Astrid v.Knebel Doeberitz

Geburtstagsgrüße aus dem Weißen Haus!?

 

 

Als ich gegen Abend von der Arbeit komme, empfängt mich Bernd ganz freudig:

„Du, da ist ein seltsames Wunder passiert! Stell dir vor, wer uns geschrieben hat!“

Er deutet auf den Brief, der auf dem Wohnzimmertisch liegt und setzt sich mit mir an den Tisch, wartet gespannt auf meine Reaktion.

Aus dem Briefumschlag guckt die Karte mit zwei lächelnden Gesichtern schon heraus.

Ich schaue zweimal hin.

„Bush. George W. Bush mit Frau! Wie kommt denn das?! Und woher wissen sie...?“

Ich ziehe die Karte aus dem Umschlag und lese die Zeilen, die schräg auf dem Foto in schwarzer Schreibschrift stehen:
 
                                „Just wanted to wish You a Fabulous Birthday.  George & Laura“.
 
„Das gibt´s doch nicht! Woher wissen die, wann du Geburtstag hast?“
Bernd hebt und senkt ahnungslos die Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht durch Artur?!“

Artur ist der Pole, der in Florida lebt und das Schloss Rosenhöh, das Bernd eigentlich geerbt hätte, vom polnischen Staat erworben hat, aber jetzt wieder verkaufen will.

 
„Vielleicht kauft Bush ja Rosenhöh?“ Bernd malt sich alles Mögliche aus.

„Aber Artur weiß nicht, wann du Geburtstag hast!" Ich begutachte den Briefumschlag näher

Ja, er ist wirklich per Post gekommen – aus den USA mit Air Mail, allerdings an

Mrs. Bernd von Knebel-Döberitz als Adressaufkleber und als Absender hintendrauf:
 
„The White House, 1600 Pennsylvania Ave NW, Washington, DC 20 500, United States of America“.
 
 "Seltsam. Es muss jemand sein, der uns nicht so gut kennt; oder es werden solche Glückwunschkarten tatsächlich auf Anforderung aus dem Weißen Haus versendet“, überlege ich weiter. „Mrs. ist ja nun ganz falsch; ‚von’ wird nicht ausgeschrieben und Knebel-Döberitz ohne Bindestrich und mit oe. Ob das wirklich von Bush ist? Oder erlaubt sich da jemand einen Scherz? Kann man diese Karten in Amerika vielleicht überall kaufen?

Sucht Präsident Bush hier in Deutschland Anhänger? Aber weshalb? Das nutzt doch gar nichts.“

 
„Aber es muss jemand gemacht oder veranlasst haben, der mein Geburtsdatum kennt“, meint Bernd logisch.

Durchs Internet ist ja fast alles möglich. „Wer kommt noch infrage?“

„Na ja, vielleicht Heidi und Lee.“

 
„Wohl eher nicht. Die Beiden haben uns doch nie zu den Geburtstagen geschrieben und sind schon fast im Umzug von Amerika nach Deutschland.“

„Vielleicht die Schweizer? Richard ist so ein Schlawiner. Der könnte es sein!“

„Aber dass sie in Amerika waren bei ihrer Tochter, ist fast ein Jahr her. Ist doch unwahrscheinlich. Und zum Geburtstag haben dir doch schon was geschickt.“
 

„Siegfried vielleicht?“ spekuliert Bernd.

Siegfried ist ein Bekannter, durch den wir Richard kennenlernten.
 
„Von ihm haben wir aber schon lange nichts gehört. - Meinst du, er war in Amerika?“
 

„Man könnte die Karte auch polizeilich prüfen lassen.“

 
„Da warte mal erst noch ab“, bremse ich Bernds Aufklärungswunsch.„Dann bleibt noch Joachim. Vielleicht hat er das über Internet veranlasst. Er sieht doch im Gemeindebrief, dass ich Geburtstag habe. Ihm traue ich das zu.“
„Könnte sein. Aber das ist bestimmt nicht billig – so ein persönlicher Gruß aus dem Weißen Haus.“
Wir schauen uns vielsagend an.

„Das macht Joachim nicht“, meine ich und Bernd setzt hinzu: „Ich sehe ja am Sonntag wie er reagiert. Falls er es war, ist er bestimmt gespannt oder fragt irgendwas. Ich werde gar nichts sagen.“

 
Ist schon spannend mit so einem ungeklärten, besonderen Gruß zu leben!!
 
Als Bernd am Mittwoch in der Stadt ist, geht er mit der Karte zur Zeitungsredaktion und findet dort großes Interesse nach dem Motto: „So was hatten wir noch nie! Grüße aus dem Weißen Haus. Da schreiben wir was.“

Der Fotograf ist direkt zur Stelle, schießt ein Bild von Bernd mit beschrifteter Karte von George und Laura und Briefumschlag.

