Sandra Bauer

Ich vermisse dich

(aus dem wahren Leben)

"Pass auf dich auf!" sagte ich noch bevor ich den Hörer auflegte. Ich hatte gerade wieder eine Stunde mit meinem besten Freund Ewald telefoniert. Es hat wieder so gut getan alle Alltagsprobleme mit ihm zu besprechen, es ging mir jetzt deutlisch besser als noch vor einer Stunde. Wir hatten viel über Freddy meinen Exfreund gesprochen und die ganzen Probleme gewälzt, die daraus entstanden waren.

Ewald hat mir von seiner Freundin erzählt, wie glücklich er mit ihr ist und das er sich nichts schöneres vorstellen kann als mit ihr alt zu werden. Alt werden, wenn ich heute daran zurückdenke, kommt mir dieser Satz richtig makaber vor. Er hat mir erzählt das er nach Graz fahren wolle, irgendjemanden besuchen, aber das er mich morgen nochmal anruft. Ich hab mich darüber gefreut, unsere Gespräche waren immer so angenehm.

Am nächsten morgen klingelte um 06:45 mein Handy, ich hab abgehoben, Ewald war dran und wollte mir erzählen das er jetzt nach Graz abfahren würde. Doch ich war schon am Weg nach Wien, ins Büro und wollte auf der Autobahn nicht telefonieren. Ich hab nur kurz "jaja gesagt, bis später" und aufgelegt. Dann ist mir eingefallen das ich ihm nicht gesagt hatte, er soll auf sich aufpassen.... irgendwie wollte ich nochmal anrufen. Aber ich verscheuchte diese Gedanken und dachte mir ich ruf ihn später vom Büro aus an und dann sag ich es ihm.

Im Büro angekommen, herrschte der Megastress, das Telefon läutete ununterbrochen und ich kam einfach nicht dazu Ewald nochmal anzurufen. Um ca. 11 Uhr vormittags bekam ich einen Anruf, diesmal war es Ewalds Mama, total aufgelöst und unter Tränen erzählte sie mir, das Ewald einen schweren Autounfall hatte und mit dem Hubschrauber grade unterwegs war, nach Wien ins AKH.

Ich war fertig, ich konnte es nicht glauben, was war geschehen?? Ich fragte nach und sie sagte mir, er habe an einer Kreuzung einen LKW übersehen und sei rausgefahren, der LKW hat sein Auto, an der Fahrerseite in voller Fahrt erfaßt und weggeschleudert.

Ich habe versprochen sofort nach der Arbeit ins AKH zu fahren und legte auf. Ich bin in Tränen ausgebrochen, mein bester Freund, der beste den ich auf dieser Welt hatte, war schwer verletzt im AKH. Ich habe sofort dort angerufen, mich als Verlobte ausgegeben und gefragt was los war, man sagte mir er hätte viele innere Blutungen, die Leber gerissen, die Milz gerissen, die Rippen gebrochen... er mußte sofort in den OP.

Ewalds Mutter hat mich angerufen um ca. 16 Uhr nachmittags und mir erzählt er wäre im Laufe des Nachmittags zu einem Spezialisten ins AKH nach Linz gebracht worden. Er war gestorben, ohne noch einmal die Augen zu öffnen. Ich war am Boden zerstört. Ich konnte nichts essen, nicht klar denken es war vorbei mein bester Freund war gegangen, ohne ein Wort des Abschieds, einfach so. Ich bin in Tränen ausgebrochen, hey es war kurz vor Weihnachten, wie sollte ich bloß dieses Weihnachten überstehen.

Eine Woche später war Ewalds Begräbnis und seine Eltern hatten mich gebeten, die Grabrede zu halten. Es war ergreifend, alle waren gekommen, alle seine Freunde waren da und ich hatte fast keinen Satz herausbekommen, als ich dann mitten in meiner Rede war, wurde Ewalds Lieblingslied eingespielt "You´ve got a friend" von Carol King. Da war es dann total aus mit mir, ich begann hemmungslos zu weinen und mußte meine Rede abbrechen.

Drei Wochen später war Weihnachten, ich war noch total fertig und bei jedem Lied das wir zusammengehört hatten begann ich zu weinen, die Plätze wo wir immer gemeinsam waren und geredet hatten konnte ich nicht mehr besuchen, ich schaffte es einfach nicht mich dort alleine hinzusetzen.
Ewalds Mama rief mich am vormittag an und bat mich unbedingt vorbeizukommen, sie habe etwas für mich und ich solle unbedingt noch vor der Bescherung kommen.

Das habe ich gemacht, ich bin sofort hingefahren und erlebte eine Überraschung. Ewalds Mama hatte beim Aufräumen ein kleines Packerl mit meinem Namen drauf gefunden und einer Weihnachtskarte. Sie überreichte es mir und ich öffnete es.
Es waren viele Zettel drinnen und eine Urkunde, ich traute meinen Augen nicht, auf dieser Urkunde waren viele Koordinaten und als ich genauer nachlas, erfuhr ich das es einen Stern für mich gab, einen "Ewald-Sandra-Stern"!!
Ich bin natürlich sofort in die Sternwarte gefahren und hab mir unseren Stern angesehen.

Mittlerweile ist ein Jahr vergangen und jedesmal wenn es mir schlecht geht, fahre ich in die Sternwarte um mir meinen Stern anzusehen, den "Ewald-Sandra-Stern"!!!!!

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 12.09.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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