Klaus-D. Heid

Marlene - Teil I

Das Kennenlernen

Dass es wirklich ‚nichts gibt, was es nicht gibt’, war mir zwar immer bewusst – aber erst seit ich Marlene kennen gelernt hatte, wurde mir die wirkliche Bedeutung dieses Satzes klar. Erst seit meiner Begegnung mit diesem überaus ungewöhnlichen Mädchen habe ich begriffen, dass alle Maßstäbe der Moral, der Partnerschaft und der Liebe Ausnahmen gestatteten, die sich allesamt in Marlene finden ließen.

Ich traf Marlene das erste Mal, als ich mich wiedereinmal sinn- und hemmungslos in der kleinen Studentenkneipe besaufen wollte, in der man bereits wusste, dass eine Flasche ‚Jack Daniels’ Whiskey benötigt wurde, wenn ich hereinkam. Ich trank meinen ‚Jack’ grundsätzlich ohne Eis und immer mit einem Schuss Wasser. Manchmal schaffte ich es, ‚Jack’ in sechs Stunden zu leeren – und ein anderes Mal war die Flasche noch halbvoll, wenn der Wirt mich in den frühen Morgenstunden hinauswarf. An dem besagten Abend, an dem ich ‚Jack’ mit Marlene bekannt machte, hatte ich erst zwei oder drei Gläser des sympathischen Getränks geleert. Ich war also noch stocknüchtern, als sich ein Mädchen zu mir setzte, die mich tausendmal betrunkener machen sollte, als es alle ‚Jacks’ der Welt zusammen geschafft hätte.

„Darf ich mittrinken...?“

Im ersten Moment war ich ärgerlich, weil ich es liebte, ungestört zu trinken. Alle Alkoholiker trinken gerne ungestört, wenn sie wissen, dass sie Alkoholiker sind. Ich sah also leicht zornig in die Richtung, aus der die Stimme kam. Meine erste Reaktion war, dem Störenfried zu sagen, er solle sich gefälligst einen anderen Platz zum Schnorren suchen. Jeder Tropfen ‚Jack’ ist kostbar und sollte nie von ‚Unbefugten’ verschwendet werden.
Dann sah ich allerdings in ein Gesicht, das entweder ein beginnendes Delirium, eine Fata Morgana oder aber eine übernatürliche Erscheinung bedeuten musste. Ich sah in das Gesicht Marlenes – und wusste instinktiv, dass mein Leben sich verändern würde. All jene, die nicht glauben werden, dass ein einziger Blick in das Gesicht eines Mädchens derartige Reaktionen auslöst, haben noch nie in Marlenes Gesicht gesehen. Hätten sie’s getan, wären sie entweder an dem Punkt gelandet, an dem ich mich nun befinde, oder sie wären in der Sekunde der Begegnung tot umgefallen, als hätten sie in das Antlitz der Hydra gestarrt.

Da ich noch lebe (falls man das, was ich lebe, ‚Leben’ nennen kann), weiß ich, wovon ich rede. Ich weiß, dass es auf der ganzen Welt nur ganz wenige Marlenes gibt, die wohl nur geboren wurden, um Männern wie mir das Schicksal aufzuzeigen.

Ich schloss meinen Mund wieder, mit dem ich das Mädchen zum Teufel jagen wollte. Dann öffnete ich meinen Mund erneut, weil ich nicht sofort in der Lage war, die Faszination zu begreifen, die von diesem Gesicht ausging. Es dauerte bestimmt einige Sekunden, bis ich in der Lage war, einigermaßen artikuliert zu antworten:

„’Jack’ liebt Gesellschaft, wenn sie so hübsch wie Du ist. Setz Dich zu mir und lass uns Drei auf irgendetwas Unwichtiges anstoßen...!“

Der typische Trinkerspruch eines Mannes, der sein Getränk immer als seinen besten Freund vorstellte. Ich rutsche mit meinem wackligen Barhocker etwas zur Seite, um dem Mädchen Platz zu machen. Dass ich dabei mein Glas mit dem kostbaren goldenen Nass umstieß, löste keinen Adrenalinschock aus. Spätestens jetzt hätte ich begreifen müssen, dass es besser und vernünftiger war, alleine zu trinken...

