Mea Klein

Blond - ein Fluch 2

Nun war ich 14, hatte den einen oder anderen "Freund" gehabt und träumte von der grossen Liebe. Von diesen viel beschriebenen wahnsinnigen Gefühl, wenn zwei Menschen für einander geschaffen waren, zusammen gehörten und ihre Seelen sich berührten.

Nie hätt ich das zugegeben. Genausowenig wie ich zugegeben hätte, noch nie geküsst worden zu sein. Dabei war ich doch selbst schuld. Jedesmal, wenn es fast so weit gewesen wäre, blockte ich ab. Immer mit dem Gefühl: Er ist nicht der Richtige.

Und dann diese Hormone...langsam aber sicher interessierte ich mich für Sex, für nackte Körper und vor allem, wie sich ein Orgasmus wohl anfühlen könnte. Ich stellte mir immer neue Phantasiegeschichten mit IHM vor – meinem Traummann.


Zeltlager, Dänemark. Er sah einfach toll aus. Dunkle Haare, blaue Augen und ein Lächeln, dass es mir die Sprache verschlug. Und sein Körper – ich konnte mir nichts schöneres Vorstellen. Natürlich war er schon 16, fast 17 und somit ein "Mann" in meinen Augen. Ich träumte von ihm, war immer in seiner Nähe und hoffte, dass er mich auch mochte. Als das Wetter immer wärmer wurde, spielten die Jungs ohne T-Shirts Fussball. Wir Mädchen saßen auf einer kleinen Anhöhe und beobachteten sie kichernd, feuerten sie lebhaft an.

"SCHIESS JAN!" Schrie Nadine.

"SCHNELLER, hau das Ding rein!" Kreischte Verena in mein Ohr.

"LOOOS!" Auch ich war jetzt von den Anfeuerungsrufen angeheizt

Er rannte. Mein Held. Ich war so fasziniert vom Spiel seines schon damals athletischen Körpers und schmolz dahin. 'Jan'. Was für ein Name. Ich fand ihn toll.

Keuchend dribbelte er um einen Abwehrspieler nach dem anderen herum und fand nur noch sich und den Torwart zwischen dem erhofften Ziel.

"SCHIIIEESS!" Nadine war außer sich.

Er schoss, der Torwart sah den Ball kommen und er prallte ab, in unsere Richtung. Damit hatte keine von uns gerechnet. Er traf Saskia. Er traf sie mit voller Wucht am Kopf. Jan kam angerannt und sah sie besorgt an.

"Tschuldige." Er legte einen Arm um sie.

Sie wimmerte. So doll konnte es doch gar nicht weh tun.

"Tut mir echt leid." Er sah etwas hilflos auf uns andere.

"Das wollt ich nicht." Ich wusste das, aber Saskia war beleidigt.

Sie ging ins Haus, er hinterher.

"Die Schauspielert doch nur wieder." Meinte Nadine.

"Glaub ich auch." Knurrte ich.

"Und Jan fällt drauf rein." So ein Biest!

Das Spiel ging weiter, aber es interessierte mich eigentlich nicht mehr.

Jan kam nicht wieder. Saskia auch nicht.

Beim Abendessen im Gemeinschaftshaus sah ich sie dann beide zusammen an einem Tisch sitzen. Er, mein Jan, hatte den Arm um sie, das Biest, gelegt und füsterte ihr anscheinend sehr lustige Dinge ins Ohr, über die sie sich die ganze Zeit köstlich amüsierte.

Was fand er nur an ihr?

"Das ist nur wegen ihren Titten." Als ob Nadine meine Gedanken lesen konnte.

"Mhmm?" Titten?

"Sie hat doch diese riesen Dinger, wie Euter." Nadine verzog angewidert das Gesicht.

"Dabei haben sich doch alle Jungs über sie lustig gemacht, weil man ihr Make-Up nur mit einer Schaufel abkriegen könnte." Monika lachte fies.

"Ich versteh das trotzdem nicht." Nadine schien zu grübeln.

"Warum steht Jan auf ein Barbiepüppchen, die einfach nur hohl ist. Die ist doch schon sitzengeblieben, oder?"

"Ja, hat sie erzählt." Ich wollte nicht mehr drüber nachdenken. Ich hatte Jan verloren.

"Dann versteh ich das erst recht nicht, Jan ist doch clever, also sind’s die Titten. Jungs stehen auf Titten!" Finster sah Nadine zu dem verliebten Pärchen rüber.
 

Und ich? Ich verstand schon. Ich wusste warum. Warum Jan Saskia wollte und keine von uns. Es war so einfach und völlig klar: Sie war blond. Und wir nicht.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.04.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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