Michael Dreblow

Zwei ungleiche Freunde

 

 

In meinen Erinnerungen an meine Kindheit, werde ich eines nie vergessen.

Wenn es Winter war und der Wind kalt um das Haus wehte, das Feuer im Ofen prasselte,

dann haben wir bei der Großmutter meines Freundes auf ihrem großen, alten Sofa gesessen.

Dort gab es noch die großen Kissen aus Samt, in die wir uns kuschelten, wenn die Großmutter uns ihre Geschichten erzählte.

Wir waren dann ganz still und hörten gespannt zu........................!

Es war eine große Aufregung in einem kleinen Zoo im Lande Nirgendwo.

Alle liefen sie durcheinander, schnell etwas besorgen, dort etwas zu holen - es war imTigerhaus.

Sie alle bemühten sich um die Tigerdame Lulu, denn es war der Tag gekommen, an dem sie

kleinen Tigerbaby's das Leben schenken sollte.

Plötzlich öffnete sich die Tür zu dem Raum, in dem Lulu lag, es war der Tierarzt, und der schickte alle bis auf den Tierpfleger hinaus.

Nun waren die Zwei mit Lulu allein, die Tür schloss sich.

Die Zeit verging überhaupt nicht.

Doch dann..... öffnete sich die Tür und sie wurden gerufen .

Es waren drei süße kleine Tiger, eine große Freude im ganzen Zoo !

Eines Tages kam der Augenblick, an dem die Drei das erste Mal nach draußen durften.

Mit großen Augen betrachteten sie eine neue Welt.

Eine große Wiese, Bäume und Steine zum Klettern.

Es war ganz toll und so interessant - und doch......................etwas stimmte nicht !

Einer der Drei saß immer abseits und schaute den beiden anderen beim Spielen zu.

Wenn er versuchte, mitzuspielen, fauchten sie ihn an, verscheuchten ihn und liefen davon.

"Mit dir spielen wir nicht, schau wie du aussiehst, du bist nicht wie wir ! Hau ab !!"

Traurig wandte sich der kleine Tiger ab.

Ab diesem Tag schaute er nur von Weitem zu, mit Tränen in den Augen.

Er hätte doch so gern mitgespielt, warum wollten sie ihn nicht haben?

So vergingen die Tage, und immer, wenn seine Brüder auf der Wiese herumtollten,

lag er abseits und schaute ihnen traurig zu.

Bis auf einmal????????.........

Einmal spürte er, dass jemand auf seinen Rücken tippte. Er rührte sich nicht, lag ganz still.

"Was kann das sein?" fragte er sich in Gedanken.

Es tippte schon wieder auf seinen Rücken !

Ganz vorsichtig drehte er seinen Kopf nach hinten, und was er da sah, hatte er noch nie gesehen. Seine Augen wurden vor Verwunderung kugelrund.

"Wer… wer bist du denn? " fragte der kleine Tiger verwundert,

und schaute das Etwas neugierig von oben bis unten an.

"Und was hast du da unten am Ende deiner Beine? Das kenn’ ich überhaupt nicht, damit kannst du laufen?"

"Natürlich, das sind Flossen, damit kann man gehen und man kann damit schwimmen.

Das weißt du nicht? Du bist doch kein Dummkopf .....oder?" sagte das Etwas und schaute ihn mit einem Lächeln an.

"Warum spielst du nicht mit deinen Geschwistern, kannst du mir das sagen?"

"Och, die wollen mich nicht dabei haben. Sie sagen, ich bin nicht von ihrer Art und laufen vor mir davon ! Niemand will mit mir spielen!" und schon sah man wieder einige Tränen, die aus seinen Augen rollten

"Du musst nicht traurig sein ,schau dich an, du bist doch ein toller Junge ! Und nur, weil

du keine Streifen hast und ein weißes Fell ? Die sind doch doof , ich finde dich sehr nett.

Wie heißt du eigentlich?"

Der kleine weiße Tiger schaute das

Etwas an und sagte dann:" Mein Name ist Chan !"

Er stand auf und reckte seinen Kopf voller Stolz zum Himmel.

"Uhiii, was bist du groß ,ich muß mich doch nicht vor dir fürchten?"

