Erich Peter Schott

Die Orks von Rahnova

    Es war Nachmittag, als Großvater Jorel die Anhöhe verließ, um zu seinem geräumigen Haus zurückzukehren. Er hatte den sonnigen Tag im Schatten eines Baumes genossen.

    Dabei hatte er sein Pfeifchen geraucht, über die jüngsten Ereignisse auf Rahnova sinniert und bei Schlückchen seines einen geruhsamen Tag verbracht. Als er am Ende des Ortes beinahe schon bei seinem Haus anlangte, stürmte sein Enkel auf ihn zu und prallte beinahe auf ihn.

    „So stürmisch, Arkus? Die Erzählung über die Zwerge hat Dich wohl ein wenig durcheinandergebracht.“

    „Großvater“, meinte Arkus etwas außer Atem, „gut, daß ich Dich noch treffe. Ich habe noch eine Frage. Kanst Du mir noch über die Orks erzählen? Manche von ihnen leben doch auch wie die Zwerge unter der Erde – und ich würde gerne morgen meiner Lehrerin, Fräulein Vee und der gesamten Klasse soviel darüber erzählen wie ich nur kann.“

    Die Stirne des Großvaters umwölkte sich. „Eigentlich sind die Orks ein Thema, das noch nicht in deine Schulstufe gehört. Es sind weder schöne noch angenehme Dinge, die über die Orks erzählt werden können. Sie sind ein dunkles Kapitel in der Geschichte Rahnovas.“

    „Bitte“, meinte Arkus. „Die Dinge, die wir in der Schule lernen sind trocken. Wir lernen nichts, was die Wesen Rahnovas wirklich betrifft. Wir alle könnten viel daraus lernen.“

    „Also gut“, meinte der Großvater. „Aber es ist spät. Triff mich morgen nachmittags wieder unter dem Baum und ich werde Dir von den Orks erzählen. Und jetzt lauf heim. Deine Eltern werden sich sorgen, wo du bleibst.“

    Arkus verzog das Gesicht -doch er wußte, daß er, würde er jetzt nicht gehen, in Zukunft nicht kommen könnte, weitere Geschichten zu hören. Und diese wollte er sich auf keinen Fall entgehen lassen.

    Am nächsten Tag traf Arkus seinen Großvater unter dem Baum. Als sie einander begrüßt hatten, meinte der Großvater: „Mach es Dir bequem, die Geschichte der Orks ist nicht wie die der anderen Rassen von Rahnova.“

    „Wie Du weißt, entstanden die neuen Rassen aus den ursprünglichen Kolonisten der Erde und Drakhons. Die Namen wurden deshalb gewählt, weil sie große Ähnlichkeiten mit diesen Fantasiegestalten der Erde haben.

    So ist es auch mit den Orks. Diese unterscheiden sich in vielem von den übrigen Rassen. Denn die meisten der Orks entstammen den Menschen, die sich nicht nicht rechtzeitig vor der Strahlung nach der Großen Katastrophe in Sicherheit bringen konnten.

    Die meisten brachten sich nicht rechtzeitig in Sicherheit, manche flohen zu spät in die Höhlen andere gerieten mit der Strahlung in Berührung, als sie die Zeit in Bunkern lebten, die früher als strahlungssicher galten.


    Sie haben auch kein einheitliches Aussehen – manche sind so stark verändert, daß sie wieder als eigene Rassen gelten könnten. Denn die Auswirkungen auf diese Menschen waren verheerend. Ihre Gene wurden schwer geschädigt. Und später wurde durch Vererbung noch vieles verschlimmert.


    Bei den späteren Generationen der Orks wurden die Auswirkungen immer deutlicher sichtbar. Manche wurden furchtbar verunstaltet, andere wurden so stark geistig geschädigt, daß sie nicht mehr als Tiere waren. Und wieder andere hatten unter beidem zu leiden. Und dann gab es noch diejenigen, deren Intelligenz zum Teil sogar noch gesteigert wurden.

