Die beiden steigen
in den Bus ein.
Der hagere Mann mit den langen Haaren.
Fettig und strähnig.
Und flackerndem Blick.
Einer halb verborgenen Glut in den Augen.
Dahinter seine Gefährtin.
Dunkelhäutig.
Die Rastazöpfe zusammengebunden zu einem Zopf.
Sie nehmen Platz.
Nebeneinander.
Und der Mann hebt seine Stimme.
Aggressiv und laut.
Was er redet, ist belanglos.
Im Grunde.
Von Umweltsteuer.
Und der Verlogenheit der Welt.
Von Geld, das zweckentfremdet eingesetzt wird.
Von den Politikern.
Und von Leuten, die das wissen.
Und schweigen…
Die Frau redet auf ihn ein.
Sie will dass er schweigt.
Es steht in ihrem Gesicht.
Es ist ihr peinlich, dass er schreit.
Und dass alle Leute zuhören.
Die beiden ansehen…
So wie ich.
Bitte.
Sei doch ruhig.
Red nicht so laut.
Ich bin nicht taub.
Ich verstehe dich auch so…
Der Mann schenkt
ihr kein Gehör.
Er spricht immer schneller.
Vieles fällt ihm ein.
Sehr viel.
Er reagiert nicht auf die Bitten seiner Gefährtin.
Die ihn immer wieder ersucht.
Bitte.
Sei doch endlich still!
Sag es doch dem Bürgermeister!
Wenn dich das alles stört!
Sag es ihm!
Der ist zuständig!
Der Mann
hält inne in seinem Redefluss.
Sieht die Frau fast grob an.
Dem
Bürgermeister sagen?
Der lässt mich doch einliefern!
Der bringt mich in die Klapsmühle!
Die wissen, dass ich Recht habe.
Aber das interessiert die Leute nicht.
Und schon gar nicht die Politiker.
Die Wahrheit ist nicht erwünscht.
Nicht in diesem Land!
Wieder
ist er laut geworden.
Der Mann mit den langen, dunklen Haaren.
Die tiefe Verzweiflung ins Gesicht gezeichnet.
Ich beobachte ihn.
Schon die ganze Zeit.
Ich spüre genau.
Es geht hier nicht um die Umweltsteuer.
Um immer neue Namen für immer neue Steuern.
Die Geld bringen sollen.
Um ein System aufrecht zu erhalten.
Das uns andere vorsetzen.
Als einzig erstrebenswert…
Es geht nur um diesen Mann.
Und seine Verzweiflung am Leben.
Die Stimme des Mannes bricht nun fast.
Er erzählt von einem Kurs.
Den er machen sollte.
Selber schon gestrandet.
Oder fast.
Wie er noch beschönigt.
Denn er weiß selber längst.
Dass er schon außerhalb der Gesellschaft lebt.
Arbeitslos.
Ohne Auto.
Das er verkaufen musste.
Es wurde ihm zu teuer…
Und mit einer Frau.
Die selber am Rande der Gesellschaft steht.
Farbig.
Nur geduldet.
Nicht gewollt…
Sie hält noch zu ihm.
Sie will ihn beruhigen.
Wie lange noch?
Ich stehe auf.
Nächste Haltestelle steige ich aus.
Ich würde ihm so gerne ein paar Dinge sagen.
Diesem Mann.
Dass er die Welt nicht ändern kann.
Dass man bisweilen Dinge akzeptieren muss.
Die einfach so sind.
Weil es keinen Sinn hat.
Gegen Windmühlen zu laufen.
Dass er sich nicht kaputt machen lassen soll.
Von seinem Hass.
Weil es wichtiger ist.
Wach zu bleiben.
Wach und aufmerksam.
Zu erkennen, wo wir manipuliert werden sollen.
Ich sehe ihn an.
Und kann es doch nicht.
Der Mann ist gebrochen.
Er redet weiter.
Seine Frau möchte dass er schweigt.
Vielleicht hat er auch getrunken.
Vielleicht war er einmal anders.
Vor langer Zeit.
Glücklicher.
Und kannte diese Zweifel nicht.
Dieses Aufbegehren.
Und diese unglaubliche Hoffnungslosigkeit…
Die Bustür öffnet sich…
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.04.2007.
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