 
Zuhause erzählt mir mein Mann vom freudigen Ereignis: „Samstag steht’s in der Zeitung.

Vielleicht hat Bush ja dein Buch gelesen.“

„Quatsch, Bernd. Wie soll das denn dahin kommen; und außerdem können die kein Deutsch.“

 
Gespannt warten wir auf das Erscheinen des Artikels.
 
Unter der Rubrik „Stadt – Land – Leute“ steht tatsächlich „Geburtstagsgrüße aus dem Weißen Haus und unter dem 3 x 5 cm großen Foto: Überrascht und erfreut zugleich: Geburtstagskind mit Grüßen aus dem Weißen Haus.

Der übrige Text: Überraschende Geburtstagspost erhielt dieser Tage Bernd von Knebel Doeberitz aus den USA: eine Glückwunschkarte aus dem Weißen Haus mit persönlichem Autogramm von Präsident George W. Bush. Wie es zu dieser freundschaftlichen Geste gekommen ist, kann sich das Geburtstagskind nicht erklären: „Vielleicht sind wir denen in Amerika durch den Roman aufgefallen, den meine Frau vor einigen Monaten herausgebracht hat.“

„Die haben das tatsächlich geschrieben. Ach du liebe Zeit!“ Ich muss lachen.

„Na und, ist doch gut so.“

„Aber wegen meinem Buch?! Das ist doch Unsinn! Kann niemals sein. Das hat doch gar nichts mit deinem Geburtstag zu tun.“

 

Sonntagvormittag in der Christengemeinde kann Bernd kaum sitzen, nicht weil er so gespannt ist, sondern weil ihn seit drei Tagen ein Hexenschuss plagt. So geht er direkt nach dem Gottesdienst zum Auto.

„Joachim war’s sicher nicht. Der hat mir nur wieder Lesestoff für dich mitgegeben“, meine ich auf der Heimfahrt. „Und er war auch so ganz normal wie immer, gar nicht irgendwie fragend oder so.“
“Dann bleiben nur Richard, Siegfried oder Artur.“ Bernd verzieht das Gesicht, weil er sich gerade ungünstig gedreht hat um sich anzuschnallen.
“Und du musst erst mal morgen zum Orthopäden, mein Schatz. Das ist viel wichtiger.“

 
Mit Spritze versehen, nach der es ihm sehr schnell besser geht und auch mit Schmerztabletten versorgt, sitzt Bernd am Montagabend, eine Woche nach dem Erhalt der mysteriösen Post, mit hochgelegten Beinen im Sessel.
 
„Ist das schön, keinen Schmerz mehr zu spüren. Da weiß man erst, wie dankbar man sein kann, wenn man gesund ist.“
“Oh ja“, stimme ich ihm zu.

Das Telefon läutet und ich reiche es Bernd. Die Nummer aus der Schweiz steht auf dem Display und Bernd spricht mit Richard, der ihm zusammen mit seiner Frau zum Geburtstag ein Paket mit einem Pullover und vielen Tafeln Schokolade geschickt hat. Wir hatten uns schon mit einem lustigen Fax bedankt.

 
Schließlich setzt Bernd seinem Freund  „die Pistole auf die Brust“ bezüglich des Briefes aus dem Weißen Haus. Dessen Antwort: „Als Christ darf ich nicht lügen.“ Da haben wir des Rätsels Lösung! „Meine Tochter hat die Karte beschriftet und abgeschickt, auch die Adressaufkleber angefertigt. Gekauft hatten wir mehrere Karten. Siegfried hat auch eine zum Geburtstag bekommen, aber er hat nie nachgefragt. – Bei dir musste ich’s ja jetzt zugeben.“

“Eine tolle Idee. Wir haben vielleicht rumgerätselt!“ Bernd lacht und ich rufe im Hintergrund:

„Richard! Du bist ein richtiger Schelm! Wir hatten euch zwar in Verdacht, aber ihr habt ja auch das Paket geschickt.“

 
Als Bernd dann von dem Zeitungsartikel erzählt, meint Richard lachend: „Jetzt aber bitte keine Aufklärung in der Zeitung, sonst ist das womöglich Urkundenfälschung.“ Womit er nicht Unrecht hat.

Die Angelegenheit lassen wir auf sich beruhen, aber den Zeitungsartikel kopieren wir und schicken ihn unseren Schweizer Freunden mit besten Grüßen an die Tochter in Amerika.

 

 

                                                           E  n  d  e

 

                                                                                                       Astrid v. Knebel Doeberitz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.03.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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