Bettina Alexandra Benzmann

Die Schicksalsmelodie

Draußen ziehen dunkle Regen verhangene Wolken über das Land. Der Wind pfeift sein Lied durch die kahlen Bäume und verstreut die letzten farbigen Blätter über den Asphalt - wie Aschermittwochs Konfetti. Eisige, feuchte und klamme Kälte steigt mir die Glieder empor. Mich fröstelt. Auch der neue Mantel wärmt nicht. Wohin soll ich nur gehen? Ich schaue mich um. Diese Konformität der Hausfassaden in Köln/Eberfeld erinnert an die Stereotypen der 70er Jahre und doch erzählt jedes seine eigene Geschichte. Maya ist weg.
Seit gestern erst so kurz her und doch so fern. Wie ein Schock. Ein Abschied im Tal der Tränen und der Verzweiflung. Stille. Ich kann meine Gedanken hören. Wie Metallschläge auf einem Kupferrohr, es klirrt in meinem Kopf. „Es ist aus, ich habe jemanden kennen gelernt!“
Ihre Worte tönen wie Paukenschläge immer noch in meinem Ohr. Sie war eine von den Frauen, die Männer sofort um den Verstand bringen. Nie trug sie ein Höschen unter ihren, oftmals Knie langen, aber seitlich geschlitzten Röcken und ihre prallen Brüste wippten im Takt der einladenden Hüften. Ungeniert und frei. Ein Luder, eine Bestie! Mayas Lippen waren der Vorhof zur Unterwelt. Feucht, warm, zersetzend wie der Strom der Leidenschaft. Jeder Körperteil an ihr war eine Sinfonie der Schöpfung. Ihr hellhäutiger Teint und das Ebenholz schwarze, Natur gewellte, glänzende Haar machten Sie zur Mondgöttin. Die Augen wie zwei funkelnde tief braune, Mandelförmige Opale. Sie zu betrachten war wie - ein Gemälde Michelangelos zu sehen.
Ich ziehe den Mantelkragen hoch bis an die Ohren und verberge meine Hände in den weiten Taschen. Mich fröstelt. Vor mir liegt eine zerbeulte Cola Dose, trotzig kicke ich sie mit voller Wucht gegen eine Hausmauer. Wie hieß der Song noch „Holidays are coming“ von dieser Melanie Thornton?! „Um Gottes willen, bloß nicht! Tolle Stimme, aber die ist auch schon tot.“ Weiter laufen, nur nicht stehen bleiben, sonst erstarre ich zur Salzsäure.
In meinen Gedanken lasse ich noch einmal die letzten Monate Revue passieren.

Letzten Sommer fing ich nach einer schier endlosen Odyssee von verschiedenen Firmen und schlecht bezahlten Jobs in einem Zeitungsverlag als Anzeigenvertreter an, ach halt nein! Heute werden diese Leute Akquisiteure oder Key-Account Manager genannt. Aber im Grunde genommen gehe ich telefonisch Klinken putzen und verkaufe den Leuten ein „neues“ Prestige, ob sie wollen oder nicht. Mein Weg ist vorgezeichnet und ich verkaufe „das Ticket ins Glück“. Wer heute als innovativ gelten will, ums sich den ständigen Veränderungen einer mobilen und neophilen Gesellschaft anpassen. „Mobile in Mind“ und „entdecke die Möglichkeiten“ sind die Vorgaben unserer Spaßgesellschaft. Die Politik, die Hure unserer Wirtschaft, zeigt uns täglich die Abgründe unserer verlogenen, feigen Gesinnung. Wer gegen den Strom schwimmt landet im Niemandsland der Insolvenz oder des in der Dämmerung gesponnenen Netzes der unsozialen „schwarzen“ Witwe.
Nun, dieser neue Job erschien mir wirklich nicht unangenehm. Ich verdiente gutes Geld, meine Kollegen waren trotz der allgemein herrschenden „Egomanie“, die ein guter Anzeigenverkäufer eben durchziehen muss, im allgemeinen ganz in Ordnung. Selbst die Kameraden aus der Redaktion, die natürlich prinzipiell den „geistigen Totalitätsanspruch“ für sich beansprucht hatten, waren recht umgänglich. Gut, wer je mit Presseleuten zu tun hatte, weiß, dass die täglichen Rivalitäten zwischen den „Anzeigen-Fuzzis“ und den Redakteuren fast schon als Volkssport anzusehen ist. Jeder weiß, dass keiner ohne den anderen existieren kann. Es ist wie das Tagebuch einer verflixten, längst zum Notschlachten freigegebenen, das Chaos überdauerten Ehe.
Lediglich eine Zweckgemeinschaft, deren einziges Ziel es ist, die Illusion eines stetig wachsenden materiellen Erfolges gewinnträchtig weiterhin nach „oben“ zu katapultieren. Der „Caipi“ des Lebens ist nun mal nicht nur teurer sondern auch noch bitterer geworden. Es scheint, als gleiche unser Leben einer niemals enden wollenden Olympiade. Wir sind wie Jäger nach dem Wild der zugkräftigsten Schlagzeilen geworden. „Höher, schneller, weiter“, der Ausverkauf unserer Gedanken hat begonnen !

Mein Privatleben war zu diesem Zeitpunkt nicht spektakulär, aber zufriedenstellend. Ich hatte ein paar langjährige Freunde, auf die ich mich verlassen konnte und frönte meinem Single Dasein. Zog mit meinen Kumpels und deren Freundinnen um die Häuser und war gern gesehener Gast auf sämtlichen Events und Szene Parties. Eine Beziehung einzugehen mit einer Frau wie Maya erschien mir so fern, wie die Atzteken Tempel Mexicos. Ich bin mir zwar die Wirkung aufgrund meiner Größe und stattlichen Erscheinung bei den Damen bewusst, doch bin ich eigentlich ein eher zurückhaltender, in mich gekehrter, die Dinge sich entwickeln lassender und beobachtender Mensch. Meine Arbeitskolleginnen empfinden mich als höflichen, gutaussehenden, wenngleich auch etwas schrägen Typen der Marke „Lonesome Rider“. Ich mich übrigens auch.

Die Geschäftsleitung hatte vor kurzem beschlossen, mich aufgrund meiner Leistung als Teamleiter für die bevorstehenden Aufgaben innerhalb des Verlages zu befördern. Um dieser neuen Herausforderung gewachsen zu sein und ein 7-köpfiges Kollegenteam entsprechend motivieren und führen zu können, musste ich mir etwas einfallen lassen. So informierte ich mich übers Internet über einige NLP (Neuro Linguistic Programming) Seminarstätten, wie sie mittlerweile im ganzen Bundesgebiet wie Pilze aus dem Boden schießen. Grundannahmen des NLP sind Glaubensätze über die Natur des Menschen. Sozusagen „was der Mensch denkt, erlebt er“.
Tja, also mit dem allseits propagierten Grundsatz „ich denke also bin ich“ ist es leider nur dann getan, wenn Gedankengut und Handlung übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, klebt einem das Pech und der damit verbundene soziale Abstieg wie Hundescheiße am Schuh - und kein Mensch weiß warum. Der eigentliche Sinn des NLP ist, die Kommunikation gerade im zwischenmenschlichen Bereich entscheidend zu verbessern. Im Seminar wird unter anderem durch Videotechnik die Gestik, Mimik und der Sprachfluss im Bild festgehalten. Die zentrale Frage ist, wie wirkt mein Verhalten auf andere und was kann ich an mir verändern, um erfolgreicher zu werden, kurzum meine Träume zu leben. Ein „Feilen oder Modellieren“ an mir selbst, um eine ganzheitliche Übereinstimmung (physisch wie mental) zu erreichen und um somit bisher verkannte Ressourcen und Talente in mir zu entdecken. Im Berufs- oder Privatleben kann man auf die Dauer gesehen über einen längeren Zeitraum hinweg nur dann erfolgreich sein, wenn das Denken, Fühlen und Handeln authentisch, also „echt“ rüber kommt.
Ich hatte von Denis, meinem Studienkollegen aus grauer Vorzeit, der ein solches Training schon mitgemacht hatte, bereits vorab ein gutes Feedback erhalten. Ihn zumindest hat es in seiner persönlichen Entwicklung und der damit verbundenen Karriereleiter vorwärts gebracht. Mir diese neu gefundene Weisheit zu belegen war nicht schwer. Ich folgte seiner Einladung zu einem Abendessen in seine erst kürzlich erworbene schicke Maisonette-Eigentumswohnung. Er holte mich nach Geschäftsschluss ab. Ich staunte nicht schlecht! Sein neues Audi Sportcoupé in der Hofeinfahrt unseres Verlages demonstrierte zusätzlich den eingeschlagenen Weg mit direktem Kurs auf Karriere. Während unseres Essens erklärte mir Denis den Sinn und Zweck dieser NLP Geschichte. Warum nicht auch gewinnträchtig in meine Zukunft investieren, dachte ich mir und wählte ein dreimonatiges Trainingsaufbau Programm mit zertifiziertem Abschluß.
Das Seminar wurde in Blockunterricht unterteilt und begann im Januar zu dem ich von unserem Verlag freigestellt wurde. Da ich nicht so ein experimenteller Typ bin, wählte ich dieselbe Akademie in Norddeutschland, die Denis’ mir empfohlen und vor allen Dingen, selbstzufrieden, wieder verlassen hatte. Unserem Geschäftsführer hatte ich bei einem gemeinsamen Geschäftsessen bereits einen detaillierten Kostennutzen Rapport hinsichtlich der von unserem Headquarter gesteckten Ziele vorgetragen und das Motto „Stop stagnation by selfmade motivation“ schien ihn überzeugt zu haben. Kurzum diese finanzielle Investition in mich, würde sich auf jeden Fall längerfristig für unseren Verlag (und für mich) amortisieren.

