Die ersten drei Tage mit meinem neuen Rudel waren einfach toll.
„Die sind spitze!“, fand ich. „Vor allem natürlich Frauchen.“
Mit den menschlichen Ersatzschwestern verstand ich mich prima. Mato, Quinny und ich waren zu einem lustigen Kleeblatt geworden. Kein Wunder also, dass ich auf Wolken schwebte.
„Wuff! Na, Kleines, kannste noch?“, bellte mir Mato nach einiger Zeit zu.
Um nichts in der Welt gab ich zu, dass ich inzwischen nur noch aus dem letzten Loch pfiff (keuch!), weil die unentwegte Rennerei einfach noch viel zu anstrengend für meine kurzen Babybeine war.
„Glaubt bloß nicht, ich mache schlapp!“, quietschte ich zurück und versuchte wie zum Beweis doch tatsächlich noch einen Zahn zuzulegen.
„Die ist klasse, nich` Quinny?“, wandte sich Mato an seinen kleinen Freund.
Die Antwort war ein hastiges, kurzes Wedeln. Mehr Zeit opferte Quinny dafür nicht, denn er war gerade eifrigst darum bemüht, einen neuen, persönlichen Temporekord aufzustellen.
„Mato, Quinny, Feechen... ins Haus!“
Ob Frauchen hellhören konnte??
„Wau, das war aber auch höchste Eisenbahn!“, fiepte ich super leise, denn meine beiden Kameraden sollten das ja nicht mitkriegen.
Mit letzter Kraft schleppte ich mich hinter den Anderen her in die Küche. Plötzlich schnappte ich verzweifelt nach Luft und plumpste auf meinen Bauch.
„Wie schön, dass der Boden so kühl ist!“, dachte ich.
„Was ist denn mit dir los?“
Sie beugte sich über mich:
„Um Himmelswillen, deine Augen sind ja ganz weiß!“
Ach, hätte ich ihr nur zuwinseln können, wie elend mir war. Doch selbst dafür ging es mir zu dreckig.
„Hoffentlich warst du nicht schon krank, als ich dich gekauft haben!“, schimpfte sie besorgt.
„Frauchens Nerven flattern ja. Wie gut, dass ihre Bekannte heute da ist!“, dachte ich.
Die stand als seelische Stütze neben ihr, als meine Adoptivmama sich dann telefonisch bei meiner Züchterin erkundigte, wie es meinen Geschwistern ging. Angeblich waren die alle gesund und topfit.
„Feechen sollte besser diese Nacht zur Beobachtung und Untersuchung hier bleiben. Soo kann ich gar nichts dazu sagen, was ihr fehlen könnte.“
Wie, ich sollte in dieser doofen Klinik allein zurück bleiben und Frauchen führe ohne mich wieder weg? Oh nein, das durfte doch nicht wahr sein! Dazu hatte sie mich hoffentlich doch viel zu lieb, ooder?
„Frauchen, bitte, lass mich nicht hier. Ich hab` solche Angst ohne dich. Wer weiß, was die mit mir anstellen...!!?“ , brachte ich trotz meiner Schwäche vor Panik sogar ein hilfloses Wimmern zustande.
„Machen Sie sich keine zu großen Sorgen. Ich kümmere mich persönlich um Feechen und werde öfter nach ihr sehen!“
Wenn aber Frau Dr. D. so mit Frauchen sprach, hieß das, dass Frauchen wohl sehr traurig aussah, vielleicht sogar eine Träne meinetwegen verdrückte. Ach, Frauchen... !
Sofort fühlte ich mich ein bisschen getröstet. Ich würde zwar bei dieser Ärztin bleiben, aber mein geliebtes Leittier spielte keinesfalls mit dem Gedanken, mich etwa im Stich zu lassen! Wenn ich ihr doch nur hätte zeigen können, wie erleichtert, ja stolz ich deswegen war. Doch mir blieb nur das warme Gefühl in meinem Babyherzen.
