Mario Hedemann

Die Insel der Verlorenen Teil 13

                                           Der erste Tag

 

In der ersten Nacht konnte ich nicht richtig schlafen. Die Hitze im Zimmer war unerträglich, trotzdem ich vorm Schlafen gehen das Fenster geöffnet hatte und die Bettdecke zurückgeschlagen hatte.
 Es gab einige Mücken, die daran mit Schuld waren, dass ich nicht pennen konnte. Da ich es gewohnt war, in Unterhose zu schlafen, stachen sie mich einige male und dauernd fingen diese besagten Stellen an zu jucken.
Doch nicht nur das stechen war furchtbar, sondern auch das Konzert, dass diese Biester in meinen Ohren veranstalteten. Jedes mal, wenn ich nach ihnen schlagen wollte, waren sie schon auf der Flucht und suchten sich einen neuen Platz auf mir aus.
 In der ferne konnte ich irgendwo das Meer rauschen und Möwen kreischen hören. Wenn es nur das wäre, dann würde ich es ja als beruhigend empfinden, doch jetzt kam mir der Gedanke, dass diese Mücken der Hacken an dem Preis des Zimmers sein mussten. Die Besucher die sich hier her verirrten, waren sicherlich so von Mückenstichen bei ihrer Abreise übersät, dass sie an einem Rusienkuchenwettbewerb teilnehmen konnten.
 Und ich hatte mich wahrscheinlich bis zum nächsten Morgen grün und blau geschlagen und diese kleinen Viecher würden sich eins ins Fäustchen lachen. Es tat richtig weh, als sich so ein Vieh auf meiner Nase setzte und ich drauf schlug.
Zuerst dachte ich, ich hätte mir das Nasenbein gebrochen, aber das war Gott sei Dank nicht der Fall, als ich das Licht anmachte und mein Zinken im Gesicht doch nicht blutig war.
 Als ich dann doch endlich eingedöst war und mir vorher trotz der Hitze die Bettdecke überzog, wurde ich erst wieder wach, als es draußen schon hell geworden war. Verschlafen blickte ich auf meine Armbanduhr, die ich am rechten Arm trug.
 Sie war ein Weihnachtsgeschenk meiner Frau. Sie hatte es irgendwann Satt, dass ich ihr mit der Frage „Wie spät ist es?“ auf die Nerven ging. Die Zeiger standen auf acht Uhr dreißig. Also Zeit zum aufstehen und rasch ins Bad zu gehen, denn um neun Uhr wollte ich unten erscheinen.
 Ich nahm meine Waschtasche, in der ich Zahnbürste, Zahnpaste, Seife und Waschlappen sowie Handtücher hinein gepackt hatte und schlurfte zum Badezimmer. 
Am Ziel angelangt, stellte ich mich vorm Waschbecken, steckte den Gummipfropfen ins Abflussloch und wollte kaltes Wasser hineinlassen.
 Zunächst kam nichts als glucksende Geräusche, doch dann kam etwas, kein Wasser sondern eine braune Flüssigkeit. Rostiges Wasser. Es lief sehr langsam und ich konnte den Pfropfen noch herausziehen, bevor sich das Becken mit dieser braunen Brühe füllte. Ich ließ es einige Sekunden laufen und hatte tatsächlich Erfolg. Nach dieser braunen Brühe kam klares Wasser.
 Schnell steckte ich den Pfropfen wieder in das Abflussloch und das Becken füllte sich mit klarem Wasser.
 Draußen zwitscherten irgendwo ein paar Vögel und Möwen kreischten auch wieder, als ich mir Rasierschaum ums Kinn klatschte und mit dem Rasieren begann. Die Sonne hatte offenbar schon wieder richtig an Kraft gewonnen, denn das Badezimmer erwärmte sich erstaunlich schnell.
 Von unten her hörte ich eine Männerstimme. Allerdings konnte ich nicht verstehen, was sie sagte.
 Als ich mit dem Waschen und Rasieren fertig war und mein Waschzeug wieder in mein Zimmer gebracht hatte, begab ich mich nach unten. Ich fühlte mich immer noch ein wenig zermartert von der letzten Nacht und Mückenstiche hatte ich auch überall.
 Die Tür, hinter der ich Gestern die Wohnräume der Frau vermutet hatte, war zu. Ich traute mir nicht so recht, einfach so dort herein zu spazieren und zu sagen, „Hallo hier bin ich.“
 So etwas empfand ich als unhöfflich, obwohl die Frau mich doch zum Frühstück gebeten hatte. Hinter der Tür hörte ich Stimmen. Es hörte sich so an, als ob ein Junge sich mit einem Mädchen streiten würde. 
 „Du bekommst immer den ersten Teller Rührei mit Speck,“ schrie die Jungenstimme beinahe.
 „Na und? Du stehst ja auch immer später als ich auf,“ jammerte ein Mädchen.
 Den Stimmen nach zu urteilen, mussten sie zwischen zwölf und fünfzehn Jahre sein. Im Alter schätzen war ich schon immer gut. Ich konnte das Alter sogar von den Stimmen mancher Personen schätzen, die ich zwar schon mal gehört, aber noch nie gesehen hatte. Ein Freund von mir hatte mich darauf hin mal getestet und sich mit seiner neuen Freundin durch einer geschlossenen Tür unterhalten und ich sollte erraten, wie alt sie sei.
 Mit dreiundzwanzig Jahren landete ich einen Volltreffer bei ihr und mein Freund war so begeistert, dass er mir daraufhin eine Flasche Whisky spendierte, die wir uns Abends zu Gemüte führten. Loren würde hier wieder sagen, dass ich nicht so ängstlich sein solle und einfach die Tür öffnen solle und meinen Arsch in die Küche bewegen.
 Sie hatte ja recht.  Also öffnete ich einfach die Tür und sah in einem Gang, der ungefähr Zehn Meter lang war. Links und Rechts von ihm befanden sich jeweils drei Türen. Eine von denen auf der rechten Seite stand offen. Es gab kein Fenster und die Türöffnung war das einzige, was diesem Gang Licht gab. Von da hinten kamen auch die Stimmen.
 „Hört endlich auf euch zu streiten verdammt noch mal,“ fluchte die Frau. Ihre Stimme kannte ich ja mittlerweile.

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 10.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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