Das dieses Seminar mein bisher geführtes Leben gründlich auf den Kopf stellen würde, wäre mir damals nie in den Sinn gekommen. Auch Dolores nicht.

Dolores Estebán Garcia.
Sie war so sexy!, als ich sie damals auf diesem Coaching Seminar in Hamburg kennen lernte! Es stellte sich heraus, dass sie sich als Medienberaterin selbständig gemacht hatte. Die letzten fünf Jahre nach ihrem BWL-Studium hatte sie als Produkt Managerin für verschiedene Unternehmen gearbeitet und ähnliche Job Erfahrungen wie ich sammeln können. Nur mit dem Unterschied, dass sie als Frau, wie ich von ihr bei einem unserer privaten Treffen später zu hören bekam, auch im Millenium Zeitalter die doppelte Leistung eines Mannes erbringen musste, um überhaupt an die Spitze des Managements zu gelangen.
Sie war nun unser Master Coach, aber holà !! Aufgrund ihrer imposanten äußerlichen Erscheinung konnte man davon ausgehen, dass sie offensichtlich recht wohlhabend war. Als sie sich mir vorstellte und ich ihre zarte, warme Hand drückte, schaute ich Dolores direkt in ihre wunderschönen, Smaragd grünen, wachen Augen und es war um mich geschehen. Ich musste diese Vollblutfrau irgendwie näher kennen lernen!!
Jeder Mann in diesem Seminar war von ihr hingerissen. Meistens trug sie hauchdünne, schwarze Seidenstrümpfe mit Naht und sie hatte einen Faible für Samt. Passend zu ihrem dunklen, stets zur gegelten Hochfrisur gestyltem Haar trug sie manchmal Figur betonte, leicht dekolletierte Kleider aus diesem fein gewobenen, glänzend weichen Material, dass sich wie eine zweite Haut um ihren graziösen, femininen, zerbrechlich wirkenden Körper schmiegte. Besonders ihr grünes Samtkleid, passend zu ihrer Augenfarbe, unterstrich den südländischen Touch wie das Leuchten der Sonne auf den saftigen, moosigen Hügelketten Teneriffas. Dolores` Heimatort war Santa Cruz, neben Las Palmas die zweitgrößte Hauptstadt der Kanaren. Die Einheimischen werden kurz Canarios genannt - wie „die Vögel“. Mhm, was mir dieses besondere Vögelchen für ein Lied zwitschern würde verwies mich tatsächlich auf die Statistenrolle in jenem Hardcore Thriller, in dem ich bereits in der ersten Szene kurz „erscheinen“ und sogleich wieder abtauchen sollte ...!

Nun, Dolores war sich ihrer inszenierten Auftritte durchaus bewusst, daher erlebten wir sie in den Trainingsmonaten doch mehrzeitlich in schicken, Figur betonten aber züchtigen Hosenanzügen von Prada wie sie erfolgreiche New Age Business Damen der heutigen Hyper-Zeit zu tragen pflegten. Ihr Haar duftete nach Orangenblüten, wenn Sie an uns durch die Bankreihen in schwarzen High Heels an uns vorbei stolzierte, um sich vor der weißen Moderatoren Pinwand wie ein selbstredendes Kunstwerk zu präsentieren. Auf ihrer kecken, kleinen, sinnlichen Nase thronte eine ausgesprochen schicke Designerbrille. Rosenstock natürlich, der Nasen-Saab der Intellektuellen, die Dolores’ Augen die Strahlkraft eines Colour-Point-Lasers verlieh. Sie wollte uns ebenso DIE Selbstsicherheit übermitteln, mit der sie nun als Karrierefrau durchs Leben schritt. Ihre tiefe rauchige Stimme füllte den spartanisch eingerichteten Hörsaal der ehrwürdigen Akademie in Hamburgs Vorort Barmbeck mit wohligen Schauern.
Es war wie das sanfte, tiefe, rollige Schnurren einer Wildkatze mit einem leichten spanischen Akzent. Während ihrer Moderation starrten wir Männer sie alle unentwegt an. Ich bin mir sicher, hätte sie einem von uns einen vergifteten Apfel gereicht, wir hätten uns auf der Stelle geprügelt, wer zuerst hineinbeißen darf! Irgendwie hat sich doch nichts verändert. Wir Männer sind durch optische Reize noch genauso leicht beeinflussbar wie vor hundert Jahren. Des süßen Apfels Gift ist immer noch das „Begehren“. Manchmal frage ich mich, ob der feministische Grundsatz doch stimmt, dass wesentliche Gehirnwindungen direkt mit den Schwellkörpern unseres Geschlechts verkoppelt sind !
Dolores bestach sowohl mit der intellektuellen Seite ihres Wesens als auch mit ihrer fast diabolisch verführerisch anmutenden Persönlichkeit. Sie hatte zweifellos Charisma, aber irgendwie schien es mir, dass sie etwas verbarg. Ihr Auftreten war zu perfekt stilisiert. Vielleicht war sie die Personifizierung des Dorain Gray als Femme Mortale?!
Es geschah, was kommen musste. Ich absolvierte die ersten Seminarwochen wie in Trance und dachte abends, während ich vor meinem Laptop im spartanisch, quadratisch, praktisch, nüchternen Hotelzimmer saß nur an eines: Wie könnte ich es anstellen, Dolores’ besondere Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, um vielleicht mal mit ihr auszugehen... Zwischenzeitlich checkte ich meine Emails ab und vergnügte mich mit den leckeren, virtuellen Spielgefährtinnen der Sexy-Follies Seiten. Es lebe das Internet!

Es waren nun schon vier Wochen vergangen und ich muss sagen, ich hatte bereits nach diesen wenigen Wochen einiges mehr an Selbstsicherheit und Erkenntnis dazu gewonnen. Eine zentrale Verbesserung, die ich auf jeden Fall in meinem Job würde anwenden können, war das Erlernen eines effektiveren Zeitmanagements und somit das daraus resultierende Hervorheben unserer Kreativitätspotentiale. Plötzlich sprudelten wieder Ideen, wo vorher nur das Vakuum der Ratlosigkeit und der Gang zur Kaffeeküche Platz fand.
Es war an einem Mittwoch, ich kann mich an diesen Tag erinnern, als wäre es gestern gewesen. Meine Mitstreiter und ich hatten am vorausgegangen Montag die „Hausaufgabe“ bekommen, handschriftlich ein Kurzporträt über unser bisher gelebtes Leben und deren einschneidenden Ereignisse zu beschreiben. Meine Seminar Kollegen berichteten in der Mehrzahl z.B. über die Geburt ihres ersten Kindes, das anstehende Hausbau-Projekt, die geplante größere Urlaubsreise, den Auftritt als Heimwerker beim Umbau der Gartenlaube etc. Offensichtlich unterschied ich mich in meinem Rapport von allen anderen, denn Dolores kam an diesem besagten Mittwoch mit meinem (in Schönschrift) verfassten Pamphlet direkt auf mich zu und schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen, entgeistert an. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich in diesem Moment eigentlich das erste Mal so richtig bewusst wahrgenommen hat. Zweifelsohne hatte sie mich dem Mittelmaß zugeordnet, denn ich konnte ihr in den letzten Tagen und Wochen zulächeln wie ich wollte. Sie blieb unbeeindruckt, wohl aber höflich distanziert und hilfsbereit. Mein, für mich leider negativ herausragendstes und in polizeilich kurzangebundener Berichtsform geschildertes Erlebnis, war der Selbstmord meiner Schwester gewesen. Bingo!
Bis dato hatte ich mich, außer vor meiner Familie und meinem damaligen Freund, einem Psychologen, noch nie geoutet. Meine Schwester Svenja war damals einundzwanzig Jahre alt, ständig auf der Szenedroge „Extacy“ und - für meine Begriffe - vollkommen durchgeknallt. Sie hatte gerade die dritte Ausbildung als Zahnarzthelferin angefangen und schien beruflich mal wieder vollkommen daneben gegriffen zu haben. Sie hing nach Feierabend, wenn sie nicht gerade blau machte, mit ihren ebenfalls schwer angejunkten Freunden in zweifelhaften Bars und Discos ab. Eigentlich hatten wir beide einen verdammt guten Draht zueinander. Ich war für sie da, wenn sie Geld brauchte oder mal wieder über ihren Loser-Macker Jim abheulte. Der Kerl hatte wirklich den Esprit einer Vorgarten Begonie und den smarten Auftritt eines „gelben Sacks“!
So dachte ich jedenfalls. Ich hatte Svenja oft gefragt, warum sie dieses „verdammte Teufelszeug“ in sich hinein pumpte, jedes mal mit knapper Anwort „Hey Alter, siehs locker, die anderen machens doch auch und es entspannt mich einfach“. „Ich will Party haben, abdancen bis zum Umfallen, am besten jeden Tag. Ich will frei sein und nicht eure Kasten Schemata ableben!!“ Meine Eltern waren gut bürgerlich, Vater Eisenbahner, Mutti Hausfrau, rotes Ziegelreihenhaus - vom Munde abgespart. Am Samstag den frisch gewaschenen Opel Omega vor der Garage. Piefig schnöder Durchschnitt.
Investiert haben meine Eltern so richtig eigentlich nur in mich, ihren Erstgeborenen „bist ja schließlich ein Mann, Alex“. „Die Svenja ist ein gutes Kind und eine Hübsche, die findet mit Sicherheit bald einen netten Jungen und wird heiraten“, typische Worte meiner Mutter. Die Aussteuer lag schon im elterlichen Schlafzimmerschrank. Altdeutsch vorprogrammiert.
Irrtum!! Svenja kletterte im „Tabletten Vollrausch“ und nach einem heftigen Krach mit ihrem Macker aufs Flachdach der damaligen Kölner In-Diskothek „Pasha“ und sprang in den Tod. Fünfzig Meter tief, Hinterhofambiente - Genickbruch. Für meine Eltern und für mich stürzte damals eine Welt ein. Nichts war mehr wie vorher. Schon während der Beerdigung gab es für uns alle nur eine zentrale Frage. Warum??? Meinen Eltern ging ich nach diesem Schock, so gut wie es ging, aus dem Weg. Ich musste zur Ruhe kommen. Man sollte meinen, sie hätten nach diesem entsetzlichen Vorfall erst recht das Klammern um meine Person angefangen. Weit gefehlt ! Das Gegenteil war der Fall. Vater wurde noch eigensinniger und verharrte oft in sich gekehrt regungslos vor dem Fernseher. Und Mutter brach bei geringstem Anlass sofort in Tränen aus. Von ihr hörte ich allerdings neulich bei einem gequälten Sonntag-Nachmittag-Billigtarif Telefonat, dass Svenjas Freundinnen inzwischen alle verheiratet und teilweise wieder geschieden sind und Jim macht seine dritte Drogen- und Alkoholentziehungskur.
Während des Trauerjahres habe ich mich damals oft gefragt ob es vielleicht auch etwas wie einen vorgeburtlichen Fluch gibt. Svenja trug als zweiten Vornamen den Namen ihrer mit drei Jahren verstorbenen Schwester meines Vaters.

