Mario Hedemann

Die Insel der Verlorenen Teil 19

Als ich später zu dem Haus der Sanders zurückkehrte und vor ihrer Haustür stand, überkam mich ein ungutes Gefühl.
 Hermann könnte hier überall auf mich lauern. Er könnte mit einem Messer oder einen Beil hier irgendwo warten. Oder er könnte auf mich zu gerannt kommen und sein Mund aufreißen und dann würde ich es sehen. Dieses grässliche entsetzliche Raubtiergebiss und dann würde er ein Stück aus mir heraus beißen.  Aber eigentlich, war es Quatsch, denn warum sollte der Junge mir etwas antun wollen?
 Ich wühlte in meiner Hosentasche nach dem Schlüssel, den mir Amalia gab, damit ich nicht klingeln musste.
 Nach einigen Sekunden bekam ich ihn zu packen und steckte ihn ins Schloss. Unten wurde eine Tür  im Haus zugeschlagen. Das lies mich inne halten.
 Was hätte ich getan, wenn Hermann mir die Tür geöffnet hätte?
 Wahrscheinlich wäre ich weit weg gelaufen und niemals wieder hier her zurück gekehrt. 
Ich drehte den Schlüssel herum und ging ins Haus.
 Hier drin war es angenehm kühl, im Vergleich zu draußen, wo die Hitze einen in ein Brathähnchen verwandeln konnte.
 Als ich die Tür schloss und die Treppe hinaufging, hörte ich, wie Amalia mit Hermann sprach. Ich blieb auf der dritten Stufe der Treppe stehen und lauschte.
 „Lass ihn in Ruhe Junge, wir haben noch nie einen Gast gehabt, der so lange geblieben war, wie Mr....
 Irgendwo ging noch eine Tür auf. Dies musste Herr Sander sein, denn Hermann rief  “Daddy“ und lief, so wie es sich anhörte, zu dieser Person.
 „Mom sagte, dass ich...“
 „Ist schon gut Hermann, ich werde mit deinem Vater alleine darüber reden,“ fiel Amalia ihn ins Wort. Dann knallte eine Tür zu.
 „Der Junge ist völlig am Durchdrehen, wenn er nicht bald...“
 Da schlug noch eine Tür zu und ich konnte Amalia nicht mehr hören. Zu gern hätte ich gewusst, was sie besprachen.
 Vielleicht hatte es ja auch mit mir zu tun, aber vielleicht auch mit Knut.
 Ach, alles Blödsinn. Ich sah mir einfach zu viele Horrorfilme an.
 Ich ging leise die Treppe hinauf, schloss die Tür zu meinem Zimmer auf und schloss sie hinter mir wieder ab. Totenstille umgab mich. Nicht einmal  mehr die Leute auf der Straße waren zu hören. Ich bekam hier irgendwie langsam Angst und spielte mit dem Gedanken, mir ein anderes Zimmer zu suchen. Ich würde zwar viel mehr bezahlen müssen, aber das war mir egal. Ich wollte Urlaub machen und nicht vor irgend jemand auf der Flucht sein. 
 Spät am Abend, als es schon dunkel war, also demnach müsste es ja eigentlich schon Nacht gewesen sein, hörte ich, wie Knut in sein Zimmer kam.  Die Wände waren hier alle so hellhörig, dass man eine Maus im Nebenzimmer husten hören konnte.
 Es polterte bei ihm im Zimmer, als hätte er eine ganze Kompanie zu Besuch. Vielleicht war er betrunken. Dann krachte die Tür auf und ich vernahm Stimmen.  Zuerst konnte ich die Stimmen nicht zuordnen, aber dann erkannte ich sie mit Schrecken. Es war die Stimme von Hermann.
 „Nun kommen Sie schon Mister, alle warten unten mit einer großen Willkommen  Überraschungsparty auf Sie. Alle unsere Gäste bekommen so eine Party, dass ist gut für unseren Ruf.“
 „Das ist sehr nett, aber ausgerechnet mitten in der Nacht?“ hörte ich Knut fragen.
 „Tja, Sie waren ja vorhin nicht da und außerdem können Sie doch morgen ausschlafen.“
 Ruhe trat ein, zumindest für einen Moment. Dann sagte Knut: „Ist ok. Ich bin in ein paar Minuten bei euch.“
 „Alles klar,“ freute sich Hermann. Die Tür fiel ins Schloss und  eilige Schritte schienen die Treppe hinunter zu stolpern.
 Was hatte die Familie mit Knut vor? Sollte ich ihn nicht besser warnen? Aber vor was sollte ich ihn warnen?
 Meine Gedanken waren nun wirklich sehr albern und so beschloss ich, mich nicht in diese Angelegenheit zu mischen, sondern mein Buch weiter zu lesen, mit dem ich die letzten Stunden beschäftigt war. 
 Meine Armbanduhr zeigte mir, dass es schon viertel nach zwölf Nachts war.
 Eine Überraschungsparty hatte ich aber nicht bekommen, als ich hier ankam, also was war das für eine Überraschungsparty?
 Meine Neugierde besiegte meinen Verstand und so beschloss ich doch, die Party heimlich zu beobachten.
 Den Roman klappte ich wieder zu und wartete darauf, dass Knut sein Zimmer verließ.
 Das zufallen seiner Zimmertür folgte etwas später und ich wartete erst ab, bis ich seine Schritte auf der Treppe hörte. Dann öffnete ich leise meine Zimmertür und ging auf Zehenspitzen hinaus zur Treppe.
 Ich konnte Knut gerade noch  auf der untersten Stufe sehen und hörte, wie er hinter sich die Verbindungstür zu den Wohnräumen der Sanders zuzog.
 Es war dunkel hier im Flur und ich konnte nur andeutungsweise etwas erkennen. Vorsichtig und vor allem leise schlich ich die Treppe hinunter und blieb auf der letzten Stufe stehen.
 „Hallo?“ rief Knut. „Es ist sehr dunkel hier und es macht mir Angst, also könnten Sie vielleicht etwas Licht machen?“
 Einen Moment war Ruhe, dann rief er noch ein mal. „Hallo? Wo sind Sie denn?“
 Ein auf krachen einer Tür war zu hören, Schritte die schnell zu laufen schienen hörte ich, dann noch einmal das zu schlagen einer Tür und dann war es still.
 Nichts war mehr zu hören. Knut rief nicht mehr und Schritte hörte ich auch nicht mehr. Nur ein ticken einer Wanduhr, die hier irgendwo hängen musste, drang in meine Ohren.
 Mit eiligen, aber leisen Schritten eilte ich hinauf in mein Zimmer und verschloss die Tür. Dann entkleidete ich mich bis auf die Unterhose, knipste meine kleine Nachttischlampe auf dem Nachtschränkchen aus und stieg ins Bett.
 Lange Zeit lag ich noch wach und hörte nichts. Dann drang von unten ein schemenhaftes Lachen nach oben. Es war ein männliches Lachen und ich überlegte, ob es wohl Hermann gewesen sein könnte, aber Hermann hatte noch keine Männliche Stimme.

 

 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 25.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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