Alexander Döbber

Engel der Rache

Der Regen prasselte auf das Dach der Mercedes Limousine. Seit zwei Stunden stand das Auto in der Seitenstrasse, zwischen zwei Gebäuden. Drinnen saß ein Mann der den aktuellsten Nachtclubs von Miami beherbergte; den Flame-Club.
 
 Trotz des Regen bildete sich eine Schlange von jungen Leuten, die hinein wollten. Unterhalb des Autoradios befand sich ein 7-Zoll Bildschirm. Das Bild zeigte die Rückseite von dem Gebäude, aus einer erhöhten Perspektive. Niemand war zusehen.
 
 Warten war für den Mann kein Problem. Es gehörte zu seinem Job, obgleich das hier kein Auftrag war. Einen grossteil seiner Jugend hatte er in Miami verbracht.
 
 Immer wieder hielten Autos vor dem Club. Leute stiegen aus, gingen an den bulligen Türstehern vorbei oder mussten sich anstellen.
 
 Der Regen ging in Nieseln über.
 
 Da erschien eine schwarze Strechtlimousine. Aus dem Club traten Drei breitschultrige Männer, deren äußeres einschüchternd war. Einer öffnete die hintere Autotür. Zwei sexy gekleidete Frauen verließen den Wagen. Nach ihnen folgte sein Ziel; Der Besitzer des Clubs.
 
 Mit einer eiskalten Ruhe sah er, wie der Mann in den Club ging, flankiert von den Frauen und abgeschirmt von den Leibwächtern. Nachtclubbesitzer zu sein musste sehr gefährlich sein.
 
Seit sein Ziel in den Club gegangen war, waren einige Minuten verstrichen. Warten war für ihn kein Problem. Selbst nach so vielen Jahren.
 
 Mit einer ungewöhnlichen Selbstbeherrschung und Professionalität verließ er seinen Mietwagen, ging über die Strasse und verschwand in der Seitenstrasse am Club.
 
 Auf dem Bildschirm sah man ihn wenig später auftauchen. Vorsichtig, aber direkt näherte er sich der Hintertür des Clubs. Da die Überwachungskamera der Hintertür vor ihm lag, blieb er unbeobachtet. Außer von seiner eigenen Überwachungskamera.
 
 Er stöpselte das Übertragungskabel aus und trat auf die andere Seite. Wenige Sekunden danach wurde die Hintertür geöffnet, ein Mann trat heraus. In einer Hand hielt er ein Walkietalkie.
 
 Es gab nur drei schwache Mündungsblitze, dann fiel der Mann Tod zu Boden. Sein Mörder huschte durch die offene Hintertür und verschwand.
 

 
 Detektiv Mike Santos traf wie angefordert am Nachtclub Flame ein. Der 39jährige Polizist wusste nur zu gut wem der Club gehörte. Der Besitzer war beim Miami Police Department längst kein Unbekannter mehr.
 
 Emilio Sanchez, ein mexikanischer Gangster, war im Alter von 16 Jahren von Mexiko in die USA geflüchtet. Zusammen mit Fünf Freunden kamen sie über Umwege nach Miami. Sie etablierten sich in der Unterwelt seiner Stadt.
 
Santos hatte den Anruf von der Zentrale erwartet.
 
 Vor Sanchez waren zwei der damaligen Fünfer-Clique getötet worden. Schon beim ersten Opfer; Ortega Ramirez, ihm gehörte der Glücksspielsektor von Miami, war für Santos klar, das der Täter ein Profi gewesen sein musste. Er hinterließ keine brauchbaren Spuren.
 
 Opfer Zwei; Diego Ernesto, Besitzer mehrerer Werkstätten, befand sich ebenfalls unter einem der Toten. Erneut hinterließ der Täter keine Spuren. Selbst das CSI konnte keine finden.
 
 Auf den Strassen von Miami machte es schnell die Runde, dass Zwei Männer aus der Unterwelt und enge Vertraute des Paten getötet wurden. Von einem Profi.
 
 Verschiedene Gerüchte kamen auf.
 
