„Ich liebe dich!“ hatte sie es gedacht, oder laut gesagt? Die Person ihr gegenüber, zeigte zumindest keine offensichtliche Reaktion. „Ich liebe dich!!“ diesmal sagte sie es schon mit einer festeren Stimme. Jetzt hatte sie offensichtlich Aufmerksamkeit errungen. „Ich liebe dich.“ Es klang wie eine Feststellung. Sie schloss die Augen und spürte noch einmal nach. Ja. Es fühlte sich richtig an.
Sie sah zu ihrem Gegenüber auf. „Ich liebe dich.“ begann sie „mit all dem, was ich bin und habe. Ich weiß, ich bin nicht perfekt, ich weiß, ich bin dick, extrem kurzsichtig und bereits vierzig Jahre alt. Ich habe unreine Haut, einen Hängebusen, und schon viele Dinge getan, die ich, im Nachhinein betrachtet, besser nicht getan hätte.“
Eine kleine Pause entstand, sie schaute ihrem Gegenüber in die Augen. Betrachtete sich den Körper, der sich ihr nackt präsentiert.
„Ich sehe die Narben, die ich habe, die Speckrollen, die Haare an den unmöglichsten Stellen. Ich weiß, ich bin arbeitslos, bin oft nicht in der Lage, alles richtig zu machen, bin eine schlechte Hausfrau und oftmals nicht daheim. Manchmal schimpfe ich mit den Kindern, obwohl ich eigentlich auf mich selber sauer bin. Ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die toleranter sind als ich, lebenslustiger, eventuell humorvoller. Aber all´ das ist ganz egal. Ich liebe dich!“
Sie geht auf ihr Gegenüber zu. Will nach der Hand fassen, die sich ihr entgegenstreckt. Berührt die Spiegelscheibe, schaut sich in die Augen.
„JA!!! Ich liebe dich!!!“
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.04.2007.
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