Evelyn Goßmann

Alte, ewig junge Liebe

Diese kleine, zierliche, alte Dame die so voller Fröhlichkeit das Putzen der Toiletten in dem Hotel der Stadt bei großen Festlichkeiten übernahm, als liege es ihr persönlich am Herzen jedem einzelnen Besucher das Gefühl zu geben, dass sie nur für ihn allein da sei, hat mich immer ganz eigenartig berührt.

Jeder liebte diese kleine 'Klo - Oma' wie sie liebevoll genannt wurde. Sie kannte jeden aus der Truppe die zu bestimmten Sessionszeiten dort aufzutreten pflegte, und man fühlte sich stets angenommen, denn sie hatte auch stets ein offenes Ohr für alle größeren und kleineren Kümmernisse und Sorgen.Ging es jemand nicht gut, hatte sie mit Sicherheit einen guten Rat, oder auch ein entsprechendes kleines Hilfsmittelchen parat.

Ich sehe sie deutlich vor mir, so quicklebendig und flink wie sie war, dem zahnlosen nie still stehenden Mund, den lustig blitzenden blauen Augen, in denen auch im hohen Alter noch der Schalk lebendig war. Sie stand keine Sekunde still, immer war sie in Bewegung, und was ich besonders rührend fand, immer mit den Augen auf der Suche nach ihrem Mann, der zu diesen Veranstaltungen auch immer noch einen Job im Haus erledigte, nach dem Rechten schaute, und ebenso aufgeschlossen war wie seine kleine quirlige Frau, aber doch etwas mehr Ruhepol war.

Ein tolles Gespann waren diese beiden, ohne die man sich keine Veranstaltung denken konnte.Wenn sie beieinander standen, schaute sie mit ihren lebendigen, leuchtenblauen Augen hoch zu ihrem geliebten Otto, und man sah und spürte förmlich diese große, hingebungsvolle Liebe und Zärtlickeit die zwischen beiden herrschte. Sie waren eine harmonische Einheit das spürte jeder der in ihrer Nähe war. Immer waren sie besorgt umeinander, suchten ihre gegenseitige Nähe, und konnten nie lange ohne einander sein.

Sie trennten sich nie ohne eine kleine Zärtlichkeit, auch wenn es nur für ganz kurze Zeit war. Zufrieden und glücklich weil sie wussten dass es dem Partner gut ging, setzten sie ihre Arbeit fort mit einer Freude, Selbstverständlichkeit und Stolz, die jedem das Herz aufgehen ließ.

Über dem adretten schwarzen Kleid blitzte immer ein frisches, kleines, weißes Schürzchen die die kleine Oma eher wie ein blitzsauberes Zimmermädchen aus einer königlichen Suite aussehen ließ denn wie eine Toilettenfrau.

So war sie auch für jeden der Besucher eine besondere Persönlichkeit, da sie ihre Arbeit mit besonderer Würde, entwaffnender Freundlichkeit und ungeheurer Ausstrahlung und Herzenswärme versah.

Es war Sylvester, die Stunde nahte da das alte Jahre verabschiedet werden und das neue begrüßt werden sollte.

Unser kleine Omi inmitten der jungen Mädchenschar, natürlich mit ihrem geliebten Otto an der Seite.Wie üblich wurden die letzten 10 Sekunden gezählt, ehe alle Menschen im Festsaal gemeinsam die Sektgläser erhoben, sich zuprosteten und das neue Jahr willkommen hießen.

Die festlich gekleideten Menschen, die in allerbester Stimmung und Festlaune waren umarmten sich im Saal, überall wo immer sie sich gerade in diesem Moment befanden, tauschten Küsse, wünschten sich alles Gute für das beginnende Jahr, machten weiter die Tanzfläche unsicher, freuten sich, genosssen die Unbeschwertheit und Fröhlichkeit dieser Nacht.

Nichts aber hat mich mehr fasziniert und beeindruckt als zu erleben, wie diese beiden alten Menschen sich mit ihren faltigen, zittrigen, von der Arbeit des Leben gekrümmten Händen umarmten, diese große uneingeschränkte, und hingebungsvolle Liebe und Zärtlichkeit in den Auge wahrzunehmen die fast greifbar schien, und der großen Selbstverständlichkeit ihres leidenschaftlichen Kusses, inmitten all der jungen Menschen. Jedes Fältchen ihrer Gesichter schien ihre große Harmonie zu spiegeln, die wunderbare Geschichte einer großen Liebe zu erzählen..

Die zahnlose, temperamentvolle Oma mit ihrem Otto war Liebe pur und zeigte sie offen aller Welt.

In diesem Moment habe ich mir gewünscht auch solch eine unsterbliche, hingebungsvolle Liebe zu erleben, die sich bis in solch hohes Alter diese Tiefe und Zärtlichkeit bewahren würde, so dass sie anstecken und spürbar würde für jedermann in ihrem Umfeld.

Heute ist das eher selten, aber es gibt sie diese unsterbliche Liebe - auch heute noch.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 15.07.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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