzwischen verstummt, nichts außer Stille war zu vernehmen, nicht einmal die Wiesentalbahn getraute sich zu pfeifen. In diese Stille, die einzig durch das Auf – und Abschwellen des schwachen Biswind und einzelne Rufe eines Käuzchen bestand, machte ich mich auf den Rückweg in meine warme Stube...
...Dona nobis pacem, die Silbermann - Orgel mit ihrem orchestralen Klang und Chorgesang, eine passende Schlussmusik zu dieser stillen Nacht.
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