Keine Ahnung, wann sie mir sagte, dass sie ‚Marlene’ hieß. Überhaupt kann ich mich an vieles nicht erinnern, was an diesem Abend geschah, wenn man einmal davon absieht, dass ich niemals vergessen werde, wie dieser Abend endete. Genaugenommen endete er überhaupt nicht. Genaugenommen setzt er sich bis heute fort, da Marlene und alles, was mit Marlene zu tun hat, sich fest in mein Gehirn eingebrannt hat.
Selbst jetzt, wo Marlene längst irgendeinem anderen armen Teufel den Kopf verdreht, bis dessen Genick wie ein zierlicher Zweig bricht, geistert sie in mir herum. Sie ist sozusagen ‚allgegenwärtig’ und wird es wohl bleiben, bis ich endlich – ‚Jack sorgt schon dafür! – diese Welt verlassen darf.

„Lass uns nicht auf etwas Unwichtiges anstoßen. Lass uns auf die Liebe trinken! Lass uns auf die Liebe trinken, die viel mehr berauscht, als zehn Fässer ‚Jack’ auf Ex getrunken. Auf die Liebe, Roger...!“

Roger, das bin ich. Mein ‚Roger’ spricht man bedauerlicherweise deutsch aus. Also nennen Sie mich bitte nicht ‚Rodscher’, wenn ich Ihnen einmal begegnen sollte, falls ich bis dahin nicht schon längst das Grundwasser mit meinem Alkoholspiegel verunreinigt habe.

„Auf die Liebe, Marlene...!“

Ein paar Tage später sollte ich begreifen, dass Marlenes Definition der ‚Liebe’ nichts mit jener Liebe zu tun hatte, wie ich sie kannte. Ich sollte erfahren, dass es für Marlene nur die exzessive, verzehrende und vernichtende Liebe gab, in der Zweisamkeit und Treue zur Bedeutungslosigkeit verkümmerten. Marlenes Liebe fraß, saugte und inhalierte jedes ‚normale’ Gefühl, bevor es von Marlenes inneren Grausamkeiten vollständig absorbiert wurde.

Nach der ersten Flasche, die wir gerecht geteilt hatten, schaffte ich es, mir auch den Rest Marlenes etwas genauer anzusehen. Ich habe also eine halbe Flasche Whiskey gebraucht, um mich einigermaßen von der Faszination ihres Gesichts zu lösen.

Sie hatte mir verraten, dass sie 21 Jahre jung sei, was ich ihr auch durchaus glaubte. Für mich, der ich seit zwei Jahren die 30er überschritten hatte, war sie somit ein ‚junges Küken’, dessen Gegenwart einem ‚alten Knochen’ wie mir ganz gut tat.
Marlene war groß. Auch im Sitzen überragte sie mich um Kopfeshöhe. Ihre schlanke mädchenhafte Figur wurde durch die langen mahagonibraunen Haare unterstrichen, die ihr weit über die Schultern fielen. Ich bemerkte bewundernd, dass Marlene süße kleine Brüste hatte, deren Nippel sich deutlich unter dem etwas schäbigen T-Shirt abzeichneten, das sie trug. Ihre endlosen Beine steckten in schmutzigen Jeans, denen man ansah, dass sie bestenfalls bei Regen mit Wasser in Kontakt gekommen waren.
Marlenes Hände waren schmal und langgliedrig. An ihren Fingernägeln war zu erkennen, was Marlenes Hauptnahrungsquelle sein musste. Sie waren an einigen Stellen soweit abgeknabbert, dass ein schorfiges Nagelbett die Schönheit ihrer Hände beeinträchtigte.

Trotz dieses Makels sah sie wunderschön aus.

Und dann war da ja noch das Gesicht.

Das Gesicht! Es war nicht irgendein Gesicht irgendeines Mädchens, das man irgendwann auf der Straße sah und dem man bewundernd hinterher pfiff. Es war ein Gesicht, das total verzauberte.
Ihre graugrünen Augen strahlten die pure Lust am Leben aus. Sie funkelten und sprühten, als ständen sie permanent unter Strom. Schmale Augenbrauen markierten den Anfang einer Stirn, die zwar relativ hoch – aber unglaublich passend zu diesem Gesicht war. Marlenes breite Wangenknochen verrieten ein bisschen von der Härte, die ich erst später wahrnehmen und erleben sollte. Sie hatte kleine dünne Ohren, die etwas abstanden und deshalb immer ein wenig unter ihren Haaren herauslugten. Zwei goldene Kreolen schmückten diese Ohren. Die Nase war schmal und zart. Wenn sie sprach, blähten sich die Nasenflügel etwas auf.
Man kann also sagen, dass Marlene zwar sehr gut – aber keineswegs perfekt aussah. Trotzdem war etwas in ihrer Ausstrahlung, das meinen gesamten Körper von den Fußsohlen bis zu den Haarspitzen zittern ließ.

