Es war Nachmittag, als Großvater
Jorel die Anhöhe verließ, um zu seinem geräumigen
Haus zurückzukehren. Er hatte den sonnigen Tag im Schatten eines
Baumes genossen.
Dabei hatte er sein Pfeifchen
geraucht, über die jüngsten Ereignisse auf Rahnova sinniert
und bei Schlückchen seines einen geruhsamen Tag verbracht. Als
er am Ende des Ortes beinahe schon bei seinem Haus anlangte, stürmte
sein Enkel auf ihn zu und prallte beinahe auf ihn.
„So stürmisch, Arkus? Die
Erzählung über die Zwerge hat Dich wohl ein wenig
durcheinandergebracht.“
„Großvater“, meinte Arkus
etwas außer Atem, „gut, daß ich Dich noch treffe. Ich
habe noch eine Frage. Kanst Du mir noch über die Orks erzählen?
Manche von ihnen leben doch auch wie die Zwerge unter der Erde –
und ich würde gerne morgen meiner Lehrerin, Fräulein Vee
und der gesamten Klasse soviel darüber erzählen wie ich nur
kann.“
Die Stirne des Großvaters
umwölkte sich. „Eigentlich sind die Orks ein Thema, das noch
nicht in deine Schulstufe gehört. Es sind weder schöne noch
angenehme Dinge, die über die Orks erzählt werden können.
Sie sind ein dunkles Kapitel in der Geschichte Rahnovas.“
„Bitte“, meinte Arkus. „Die
Dinge, die wir in der Schule lernen sind trocken. Wir lernen nichts,
was die Wesen Rahnovas wirklich betrifft. Wir alle könnten viel
daraus lernen.“
„Also gut“, meinte der Großvater.
„Aber es ist spät. Triff mich morgen nachmittags wieder unter
dem Baum und ich werde Dir von den Orks erzählen. Und jetzt lauf
heim. Deine Eltern werden sich sorgen, wo du bleibst.“
Arkus verzog das Gesicht -doch er
wußte, daß er, würde er jetzt nicht gehen, in
Zukunft nicht kommen könnte, weitere Geschichten zu hören.
Und diese wollte er sich auf keinen Fall entgehen lassen.
Am nächsten Tag traf Arkus seinen
Großvater unter dem Baum. Als sie einander begrüßt
hatten, meinte der Großvater: „Mach es Dir bequem, die
Geschichte der Orks ist nicht wie die der anderen Rassen von
Rahnova.“
„Wie Du weißt, entstanden die
neuen Rassen aus den ursprünglichen Kolonisten der Erde und
Drakhons. Die Namen wurden deshalb gewählt, weil sie große
Ähnlichkeiten mit diesen Fantasiegestalten der Erde haben.
So ist es auch mit den Orks. Diese
unterscheiden sich in vielem von den übrigen Rassen. Denn die
meisten der Orks entstammen den Menschen, die sich nicht nicht
rechtzeitig vor der Strahlung nach der Großen Katastrophe in
Sicherheit bringen konnten.
Die meisten brachten sich nicht
rechtzeitig in Sicherheit, manche flohen zu spät in die Höhlen
andere gerieten mit der Strahlung in Berührung, als sie die Zeit
in Bunkern lebten, die früher als strahlungssicher galten.
Sie haben auch kein einheitliches
Aussehen – manche sind so stark verändert, daß sie
wieder als eigene Rassen gelten könnten. Denn die Auswirkungen
auf diese Menschen waren verheerend. Ihre Gene wurden schwer
geschädigt. Und später wurde durch Vererbung noch vieles
verschlimmert.
Bei den späteren Generationen der
Orks wurden die Auswirkungen immer deutlicher sichtbar. Manche wurden
furchtbar verunstaltet, andere wurden so stark geistig geschädigt,
daß sie nicht mehr als Tiere waren. Und wieder andere hatten
unter beidem zu leiden. Und dann gab es noch diejenigen, deren
Intelligenz zum Teil sogar noch gesteigert wurden.
