Marina Braun

Handtaschen

Handtaschen
 
Männer dürfen alles über eine Frau wissen. Sie dürfen auch an alle Dinge gehen, die seiner Frau, Freundin oder Lebensgefährtin gehören.
 
An alles? Nein, es gibt eine einzige Ausnahme und die ist für ihn so Tabu wie für seine Frau sein kleines Telefonbüchlein, in dem die Telefonnummern sämtlicher Frauen stehen, die er jemals in seinem Leben getroffen hat oder noch zu treffen hofft.
 
Diese Ausnahme ist die weibliche Handtasche; ein Mysterium, ein geradezu alles verschlingendes, eher komisches als kosmisches schwarzes Loch. Es ist schier  unglaublich, was in einer Handtasche alles zu finden ist. Frauen haben immer alles, und zwar wirklich alles für eine GANK dabei. (größte anzunehmende Natur-Katastrophe)
 
Eine nicht repräsentative, jedoch sehr ergiebige Umfrage in meinem Bekanntenkreis  hat die seltsamsten Dinge zutage gefördert.
 
Andrea, eine meiner besten Internet-Freundinnen erzählte mir, dass sie drei Handtaschen besäße, und zwar (ich zitiere wörtlich) „1 kleinere schwarze, 1 kleinere weiße und mein BUKO“
„Was bitte ist ein BUKO?“
„Ein Beischlaf-Utensilien-Koffer.“
Ach ja, Handtaschen ... unendliche Weiten ...“
 
Kommen wir nun zu dem Inhalt von Andreas „kleinen“ Handtaschen, welche da wären: (sie war so nett, alles auf den Boden auszuleeren und den Inhalt aufzuzählen)
 
CD’s, Computer-Fachzeitschriften, Unterwäsche, Socken, Parfüm, Kugelschreiber, Gehaltsabrechnungen, Zigaretten, Feuerzeug, Briefmarken, Boarding-Karte des letzten Urlaubs, ein PC-Kabel, Tic Tac, Kaugummis, Haarspange, Kopfschmerztabletten, Handy, Handy-Aufladegerät, eine Plastiktüte, Geldbörse, einen 12er Schraubenschlüssel, Handcreme, Nagellack, Nagelfeile, Hausschlüssel, Visitenkarten, Tempo Taschentücher, Ohrenstöpsel, eine Handvoll OB’s, eine Speisekarte des Pizza-Express, einen Hautpflege-Stift nach Mückenstichen, eine Tüte Gummibärchen, ein Bonus-Heft aus dem Gummibärenland und zum Schluss einen Minisatz Schraubendreher.
 
Ja hallo? Wenn das alles in ihre kleine Handtasche passt, dann möchte ich nicht wissen, was sie erst in eine große steckt.
 
Was mich allerdings sehr verwunderte, war die Tatsache, dass sie stets Unterwäsche und Socken dabei hat. Nein, es war nicht der Inhalt ihres Beischlaf-Untensilien-Koffers, sondern eine Notwendigkeit, da sie stets mit dem Motorrad unterwegs ist und sich nach einem eventuellen Regenguss im Büro umziehen müsste.

Zum Glück würde mein Süßer niemals in meine Handtasche hinein schauen. Handtasche, Handy und Post sind ein absolutes Tabu, über das wir seit Anbeginn unserer Beziehung niemals diskutieren mussten, denn wie haben den größten Respekt voreinander.
 
Wie bitte sollte ich ihm auch den Inhalt meiner Handtasche erklären?
 
Eine Unterhaltung mit ihm über den Inhalt meiner Handtasche würde dann folgendermaßen ausfallen:
 
„Schatz? Brauchst du unbedingt noch die Quittung des Metzgers vom 24. 4. 2003? Schatz? Wieso hast du mein Passfoto, dass ich seit Wochen für meinen neuen Spielerausweis suche? Schatz, wozu brauchst du eine Taschenlampe? Und wozu um alles in der Welt brauchst du einen Kugelschreiber, der im Dunkeln leuchtet?“
 
Zwischen seinen Fragen kämen dann noch solch entzückte Ausrufe hinzu wie zum  Beispiel:
 
„Cool! Mein Lieblingskaugummi! EY! Weiche Amarettini! Kann ich die haben? Woher zum Teufel hast du diese tollen einzeln verpackten Mandeln in Kakaopulver? Du hast laut Kontoauszug noch SOVIEL auf deinem Konto? OK, wie heißt dein Liebhaber?“
 
Ich müsste ihm dann erklären, dass ich jeden Morgen auf meinem Schreibtisch Bestechungsgeschenke vorfinde, weil alle Kollegen in meiner Kolumne erwähnt werden möchten. Der Kugelschreiber mit Innenleuchte war ein Werbegeschenk meiner Bekannten, die Filialleiterin einer Bank ist und der außergewöhnlich hohe Summe auf meinem Konto ist dem Umstand einer Steuerrückzahlung zu verdanken, die ich meinem Süßen wohlweislich verheimlicht hatte.
 
Über den restlichen Inhalt meiner Handtasche würde er wahrscheinlich nur verständnislos mit dem Kopf schütteln.
 
Neben den lebensnotwendigen Dingen, wie Personalausweis, Schlüssel, Zigaretten, Feuerzeug, Kreditkarten, Krankenkassenkarte, Taschentücher und Handy sind zu den oben schon erwähnten Sachen zu finden:
 
7 - 25 Hustenbonbons, Kopfschmerztabletten, auch eine Handvoll OB’s, 5 Haarklammern, eine Haarbürste, Familienfotos, ein Zeitungsausschnitt mit meinem Foto drauf, ein funkelnagelneuer in Leder eingebundener Terminkalender von 2006, in dem nicht eine einzige Eintragung drin steht, dafür aber mindestens 37 einzelne Zettel, auf denen alle meine wichtigen Termine stehen, sowie ein angebissenes Frühstücksbrötchen, das ich erst dann entferne, wenn ich es am nächsten Morgen durch ein frisches ersetze.
 
Diese ist natürlich nur der Inhalt meiner Handtasche, die ich täglich dabei habe, wenn ich das Haus verlasse. In meiner Theaterhandtasche befinden sich logischerweise noch Sicherheitsnadel, (mein hautenges Kleid könnte platzen) sowie eine Nagelfeile (Nagel könnte einreißen) und Valium (Pavarotti könnte auf die Idee kommen, mich zum Essen einzuladen).
 
In meiner Sporttasche befinden sich neben Bikini, 2 Badeanzügen, Handtuch, Duschgel, Shampoo, Haarspülung, Hairstyler, Haarspray, Kamm und Bürste, Schminksachen, Unterwäsche, Deospray und einer Handvoll Kleingeld noch Lesebrille, Bücher, Schreibblock, Kugelschreiber, Handy, Chanel N° 5, Zigaretten, Feuerzeug, Bodylotion, Haargummis und ein Minifernseher in der doppelten Größe meines Handys.
 
Ja, ich brauche all diese Dinge. Sie gehören zu meinem Leben dazu wie mein Süßer, meine Tochter und meine Zigaretten.
 
Meine Handtasche misst zum Glück nur 38 x 25 x 9 Zentimeter und besitzt nur 2 Nebenfächer. Es wäre nicht auszudenken, was ich alles mitschleppen würde, wenn sie größer wäre.
 
Bei Gelegenheit werde ich Andrea noch mal fragen, wie groß ihre „kleinen Handtaschen“ wirklich sind.
 
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 03.02.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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