"Dir gehen die Fragen wohl nie aus ? Nun beantworte mir, was bist du, und warum ist da dein Fell so zerzaust?"

"Mein Name ist Lucille und meine Mama hat gesagt, ich wäre ein Schwan und das ist kein

Fell, sondern das sind Federn, kennst du das nicht?"

Chan schüttelte seinen Kopf, dann sprach Lucille weiter.

"Weißt du Chan, mir geht es wie dir, niemand will mit mir spielen und da hab ich mir gedacht, ich schau’ mich ein bißchen in der Welt um, bis ich an das Ding kam und es ging nicht weiter. Aber ich hab’ eine Öffnung gefunden und bin da durchgeklettert, und nun bin ich hier."

"Zaun nennt man das, hab’ ich gehört, einer der Menschen hat es gesagt!"

"Weißt du was ", sagte Lucille"wir gehen zu mir und ich zeige dir, wo ich wohne"!

„Wie soll das gehen, die Menschen haben Angst vor uns und es ist alles eingezäunt.

Es gibt keinen Weg nach draußen!"

„Du bist doch ein Dummkopf, schau, das Gebüsch dort hinten .....und dahinter ist ein Loch,

groß genug, um hindurch zu schlüpfen. Nun komm mit!" Sie drehte sich um und watschelte davon. Chan fing an zu lachen ,es sah zu komisch aus, wie sie dahin ging.

Doch dann stand er auf, schaute noch einmal in alle Richtungen, ob ihn jemand beobachtete und folgte Lucille.

Am Gebüsch angelangt, schaute er sich noch einmal um und verschwand durch das Loch im Zaun.

Was war das für eine unbekannte Welt, Chan folgte staunend Lucille, bis die beiden an einen großen See kamen.

"Das ist mein zu Hause ! Komm wir gehen ein bisschen schwimmen, das ist toll und macht viel Spass !"

Und schon war sie mit einem Satz im Wasser.

"Komm " sagte sie ,"komm herein, es ist ganz warm!"

Chan näherte sich vorsichtig dem See, hob eine Tatze, steckte sie ins Wasser und zog sie schnell wieder heraus.

Verschreckt antwortete er Lucille „ach nein, das Wasser ist mir heute zu nass, ich versuch’ es ein andermal !"

Es wurde ein schöner Tag und die beiden hatten viel Spass, doch dann neigte sich der Tag langsam dem Ende zu.

Es kam der Augenblick des Abschieds.

"Du kommst doch wieder? Es ist schön so einen starken Freund zu haben!"

Chan drehte sich um, ging langsam auf Lucille zu, leckte ihr dann vorsichtig

über ihren Schnabel und sagte:" Bis morgen Abend", und verschwand im Unterholz.

Am folgendem Tag war Lucille schon früh auf den Beinen, sie konnte es kaum erwarten,

dass der Abend anbrach .Vorsichtig schaute sie sich zu ihrer Familie um...........

aber alle schliefen noch.

Dann schlich sie runter zu See , sie wollte sich doch schön machen für ihren neuen Freund.

Sie sprang ins Wasser und ging wieder an Land, zupfte an ihrem Gefieder, schaute auf die Wasseroberfläche, die ihr als Spiegel diente .

Und immer wieder sah sie dasselbe Bild wie zuvor---zerzauste Federn.

Chan indes war auch schon früh wach. Nicht weil er das wollte, nein der Mensch, der für sie sorgte, hatte ihn einfach an die Luft gesetzt.

Aber er freute sich auf den heutigen Abend - wenn es ihm gelänge, zu entwischen !

Nun, erst einmal spielte er mit allem, was er fand und fauchte, zur Freude der Besucher des Zoo's

Dann dämmerte es langsam, der letzte Gast verließ den Zoo.

Kurz darauf wollte Hans, so hieß der Pfleger, seine Schützlinge ins Tigerhaus holen.

Nur einer war dazu nicht zu bewegen-------Chan.

Er lag auf dem Rücken, alle vier Pfoten in die Höh’ gestreckt und tat so, als wenn er schlafen würde, und immer wieder hörte er Hans rufen:

"Chan, komm rein ! Nun los, hörst du, zack zack !!!!!"

Aber Chan blieb stur.