Mittwoch, 14.00 Uhr. Nach Beendigung des Unterrichts und als meine Kollegen schon alle gegangen waren, saß Dolores noch an ihrem Schreibtisch und wartete auf mich.
“Nehmen Sie doch Platz, Alex, wir sind hier schließlich nicht in der Schule“, sagte sie mit einem verschmitzten Grinsen auf dem Gesicht. Nachdem ich ihr gegenüber auf einem dieser ekligen orangefarbenen Bauhaus Repliken (wieso ist eigentlich ein Stuhl kein Stuhl?) Platz genommen hatte, schaute ich sie unverwandt an. Gedanken schossen wie Dart Pfeile durch meinen Kopf als ich sie so betrachtete. „Was für eine hohe Stirn sie hat!“ Wenn sie weiterhin so regungslos verharrt, könnte ich glatt ein neue, weibliche Skulptur des „Denkers“ bildhauern. Na ja, also wenn ICH tatsächlich bildhauern könnte, würde womöglich doch eher das Abbild des „Steinmanns“ aus dem Film „die unendliche Geschichte“ daraus entstehen, hoho. Nun wer weiß? Sowieso wurde ich je aus meinen Traumszenarien gerissen, als mich ihre Stimme traf wie der Blitz. „Sagen Sie, Alex, wie wird man mit dem Tod eines so nahe stehenden Menschen fertig?“. Ich schaute sie entgeistert an und nach etlichen Sekunden entgegnete ich ihr mit ruhiger Stimme vom Fluss der inneren Weisheit getragen mit den Worten: „durch Integration ins Leben“. Nun schaute sie mich entgeistert an und schien auf eine detailliertere Erklärung zu hoffen.
„Der Tod ist allgegenwärtig, Dolores“ (wir sprachen uns zwar mit Vornamen an, aber wie es heute in post modernen Unternehmen durch Übernahme des „American Way of Life“ üblich ist, siezten wir uns trotzdem noch). Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass man mit respektvoller Distanz „Idiot“ denken und denselbigen gleich mit passendem Vornamen betiteln kann.
„Wie meinen Sie das genau „ins Leben integrieren“, Alex?
Sind sie sich sicher, dass Sie dieses furchtbare Geschehen nicht einfach versucht haben aus ihrem Leben zu verdrängen, also genau das Gegenteil versucht haben von dem was Sie mir hier erzählen, um mit der Situation fertig zu werden?“ Irgendwie wurde mir jetzt unbehaglich zumute, denn ich fühlte mich nicht nur ausgefragt, sondern auch ausgequetscht. „Nein“, entgegnete ich ihr mit fester, überzeugter Stimme. „Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied und Svenjas Tod war eine Handlung im Affekt. Jeden Augenblick unseres Daseins wird ein Mensch geboren und ein anderer stirbt. Sicher, der Freitod ist eines nahestehenden Menschen gehört mit Sicherheit zu den Schicksalsschlägen, die man nicht mal seinem ärgsten Widersacher wünschen würde. Meine Eltern und ich, wir alle haben zigfach versucht, meiner Schwester mit Ratschlägen und Hilfe verschiedenster Art beizustehen. Jahrelang. Wir haben es einfach nicht besser gewusst. Meine Schwester hatte einen Dickkopf und einen unbeugsamen Willen. In ihren Augen waren wir allesamt angepasste Spießer und sie hatte einfach keine Lust zu gar nichts. „Wir hätten...wir hätten noch viel mehr tun können und doch nichts. Ein „Hätte“ macht sie nicht mehr lebendig, damals nicht und heute nicht und auch wir haben nur ein Leben. Sicherlich kann ich mich als angehender Märtyrer für einen anderen Menschen aufopfern. Aber der Erfolg wird ausbleiben. Der andere saugt sich an mir wie ein Parasit fest, um seine Ziele durchdrücken zu können und ich bleibe, ausgesaugt, als leere wertlose Hülle zurück. Ohne Beistand und ohne Rückhalt. Täter und Opfer Prinzip. Der Stärkere überlebt, zieht von dannen und sucht sich vollgefressen mit meinem Lebenssaft sein nächstes Opfer. Kennen Sie den Film „La Strada“, Dolores...?!“
Mist, just da musste ich jetzt niesen. „Entschuldigung“. Betretene Pause. Hossa!
Auf Dolores Stirn sah ich zum erstenmal eine richtige Zorn-Grübel-Furche. „Das hört sich ja an, wie das emotionslose Herunterrattern eines Wetterberichts!“ Dolores schien entrüstet. „Alex, ich glaube Ihnen ihren kühlen analytisch zwar richtigen, aber sehr gefühlsarmen Ausdruck nicht.“ Ich war ertappt und aus dem Konzept geworfen. Aber das könnte meine Chance sein!!! „Dolores, ich bin nicht bereit, mich wie ein Schuljunge an Ihrem Rednerpult mit erhobenem Zeigefinger vorführen zu lassen. Und wenn Sie nur irgendeine Empfindung für MICH und meinem schicksalhaften Erlebnis hegen, würden Sie mich nicht in dieser Form kompromittieren. Wir können uns gerne in einem Restaurant abends nach Seminar Ende und in freizeitlicher Umgebung zu einem ausführlicheren Gespräch treffen, falls Sie denn tatsächlich an meiner Person interessiert sind. Aber so geht das nicht! Ich bitte meine Entscheidung zu respektieren.“ Pah! Was ist denn mit mir los, so kenne ich mich gar nicht!? Ich packte unverhohlen und mit heißen Ohren meinen Pilotenkoffer und war im Begriff mich für heute zu verabschieden und zu gehen. „Ich bedanke mich für das Gespräch“, hörte ich mich noch stammeln, reichte und (zer-)drückte ihr die Hand und wollte nur noch eins: Dieser neugierigen Zecke entfliehen! Ihr sonst so schöner, üppiger, roter Mund erschien mir jetzt plötzlich wie das Aufleuchten einer Grableuchte und in ihrer Gegenwart empfand ich wieder diese zugige Friedhofskälte. Hasta la vista, baby! Nichts wie weg...