Allen aber wurde eines gemeinsam: Sie
verloren alles menschliche. Ihre Gemeinsamkeit waren Grausamkeit, Haß
auf alle Lebewesen und Hunger nach allem, was lebte. Dinge, die sie
zur größten Plage auf Rahnova machten. Kein noch so
schlimmes Untier auf Rahnova ist so abscheulich wie ein Ork.
Und doch ist das noch nicht das
schlimmste. Denn die Orks leben nicht nur vorwiegend von Fleisch,
einen Großteil davon erbeuten sie auf ihren Raubzügen und
Überfällen auf Dörfer und Städte Rahnovas.
Doch Orks sind keine Kannibalen. Nach
ihrem Glauben erringen sie Macht und Kraft, indem sie den Körper
des Feindes verspeisen. Es ist für sie wie eine Religion.
Bei ihren Zeremonien versammelt sich
eine große Menge. Alle Männer, Frauen, Alte, Junge –
alle sind auf vielerlei Arten geschmückt. Doch dieser Schmuck
ist nicht so, wie Du ihn von unseren Feiern kennst. Die Art des
Schmuckes ist so, wie es auch die Orks und ihr Bräuche sind. Sie
folgen dabei primitiven Riten und schmücken sich mit Federn,
Farben oder anderen Gegenständen, die aus der Erde, Tieren oder
von toten Feinden gewonnen haben.
Dann finden Tänze und große
Gelage statt, bei dem sie auch das Fleisch erlegter Tiere verspeisen.
Sogar von Orgien wird berichtet. Dann, am Höhepunkt dieser
Feiern, findet die Zeremonie der Opferung statt. Dabei opfern sie die
Körper ihrer Feinde und damit deren Kraft und Macht auf ihren
Altären.
Die Körper werden zerteilt und
über Feuern gebraten. Doch das zerteilen muß geschehen,
solange der Feind lebt. Sonst würde sich die Kraft nicht mehr im
Körper des Feindes sein. Es ereignen sich dabei grausige Szenen
und die Lebewesen, die Opfer der Orks wurden oder auch „nur“ als
Speise dienen erleiden einen qualvollen Tod. In die Hände der
Orks zu fallen ist etwas wovor sich jedes Wesen, gleich welcher Art
sich hütet. Und deshalb sind auch ihre Raubzüge so sehr
gefürchtet.
Hier leben wir weit entfernt vom
Gebiet der Orks – deshalb sind unsere Siedlungen auch kaum
geschützt. Doch dort, wo die Orks leben, sind Waffen und
Befestigungen, welcher Art auch immer, etwas selbstverständliches.
Niemandem würde es einfallen, sich ohne Waffen zu bewegen.
Deshalb werden Orks auch gnadenlos
verfolgt. Die Elfen betrachten sie als Tiere und auch die Herrscher
der Menschen schicken ihre Truppen immer wieder in ihr Gebiet. Doch
sie vermehren sich schnell. Und auch wenn sie schlecht bewaffnet und
auch keine guten Kämpfer sind – ihre Heimtücke und ihre
große Zahl macht vieles wett. Nicht wenige Soldaten sind so in
die Hände der Orks geraten und eines qualvollen Todes gestorben.
Die Kämpfe zwischen den Orks und
den Abkömmlingen der Ersten Menschen sind legendär – und
sie scheinen nie zu enden.
Doch die Orks haben auch ihre
schwachen Seiten: Ihre größten sind die Furcht vor allem
Fremden und ihr Aberglaube.
Diese beiden Dinge lassen sie
bestimmte Gegner ganz besonders fürchten. Es sind die Drakhs!
Alle Abkömmlinge von Drakh
versetzen sie in Furcht und Schrecken. Alleine der Anblick mehrerer
Drakonier läßt viele Orkbanden fliehen. Und ein einzelner
Drachen hat schon mehr als einmal Armeen der Orks die Flucht
ergreifen lassen.
Das sind die Orks, Arkus. Sie waren
einst Menschen sind jetzt aber körperlich und geistig verformt.
Sie haben keine Ähnlichkeit mehr mit den Menschen. - Und sie
sind die größte Plage Rahnovas.“