Eine Stunde später
geschah ein Unglück: Ich nahm eine falsche Abkürzung und kannte mich bald nicht
mehr aus! „Verdammt! Scheiße! Warum ausgerechnet heute?!?“, fluchend setzte ich
mich auf einen Baumstumpf und stütze den Kopf n die Hände. Dann fiel mir mein
Handy ein: Verdammt, kein Empfang!! Mit klopfenden Herzen versuchte ich, meine
Gedanken zu ordnen und der Panik keine Chance zu geben. Es gelang mir recht gut
und ich wollte gerade aufstehen, als ich Schritte hörte.
Ich drehte mich um und
sah einen jungen Mann auf mich zukommen. Er grinste bis über beide Ohren: „Na,
etwa verlaufen?“ Im selben Moment erkannte ich seine Absichten. Er wollte mich
vergewaltigen, hier!! Panisch begann ich zu rennen und mit Schrecken bemerkte
ich, dass er mir folgte!! Ich lief einfach zu und bemerkte nicht, dass ich
immer dichter in den Wald geriet. Der Abstand zwischen den Bäumen verringerte
sich und immer weniger Licht schimmerte zwischen den Baumkronen hindurch.
Ich hatte wahnsinnige
Angst, dass der Mann mich erwischen könnte und mich zu seinen Zwecken
missbrauchen könnte. Die Panik verlieh mir einen zusätzlichen Adrenalinschock,
der mich unerbittlich weiter trieb. Immer noch hörte ich den keuchenden Atem
des Fremden, der noch immer hinter mir war. In rasender Geschwindigkeit raste
meine Umgebung an mir vorbei, Einzelteile verschwammen zu einem farbigen Fleck
vor meinen Augen. Mein Puls raste bis ins Unendliche und mein Herz schlug mir
bis zum Hals. Ich konnte nicht mehr und wollte stehen bleiben, da explodierten
plötzlich goldene Sterne vor meinen Augen. Ich schrie auf, taumelte aber und
fiel. Im selben Moment, als ich auf dem Boden aufschlug, wurde mir schwarz vor
Augen und mein erschöpfter Körper erschlaffte ruckartig.
Bevor ich starb, wusste
ich plötzlich, dass ich über einen Kilometer in verdammt schnellem Tempo
gerannt war. Auf einmal konnte ich meine Augen wieder öffnen. Langsam stieg ich
immer weiter auf. Mir dämmerte, dass ich tot war. Ich schrie, weinte und
flehte, man möge mich doch wieder auf die Erde zurücklassen, aber nichts
geschah. Verzweifelt wehrte ich mich gegen den Sog, der meine Seele Meter für
Meter weiter nach oben brachte. Weg von der Erde und weg vom Leben.
Als es nichts half,
erinnerte ich mich an mein Leben: Ich hatte eine wunderbare Kindheit und immer
Glück gehabt. Bilder meines Lebens zogen vorbei, wie in einem Kino. Ich wollte
in meinem Job Karriere machen und meinen Verlobten heiraten. Mir wurde klar,
was ich schon geahnt hatte: Dass ich viel zu früh gestorben war. Es war zu
früh. „Warum ich?“, schrie ich, aber alles, was ich hörte, war das Rauschen des
Windes.