Die nächsten Tage verliefen relativ ruhig. Ich folgte dem Unterricht, entzog mich aber weitgehendst Dolores` Blicken. Ich hatte mich dafür aber mit zwei Kursteilnehmern (Markus und Jonas) aus unserer Runde abends auf ein Bier „bei Trude“ einer urgemütlichen, typischen Waterkant Stehpinte zwei Straßenecken weiter verabredet. Überhaupt - dieser ganze Kurs bestand fast ausschließlich nur aus uns Männern. Zwei Damen saßen in trauter Zweisamkeit in den hinteren Reihen. So wie die optisch rüberkamen, waren diese aber mehr zur Quotenregelung abgestellt. Die eine sah aus wie Uschi Gremlin und die andere wie Else Makel - waren aber so ganz nett.
Na ja, als wir gierig unsere Jever Pilsken zischten, kam die Sprache natürlich sofort auf Dolores. „Ist ja mal ein heißer Feger“ meinte Markus trocken. „Wer bei der ‘nen Stich macht, hat echt mal ‘nen Hauptpreis gezogen“. „Mhm. Stimmt.“
Jonas wischte sich seinen Bierschaumbart am Hemdsärmel ab und griente über beide Backen. „Mensch, Alex was sagstn du zum Coach?“ Markus nestelte nervös an seiner Krawatte rum. „Also ich finde, sie macht einen ausgezeichneten Job und ist eine interessante Persönlichkeit“. Einstimmiges „Jaaa“. „Habt ihr ihre Brüste gesehen, puh! Ob die wohl echt sind, ich meine so richtig von alleine stehen. „Wie zwei Luftkissenboote, hoho“. Markus lief anscheinend jetzt zur Hochform auf. Diesmal einstimmiges Gelächter. Obwohl ich gleich als nächstes dachte „euch Tölpel wird sie mir hoffentlich nicht vorziehen“. Ich war zwar amüsiert und auch sonst recht locker, aber irgendwie ging mir dieses Macho-Gequatsche so langsam leicht gegen den Strich. Ich wollte nicht, dass jemand so über Dolores sprach. Sie war eine tolle Frau und hatte meines Erachtens nach einfach mehr Respekt verdient. Die Katastrophe nahte. Das Pils war leer. „Kommt Leute, lasst uns noch einen trinken gehen und drauf machen“. Ich wollte das Gespräch in andere Bahnen lenken. Wir gingen ca. 200 Meter weiter in die „Blue Velvet“ Bar. Ja, hier war richtig was los! Aus der Jukebox dröhnte „Believe in me“ von Lenny Kravitz, die Bar war richtig knallvoll. Cooler Laden, dachte ich mir, während ich mich umschaute. Zwischen der langen, einladenden in Schwarzlicht erleuchteten Cocktailbar und der kleinen Tanzfläche waren wabenförmig heimelige Rundsofas angeordnet und die Wandbeleuchtung, lauter kleine einarmige, Kristalllüster, schimmerten in warmen rötlichen Tönen. Im dunstigen Licht der Tanzfläche, schmiegten sich drei Pärchen aneinander und tanzten engumschlungen ihren Mr. Loverman Blues. Über der Tanzfläche schwebte so eine dicke, Spiegelkugel wie sie zuhauf in sämtlichen Discos der grauen Vorzeit hing. Aber hier unterstrich sie das Flair einer längst vergangen Ära.
Meine Augen schweiften mit Panoramablick durch die gesamte Bar. Ich kniff meine Augen zusammen wie ein Kater auf Lauerstellung und fokussierte meine Augen auf Weitwinkel. Aber wir schauten alle drei sowieso nur in eine Richtung. Wow, was für eine Frau! Uns blieb fast die Spucke weg. Eine Göttin! Versuchung, Angriff, Begehren, Leidenschaft, Liebe, Mord, Skandal, Sex, Tod - alles im Staccato!! Hoppla?! Diese Venus hatte uns Neuankömmlinge natürlich auch gleich bemerkt und drehte sich lasziv räkelnd in ihrem Kuschelsofa langsam in unsere Richtung. Dabei verrutschte gekonnt ihr knielanges, geschlitztes Kleid gerade so viel, dass man rein zufällig! ihre Beine sehen konnte. Markus pfiff leise durch die Zähne. Jonas blieb der Mund offen stehen und ich fuhr mir nervös mit meiner Zunge über die Lippen. Wie konnte diese Schönheit nur allein an einem Tisch sitzen! Sie mochte vielleicht gerade mal 25 Jahre alt sein, lächelte uns vielsagend an, legte den Kopf auf die Seite und winkte uns einladend in ihre Richtung. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, diese Gestik habe ich schon einmal gesehen, aber ich verwarf diesen Gedanken gleich wieder. „Los Leute, Bewegung, die Dame möchte unsere Gesellschaft“ raunzte ich Markus und Jonas an. Wir gingen an ihren Tisch. „Guten Abend, meine Herren, ich heiße Maya. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Gesellschaft leisten. Ich bin das erste Mal heute hier und kenne daher niemanden.“ Wir stellten uns der Reihe nach vor und ich stellte dem vorbeihuschenden Kellner fast das Bein. „Dürfen wir Sie auf einen Drink einladen, Maya?“ „Oh ja, sehr gern, ich möchte eine „Bloody Mary“. Markus entschied sich für einen ordinären Gin Fizz, Jonas in seiner Artenvielfalt genau für dasselbe und ich für einen „Screaming Orgasm“.
“Woher kommen Sie meine Herren?“ Nun, das wir nicht aus Hamburg kamen war zumindest schon mal an Jonas’ Pfälzischen Einsilbigkeit zu erkennen gewesen. Während wir begeistert von unserem Seminar und dessen Inhalten erzählten (unseren Coach erwähnten wir dezent am Rande ), flossen die Cocktails wie die Elbe in die Nordsee. Unserer Erzählung nach, hätte Dolores durchaus ein Mann, oder zumindest die Abt Vorsteherin eines Benediktinerinnenklosters sein können, haha. Wir schwiegen ihre Persönlichkeit einfach tot - und waren uns dabei, so unterschiedlich unsere Charaktere auch waren, alle drei stillschweigend einig. Eine Frage des Stils!