 Santos, der sonst nicht viel auf Gerüchte gab, interessierte sich vor allem für das Gerücht um einen Profikiller. Bei seinen Recherchen fand Santos heraus, das der Profikiller von außerhalb kam. Also hörte er sich um.
 
 Immer wieder wurde gesagt, der Profikiller käme aus New York. Dazu kam dass der Pate eine Anfrage nach New York geschickt hatte. Alles deutete daraufhin, dass der Profikiller für eine der dortigen Familien arbeitete.
 
 Für die Salvatore Familie- eine der mächtigsten in New York.
 
 Überrascht war Santos erst, als er erfuhr das der Profikiller nicht im Auftrag der Salvatore Familie handelte, sondern auf eigene Rechnung.
 
 Von den Kollegen aus New York hatte Santos alles wichtige zu der Person des Profikillers erhalten.
 
Er hieß in Sean Costello.
 
 - Vater Italiener
 
 - Mutter Irin
 
 Sein Vater war ein Cousin der Salvatore Familie. Sie bekamen Fünf Kinder:
 
 - Drei Mädchen
 
 - Zwei Jungs
 
 Vor 25 Jahren wurden Mutter, Vater und Drei der Kinder auf grausame Weise in Mexiko ermordet. Zwei Kinder überlebten.
 
 - Sean, 6 Jahre
 
 - Samantha, 4 Jahre
 
 Beide wurden vom Oberhaupt der Salvatore Familie aufgenommen und wuchsen bei ihm auf.
 
Die Täter wurden nie gefunden.
 
 Von dem Versteck der beiden Kinder aus, sahen sie zwar die Ermordung ihrer Familie, nicht aber die Täter. Zumindest stand es so in dem Protokoll das sich Santos besorgt hatte. Fünf Täter sollen es gewesen sein.
 
 Der Engel der Rache, so wurde Sean Costello auf der Straße bereits genannt. Wie passend, dachte Santos als er durch den Club ging.
 
 Er ging die Treppe hinauf. Sie führte zum Büro. Erst kam ein Vorraum, wo drei Leichen lagen. Sanchez Leibwächter. Der Vorraum war mit teurem Samtteppich- Farbe Blau- ausgelegt. Es gab eine edle Bar aus Mahagoniholz. Die Bar war mit dem teuersten ausgestattet dass es zu kaufen gab. Eine Ledergarnitur bestehend aus einer Couch und Zwei Sesseln. Sie waren auf den Plasmabildschirm, der Heimkinoanlage und der Playstation2 ausgerichtet. Dann gab es ein wandlanges Aquarium, zur Clubseite. Auf der anderen Seite konnte man den Clubbereich erkennen.
 
 Nur einer der Leibwächter war dazu gekommen seine Waffe zu ziehen, eine israelische Desert Eagle. Alle Drei Leibwächter wiesen je zwei Schusswunden im Brustkorb auf. Präziser Doppelschuss.
 
 Sean Costello war ein hervorragender Schütze.
 
Das war einer der Gründe warum er Killer Nummer Eins der Salvatore Familie war.
 
 Santos sah sich kurz um. Die Leute vom CSI suchten und sicherten die Spuren.
 
 Sanchez engster Vertrauter lag mit zwei Schusswunden in der Brust vor der Tür. Die Beretta und Patronenhülsen lagen in seiner nähe. Santos sah die Einschüsse in der Tür. Anscheinend hatte Sanchez Vertrauter durch die geschlossene Tür geschossen. Ohne Erfolg wie man sah.
 
 Sanchez selbst schien nicht so viel Glück gehabt zu haben. Wie bei seinen beiden Freunden war Costello äußerst brutal vorgegangen. Von der Brutalität hatte nichts in den Berichten aus New York gestanden. Seine Jobs erledigte er sauber, schnell und effizient. Ohne je handfeste Beweise zurück zulassen. Das hier war jedoch kein Job, sondern Rache. Er rächte den Mord an seinen Eltern und den Geschwistern. Auf nicht weniger brutale Weise.
 
