Ksjuscha Eberling

Ein Schicksal von vielen

Es war draußen dunkel, aber wenn man in das Gesicht von Anna guckte, sah man in ihren Augen nur Leere und Kälte. Sie war eine der vielen auf der Straße von St. Pauli, die eine Möglichkeit gesucht haben, sich den nächsten Schuss zu setzt. Wenn man über Anna redet, würde man so was von ihr nie denken, sie ist immer ein liebes, braves Mädchen gewesen. Sie machte ihren Eltern nie Schwierigkeiten, war eine der besten der Klasse. Als sie 17 Jahre alt war, starb ihr Vater an einem Tumor im Kopf. Für sie war das ganz schwer, denn ihr Vater war schon immer für sie was Besonderes gewesen. Als er nicht mehr da war, hatte sie nicht mehr den halt, den sie von ihrem Vater bekam. Ihre Mutter zog nach Hamburg, weil sie da einen guten Job angeboten bekam, damit sie und Anna sich ein neues Leben aufbauen konnten. Anna war seid dem wie ausgetauscht. Sie hatte nur noch Punkfreunde, rauchte Marihuana, zog Nasen und klaute ihrer eigen Mutter Geld. Ihre Schule wurde ihr egal, sie interessierte sich nicht mehr für ihre Zukunft. Kam tagelang nicht nach Hause und hatte jeden Tag was mit der Polizei zu tun. Ihre Mutter war verzweifelt und flehte sie an, zum Therapeuten zu gehen, sich helfen zu lassen. Aber Anna war das egal. Sie überließ ihr Leben dem Schicksal. Sie machte ihrer Mutter großen Kummer. Bis ihre Mutter nicht mehr konnte, bis ihre Nerven nicht mehr Stand gehalten haben, und sie schwer erkrankte. Aber selbst dann war sie Anna egal.

 

Anna war sehr hübsch, schon immer. Sie hatte immer viele Verehrer gehabt und jetzt waren ihre Verehrer ihre Freier. Sie verkaufte sich selbst für ihre Drogen. Sie kann es manchmal selber gar nicht fassen, wenn sie breit war von ihrem Zeug, wie sie so tief sinken konnte, dass sie vor einem Jahr noch einen Joint in der Hand hielt und jetzt eine dreckige Spritze. Ihre Arme waren schon ganz hart, so viel Zeug hat sie sich reingeknallt.

 

Einige Zeit darauf verstarb ihre Mutter und Anna war jetzt ganz alleine, jetzt hatte sie niemanden mehr, bei dem sie schlafen konnte, bei dem sie was essen konnte oder sogar jemanden beklauen konnte. Ihre Mutter war immer für Anna da, sie lies sie nie im Stich, egal was für Schwachsinn Anna gemacht hat. Anna war noch nicht mal auf der Beerdigung von ihrer Mutter und kam auch nie an das Grab um sie zu besuchen. Stattdessen war sie damit beschäftigt Freier zu suchen, um sich danach mit ihrem Dealer zu treffen, um sich eine kleine Menge Heroin zu holen. Mittlerweile sah sie aus als wäre sie 30 Jahre alt, obwohl sie grade mal blutjunge 23 war. Sie legte kein Wert mehr auf ihr Äußeres, ging so selten duschen wie sie nur konnte und wenn sie mal wieder breit in der Ecke hing, hat sie es noch nicht mal geschafft aufzustehen um auf die Toilette zu kommen. Eines Tages hat sie auch keine Freier mehr gefunden, die mit ihr für Geld geschlafen haben. Dann also fing sie an, alte Menschen zu beklauen, in großen und ganzen ältere Frauen, um ihre Drogen zu finanzieren. Aber die Polizei hat nicht lange gebraucht um sie ausfindig zu machen, wegen Aussagen der Zeugen und jetzt saß sie high in einem Streifenwagen auf dem weg ins Polizeipräsidium. Handfeste Beweise hatte man gegen sie nicht, also musste man sie wieder gehen lassen. In dieser Nacht wusste Anna noch nicht mal, wie sie nach hause gekommen ist, aber morgens wachte sie in ihrem Bett auf, alles schien wie immer. Anna machte sich natürlich sofort auf den Weg sich ihre Drogen zu beschaffen, aber ohne Geld in der Tasche schien es kompliziert zu werden.