Noch während wir uns angeregt unterhielten, hatte einer der Gäste den Musikwunsch „Parisienne Walkways“ von Gary Moore geäußert. Mutig bat ich Maya um diesen Tanz. Als wir auf die Tanzfläche gingen fühlte ich mich heiter und beschwingt - wie Cäsar in seinem Triumphwagen. Maya schaute mir direkt in die Augen und Gänsehaut überkam mich. Ich kam mir vor wie der „Jäger des verlorenen Schatzes“, als er das Gold in der Höhle sah! Ihr seidenweiches, schwarzes Haar glitt über meine Hand. Sie ließ sich wunderbar führen, leicht wie eine Feder und schmiegte ihre Wange an die meine. Mhmmm. Wie sie duftete! Ich zog sie immer weiter an mich, sodass ich ihren Atem fühlen konnte. „Sie sind ein guter Tänzer, Alex, sie haben Rhythmus im Blut.“ “ Hoffentlich fühlt sie diesen nicht auch,“ schoss es mir so durch den Kopf „zumindest jetzt noch nicht“. Nicht nur in meinen Beinen war Bewegung, mir platzte gleich die Hose! „Und Sie sind eine betörende Frau. Darf ich fragen, welches Parfum Sie benutzen, es duftet herrlich!“ „Allures, von Chanel“ säuselte sie mir ins Ohr. Der Song verstummte. „Wir wollen Ihre Freunde nicht warten lassen“. Sie zog mich sanft von der Tanzfläche. „Vielen Dank für diesen wunderbaren Tanz, Maya“ hauchte ich ihr zurück, legte gekonnt meine linke Hand um ihre Taille und führte sie galant zurück an unseren Tisch. Markus und Jonas hatten bereits wieder einen Cocktail bestellt und unterhielten sich angeregt über den neuen Maybach. „Na, da seit ihr ja wieder! Maya, sind Sie auch beruflich in Hamburg?“ Markus war neugierig geworden. „Ja, ich bin Sängerin und habe noch zwei Auftritte hier in der Gegend. Danach reise ich wieder ab nach Berlin. Ich singe vornehmlich Chansons. Mein Freund Henry amüsiert sich gerade auf der berühmten „roten Meile“. Wir machen schon sehr lange zusammen Musik.“ „Und mehr ist nicht?“ fragte Jonas verschmitzt. „Nein, mehr ist nicht. Ich würde jetzt gerne aber den Abend beschließen, ich habe morgen noch einen wichtigen Termin im Hotel „Vier Jahreszeiten“. Sie planen dort eine Benefiz Gala und ich habe evtl. die Chance auf eine Gesangseinlage dort.“ Wir zahlten und ich half Maya in den Mantel. Nachdem sie den ganzen Abend heftig mit mir geflirtet hatte, war den anderen beiden klar, wär an diesem Abend das Rennen gemacht hatte. „Darf ich Sie noch zum Taxi Stand begleiten?“ Maya nahm dankbar an und ich verabschiedete mich an dieser Stelle auch von Markus und Jonas. Es war spät geworden, 2.00 Uhr nachts. Die beiden begleiteten uns noch nach draußen und schlugen die entgegengesetzte Richtung ein. Maya hakte sich in meinen Arm unter und wir liefen den Sternenhimmel betrachtend zum Taxi-Stand. An einem dunklen Mauervorsprung einer alten Jungendstilvilla geschah es dann! Ich zog Maya zärtlich an mich, nahm sie meine Arme und sie ließ es willenlos geschehen. Meine Lippen berührten ganz sanft ihren wunderschönen Mund und sie öffnete leicht ihre Lippen, um meinen Kuß zu erwidern. Wir küssten uns immer intensiver, in meinem Bauch stoben die Schmetterlinge aus einander. Das Kreisen ihrer warmen fleischigen Zunge an der meinen brachte mich fast um den Verstand. Sie biss wollüstig in meine Unterlippe und raunte „ich möchte heute nacht nicht alleine sein, bitte komm mit zu mir, ich habe eine Appartment Lounge im Madison.“ So fuhren wir in die Nacht hinaus nach Blankenese. Schon während der Taxifahrt küssten wir uns ununterbrochen, während meine rechte Hand unter ihrem Mantel vorsichtig über ihre Brüste strich. Im Radio lief gerade Barry White’s Song „You’re extacy when you’re laying next to me“...Ich streichelte über ihren Bauch und sie spreizte ganz vorsichtig millimeterbreit ihre Schenkel. Mit einem festen Griff zwängte ich meine linke Hand in ihren Kleiderschlitz und streichelte die Innenseite Ihrer Schenkel. Sie atmete schwer... Endlich angekommen! Um das Appartment zu erreichen, musste man nicht an der Rezeption vorbeigehen, sondern es war direkt über eine separate Eingangstür im Nebentrakt des Haupthotels erreichbar.
Wir warteten auf den Aufzug und konnten nicht voneinander lassen. Bing! Die Tür sprang auf und sie drückte auf den Knopf, 6. Stock. Ich riß ihr den Mantel vom Leib, warf ihn auf den Boden, packte sie und zwang sie mit der Wucht meines erregten Körpers in die Horizontale, schob ihr das Kleid bis zu den Hüften hoch und siehe da! Das Biest trug gar kein Höschen!!
Maya zog mit professionellem Griff an dem Gürtel meiner Hose, riß den Reißverschluß mit einem Ratsch auseinander und umfasste meinen steifen, steil aufgerichteten Schwanz, stülpte dem Kameraden - wie von der Kleiderkammer angepasst- den Helm über und fing an, ihn meisterhaft zu massieren. Während der Aufzug in die letzten Etagen fuhr, drückte ich kurz mit einem freien Finger auf „Nothalt“ während ich mit der anderen Mayas feuchte Ritze streichelte. Ich schob ihr meinen dicken Mittelfinger direkt ins gierige Loch, während sie meinen Schwanz mit solch einer Hingabe knetete, dass ich am liebsten sofort in ihre Hände gespritzt hätte. Ich zog sie ganz nah zu mir während sie ihre Beine in Hüfthöhe um meinen Körper schlang und presste meine schussbereite Kanone ganz tief und heftig in ihre klatschnasse Möse. Sie schrie leise auf und ich spürte wie sich ihre Fingernägel in meinen Rücken rammten. Unsere Bewegungen waren wie das gleichmäßige Anfahren von Lokomotivenrädern, die immer schneller und schneller wurden. Ich hörte ihr Wimmern und Stöhnen und gab nicht nach bis sie die Augen verdrehte und ich ihr eine ganze Ladung meines Liebessafts bis in den äußersten Winkel ihrer Muschi spritzte. Ohhhaaaaah! Ich spürte just in diesem Moment wie ihr ganzer Körper bebte und sie sich lustvoll wie ein Aal im Tierkadaver wand. Völlig erschöpft hielten wir einen Augenblick inne. „Das hat auch noch keiner mit mir gemacht“, hörte ich sie sagen, während sie verschämt zuerst an ihrem Kleid und dann an ihrer Frisur nestelte. Glücklich schob ich mein Hemd irgendwie in meine Hose und drückte auf „Weiterfahrt“. Hastig öffnete sie die Tür zu ihrem Appartement. Wir rissen uns nun gegenseitig fast die Kleider vom Leibe und liebten uns die ganze Nacht hindurch wie zwei Besessene volltrunken vom Strom der Leidenschaft und tanzten im Rausch unserer Körper tief hinein ins Morgengrauen... uns windend bis hin zum Grand Finale, dem „letzten Tango von Paris“.

DONNERstag. Maya weckte mich sanft mit einem Kuss und einem zart gehauchten „Guten Morgen“. Mit noch geschlossenen Augen zog ich sie an mich und atmete ganz tief den Duft ihrer Haut ein. „Zeit aufzuwachen, mein Lieber“. Dabei kraulte sie mir genüsslich meinen Brustpelz. „Witzig, du hast blondes Haar, aber dunkle Brusthaare?!“ „Mhm, stimmt, mein Vater ist schwarzhaarig und meine Mutter ist blond. Ich musste unwillkürlich kurz auflachen. Die letzte Bemerkung war wirklich sehr treffend, blond!! „Na, mein Lieber, dir scheint es aber heute morgen gut zugehen?“ Mhm, seeeehr, danke. Ich hoffe, du fühlst dich auch wohl?“ Puh, gewählte Konversation am morgen ist anstrengend. Ich brauchte sofort meinen Kaffee und eine Zigarette. „Ich rufe den Room Service, möchtest du einen Kaffee?“ Ihre stimme klang einfach unglaublich zärtlich. Maya fummelte jetzt an dem Nachtisch herum und zündete sich eine Zigarette an. Nein, gleich zwei und reichte mir eine rüber. Fantastisch diese Frau! Dülü, Dülü. Mist! Das war eindeutig das eklige Fiepen eines Handys. Meins konnte es nicht sein, ich hatte es vorsorglich in der Bar schon ausgestellt. Maya drehte sich um und zog es aus den Fragmenten ihres zerknautschten Mantels. „Henry hat mir gerade eine Note gesimst.“ „Who the fuck is Henry“, ging mir so durch Kopf während ich einen tiefen Zug aus meiner Zigarette inhalierte. Kann er nicht wie andere anständige Leute einfach wegsterben?!
Auch ich wurde plötzlich munter und suchte nach meiner Uhr. Oh! In 2 Stunden begann mein Seminar. „Ich fürchte, jeder von uns muss nun wieder seiner Wege gehen. Henry will mich nachher gleich zur Gesangsprobe an den Alsterbrücken treffen.“ „Möchtest du zuerst duschen, Alex?“ „Ja gern.“ Ich sprang aus dem Bett, warf noch einmal einen Blick auf meine Venus mit den Mandelaugen und schlich von dannen. In meinem Kopfkino spielte und zeigte sich die filmische Sequenz der leergefegten staubigen Straße aus dem Western „Spiel mir das Lied vom Tod“. Als ich aus dem Bad kam, saß Maya bereits im Morgenmantel auf dem Bett und trank ihren Kaffee. “Sehen wir uns wieder“, fragte ich sie mit belegter Stimme. „Bestimmt“, antwortet sie knapp. „Bitte notier dir meine Handy Nummer“. Ich griff mein Handy, stellte es auf „on“ und tippte ihre Nummer ein. „Okay, ich werde jetzt mal gehen“ seufzte ich, nahm noch einen ordentlichen Schluck Kaffee und sie in den Arm. Ein letzter inniger „Casablanca“ Kuss.
In der Tür machte ich doch noch mal kurz Halt und schaute sie an. „Danke, es war wunderschön“. Sie zwinkerte und warf mir eine Kusshand zu. Als ich die Tür hinter mir schloss, lag vor mir ein langer Korridor...ähnlich dem Tunnelblick eines Sterbenden, ins Ungewisse reisenden Unfallopfers.

Seminar. Futur-Pacing. Ankern. Dolores.
Sie sah heute wieder aus wie aus dem Ei gepellt und erschien in einem sehr schicken, auf Figur gedrillten, dunkelblauen Hosenanzug. Hochgeschlossenes, weißes Top darunter, Perlenkette. Die Haare zur Hochfrisur gesteckt. Die Frau hat wirklich Klasse, dachte ich noch ganz unbedarft. Ich rutschte auf diesen unbequemen Plastikschüsseln hin und her und versuchte mich, meistens vergeblich, zu konzentrieren. Sequenzen der letzten Nacht liefen vor mir ab und offensichtlich schweifte mein Blick mehr als einmal völlig entrückt ins Leere. Noch während meine Zunge genüsslich über Mayas Venushügel glitt, hörte ich die dunkle Stimme aus Mittelerde. „Alex, würden Sie uns bitte ein Beispiel zur non-verbalen Kommunikation nennen!“ „Klar doch, mach dich schon mal frei...“ Ich hatte nicht aufgepasst und war nun völlig ertappt. Alle Augenpaare lauerten wie Hyänen und fixierten mich. Zu allem Übel lief ich auch noch Puter rot an. Sie schritt forschen Ganges direkt auf mich zu und sah mich mit regungsloser Miene an. „Grüne Augen, Froschnatur...“ Mehr fiel mir beim besten Willen nicht ein. Und ich blieb noch immer stumm. „Entschuldigung, ich habe sehr starke Kopfschmerzen und nicht aufgepasst.“ „So, so, das sollten Sie aber, Alex. Sie sind hier, um an sich zu arbeiten und nicht zu träumen...!“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte auf den Flip-Chart zu, nahm einen dicken Edding und skizzierte irgendein Flussdiagramm. Ich schaute auf diese Pfeile und erinnerte mich...an die Kreide-Skizze auf dem Asphalt, welche die Kripo damals nach Svenjas Sturz aufgemalt hatte. Sie war Tage später noch da, als Svenja schon in der Leichenhalle aufgebahrt lag. Ich war es, der als erster unserer Familie zur Unglückstelle gerufen wurde, um die Leiche zu identifizieren. Als die Kripo an unserer Tür klingelte, öffnete ich. Mein Vater war übers Wochenende zum Angeln gefahren und meine Mutter erlag kurz nach der überbrachten Nachricht einem Nervenzusammenbruch. Nie werde ich den Anblick vergessen, als ich in der grünen Minna zur Unglückstelle gebracht wurde und Svenja mit verdrehtem Kopf und schreckgeweiteten, starren Augen leblos in ihrer eigenen Blutlache liegen sah. Ihr Schädel war seitlich durch den Aufprall aufgeplatzt und Gehirnmasse ausgetreten. Auch aus ihren Ohren und Mund floss ein Rinnsaal Blut. Sie hatte dieses lustige, für sich selbst redende T-Shirt angehabt „sleep all day, party all night“. Die Beine in ihrer Lieblings 501 waren mehrfach gebrochen und nach hinten verdreht. Das einzig Schöne und intakte an diesem leblosen Körper war das Bauchpiercing, ein silberner Delphin gewesen, den ich ihr zum einundzwanzigsten Geburtstag schenkte.
Viele Einsatzkräfte der Polizei waren am Unfallort, Rettungswagen und viele junge Menschen, die weinten und schrien. Ich sah einen Rettungssanitäter wie er sich um Mona, Svenjas Busenfreundin kümmerte. Sie war so high und weggetreten, dass sie nur noch wimmerte, bis sie eine Beruhigungsspritze bekam...