    Allen aber wurde eines gemeinsam: Sie verloren alles menschliche. Ihre Gemeinsamkeit waren Grausamkeit, Haß auf alle Lebewesen und Hunger nach allem, was lebte. Dinge, die sie zur größten Plage auf Rahnova machten. Kein noch so schlimmes Untier auf Rahnova ist so abscheulich wie ein Ork.

    Und doch ist das noch nicht das schlimmste. Denn die Orks leben nicht nur vorwiegend von Fleisch, einen Großteil davon erbeuten sie auf ihren Raubzügen und Überfällen auf Dörfer und Städte Rahnovas.

    Doch Orks sind keine Kannibalen. Nach ihrem Glauben erringen sie Macht und Kraft, indem sie den Körper des Feindes verspeisen. Es ist für sie wie eine Religion.

    Bei ihren Zeremonien versammelt sich eine große Menge. Alle Männer, Frauen, Alte, Junge – alle sind auf vielerlei Arten geschmückt. Doch dieser Schmuck ist nicht so, wie Du ihn von unseren Feiern kennst. Die Art des Schmuckes ist so, wie es auch die Orks und ihr Bräuche sind. Sie folgen dabei primitiven Riten und schmücken sich mit Federn, Farben oder anderen Gegenständen, die aus der Erde, Tieren oder von toten Feinden gewonnen haben.

    Dann finden Tänze und große Gelage statt, bei dem sie auch das Fleisch erlegter Tiere verspeisen. Sogar von Orgien wird berichtet. Dann, am Höhepunkt dieser Feiern, findet die Zeremonie der Opferung statt. Dabei opfern sie die Körper ihrer Feinde und damit deren Kraft und Macht auf ihren Altären.

    Die Körper werden zerteilt und über Feuern gebraten. Doch das zerteilen muß geschehen, solange der Feind lebt. Sonst würde sich die Kraft nicht mehr im Körper des Feindes sein. Es ereignen sich dabei grausige Szenen und die Lebewesen, die Opfer der Orks wurden oder auch „nur“ als Speise dienen erleiden einen qualvollen Tod. In die Hände der Orks zu fallen ist etwas wovor sich jedes Wesen, gleich welcher Art sich hütet. Und deshalb sind auch ihre Raubzüge so sehr gefürchtet.

    Hier leben wir weit entfernt vom Gebiet der Orks – deshalb sind unsere Siedlungen auch kaum geschützt. Doch dort, wo die Orks leben, sind Waffen und Befestigungen, welcher Art auch immer, etwas selbstverständliches. Niemandem würde es einfallen, sich ohne Waffen zu bewegen.

    Deshalb werden Orks auch gnadenlos verfolgt. Die Elfen betrachten sie als Tiere und auch die Herrscher der Menschen schicken ihre Truppen immer wieder in ihr Gebiet. Doch sie vermehren sich schnell. Und auch wenn sie schlecht bewaffnet und auch keine guten Kämpfer sind – ihre Heimtücke und ihre große Zahl macht vieles wett. Nicht wenige Soldaten sind so in die Hände der Orks geraten und eines qualvollen Todes gestorben.
 
    Die Kämpfe zwischen den Orks und den Abkömmlingen der Ersten Menschen sind legendär – und sie scheinen nie zu enden.

    Doch die Orks haben auch ihre schwachen Seiten: Ihre größten sind die Furcht vor allem Fremden und ihr Aberglaube.

    Diese beiden Dinge lassen sie bestimmte Gegner ganz besonders fürchten. Es sind die Drakhs!

    Alle Abkömmlinge von Drakh versetzen sie in Furcht und Schrecken. Alleine der Anblick mehrerer Drakonier läßt viele Orkbanden fliehen. Und ein einzelner Drachen hat schon mehr als einmal Armeen der Orks die Flucht ergreifen lassen.

    Das sind die Orks, Arkus. Sie waren einst Menschen sind jetzt aber körperlich und geistig verformt. Sie haben keine Ähnlichkeit mehr mit den Menschen. - Und sie sind die größte Plage Rahnovas.“

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 19.01.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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