 Santos hatte schon viel gesehen. Dieser Anblick war selbst für ihn nicht ohne. Sanchez Gesicht war angeschwollen, voller Blut und wirkte wie eine aufgeplatzte Melone. Die Hände mit Kabelbinder an die Stuhllehne gefesselt. Ein Gürtel, wohl der von Sanchez, fesselte den Hals an der Stuhllehne. Der nackte Oberkörper war übersät mit blaugrünen Flecken und etlichen Einstichwunden. Blutbahnen führten vom Oberkörper herunter. Die weiße Designer Unterhose war von Blut durchtränkt. Der Teppich hatte sich mit Blut voll gesogen. Ein See aus Blut war entstanden. Von dem Schönling Sanchez war nichts übrig geblieben.
 
 Auf der Todesliste standen nur noch zwei Namen!
 
 Santos blickte auf seine Uhr. Ein neuer Tag war angebrochen. Sein Handy klingelte. Auf dem Display erschien die Nummer der Zentrale.
 

 
 Ein einziges Ereignis veränderte das ganze Leben.
 
Sie hatten mit ansehen müssen wie ihre Eltern und Geschwister von fünf Jugendlichen brutal ermordet wurden. Nicht schnell, sondern langsam. Daran fanden die Fünf gefallen.
 
 Immer wieder vergewaltigten sie ihre Mutter und die älteste Schwester. Ihren Vater und ältesten Bruder attackierten sie mit Schlägen und Tritten. Ihre 2. Schwester warfen sie wie einen Ball durch das Zimmer. Nach dem fünften Wurf hörte sie auf zu schreien und zu weinen. Von da an musste sie wohl Tod sein. Was die Kerle nicht davon abhielt, sie weiter durch die Luft zu werfen. Dann starb ihr ältester Bruder an den Folgen der Schläge und Tritte. Nun hämmerten sie umso härter auf ihren Vater ein. Trotz der Schändungen verteidigte ihre Mutter ihre älteste Tochter, als einer der Kerle sie wieder vergewaltigen wollte. Sie kratzte ihn im Gesicht. Woraufhin er ihr die Kehle durchschnitt. Dasselbe tat er bei ihrer ältesten Schwester, die einen Tritt zwischen die Beine versuchte. Kurz darauf starb ihr Vater. Im sterben sah er zu seinen beiden lebenden Kindern.
 
Als alle tot waren gingen die fünf Mexikaner lachend weg.
 
 Ein Engel der Rache war geboren!
 
Seit dem verfolgte Sean Costello nur ein Ziel:
 
 Pure Rache trieb ihn an. Seine ermordete Familie musste Vergeltung bekommen.
 
 Er sah zu dem nackten Mann im Pool. Vier von Fünf.
 
 Das Blut färbte das Wasser im Pool langsam rötlich. Nummer Vier trieb mit dem Gesicht nach unten.
 
 Costello drehte sich rum, schritt durch die zerstörte Verandatür in das verwüstete Wohnzimmer. Dort legte die verängstigte Verlobte das drahtlose Telefon weg.
 
 Eigentlich ließ er keine Zeugen am Leben. Doch die 20jährige Frau hatte hiermit nichts zu tun. Dennoch war sie eine Zeugin. Er überlegte ernsthaft sie zu erschießen, für gerade mal 2 Sekunden. Das war die Zeit in denen er einen Schritt machte. Dieser eine Schritt entschied über Leben oder Tod.
 
 Als er die Frau ansah, bei dem einen Schritt, zuckte sie vor Angst zusammen. Wie bei einem elektrischen Schlag.
 
 Er hatte eine Entscheidung getroffen. Ohne irgendetwas zu unternehmen verließ Costello die millionenteure Villa.
 

 
 Santos überließ seinen Kollegen die Befragung der Verlobten. Er stand am Pool und sah wie der Tote geborgen wurde. Das Wasser war blutrot. Raul Gonzales musste viel Blut verloren haben. Der Pool war nicht gerade klein.
 
 Dem Toten gehörte eine Import-Export Firma in Downtown.
 
Wie seine drei toten Vorgänger war Gonzales Mitglied der Unterwelt. Er gehörte zu den engsten Vertrauten des Paten.
 
