Luki K

Regentag

 
Mein Kind, wo bist du?
Wie ich dich vermisse, obwohl noch nie gesehen.
Obwohl nur gefühlt.
 
 
Ich mag es, dem Regen zuzuschauen.
Er versucht alles Vergangene zu verwischen. Er versucht mir zu helfen.
Er pocht in meinen Ohren, wenn er an die Scheiben schlägt.
Der Regen ist stark, er sträubt sich gegen den Wind, und bleibt bei mir.
 
Ich sitze am Fenster und schaue ihm zu.
Ich habe das Bedürfnis nach draussen zu gehen, um mein Gesicht von ihm waschen zu lassen.
In meiner Wolldecke eingewickelt bleibe ich sitzen.
Mein Körper hat warm, doch mir ist kalt.
 
Eines meiner Schulkinder hat mich mal gefragt, ob man in den Himmel kommt, wenn man stirbt.
Und ob er aus dem Brunnen auf dem Schulhof Wasser trinken dürfe.
 
Ich wäre eine gute Mutter geworden.
Meine Tochter hätte aus jedem Brunnen Wasser trinken dürfen.
Und im Regen rumtollen.
Im Regen, dem ich zuschaue.
Im Regen, der beruhigt. Der Regen, der versucht, Vergangenes wegzuschwemmen.
 
Mein Mann bringt mir eine Tasse Cappuccino.
Er drückt meinen Arm, und sucht nach Worten.
Doch ich will ihn nicht hören.
Ich will nur den Regen.
Und sein Schlagen an die Scheibe.
 
 
Mein Kind, schickst du mir diesen Regen?
 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 29.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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