Dass ich nach einer halben Flasche Whiskey noch in der Lage war, Marlenes Äußeres zu analysieren, lag ausschließlich daran, dass ich es gewohnt war, deutlich mehr zu trinken. Viel überraschender war für mich die Feststellung, dass auch Marlene nicht das kleinste Anzeichen für einen ‚Schwips’ zeigte. Ganz im Gegenteil! Sie sah mich mit klarem Blick an und sagte ohne jedes Problem mit der Wortwahl:

„Die Flasche ist leer, Roger. Was ist? Noch ein ‚Jack’ für uns...?“

Sehr viel später, als Marlenes Arm auf meiner Schulter lag und mein Gesicht tief in Marlenes Haar vergraben war, setzte uns ‚Fiete’, der Kneipenwirt, vor die Tür. Er war es von mir gewohnt, dass ich selbst nicht mehr in der Lage war, ein Taxi zu rufen. Somit stand, als Marlene und ich in die frische Luft des nahenden Tages wankten, bereits das Taxi vor der Tür. Es war wieder einmal der gutmütige Schorsch, der sich bereit erklärt hatte, unsere ‚Fuhre’ zu übernehmen, obwohl er sich an den zwei Kilometern zu meiner Wohnung keinen goldene Nase verdienen konnte.

Marlene und ich quetschten uns Schulter an Schulter auf den Lederrücksitz des alten Mercedes. Von den unzähligen Fahrten zuvor wusste ich, dass dieser Wagen schon so manche Episode erlebt hatte, die manchmal im Guten und manchmal im Schlechten endete. Diese Episode sollte jedenfalls im Schlechten enden. Hätte ich nur ansatzweise geahnt, auf was ich mich eingelassen hatte, wäre ich wie immer alleine und einsam nachhause gefahren.

„Wie immer, Alter...?“ fragte Schorsch, der mindestens doppelt so alt war, wie ich.

„Wieimmer...!“ lallte ich glückselig zurück, während meine Hände schwer auf den Schenkeln Marlenes lagen.

„Wieimmerschorsch...!“

Aber nichts würde wie immer sein. Alles würde anders werden. Und an diesem Punkt meines überflüssigen Lebens sollte ich zu der Erkenntnis gelangen, dass der Teufel vielleicht doch eine Komplizin hatte! Oder war es umgekehrt?

Der Griff in meine Tasche, um Schorsch bezahlen zu können, war reine Routine, als er uns vor meiner Wohnung absetzte. Gütig und verständnisvoll wie Schorsch nun mal war, öffnete er uns die Wagentür. Als ich tief Luft holte, fing ich fürchterlich an zu husten, da die frische Luft auf meine Lungen wie ein Schock wirkte. Marlene hustete nicht. Halb schlafend ließ sie sich von mir uns Schorsch aus dem Wagen bugsieren. Ihre Augen waren nur einen Spalt geöffnet. Gott, sah sie süß aus!
Trotzdem verschwendete ich – warum auch immer – keinen Gedanken an das, was man normalerweise in solchen Situationen tun konnte. Ich dachte nicht einen Moment daran, dass ich in den nächsten Augenblicken ein zauberhaftes Mädchen in meiner Bude hatte, das offensichtlich nicht abgeneigt war, mehr mit mir zu tun, als nur zu plaudern und sich an meiner Schulter anzulehnen. Auf die Idee, mich mit ihr auf meinem Bett zu tummeln, sie nackt an mich zu pressen und endlich einmal wieder mit einem Mädchen schlafen zu können, kam ich nicht. Ich nahm es einfach, wie’s war. Ich ließ sozusagen alles auf mich zukommen.