„Na gut, dachte sich Hans, dann bleib draußen, es ist Sommer und der Zaun ist hoch genug,

was soll da passieren?“ Drehte sich um und verschwand im Tigerhaus.

Auf diesen Augenblick hatte Chan nur gewartet, ganz vorsichtig linste er mit einem Auge in die Richtung, wo Hans eben gestanden hatte.

Er war weg!

Wie ein Blitz sprang Chan hoch und lief, so schnell er nur konnte zu dem Gebüsch, hinter dem sich das Loch im Zaun befand, schlüpfte hindurch und war weg.

Lucille wurde immer aufgeregter, die Zeit verging nicht und vielleicht kam er ja auch nicht mehr? In ihren Gedanken wurde es immer düsterer.

Am Seeufer angekommen, drehte sie sich um, und...........da stand er !

Lucilles Herz sprang in die Höhe, und so schnell es ihre Beine erlaubten, lief sie zu ihm.

Chan legte sich auf den Boden, als Lucille bei ihm ankam.

Sie konnte kaum noch atmen vor Freude.

"Oh Chan, wie ich mich freue, aber komm, wir gehen an das andere Ufer.

Nicht, dass uns meine Mama sieht , denn sie sind alle noch wach"

Und die beiden schlichen davon.

Lucille gelang es endlich, ihren Chan ins Wasser zu kriegen, wo sie beide sich dann mit Wasser bespritzten und so ausgelassen tobten, dass sie danach völlig fertig am Ufer einschliefen.

Plötzlich wurde Chan wach :"Ach herrje, ich muß zurück, wenn sie bemerken, dass ich nicht da bin, ist der Teufel los. Es wird schon hell!". Er stand auf, leckte Lucille zärtlich über den Schnabel

und flüsterte ihr ins Ohr:" Ich mag dich sehr, sehr gern ", und verschwand.

Es vergingen Monate und jeden Abend verschwand Chan aus dem Zoo.

Nur wunderte er sich, dass das Loch im Zaun immer kleiner wurde, dachte dann aber bei sich,

da muß ich mich eben strecken, dann wird es schon gehen,

und schaffte es auch immer wieder !

Eines Abends, Hans versuchte Chan wieder vergebens ins Tigerhaus zu holen, dachte er sich ,

"ich wird’ heute einmal aufpassen, warum Chan nicht mit den anderen ins Tigerhaus will?"

Also ging Hans ins Haus und auf der anderen Seite wieder hinaus, stellte sich an die Hausecke und beobachtete Chan.

Inzwischen war es dunkel geworden und Chan lag immer noch auf der Wiese und schien zu schlafen.

Hans wollte schon gehen , da bemerkte er auf der anderen Seite eine Bewegung.

Es war Chan, der in geduckter Haltung zum Zaun schlich.

"Ah, hatte ich doch Recht mit meiner Ahnung, dann will ich mal sehen, wo es meinen Chan hintreibt ?"

Hans wartete einen Augenblick, dann folgte er Chan durch das Loch im Zaun,

immer darauf bedacht, dass Chan ihn nicht bemerkt, aber doch so dicht, dass er ihn nicht verliert.

Hans kam an dem See an und dann sah er, was keiner glauben würde.

Da lag ein ausgewachsener Tiger und ein Schwan, der sich eng an ihn schmiegte, lag daneben. Und beide schauten vom Strand aus über das Wasser.

Es war ein herzzerreißendes Bild:


Sein Chan und ein Schwan, der so schwarz war wie die Nacht, waren Freunde !!!

Einen Augenblick schaute Hans den Beiden noch zu, dann zog er sich vorsichtig und sehr leise zurück.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht dachte Hans bei sich,

"so ein Glück darf niemand stören, mein Chan und ein

Schwan - das glaubt mir niemand!

Die Großmutter schloss das große Märchenbuch schaute in die Runde von uns Kinder die noch immer mit großen Augen da saßen mehr Träumend als Wach 

"Es ist Zeit Kinder ihr müßt nun nach Hause gehen !"

Es war eine schöne Zeit und so lange her aber ich bin mir sicher die Großmutter meines Freundes sitzt grade jetzt wieder auf ihrem alten Sofa und liest den Engeln die Geschichten vor die uns als Kinder so Begeisterten! 

Ich habe es niemals vergessen.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.01.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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