Gaby Schumacher

Es war Schicksal!

 
 
Mit zunehmendem Alter beobachte in meine Umwelt intensiver. Die Perspektive hat sich verschoben. Ich mache mir weitaus mehr als früher Gedanken um Schicksalsschläge und Krankheiten. So erinnere ich mich oft an die Begegnung mit einem Mädchen während meiner Jugendzeit.
 
Ich lernte sie während gemeinsamer Ferien mit meinen Eltern in Bayern kennen. Sie war Schwarzamerikanerin und von Geburt an blind. Es war sehr eigenartig für mich, denn mit einem blinden Menschen hatte ich bis da keinerlei so engen Kontakt gehabt.
 
Doch das fröhliche Wesen dieses Mädchens nahm mich sofort für sie ein. Wir verstanden uns vom ersten Moment an blendend und hatte beide das Gefühl, uns eigentlich schon unser ganzes Leben lang zu kennen. Meine Scheu wegen ihrer Behinderung verflog und mein Verhalten ihr gegenüber wurde immer normaler.
 
Sie erzählte und erzählte und ich hörte aufmerksam zu. Dann kam der Zeitpunkt, an dem ich keinerlei Hemmung mehr hatte, sie auf ihre Blindheit anzusprechen.

"Wie ist es, im Dunkeln zu leben? Hast Du irgendwelche Vorstellungen, wie es auf der Welt aussieht?"

"Ich kenne es nicht anders und vermisse nichts!", gab sie zur Antwort.

Ich hoffte inständig, sie spürte es nicht, aber mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.

"Sie sieht nichts von den Schönheiten der Welt, weiß nicht um die Farben der Natur."

"Lass uns einen Spaziergang machen!", schlug sie vor. "Du erzählst mir von allem und ich werde dir meine Welt erklären!"

 
Mit Freude stimmte ich zu. In der Nähe lag ein kleiner See. Hand in Hand marschierten wir an ihm entlang. Ich schilderte ihr alles, beschrieb ihr die Pflanzen und hoffte, sie könnte meine Begeisterung ein wenig teilen.

"Ich sehe das Wasser zwar nicht, aber ich rieche es. Deine Schilderungen und die Laute aus der Natur, vor allem das Gezwitscher der Vögel lassen alles für mich sehr lebendig werden. Meine Welt ist ein wenig anders als eure, aber vielleicht bin ich manchmal sogar reicher als ihr. Ich empfinde alles doppelt so intensiv."

 
Wie ich es von ihr erfuhr, gehörte sie zu den glücklichen Blinden, die nicht ausgestoßen aus der Gemeinschaft irgendwo einsam ihr Leben fristeten. Sie dagegen wuchs in einer tollen Familie auf, die sie in jeglicher Hinsicht unterstützte und förderte.
 
Wir stellten fest, dass uns sehr viel verband: Beide liebten wir die Tiere, schwärmten für Musik und waren Leseratten. Wir hatten obendrein sogar die gleiche Art von Humor und blödelten stundenlang.
 
Als der Urlaub zuende ging, wurde es für uns ein sehr schwerer Abschied. Es waren doch nur drei Wochen gewesen, aber ich wusste, ich verlor eine Freundin.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 23.03.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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