Und es kam! Es kam mit der Kraft eines Wirbelsturms, den ich allerdings erst spüren sollte, wenn er längst dabei war, mich wie ein vertrocknetes Blatt durch die Luft zu schleudern, um mich dann irgendwann als Abfall im Kehrwagen der Stadtreinigung zu entsorgen.

Meine Wohnung befindet sich im ersten Stock eines Hauses, das etliche gescheiterte Existenzen wie mich, beinhaltet. Natürlich funktionierte wieder einmal das Treppenhauslicht nicht, so dass ich Marlene, halb tragend und halb schleifend, nach oben befördern musste. Mit einer Hand hielt ich mich am Treppengeländer fest, während die zweite Hand Marlenes schlanke Taille umspannte. Irgendwie berührten meine Finger dabei Marlenes Brüste. Ich weiß noch, wie gut sie sich anfühlten. Ich erinnere mich auch, dass ich einen Moment versucht war, auf einem Treppenansatz Halt zu machen, um mit der Hand unter Marlenes T-Shirt zu schlüpfen.

Wie von Zauberhand ging das Licht im Treppenhaus an. Mit Logik ist dieses unkalkulierbare ‚Licht an – Licht aus’ unmöglich zu erklären. Das Licht blendete mich und sorgte dafür, dass ich mich wieder auf das konzentrierte, was ich eigentlich wollte: wir mussten versuchen, meine Wohnung heil und unbeschadet zu erreichen, was angesichts unseres Zustandes gar nicht so einfach war.

Nachdem das Treppenhauslicht vier Stufen vor dem ersehnten Ziel ausging, schaffte ich es dann doch noch, meine Wohnungstür zu finden. Ich kramte in meiner Hosentasche nach dem Wohnungsschlüssel, fand ihn und schloss auf. Jemand, der ‚Jack’ zu seinem besten Freund gemacht hatte, sorgt vorbeugend dafür, dass sich immer nur ein einziger Schlüssel in der Tasche befindet, um endlose zittrige Versuche des Schlüsselfindens im Ansatz zu vermeiden, die dann doch darin endeten, dass ein verschlafener Nachbar diese Aufgabe übernehmen musste.

Dass ich meine 2-Zimmer Wohnung ‚Bude’ nenne, beschreibt nicht annähernd den tatsächlichen Zustand dieser Rumpelkammer. Jemand wie ich, dem am Leben soviel liegt, wie an einer zerquetschten Mücke an der Wand, legt keinen sonderlichen Wert auf ‚Wohnambiente’. Für mich ist meine Bude ein Platz, an dem ein Bett steht. Es gibt ein Klo und eine kleine Kochnische, an der das Wichtigste der Schrank mit meinem Vorrat an Lebenselixieren ist, die ich brauche, um den beschissenen Alltag zu verdrängen.
Man kann zwar nicht sagen, dass sich Dreck und Abfall in meiner Bude stapelten, aber genau das Gegenteil war auch nicht der Fall. Es war und ist eben eine typische Bleibe für einsame, lebensuntüchtige und im Jammertal versunkene Kreaturen, deren einziger Sinn im Leben im Saufen und Schlafen besteht. Mich selbst wundert ein bisschen, dass ich nicht viel mehr einem Penner gleiche, der sein Quartier unter der Brücke aufschlägt. Trotz aller persönlicher Rück- und Nackenschläge habe ich es dennoch irgendwie geschafft, Körper und Verstand einigermaßen im Takt zu halten. Ich wasche mich regelmäßig, lese sehr viel und sehe mir ab und an politische Sendungen im Fernsehen an, wenn ich nicht zu besoffen dazu bin. Ich treibe zwar keinen Sport, aber ich habe trotzdem eine Figur, die nicht typisch für einen Alkoholiker ist. Meine Beine sind relativ muskulös, was ohne Zweifel den Genen meines Herrn Paps zu verdanken ist. Ich trage keinen Bierbauch vor mir her. Ich rasiere mich täglich. Jemandem, der mich nicht gut kennt, erscheine ich als ‚etwas verschlafener Typ, der ein paar Nächte durchgefeiert hat’.