 

Als sie in Gedanken vertieft war, wie sie das denn heute überstehen soll, griff sie jemand von hinten an den Armen und zog sie in eine Straßenseite rein, schlug ihr auf den Kopf mit einem dicken Stock, bis sie bewusstlos wurde. Als sie aufwachte war sie nackt, gefesselt und vergewaltigt. Sie fühlte sich schrecklich. Ihre Kleidung war weg und sie musste bis zur Telefonzelle nackt laufen um die Polizei anzurufen. Die Polizei nahm sie erst mal mit auf Präsidium, um ihre Aussage aufzunehmen.

 

An diesem Tag war Anna klar, er kann so nicht weitergehen. Sie hat sich für eine Selbsthilfegruppe angemeldet und ging da auch regelmäßig hin, aber es klappte nicht, die Finger von Heroin zu lassen. Da wusste sie, sie musste einen Schritt weitergehen und ging freiwillig in eine Entzugsklinik. Die ersten Wochen waren nicht auszuhalten für sie. Sie ging 30-mal an einem Tag auf die Toilette, musste die ganze Zeit Erbrechen und irgendwann war ihr das sogar egal, ob sie an ihrem eigenen Erbrochenem erstickt. Sie lag nur noch in der Ecke, rührte sich nicht mehr und aß noch nicht mal. Nach einigen Monaten hat sie gemerkt, dass es auch ohne Stoff geht und sie jetzt für sich selber etwas Besonderes ist, denn sie war stärker als ihre Sucht von Heroin. Sie weiß, das es nicht viele schaffen davon wegzukommen, aber sie war stolz, das sie zu den gehört hatte, die versuchen ihr Leben wieder aufzubauen. Sie machte ihren Realabschluss nach und begann eine Ausbildung bei einem kleinem Betrieb als Frisöse. Sie besuchte jeden Tag das Grab ihrer Mutter, stundenlang saß sie neben ihrem Grab und weinte bitterlich, weil sie nicht da war, als ihre Mutter sie am meisten brauchte. Sie entschuldigte sich dafür, dass sie sich nicht von ihr verabschiedet hatte, als sie sie das letzte mal besucht hatte und das sie nicht kam um sich zu verabschieden  als ihre Mutter den langen Weg hinter sich gebracht hat in den Himmel empor zu steigen.

 

Anna lernte ein paar Jahre später einen netten, lieben Mann kennen, den sie zwei Jahre später heiratete und eine süße, kleine Tochter mir ihm bekam. Ihr Leben wurde von Glück und Liebe erfüllt, das was sie schon lange vermisst hat.

 

Und so endet ein Schicksal, das man von überallher kennt!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.01.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Nicht ohne Leoni von Heiger Ostertag



Ein Tag im Februar des Jahres 2006. Der EDV- Fachmann Klaus Gruschki kann kaum ausdrücken, was er empfindet, als er seine neugeborene Tochter Leoni im Arm hält. Seine Frau Michaela und er sind die glücklichsten Menschen der kleinen, süddeutschen Provinzstadt und voller Vertrauen in die gemeinsame Zukunft. Doch die Beziehung und das Glück zerbrechen. Auf einmal ist Klaus allein und Michaela mit Leoni verschwunden. Erst nach langer Suche und mit großen Mühen gelingt es dem Vater, Mutter und Kind wieder zu finden und den Kontakt zu Leoni neu herzustellen. Dann entzieht ein bürokratischer Akt dem Vater die gemeinsame Sorge fürs Kind. Gruschki weiß sich nicht anders zu helfen, als seinerseits mit der Tochter heimlich unterzutauchen. Nach einer dramatischen Flucht wird er in Österreich verhaftet und Leoni ihm gewaltsam entrissen. Er kommt in Haft und wird als Kindesentführer stigmatisiert. Doch Klaus Gruschki gibt den Kampf um sein Kind und um Michaela nicht auf …

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