Ich schaute apathisch auf meinen Notizblock. Dort lag ein kleiner Zettel...mit Dolores Handschrift. Sie musste ihn vorher unauffällig hingelegt haben, noch während sie mich zur Aufmerksamkeit ermahnte.
„Ich möchte Sie gerne unter vier Augen sprechen, Alex. Treffen wir uns heute Abend um 20.00 Uhr in der Auster. Wenn Sie einverstanden sind, husten sie einfach.“ Ich blickte ungläubig auf den Zettel und wartete bis mich Dolores ansah. Jetzt! Ich hustete meine besten Marlboros.
Sie hatte verstanden und setzte wie selbstverständlich ihre gesprochenen Sätze fort. - Eigentlich wollte ich heute Nachmittag noch einen kleinen Stadtbummel machen, entschloss mich aber für ein ausgiebiges Nickerchen im Hotel. Die letzte Nacht und auch mein Dejá-Vu-Erlebnis hatten Spuren hinterlassen...apropos Spuren. Ich schaute auf mein Handy, aber von Maya bisher keine Nachricht. Wahrscheinlich zu beschäftigt mit ihrer Benefizgala....ich stellte den Wecker auf 18.00 Uhr und dämmerte weg.
Ich wachte auf durch das schrille Fiepen und ging ins Bad, um erst einmal richtig schön heiß zu duschen. Als ich herauskam stand ich vollständig ideenlos vor dem Schrank. Ich habe die seltene Gabe grundsätzlich immer die falsche Garderobe einzupacken, aber darin bin ich Meister!! Unwirsch entschied ich mich für ein mehr saloppes Outfit. Ich wählte meine schwarze Lieblingsjeans und einen schwarzen Rollkragenpullover. Dazu vielleicht mein Cremefarbenes Jackett. Und Schuhe? Na, die braunen Budapester sind zwar nicht der Hit, aber könnte hinhauen. Gott sei Dank hatte ich meine Boxer Shorts eingepackt, irgendeine Verflossene meinte mal, ich hätte darin einen knackigen Hintern. Das war allerdings schon paar Jahre her, aber diese Nebensächlichkeit verdrängte ich im Moment vollkommen.
Der Mann im Spiegel.
Ich betrachtete meine Hüften und musste feststellen, dass das Bier auch nicht mehr so schnell abfloss wie früher. Aber schwarz macht schlank! Nach der Nassrasur sprühte ich mir den „Hugo“ voll in die Augen. Aaaah, super! Das die es nie schaffen, ein Eau de Toilette in einen handlichen Dosierspender zu füllen! Entweder man entscheidet sich für ein Aftershave, dass bereits nach fünf Minuten seinen Geist aufgibt oder aber man erblindet, wählt aber die „complète nuit“ Variante. Diese verdammten Schwuchteln denken immer nur ans Styling der Flakons!

19.30 Uhr. Ich rief ein Taxi und ließ mich vor Ort chauffieren. Pünktlichkeit ist aller Laster Anfang! Die Auster war ein typischer Yuppi Gourmettempel. Ich erwartete drei Farbklekse auf dem Teller und anschließend eine Rechnung wie im Puff.
Am Eingangsbereich lauerte bereits der livrierte Oberkellner, um die Gäste an die entsprechend vorreservierten Tische zu dirigieren. Voilà. Ein gestriegelter Fatzke fragte mich, auf welchen Namen ich reserviert hätte. Tja, jetzt was tun, sprach Zeus. Ich nannte einfach mal meinen Namen aufs Geratewohl hinaus. Breitling. Alex Breitling. „Ah ja, so kommen Sie doch mit mir Hr. Breitling. Ich habe für Sie und Ihre Begleitung einen wunderschönen Tisch am Fenster reserviert.“ Das hatte Dolores richtig professionell eingefädelt, alle Achtung. Ich setzte mich hin und studierte schon mal vorab die Weinkarte. Genau wie ich dachte. Für den Preis eines einfachen Beaujolais Primeur hätte ich zumindest mal eine Oben-Ohne Bedienung erwartet! Aber wir waren ja nicht auf dem Kiez sondern in Blankenese!
19.55 Uhr. Ich schaute in Richtung Eingang. Wow. Da war sie - Dolores trug ein todschickes Kostüm, cremefarben mit schwarzem Revers ähnlich wie Jacky O. Sie war so schön wie eine Lotusblume. Ich stand auf, ging um den Tisch, begrüßte sie und zog den Stuhl in Position. „Guten Abend, Alex, schön, dass Sie meiner Einladung zu diesem Treffen gefolgt sind.“ „Haben Sie Appetit?“ „Oh ja, mächtig“. Eigentlich hatte ich heute ja so gut wie gar nichts gegessen.
Sie musterte mich und sagte „ich empfehle Ihnen das Argentinische Hüftsteak „Evita“ vom Angus Rind. Ich selbst möchte eigentlich nur einen Salat „Barcelona“ mit Putenstreifen und einen Chardonnay.“ „Einen Chardonnay nehme ich auch gerne“. Der Ober kam an unseren Tisch und wir gaben die Bestellung auf. „Alex Sie wissen, dass mich ihr Schicksal tief berührt hat. Ich würde gerne von Ihnen näheres zu ihrer verstorbenen Schwester wissen. Der Grund ist, dass auch ich schon einmal mit dem schmerzlichen Verlust meines eigenen Fleisch und Blutes konfrontiert worden bin.“