Marlene schien keinen gesteigerten Wert auf Konversation zu legen. Bevor ich mich zum Klo schleppte, um meine Blase zu leeren, legte ich das Mädchen auf mein Bett. Ich deckte sie sorgfältig zu, als ich plötzlich überlegte, ob es nicht besser wäre, sie zuvor von ihren übelriechenden Klamotten zu befreien. Marlene atmete ruhig und schien fest zu schlafen. Schon aus Gründen der nötigsten Hygiene entschied ich mich, sie auszuziehen.

Ich schlug die Bettdecke zurück und begann, mich ans Werk zu machen. Zuerst schaffte ich es irgendwie, Marlenes Schnürbänder an den Stiefeln zu öffnen. Ich zog ihr die Stiefel von den Füßen und sah, wie niedlich die kleinen Füßchen aussahen, die allerdings in grässlich schmutzigen Socken steckten. Die Socken entsorgte ich, indem ich sie erst einmal in meiner Nachtschrankschublade verstaute. Meine Hände wanderten sanft über Marlenes Knöchel und streichelten zart ihre schlanken Fesseln. Als Nächstes knöpfte ich den Knopf ihrer Jeans auf. Ich öffnete den Reißverschluss und zog die Hose vorsichtig an den Fußenden von ihrem Körper. Seltsamerweise hob Marlene ihren Po dabei etwas an, um mir diese Prozedur zu erleichtern. So sicher ich mir auch war, dass sie tief und fest schlief, so überraschter war ich, als ich merkte, dass sie sehr wohl merkte, was ich tat.

Wenn ich heute an Marlenes Beine denke, fallen mir spontan zwei Merkmale ein. Erstens waren sie schmutzig und übersät von blauen Flecken. Zweitens kann ich sagen, dass es kaum vollkommener geformte Schenkel geben konnte. Ihre Schenkel waren gleichmäßig schlank. Die Waden waren schmal, fast zierlich. Ich war zwar reichlich abgefüllt, aber mir fiel auf, dass nicht ein einziges Härchen auf ihren Beinen zu sehen war. Damals dachte ich spontan darüber nach, wie ein Mädchen ihre Beine derart perfekt enthaaren konnte, während sie offenbar nicht den geringsten Wert auf Sauberkeit legte. Ich überlegte auch, woher die vielen blauen Flecken stammen konnten.

Plötzlich fiel mir etwas auf, was ich sonst – mit weniger Alkoholkonsum – sofort bemerkt hätte.

Marlene trug keinen Slip.

So betrunken konnte auch ich nicht sein, dass meine fast vergessene Männlichkeit nicht mit einem Mal zu neuem Leben erwachte. Tatsächlich offenbarte sich mir eine glatte, haarlose Scham, die als einzige Stelle ihres Körpers, sauber wie ein frisch gewaschener Kinderpopo aussah.

In mir kämpfte nun verbissen das Gute gegen das Schlechte. „Reiß dich zusammen!“ schrie mir das Gute zu, während das Schlechte mich mit „Greif zu, du Idiot!“ in die Enge treiben wollte. „Sie schläft. Du weißt, dass sie nichts dagegen hätte. Also mach schon...!“ setzte das Schlechte noch einen obendrauf. Dann konterte wieder das Gute mit dem Argument: „Sie ist ein hilfloses Mädchen, das zuviel getrunken hat. Deck sie zu und lass sie schlafen. Du bist kein Mann, der diese Situation ausnutzt!“

So ging es hin und her. Meine Augen starrten dabei auf Marlenes nackten Schamhügel. Meine Hände näherten sich dieser Versuchung – und zuckten wieder zurück, bis ich schließlich entschied, dass ich zwar ein Säufer, aber kein Vergewaltiger war. Vielleicht war ich ja nicht der Moralischste unter der Sonne. Ganz bestimmt war ich aber niemand, dessen Schwanz das Denken übernahm, sobald der Kopf vom Alkohol benebelt war!

Die Hände zitterten, als ich meine Bettdecke über Marlene legte. Ich verzichtete darauf, ihr auch das T-Shirt auszuziehen und taumelte zu dem einzigen Sessel, den ich mein Eigen nennen durfte. Meine knapp achtzig Kilo fielen schwer auf die ausgeleierten Sprungfedern, die in nicht allzu ferner Zukunft den abgeschabten Stoff des Sofas durchbohren würden.

Ich lauschte dem gleichmäßigem Atem Marlenes. Dann schlief ich ein...

ENDE TEIL I.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.09.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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