Jetzt blieb nur noch einer übrig.
 
 Santos bezweifelte nicht das Costello auch den Paten erwischte. Keiner von den Leuten des Paten konnte Costello das Wasser reichen. Inzwischen musste der Pate wissen wer hinter ihnen her war. Ob er auch wusste weshalb!?!
 
 Bisher hatte er keine Zeugen zurückgelassen, geschweige denn am Leben. Doch das waren auch keine Jobs. Unschuldige standen nicht auf seiner Todesliste.
 
 Fünf Stunden bis Sonnenaufgang.
 
Seit Sonnenaufgang hatte Costello einen nach dem anderen getötet. Bis Sonnenaufgang würde auch Nummer 5 Tod sein. Danach kehrte Costello nach New York zurück. Falls es Schwierigkeiten gab, würde die Salvatore Familie es regeln. Schließlich gehörte er zur Familie. Daher zweifelte Santos auch, dass Costello angeklagt würde.
 
 Zeugen verschwanden, bekamen eine Amnesie oder veränderten ihre Aussagen. So was kam öfters vor wenn die Mafia oder die Unterwelt involviert waren. Darum hielt sich sein Optimismus auch in Grenzen.
 
 Santos kehrte in die Villa zurück. Eine Kollegin brachte ihn auf den neusten Stand. Wirklich Neues erfuhr er nicht.
 
 Wegen der Angst war die Beschreibung des Killers zu durchschnittlich. Wobei Costello keine besonderen Merkmale hatte, erinnerte er sich.
 
 Die Beschreibung passte zu den Bildern, die er aus New York erhalten hatte. Leider traf die Beschreibung auch auf eine Vielzahl anderer Männer zu.
 

 
Zwei Kollegen nahmen die Verlobte mit aufs Revier.
 
 Auf einer Bahre, verpackt in einem Leichensack, wurde Gonzales durchs Wohnzimmer gefahren. Die CSI Leuten suchten unterdessen weiter nach Spuren. Sie würden jedoch kaum welche finden. Santos verließ die Villa. Er hatte gerade die Türschwelle übertreten, als sein Handy zum fünften Mal in dieser Nacht klingelte.
 
 Die Zentrale.
 

 
 Vor einer halben Stunde war die Sonne am Horizont erschienen. Durch die Flughafenhalle hallte der Check-in Aufruf für die Passagiere des Fluges nach New York.
 
 Der Himmel über Miami war wolkenlos. Nur der feuchte Asphalt der Stadt erinnerte noch an die regnerische Nacht.
 
 Sean Costello hatte mit New York telefoniert. Man würde alles regeln. Auf die Familie war eben Verlass.
 
 Selbst wenn nicht, wäre es Costello egal. Er hatte getan was er vor 25 Jahren in dem Versteck geschworen hatte.
 
 In seiner Brieftasche trug er das letzte gemachte Familienfoto. Es zeigte die Familie lachend und glücklich vor dem Bungalow an der mexikanischen Küste.
 
 Nur seine Schwester und er sollten die erste Nacht vor Ort überleben. Die Last die er immer empfand, wenn er das Bild ansah war verschwunden. Hatte sich aufgelöst.
 
 Eine nie gekannte Erleichterung ergriff ihn.
 
Keine Schuld. Keine Reue.
 
 Er steckte die Brieftasche weg, erhob sich von der Wartebank und
 
schritt gemächlich zum Check-in Schalter.
 
 Nach wenigen Minuten kam er dran.
 
Ein kurzer Wortwechsel. Danach ging Costello durch die Metalldetektoren in den Wartebereich für seinen Flug. Etwas später bestiegen die Passagiere das Flugzeug.
 
 Costello, ein Profikiller aus New York, ehemaliger Engel der Rache, setzte sich auf seinen Platz am Fenster.
 
 Als das Flugzeug abhob, schloss Costello die Augen, machte es sich bequem und sah seinen Vater, seine Mutter und seine Geschwister. Sie lachten und winkten ihm zu.
 
 Es war vorbei...
 

© by Alexander Döbber

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 30.05.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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