„Ich verstehe“ entgegnete ich ihr und erzählte ihr, was mir heute Nachmittag im Unterricht durch den Kopf ging und schilderte mein Erlebnis in der Todesnacht. Dolores hörte aufmerksam und betroffen zu. „Entsetzlich, ich kann so gut nachempfinden, was in Ihnen vorgeht.“ Und Dolores fing nun auch an zu erzählen...immer wieder ran ihr dabei verstohlen eine Träne ihre hübschen Backen hinunter, die sie sich verstohlen mit der Serviette abtupfte. „Ich hatte eine kleine Tochter, sie war damals erst sieben Monate alt, ein gesundes, hübsches Wunschkind. Ich musste geschäftlich noch zu einem Termin und bat den Vater meines Kindes, Pierre, während meiner Abwesenheit auf das Kind aufzupassen. Er war zwar ein Luftikus, aber normalerweise in diesen Dingen doch gewissenhaft, dachte ich jedenfalls. Ich habe noch eine jüngere Schwester...wir sehen uns sehr ähnlich, nur dass sie eben jünger ist und Pierre hatte mit ihr heimlich hinter meinem Rücken ein Verhältnis angefangen. An diesem besagten Nachmittag lud er meine Schwester in unsere Wohnung und sie trieben es dort...während meine Kleine in ihrem Bettchen aus heiterem Himmel erbrochen hatte...und daran erstickte. Er hat sie umgebracht!! Dolores weinte nun richtig und sie wollte sich gerade entschuldigen, um sich frisch zu machen. Ich nahm jedoch ihre Hand und umschloss sie mit meinen beiden, großen Händen. Ich hatte schon einiges vermutet, aber nicht das! Dolores erzählte weiter, dass sie von diesem Tage an, nichts mehr von Männern wissen wollte. Ihre letzten längeren Beziehungen waren zu FRAUEN gewesen. Sie gaben ihr die innere und äußerliche Verlässlichkeit und Zärtlichkeit, nach der sie sich so sehnte. Obwohl ich Dolores ganz anders eingeschätzt hatte, allein schon durch ihre Optik, war ich nach dieser Geschichte aber alles andere als erstaunt. Ich verstand nun, warum sie die Haare gerne zu einem Knoten hochgesteckt trug. Ähnlich wie die Geishas, sie schenken Japans Männern zwar optisch Wohlgefallen, Kunst und Kultur - aber anfassen darf man sie nicht. „Wie heißt denn ihre Schwester“, schoss es mir so belanglos blödsinnig durch den Kopf. Welcher Mann kann eine Frau schon weinen sehen? „Und wo lebt sie?“ Sie heißt Maya, ist Sängerin und lebt meistens in Berlin, wenn sie nicht gerade wieder irgendwo einen Lover aufgegabelt hat, um ihre Auftrittspausen zu verkürzen. - Mir wurde augenblicklich schlecht und ich wünschte mir das Rind sofort auf die Weide zurück und mich ins nächste Erdloch, mit Marmorplatte oben drauf und Inschrift „hier ruht Alex Breitling...und sie schossen ihn aus Dummheit nieder“!!! Im Grunde war jetzt Zeit für Johnny Walker und zwar „vite, très vite“. Aber ich blieb, nahm meine Hände weg und legte sie vor mein Gesicht. Jetzt war es soweit. Charly Bronson weinte hemmungslos und das mitten unter duzenden von Leuten in piekfeiner Atmosphäre. Damit hatte Dolores jetzt nicht gerechnet und wich erschrocken ein paar Zentimeter zurück. Sie wollte mich gerade trösten und reichte mir ein Taschentuch, aber ich stieß sie weg. „Es ist furchtbar, stammelte ich inzwischen und schnäuzte hilflos in meine Serviette. „Dolores ich muss Ihnen etwas sagen...ich bin Maya gestern zufällig begegnet und wir haben...!!
......“ Klatsch! Die Ohrfeige saß noch ehe ich den Satz beenden konnte. Dolores schien ihre Schwester doch besser zu kennen als ich, stand fluchtartig wortlos auf und rannte hinaus! Ich blieb wie versteinert sitzen und winkte den Ober heran. Der hatte uns unentspannte Heulsusen offensichtlich schon länger beobachtet, denn er hatte sofort die Rechnung parat. Als ich den Betrag sah, hätte ich sofort wieder weinen können. Ich ließ mir ein Taxi kommen, fuhr ins Hotelzimmer und stellte mein Handy aus. Ich hatte Angst vor dem nächsten Morgen...saß wie angewurzelt auf der Bettkante und starrte Löcher in die Wand. Maya, Dolores und noch vier Wochen Seminar!!

07.00 Uhr. Ich erwachte schweißgebadet bereits vor dem Klingeln des Weckers. Zitternd zündete ich mir eine Zigarette an und warf einen Blick auf mein Handy. Ich stellte es an und erblickte das Briefzeichen, zappte auf „Mitteilungen“ und las: „Treffpunkt heute Abend Café Keese, 21.00 Uhr. Vermisse dich, Kuss M.“ Obwohl ich seit unserem letzten Rendezvous auf diese Nachricht hingefiebert hatte, fühlte ich mich schuldig und mies. Warum eigentlich?
Ich dachte nach. „Ich hatte wie tausend andere Männer eine wildfremde Frau kennen gelernt und einen wunderbaren „ONS“ verbracht. Ich kannte weder ihre Vorgeschichte noch ihre Zukunft. Das einzig peinliche war daran, dass es sich um Dolores Schwester handelte. Und das konnte ich nicht wissen! „Ich simste Maya an. „O.K. Kiss you allover“ zurück und wälzte mich mit dem Elan eines alten Mannes aus dem Bett und ging unter die Dusche. Ich war gespannt, wie mir Dolores nach dem Geständnis letzten Abend nun begegnen würde. Es ging mir schlecht. Verdammt noch mal, ich hätte doch freudestrahlend meiner jugendlichen Elfe entgegen fiebern müssen! Aber Fehlanzeige.

Dolores war blass, sehr blass. Sie sah heute noch zerbrechlicher aus als sonst. Ihre wunderschönen smaragdgrünen Augen sahen müde aus, als ob sie die ganze Nacht über geweint hätte. Und sie trug ihr Haar heute offen - und keine Brille! Zum ersten Mal sah ich, wie ähnelnd sie ihrer Schwester tatsächlich war. Wäre nicht die Augenfarbe gewesen und die Reife einer Frau über dreißig, sie hätten Zwillinge sein können! Und da war sie diese Gestik! Sie schüttelte ruckartig ihren Kopf und legte ihn dabei leicht schräg zur Seite. Als ob sie sich im Unterbewusstsein vor etwas ekelte und sich durch das Schütteln des Kopfes wieder in „Wachzustand“ beamte. Genau wie Maya. -
Als wäre nichts gewesen, widmete sie sich aber auffällig oft heute den beiden Trauerweiden aus der Emanzen-Liga. Sie schaute mich nicht ein einziges Mal an. Am Nachmittag mussten wir uns in verschiedene Teams, die sie aber vorab zusammengestellt hatte, zusammensetzen und Gruppenarbeit leisten. Das Thema hieß „Erfolgreiche Rhetorik und Selbstdarstellung“. Natürlich saßen - wie zufällig-! bei mir jetzt die zwei Suppenhühner, aber auch Markus zu meiner linken. Der konnte seine Neugier nicht verbergen und wollte unbedingt von mir wissen, „ob sich denn etwas entwickelt hätte...“ und stieß mich kumpelhaft in die Seite. Ich grinste leicht gequält, aber vielsagend zurück und erwiderte nur ein knappes „Später!“. Ich war aber entschlossen, meinen Mund zu halten. Meine Liaison ging ihn nun wirklich nichts an. Gentleman’s agreement! Verstohlen beobachtete ich aus einem Augenwinkel heraus immer wieder Dolores. Mist! Ich hatte das Gefühl, ich verliere den Boden unter den Füßen. „Vergiss es“ hörte ich mich immer wieder ermahnen. Selbst wenn ich dieses Dilemma mit einigen Blessuren überstehen würde, Dolores blieb für mich tabu!
Ich erinnerte mich, wie ich mit Denis schon mal über Lesben geredet hatte, er kannte sich aus, denn in seine Psycho-Praxis kamen einige Damen dieser Spezies. Ich höre seine Worte noch wie heute in meinem Ohr „es ist als Mann einfacher, wie Moses das Meer zu teilen, Alex, als eine überzeugte Lesbe ins Bett zu kriegen.“ Damals musste ich herzhaft lachen. An DAS dachte ich jetzt nun wirklich nicht mehr! Ich empfand für Dolores ein viel tieferes Gefühl der Zuneigung und eine Art tiefe innere Verbundenheit - vielleicht so etwas wie Seelenverwandtschaft. Mhm, allerdings welcher Mann will schon ein Seelchen, wenn man ne saftige Möse haben kann?! Vielleicht gibts aber auch eine universelle Mischung: Kopf, Herz und Sex. Mein Kumpel Jesus und ich - wir arbeiten dran.

