In der frühen Zeit, als noch Finsternis auf der Erde herrschte, Zwerge und Drachen gegen Riesen
kämpften und Feen manchen Traum erfüllten , standen sich zwei gewaltige Menschenheere im
ewigen Krieg gegenüber.
Die Tschamben bewohnten den östlichen Teil der Erde und die Flaken den westlichen.
Getrennt waren ihre Reiche durch eine tiefe Einkerbung in der Erdrinde, eine gewaltige Schlucht,
deren Grund von den Rändern aus mit flüchtigem Blick nicht zu erkennen war.
Allerdings sah man beim genauen hinuntersehen einen schwach-rötlichen Schimmer, der Wärme
abstrahlte....eine Lavaschlange in träger Bewegung.
Tschamben und Flaken waren Kriegsvölker, die nur den Krieg als Lebensgrundlage kannten und
das ewige Ziel war es, das jeweils andere Volk zu vernichten.
Die Ursache für den Krieg kannte schon längst niemand mehr und es fragten auch nur wenige danach.
Sie standen sich in der Finsternis an den Rändern der Schlucht gegenüber, rochen und hörten sich,
sahen ab und an schemenhaft ihre und die Umrisse ihrer Gegner, wenn eine Sternschnuppe die ewige
Dunkelheit erhellte.
Sie bewarfen sich mit Steinen und Erzklumpen, bauten Katapulte und schleuderten grössere Steine,
vereinzelt halfen ihnen umherstreunende Riesen, Felsen auf die gegenüberliegende Seite zu stossen.
Es war ein solch sinnloses Unterfangen, beide Völker hatten hohe Verluste, doch keine Seite wich
zurück.
Einmal setzten die Flaken eine neue Waffe ein: Es gab unter ihnen einen Krieger, der Worte wie
Steine werfen konnte, Worte solcher Intensität, dass die Menschen, die diese Worte vernahmen
blutige Tränen weinten und starben.
Die Tschamben steckten sich Lehmpfropfen in die Ohren, um die Worte nicht nicht mehr zu hören,
doch viele vergassen es und weinten sich zu Tode.
Dann kam die Zeit , da Saane, eine schöne Amazone der Tschamben , an vorderster Front stand.
Sie hatte ihre Ohren nicht verschlossen und die tödlichen Worte des Flaken tönten über die Schlucht.
Es geschah etwas seltsames: Saane hörte die Worte, aber sie weinte keine blutigen Tränen.
Sie spürte eine tiefe Wärme , eine Ruhe und ein Glücksgefühl in sich, wie zuvor noch nie empfunden.
Saane wollte den Rufer sehen. Sie starrte über den Abgrund in die Finsternis.
In diesem Augenblick erhellte eine Sternschnuppe die Nacht und sie erblickte im kurzen Licht eine
Gestalt, konnte ein Gesicht erkennen.
Sie winkte, der Flake winkte zurück.
Dieser Augenblick des Lichts hatte gereicht. Sie redeten, schrien sich Worte zu, Sätze.....dann
Gefühle, sie verstanden sich sofort.
Dies ging so einige Zeit, aber beide wussten, Worte waren nicht genug, sie wollten mehr.
Saane und der Flake versuchten mit langen Stangen und Felsquadern eine Brücke zu bauen, Riesen
halfen ihnen, .....eine Brücke sollte es werden als erste Verbindung zwischen den Völkern.
Doch ihr Unterfangen wurde bemerkt und da fraternisieren mit dem Feind auf jeder Seite als
schlimmstes Verbrechen galt, verurteilte man beide zum Tode.
Zur selben Zeit, am selben Ort, nämlich an zwei sich genau gegenüberliegenden Punkten der Schlucht
mussten sich Saane und der Flakekrieger aufstellen, denn in allem waren sich die Völker uneins und
bekämpften sich, in der Ausführung von Bestrafungen herrschte aber eine grosse Übereinstimmung.
Wieder erhellte eine gewaltige Sternschnuppe die ewige Nacht.
Saane und ihr Geliebter, ihr Bruder im Geiste, blickten sich über den Abgrund weg an.
Sie weinte, und sie sah Feuer in seinen Augen.
Saane und der Flakekrieger riefen sich Worte zu, Worte des Lichts, der Liebe.
Dann...im selben Augenblick...stiessen sie die Henkersknechte in die Lavaschlucht.
Die letzten Worte der Liebenden hörte jedoch der Erdgeist, MutterErde, die zwei Liebenden rührten
ihn und er traf eine Entscheidung.
Nur einen Wimpernschlag nachdem Saane und ihr Geliebter in der Lavaschlucht verschwunden
waren bebte die Erde und die Schlucht fing in einem hellen Licht an zu glühen.
Tschamben und Flaken wichen schreiend zurück. Das Beben wurde stärker, ein gewaltiges Tosen
erfüllte die Luft ...die Schlucht klaffte weiter und weiter auseinander und mit einer ungeheueren
Explosion schoss ein riesiger Feuerball gen Himmel.
Er wuchs an, wurde grösser und grösser und blieb im Zenit über der Schlucht stehen.
Sonne....für die Welt war der erste Tag angebrochen.
Die Sonne erwärmte auch die Gemüter der Menschen und die Kriege wurden beendet.
Die Menschen sahen, dass sich die Sonne bewegte und weinten anfangs, als sie abends unterging.
Bald hatten sie aber den Rhythmus erkannt und waren froh.
Epilog:
Heute noch erzählen sich die alten östlichen Nomadenvölker diese Sage über die grosse Liebe, die
die Welt erhellte und zur Sonne wurde an den abendlichen Feuern.
Und wenn sie am Tag durch die brennend heisse Steppe ziehen, schützen sie die Augen mit der Hand
und schauen gen Sonne:>> Dort fliegt Saane mit Feueraugen...<<.
In den östlichen Ebenen um Trugmad, wo die grossen Flüsse sich treffen heisst Sonne: ..Saane..
In den westlichen Steppen um das Tarkgebirge werden die gleichen Sagen erzählt.
Dort nennt man die Sonne..........Balor.
Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Horst Dreizler).
Der Beitrag wurde von Horst Dreizler auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.09.2002.
- Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).
Horst Dreizler als Lieblingsautor markieren
Lyrische Kurzreisen
von Monika Wilhelm
Ein Buch des gefühlten "Seins" der Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft - dargestellt in Haikus, Tankas und Kurzgedichten.
Eine lyrische Reise, mit Worten gemalter Bilder -
eine Reise, die man nicht so schnell vergessen wird ...
Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!
Vorheriger Titel Nächster Titel
Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:
Diesen Beitrag empfehlen: