Marianne Drews

Morgens um sieben war die Welt noch in Ordnung

Morgens ein Anruf von Rosi. Sie ist noch beim Arbeitsamt, hieß es.
Mittags der zweite Anruf. "Bin gerade am Packen, habe keine Zeit, wie treffen uns am Bahnhof," sagt sie hastig ins Telefon.
Auf dem Bahnhof stehen schon alle als ich ankomme, nur Rosi nicht. Wo bleibt sie nur, es sind nur noch fünf Minuten bis zur Abfahrt.
Ich sage laut: "Ohne meine Rosi fahre ich nicht,"aber keiner von meinen Studienkollegen nahm mich ernst.
Da kommt sie endlich den Bahnsteig angerannt, meine Freundin Rosi. Sie weiß nicht was sie in der Eile alles eingepackt hat, aber Zahnputzzeug hat sie vergessen und vom Bettzeug das Bettlaken, da ist sie sicher, erzählt sie noch ganz außer Atem. Außerdem hat sie zu Hause ein Chaos hinterlassen,-aber neue Schuhe hat sie heute Morgen noch gekauft, aber leider auch schon eine Blase am Fuß.
Nun waren wir endlich alle glücklich im Zug. Die Reise nach Dänemark konnte losgehen. In Hamburg mußten wir umsteigen und hatten dort fast eine halbe Stunde Aufenthalt. Nun konnte Rosi ihr Zahnputzzeug kaufen. Aber Rosi wollte auch noch ein T-Shirt, das war aber nicht so leicht zu finden und als ich mal rein zufällig auf die Uhr schaute war es auch schon kurz vor der Abfahrt unseres Zuges. Nun war der Hamburger Bahnhof, für so einfach gestrickte Berliner Mädels ziemlich kompliziert gebaut. Wir rannten hin und her bis wir endlich den richtigen Bahnsteig gefunden hatten. Vollkommen aus der Puste erreichten wir in letzter Minute den Zug.
Ein wunderbarer Zug, sehr bequem und komfortabel. Während wir in dem Vorherigen in kleine Abteils verteilt waren, saßen wir nun alle, 14 Frauen und 2 Männer, in einem Großraumabteil zusammen.
Abends in Puttgarten angekommen geht es mit dem ganzen Zug aufs Schiff. Vielen ist es nicht ganz geheuer auf der Fähre. Meine Freundinnen Rosi und Molly, die Nichtraucherinnen stecken sich vor Angst eine Zigarette an, worüber ich entsetzt bin.
Am Zielort angekommen holt uns wie verabredet, Nils unsere Kontaktperson ab. Er hat alles für unseren Aufenthalt organisiert, sogar die Taxis waren vorbestellt. Damit kommen wir glücklich zur Jugendherberge aber der Herbergsvater verkündete uns, dass er kein Platz mehr in seine Herberge hat, er habe aber für uns im besten Hotel der Stadt reserviert. Na prima, das Hotel hatte ein wunderbahres Frühstücksbuffet, jedes Zimmer ein Bad mit Dusche, ein Billardtisch, eine Bar und Rosi brauchte auch kein Bettuch.
Wie schon erwähnt hatte Nils der Däne alles sehr gut organisiert und gleich am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück standen die Taxis vor der Tür und brachten uns zu einem Altenwohnzentrum, denn wir waren ja auf einer Studienreise und hatten uns als zukünftige Altenpflegekräfte zu informieren. Nils hatte alles mit der Leiterin verabredet und wir wurden herzlichst mit Kaffee und Kuchen empfangen.
In Dänemark so erfahren wir, wurden schon vor Jahren die Altenheime abgeschafft und es gibt nur noch Altenwohnungen, die oft in Zentren zusammengefaßt sind, aber in denen auch Kindergärten, Schulen und Jugendheime liegen, so das sich Alt und Jung begegnen.
Nachdem wir zwei Tage volles Programm mit Besichtigungen hatten, war der nächste Tag zur freien Verfügung.
Rosi, Molly und ich fuhren nach Kopenhagen. Wir machten eine Stadt- und Hafenrundfahrt und sahen dabei die schönsten Sehenswürdigkeiten die Dänemarks Hauptstadt zu bieten hatte. Im alten Rathaus der Stadt sprach uns ein freundlicher älterer Herr an und als er erfahren hatte, dass wir aus Berlin kamen, führte er uns mit einem Sesamöffnedichschlüssel durch die ehrwürdigen Räume, erzählte uns von der Geschichte des Hauses und zeigte uns Dinge die sonst kein normaler Besucher zu sehen bekam.
Zum Abschuß gingen wir zum "Italiener", da er uns noch am Günstigsten erschien und aßen uns satt. Dann ging es wieder zurück nach Nykobing.
Dort angekommen war alles wieder in Unordnung. Unser Dozent holte uns überraschender Weise vom Bahnhof ab. Wir dachten schon, welch eine Ehre. Aber er wollte uns nur abfangen, denn wir hatten im Hotel kein Zimmer mehr. Also Einquartierung in die Jugendherberge und zu unserer großen Verwunderung hatte sie genauso viel Komfort wie das super gute Hotel. Leider blieben wir dort nur noch eine Nacht.
Die Rückfahrt traten wir am nächsten Morgen an. Und auch die wurde wieder dramatisch. Auf der Fähre lief alles noch seinen geordneten Gang. Die Sonne schien, das Wasser war blau und das Schiff fuhr ruhig über die Ostsee in Richtung Puttgarten. Als Land in Sicht kam, begaben wir uns in den Schlund des Schiffes um unsere Plätze im Zug einzunehmen. Als die Fähre dann im Hafen andockte waren allerdings unser Kursleiter und unsere Studienkollegin Eva noch nicht auf ihre Plätze. Voller Unruhe warteten wir auf ihr Erscheinen, als die Schiffsluke dann noch aufging und der Zug sich in Bewegung setzte waren wir außer uns vor Aufregung. Der Zug fuhr ohne unsere Eva und ohne unseren Dozenten. Wir waren sozusagen führerlos, denn der Gute hatte uns bisher liebevoll umsorgt. Und ganz wichtig,- er hatte unsere Gruppenfahrkarte!
Von Eva ganz zu schweigen. Sie war oft so verträumt und hilflos, einfach zu gut für diese Welt. Wie sollte sie sich ohne uns zurechtfinden?
Nachdem der Zug ein Stück gefahren war hielt er er doch nochmal am Bahnhof Puttgarten an und ich hörte wie jemand rief: "Da kommen sie!" Aus dem Zugfenster konnten wir sehen wie die beiden dem Zug sozusagen hinterher liefen.
Uns fiel allen ein Stein vom Herzen und wir schlossen sie erleichter in unsere Arme als sie endlich den Zug bestiegen.
Eva schwor während der Heimfahrt, nicht mehr von unser aller Seite zu weichen, den sie aber gleich beim nächsten Aufenhalt in Hamburg wieder brach. Aber es ging dann doch alles gut und wir kamen vollzählig und glücklich in Berlin wieder an.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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