Eigentlich wollte ich sie und vor allem mich selbst nicht blamieren und die Mitpatienten in den Käfigen begrüßen, wie es sich gehörte. Doch erstens waren die alle mit ihrer eigenen Angst und ihren Schmerzen viel zu sehr beschäftigt, um überhaupt hinzuhören - und zweitens konnte ich vor Angst schlotterndes Etwas meine Gedanken schon gar nicht mehr richtig ordnen. Also ließ ich gute Erziehung gute Erziehung sein und hielt geknickt einfach die Schnute.(Blaublütige Prinzessinnen wie ich haben keine Schnauze!).
„Haben Sie eine weiche Decke für Feechen? Ich möchte nicht, dass sie auf dem nackten Käfigboden liegt!“, hörte ich Frauchen zu einem der Mädchen sagen.
Gleich klapperte es laut wie von einer Schranktüre und schon kehrte die Helferin mit einer kleinen Hundedecke zurück. Sie öffnete einen der großen Käfige, legte die Decke sorgfältig glatt gestrichen auf den Boden und bettete mich vorsichtig darauf. Unter anderen Umständen hätte ich mich gefreut, so kuschelig war diese Unterlage. Aber selbst zum Freuen langte es bei mir jetzt nicht mehr.
„Frauchen ist es genauso zum Heulen wie mir!“
Ich unterdrückte ein hoch steigendes Wimmern, um ihr den Abschied nicht noch schwerer zu machen. Aber das war ja gottlob auch noch Frau Dr. D., die tröstend auf sie einredete.
„Hallo, Frau Schumacher, Sie können ganz unbesorgt sein. Ihrem Feechen geht es prima. Sie war sehr brav und wir haben schon einen schönen Spaziergang gemacht. Falls Sie Zeit haben, können Sie sie gleich abholen.“
Frauchen fiel ja fast der Hörer aus der Hand, so freute sie sich.
„Wissen Sie", gab sie zur Antwort, „ich habe lange gegrübelt. Könnte es sein, dass Feechen sich im Spiel einfach nur völlig verausgabt hat - schließlich fordern Mato und Quinny sie ja sehr?“
Frauchen ließ alles stehen und liegen. Meine Ersatzgeschwister fragten besorgt:
„Mama, was ist denn nun mit Feechen?“
„Nichts!“, entgegnete Frauchen strahlend. „Der kleine Fratz hat wahrscheinlich nur viel zu lange getobt. Ich fahr jetzt hin und hole sie ab!“
„Guck` doch ´mal, Feechen, wer da ist.... ?!“
„Keine Angst, die sind hier alle furchtbar nett. Tut euch was weh, werdet ihr gestreichelt und getröstet.“
Ich bildete mir ein, nur, weil ich, das kleine Hundebaby, das gesagt hatte, lagen sie sofort viel gelassener da, selbst der kleine Rauhhaardackel in der linken Ecke, der sich noch vor einer Sekunde unter dem Stuhl seines Besitzers fast halbtot gezittert hatte. Ich war ausgesprochen stolz auf mich.
Das lang gezogene Heulen konnte ich da einfach nicht unterdrücken. Wie verrückt schmiss ich mich auf Frauchen zu in die Leine. Frau Dr. D. lachte gerührt:
„Mein Gott, Feechen kennt Sie ja schon!“
„Na klar, wau!“, war mein jubelnder Kommentar dazu. „Wäre doch gelacht, wenn ich mein Frauchen nicht erkennen würde!“
„Feechen... dass ich dich wiederhabe!“, flüsterte mir Frauchen ins Ohr.
Ich flüsterte leise jaulend zurück: „Mich wirst du auch nicht so schnell wieder los!“
Ich glaube fast, wir beide strahlten nur so um die Wette. Frauchen verabschiedete sich herzlich von meiner Ärztin und wir zogen gen Heimat.
„So, Kleines! Ab jetzt achte ich darauf, dass du noch nicht zu wild tobst!“
Eigentlich fand ich das wieder ein bisschen doof. Aber sie hatte ja Recht.
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Der Beitrag wurde von Gaby Schumacher auf e-Stories.de eingesendet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 26.02.2007.
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