Man hat vom Café Keese aus einen wunderschönen Ausblick auf die Alster, auch abends. Obwohl das Wetter heute wieder typisch „nordisch“ nasskalt war und ein eisiger Wind vom Meer her wehte, war es um so schöner hier drinnen im warmen zu sitzen, den Möwen und den vorbeifahrenden, hell erleuchteten Personenschiffen zuzuschauen. Ich hatte Glück. Gerade war vor mir ein Pärchen aufgestanden, sodass ein Fensterplatz frei wurde. Das Café Keese gehört schon seit einer Ewigkeit zum feststehenden Establishment in Hamburgs Schickeria. Dem entsprechendes Alter hat auch das Publikum. Ich wunderte mich einerseits, dass Maya mir hierher gelotst hatte, was nun gar nicht ihrer Jugend entsprach, andererseits machte es als Chanson-Sängerin natürlich Sinn hier ihr Publikum zu ködern und aufzutreten. Ich schaute nervös auf meine Uhr. Wenn sie pünktlich ist, müsste sie gleich erscheinen.
Noch ehe ich den Satz zu Ende denken konnte, ging die Eingangstür auf und Maya erschien auf der Bildfläche. Sie hatte einen langen schwarzen taillierten Rock an und dazu einen hellen Cashmir Pullover und passend dazu ein neckisches Feder-Hütchen auf dem Kopf. Aber ihr Gesichtsausdruck erschien mir heute recht ernst. Ob Dolores mit Maya gesprochen hatte? „Bon soir Cheri“. Maya gab mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund und setzte sich. „Schön, dich zu sehen - ich habe viel an dich gedacht“ entgegnete ich. „Ja, das glaube ich dir gern!“ Sie musste jetzt ein wenig lachen. „Was trinken wir?“ „Ich nehme einen Milchkaffee und du?“ „Ich möchte gerne einen Tee. Darjeeling.“ Normalerweise trinke ich so gut wie nie Tee, offensichtlich war ich krank. Mhm. “Wie war die Benefizgala?“ fragte ich interessiert, um das Gespräch mal etwas aufzulockern. „Oh, super, ich habe ein Engagement bekommen, d.h. ich trete nächste Woche bei einer Soirée in Berlin auf und danach bin ich für 2 Wochen in Köln und werde voraussichtlich im „Alten Bahnhof“ performen. „Sag mal, Maya, was singst du eigentlich für Chansons?“ „Meistens meine eigenen Stücke, aber auch Interpretationen von Kurt Weill, auch auf Französisch. „Ah, wie die Lemper“ entgegnete ich ganz der Profi. „Ja, richtig, aber die ist gerade wieder in den Staaten.“ „Du, die ist eh nicht so beliebt hier, viel zu knochig! Wenn schon einen Blauen Engel, dann einen richtig griffigen und keine Holzbarke aus dem Münster Dom! „Ganz schön unverschämt, aber stimmt“ entgegnete Maya. Jetzt mussten wir beide richtig herzhaft lachen. Das anfängliche Eis war gebrochen. „Maya, ich muss dich nachher mal etwas fragen...wollen wir noch ein wenig um die Häuser ziehn?“ „Ja, gern aber nicht zulange, denn ich habe später noch ein Date mit einem Produzenten, den ich im „Vier Jahreszeiten“ kennen lernte. Vielleicht nehme ich die nächsten Wochen eine CD mit meinen Chansons auf.“ „Wie lange hast du Zeit?“ fragte ich schon etwas beunruhigt. „Es kommt darauf an, was mir geboten wird“ zwinkerte sie mir zu. Wir tranken aus und gingen noch ein paar Meter die Alster auf und ab. Ich hatte meinen Arm um sie geschlungen und fühlte mich - zumindest in diesem Augenblick- sehr wohl an ihrer Seite. Aber der Wind war eisigkalt. „Gehen wir zu dir“? fragte sie mich. „Wenn du möchtest, gern, aber erwarte bitte keine Luxussuite“. „Ich denke ein Bett wird uns reichen, sie nahm mein Gesicht in ihre Hände und küsste mich sinnlich auf den Mund. Als wir in meinem Hotelzimmer ankamen, zogen wir uns gegenseitig ganz vorsichtig die Kleider aus und kuschelten uns in mein Bett. Dieses Mal war ganz anders als in unserer ersten Nacht. Sie lag nackt auf meinem Bauch und bedeckte mein Gesicht mit lauter Küssen. Ich spürte ihre warme weiche Haut auf meiner und wünschte mir, dieser Moment würde nie enden. Sie fühlte sich so unendlich sanft und zärtlich an, wie ein Katzenjunges. „Bleib ganz ruhig liegen“ säuselte sie mir ins Ohr. „Ich möchte dich verwöhnen“ und das tat sie auch - und wie! Sie zog die Bettdecke auf die Seite und glitt küssend an mir herunter bis zu meinem besten Stück. Ich schloss die Augen und genoss ihre warmen, weichen Lippen wie einen Handschuh. Mir wurde ganz heiß und ich stöhnte ein paar mal laut auf. Maya setzte sich nun ganz vorsichtig auf meinen strammen Riemen und begann in kreisenden Bewegungen mich einzureiten, wobei ihr wunderschönes schwarzes weiches Haar wie eine Südländische Brise um meine Brustwarzen strich. Für einen Augenblick fiel es mir ein - wir hatten das Kondom vergessen, aber in dem Moment als ich nachdachte schrie Maya auf. Dabei packte ich sie um die Hüften und schoss eine geballte Ladung Feuer in sie ab“. Wir kamen beide fast gleichzeitig und sanken uns einander verschlungen in die Arme...“Maya, wir haben kein Kondom benutzt, du könntest schwanger werden“. „Ich meine, Krankheiten habe ich keine, ich habe erst neulich einen Test gemacht...“ „Es wäre schön, wenn ich ein Kind von dir bekäme, ich wünsche mir eh eins. Du bist seit langer Zeit der erste Mann für den ich soviel empfinde... „Aber Dolores!!“ Der Name war raus...“Und deine Auftritte...und wir kennen uns doch erst so kurz“! „Que sera, sera“ antwortete sie mir und verschloss mir mit ihrem Finger den Mund. „Wie kommt es, dass du keinen Akzent hast, fragte ich sie neugierig.“ Dolores ist bei meiner Mutter auf den Canaren aufgewachsen, ich bei meinem Vater in Deutschland“.
„Maya, was ist damals genau passiert, deine Schwester hält dich für eine Schlampe!“ „Bitte nicht jetzt Alex, es war ein furchtbares Unglück und du kannst sicher sein, dass ich mir mehr als einmal gewünscht habe, tot zu sein. Nur soviel: ich liebe meine Schwester, auch wenn sie schlecht von mir spricht. Sie war so ein lebenslustiger Mensch, aber als der kleine Ricci starb, hat sie sich total verändert. Dolores erstickte in Selbstmitleid, machte dann eine Therapie und stürzte sich in Arbeit, um zu vergessen. Ich war damals erst fünfundzwanzig Jahre alt und es schmeichelte mir, dass mir ihr Macker den Hof machte. Aber seitdem Vorfall bin auch ich eine Andere geworden. Ich muss jetzt aber gehen, Amor. Maya machte sich frisch und zog sich an, während ich ihr ein Taxi rief. „Ich melde mich wieder bei dir, Alex. Ich bin die nächsten Tage sehr beschäftigt, es könnte sogar unter Umständen sein, dass wir uns erst wieder in Köln sehen werden...Es war sehr schön mit dir, mein Lieber. Falls du Sehsucht hast, weißt du wie du mich erreichst“ flötete sie noch zum Abschied und ging.

Seminar Endphase.
Ich musste die Sache mit Dolores ins Reine bringen. So wie es momentan aussah, konnte sich wirklich zwischen Maya und mir mehr entwickeln, obwohl ich inständig betete, dass Maya jetzt nicht schwanger war. Das wollte ich Dolores auf keinen Fall zumuten! Zum ersten Mal in meinem Leben war ich total in der Zwickmühle. Einerseits war ich froh, dass Maya abgereist war. Ich konnte mich auf meine Abschlussprüfung konzentrieren und ich hätte auch die Gelegenheit mir meiner Gefühle für Dolores klar zu werden. Andererseits fehlte mir Mayas unbeschwerte jugendliche Freude und ich hatte körperlich Sehnsucht nach ihr. Aber obwohl ich mit Maya schlief, stand mir Dolores aber in menschlicher Hinsicht wesentlich näher. Klarer Punktfaktor war natürlich unser fast gleiches Alter, das berufliche Interesse, die gemeinsame traurige Vergangenheit, die aktuelle Realität und eine ungewisse Zukunft. Und natürlich die geistige Ebene unserer Gespräche. Wobei mir letzterer Pluspunkt wahrscheinlich nur wegen ihrer zickigen Art auf Anhieb einfiel. Wir Männer sind halt so. Punkt.
Aber vielleicht gab es auch Hoffnung... Ich musste ihr sagen, was ich für sie empfand, also entschied mich für einen Brief, den ich Dolores ins Hotel schicken ließ, auch auf die Gefahr hin, dass jetzt die Götterdämmerung heranbrechen würde...Gesagt, getan. Während der letzten verbleibenden Tage meiner Ausbildung konzentrierte ich mich ausschließlich nur auf mich, erfüllte meine Aufgaben und lernte für die Prüfung. Dolores hatte zwischenzeitlich meine Zeilen bekommen, ließ sich aber kaum etwas anmerken und ich tat so, als wäre nichts gewesen. Ich auch.
Aber ich bemerkte, wie sie mich öfters anschaute und einmal sah ich ihr verstohlenes Grinsen.
Obwohl ich mehrmals versuchte Maya telefonisch zu erreichen, war andauernd die Mailbox dran und ich bekam während der ganzen Zeit genau zwei Nachrichten. Die erste war „viel Erfolg und frohes Arbeiten, wir sehen uns beim Karneval“ und die zweite „gib auf dich acht, ich küsse deine Lippen, M.“
Ich machte mir zwar Gedanken, aber keine Sorgen. Was sollte mir eigentlich Schlimmes passieren? Wenn ich Pech hätte, würde Dolores sich wieder irgendeine Lesbe angeln. Seelenverwandtschaft hin oder her - ich will eine Frau, die mich so nimmt wie ich bin PUNKT’.
Maya schlief wahrscheinlich zwischenzeitlich mit ihrem Produzenten und falls ich Vater würde, bräuchte ich eine Gehaltserhöhung. Wozu hatte ich eigentlich dieses Seminar besucht? Richtig - echt rüberkommen und mich mit Erfolg verkaufen...
Ich schloss meine Prüfung mit „gut“ ab und fuhr siegessicher zurück nach Köln.

©all copyrights reserved by Bettina A. Benzmann, 2003

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Bettina Alexandra Benzmann).
Der Beitrag wurde von Bettina Alexandra Benzmann auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 13.04.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Bettina Alexandra Benzmann als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Frei heraus - Meine Gedanken, Erlebnisse und Beobachtungen von Cornelia Hödtke



Die von der Autorin einfühlsam vorgetragenen Gedichte, die in Reimform verfasst sind, kommen von Herzen und gehen auch zu Herzen. Lassen Sie sich von ihnen berühren !

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Drama" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Bettina Alexandra Benzmann

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

LIBERTÉ TOUJOURS von Bettina Alexandra Benzmann (Fantasy)
Keine hundert Jahre für Dornröschen! von Jürgen Berndt-Lüders (Drama)
Amanda von Monika Drake (Wahre Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen