Walter Raasch

Die Gitarre

Ins Treppenhaus zu kommen war kein Problem

das Schloss war ein Witz. Jetzt stand ich vor der

Wohnungstür, steckte meine Stablampe in den Mund, suchte

den passenden Dietrich und leuchtete auf das Sicherheitsschloss

Das Licht im Treppenhaus lässt man bei diesen Arbeiten aus,

denn es ist die beste Warnung die man bekommen kann,

wenn die Beleuchtung von einem Störenfried eingeschaltet wird.

Ich fummelte etwas und schon sprang die Tür auf.

Hatte nicht abgeschlossen der Idiot.

Dann ist auch die teuerste Verriegelung nichts wert.

Ich glitt schnell in die Wohnung und versuchte mich mit Hilfe der

Taschenlampe zu orientieren. Ich stand im Flur von dem aus fünf Türen

zu den anderen Räumen führten. Aus der zweiten Tür auf der rechten Seite fiel ein

Lichtschatten auf den Boden.

So eine Kacke, ich hatte doch vor fünf Minuten angerufen um

zu überprüfen ob die Hütte leer ist, da war niemand ans Telefon gegangen.

Jetzt konnte ich gedämpfte Geräusche

hören. So ein Platschen als wenn ein Fisch aus dem Wasser springt und wieder hinein fällt.

Ich schlich mich näher an die Tür aus der der Lichtkegel fiel.

Sie war nur angelehnt. Das Platschen war lauter geworden.

Und rhythmischer. Dazu gesellte sich ein zweistimmiges angestrengtes Atmen.

Ich veränderte meine Position um durch den Türspalt sehen zu können.

Ich sah einen muskulösen Mann der eine sportliche Blondine von hinten

bearbeitete.

Meine Frau.

Das Platschen entstand immer wenn er mit seinem Becken gegen ihren Arsch rummste.

Dem Keuchen nach zu urteilen würde er sie noch mindestens eine Viertelstunde

weiter rammeln müssen bis es ihr kam. Damit kannte ich mich schließlich aus.

Genug Zeit die 63er Les Paul zu finden und mitzunehmen,

wegen der ich eigentlich gekommen war. Ich checkte alle Räume

und wurde im Arbeitszimmer fündig. Da stand aber mal wirklich eine erlesene

Sammlung von Klampfen. Alte Strats, das NoNonsense Brett Gibson SG,

eine Hamer, nur die Les Paul nicht.

Aber ein Gitarren Koffer.

Ich hob ihn hoch um zu kontrollieren ob die gesuchte Gibson da drin sein könnte.

Ja, total schwer, Treffer. Die Les Paul ist eine kleine aber sehr gewichtige Klampfe.

Der Koffer kam mir fast zu schwer vor.

Egal, erst einmal mitnehmen.

Jetzt schellte es auch noch

Och nee.

Wohin sollte ich flüchten?

Badezimmer? Nix, wenn sich einer nach dem Ficken frisch machen oder pinkeln wollte,

wäre ich entdeckt. Küche? Ging auch nicht, wenig macht so viel Durst wie vögeln.

Ach, ich blieb wo ich war, suchte mein Zippo, wickelte ein Taschentuch drum

und nahm es in die Faust, um gewappnet zu sein falls man mich entdeckte.

Thomas, in dessen Wohnung ich stand, war zwar groß und kräftig, aber er machte mir keine

Sorgen.

 Ich wollte mir nur meine Finger nicht an seinem Kopf brechen.

Ich schob die Zimmertür bis auf einen Spalt zu und lugte hindurch.

Schon kam Thomas, der einen Bademantel übergeworfen hatte,

aus dem Schlafzimmer, schlurfte zur Wohnungstür, warf einen Blick durch den Spion

 und machte auf.

„Hallo Sonja, was willst Du hier, mitten in der Nacht?“

Das klang ungehalten und ungeduldig

Sie griff ihm einfach an die Männlichkeit und sagte dabei mit rauchiger Stimme.

„Ich dachte Du konntest vielleicht auch nicht schlafen.

Dann hätten wir miteinander nicht schlafen können.“

„Nicht heute, ich will wieder ins Bett.

Mach’s gut Sonja, ich ruf Dich morgen an.“

 Er schloss die Tür und ging aufs Klo.

Aus dem Schlafzimmer krähte eine Stimme.

„Wer war das?“

„Falscher Alarm.“

Nach einiger Zeit kam Thomas frisch und ordentlich aus dem Bad,

um seine unterbrochene Arbeit wieder aufzunehmen.

Ich überlegte ob ich ihm jetzt einfach irgendwas brechen sollte.

Die Nase oder das Jochbein.

Ob ich mich dann besser fühlen würde?

Konnte ich mir schon vorstellen.

Mein Freund war er nie gewesen, wir kannten uns irgendwie nur.

Und meine Frau war wirklich appetitlich. Wer weiß vielleicht hat sie ja vor ihm mit dem

Arsch gewackelt und er brauchte nur die  Hose zu öffnen.

Vielleicht später.

Es dauerte eine Zeit bis ich das vertraute atemlose Stöhnen hörte.

Jetzt war es an der Zeit den Gitarrenkoffer zu schnappen und zu gehen,

natürlich nicht ohne vorsichtig noch einen Blick durch die offen stehende

Schlafzimmertür zu werfen.

Sie saß oben und  ließ sich von ihm die Brustwarzen kneten.

Das tat mir nun doch weh und

ich sah ihnen geraume Zeit verwirrt und fasziniert zu, bis ich merkte,

dass sich die Wangen meiner Frau rot verfärbten.

Oh verdammt, dann wird es Zeit.

Ich machte mich schnell aus dem Staub bevor die große Explosion

stattfand, rannte zum Auto, verstaute meine Beute und fuhr nach Hause.
 

Am nächsten Morgen als ich ins Büro kam, erzählte unsere Tippse mir,

dass ein gewisser Thomas schon dreimal angerufen hätte und ganz aufgeregt wäre
und ich solle doch möglichst gleich zurückrufen.

Das kam natürlich gar nicht in die Tüte.

Erst vögelt er meiner Frau den Verstand weg und dann will er mich auch noch hetzen.

Am Arsch.

Ich hatte ohnehin einen Termin.

Mittags würde ich zurückrufen. Vielleicht.

Ich arbeite in einer Firma die Sicherheitssysteme vertreibt und installiert.

Mein Chef hat mich direkt aus dem Knast engagiert.

Ein kluger Schachzug mich als Fachmann einzustellen.

Ich kam also von meinen Beratungsgespräch und rief endlich bei Thomas an.

„Hi, ich bin’s, du wolltest mich sprechen?“

„Ja, pass mal auf, man hat mir meine Les Paul geklaut.“

„Nein, echt?

Erzähl mal, wie ist das denn passiert?

Aus dem Auto oder wie?“

„Nein, aus der Wohnung, gestern nacht.

Abends stand sie noch da und morgens war sie weg.“

„Hör auf. Und du, wo warst Du?

Warst Du nicht zu Hause?

Was haben die Arschgeigen noch mitgenommen?

Deine anderen Gitarren?

Noch mehr Wertsachen?

War die Polizei schon da?“

„Nee, ich brauche die Gitarre schnell zurück.

Du kennst dich mit diesen Dingen aus. Kannst du mir helfen das Teil

zurück zu bekommen? Das wäre echt super.“

„Na klar ich gucke mich um. Das wird schon.

Jetzt sag aber mal was du gemacht hast?

Und was haben sie noch geklemmt.“

„Mein Gott nichts. Nur die Gibson.

Und ich hatte Besuch. Und genau zu der Zeit müssen die Schweine eingestiegen sein.“

„Besuch? Und du hast nichts gehört?

Dann war sie gut, oder?

Auf einer Zehner Skala. Wo lag sie? Sag schon.“

„Elf oder Zwölf. Wirst du mir jetzt helfen verdammt noch mal?“

„Boah, das ist viel. Mein Gott, das hört sich gut an.

Zehn bedeutet das volle Programm. Aber Elf oder Zwölf.

Das ist mir fast unheimlich.

Kenne ich sie?“

„Nein,

du kennst sie nicht. Wann kannst du anfangen zu suchen?

Es ist wirklich wichtig.“

„Warum? Lass die Polizei das machen.

Die haben ganz andere Möglichkeiten.“

„Herrgott ich brauche sie morgen zurück.

Ich habe einen Auftritt und da will ich diese Gitarre spielen.“

Das war natürlich Schwachsinn. Als Gitarrist war er eine Flasche.

Seine Zwei Finger Solo Technik war erbärmlich

und wurde nur von seiner kompletten Phantasielosigkeit übertroffen.

Er hätte sich sogar einen Metall Ring auf den Pimmel ziehen und damit Slide

spielen können und niemand hätte dem Gewimmer länger als zwei Minuten Beachtung geschenkt.

Na ja, fast niemand.

Eine hätte ihm wahrscheinlich den Slide Ring abgerissen und sich lüstern schnaufend auf ihn gestürzt.

„Du hast einen Auftritt.

Morgen.

Und brauchst die Gitarre.

Wenn ich sie finde, was ist dir das wert?“

„Du willst Geld?

Ich dachte wir wären Freunde.“

„Seit wann? Bist du jetzt völlig panne?

Pass auf, vergiss meinen Anruf. Geh zur Polizei.

Ich habe zu tun. Mach’s gut und tschüss.“

„Warte, warte.“

Jetzt klang er aber wirklich hektisch.

„Wie viel? Ist okay, ist ja auch deine Zeit. Sag mir wie viel und

ich werde bezahlen.“

„Okay, ich ruf Dich in einer Stunde wieder an.

Sag mal Deine Nummer.“

Ich schrieb sie auf, ging zu unserer Tippse und sagte ihr,

dass ich einen halben Tag Urlaub nehmen würde.

Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.

„Schmidtchen, haben sie Ärger mit Hämorrhoiden

oder sollten sie besser etwas Kaffee verklappen?“

„Nee, ist nichts. Gehen sie ruhig, der Chef kommt heute

sowieso nicht mehr rein, der hat sich schon abgemeldet.“

Sie lächelte unsicher und fing wieder an zu rutschen.

Ich stand einen Moment still und starrte sie fragend an,

als sie keine Anstalten machte noch etwas zu sagen zuckte ich

mit den Schultern und machte mich auf den Weg.

Im Auto schob ich erst mal eine CD in den Player,

bevor ich losfuhr. Richard Thompson

Gerade als „oh Missie how you let me down“ lief

kam ich zu Hause an. Ich ging ins Haus, suchte die Tüte mit den Handys,

schnappte mir vier Stück und eilte wieder zum Wagen.

Auf der Fahrt zu Thomas hörte ich die von mir zusammen gebastelte Soul CD.
 

Vor dem Haus angekommen wählte ich auf einem leeren Handy Thomas’ Nummer.

„Hi, ich bin’s. Was ist das Brett wert? Zehn, zwölf Riesen müsste hinkommen oder?

Sagen wir zehn, die gibst du mir wenn ich dir das Teil zurückhole.“

„Zehntausend Euro, wie soll ich in der kurzen Zeit an so viel Geld kommen?“

„Äh, Papa?“

„Nein das ist zuviel..“

„Zehnfünf, ab jetzt  kostet jede weitere Verhandlung 500 Euro.“

Das hatte ich mal in einem Film gesehen, ich glaube mit Louis de Funes,

es gefiel mir aber trotzdem sehr.

„Hey, ich bekomme wirklich nicht so viel Geld zusammen.“

„Elf. Und heute gibt es eine Anzahlung. Hol schon mal einen Tausender.“

Ich wollte ihn aus der Wohnung haben.

„Ist gut, Du kriegst Dein Geld.“

Ich blieb im Wagen sitzen und beobachtete den Eingang.

Es dauerte fast eine Stunde und zwei Warren Zevon CDs

bis Thomas in Begleitung meiner Frau aus dem Haus kam.

Mist, jetzt gingen beide, mein Plan war ins Wasser gefallen.

Sie gaben sich einen Abschiedskuss, der mich tiefer traf als

die verschwitzte Nummer am Vorabend.

Wo Thomas hin wollte war klar, also folgte ich meiner Frau.

Sie lief zu ihrem Auto und steuerte es in Richtung Süden.

Ich versuchte unauffällig hinter ihr her zu fahren.

Obwohl ich mich mehrfach dämlich anstellte verlor ich sie nicht.

Wir kamen in eine Siedlung von Einfamilien Häusern.

Hier konnte ich sie nicht mehr verfolgen.

Bei dem geringen Verkehr würde sie meinen Wagen sofort erkennen.

Aber diese Gegend kannte ich ganz gut.

Ich parkte am Straßenrand, wartete und gab ihr fünf Minuten Vorsprung,

dann fuhr ich wieder los.

Zehn Minuten später hatte ich ihren Wagen gefunden.

Das hatte ich befürchtet.

Er stand vor dem Haus meines Chefs.

Mit dem also auch.

Deshalb hatte ich den Job bekommen, direkt nachdem ich aus der Kiste gekommen war.

Deshalb war unsere Sekretärin auf dem Stuhl herumgerutscht als wenn sie in einen Ameisenhaufen gefallen wäre.

Scheiße.

Ich beeilte mich zurück zu Thomas zu fahren.

Er hatte tatsächlich den ersten Tausender organisiert.

Ich nahm ihn an mich, rief bei meinem Chef an , legt auf als er sich meldete,

klärte noch ein paar Dinge und stieg wieder ins Auto.

Ich musste noch einmal zurück zu meinem Boss.

Auf der Fahrt hörte ich Billy Price und seine großartige Fassung von Jury of Love.

Ich sang "they found me guilty" lautstark mit.

Ins Haus meines Chefs einzusteigen war überhaupt kein Problem.

Wie alle selbstverliebten Männer konnte er sich nicht vorstellen,

dass jemand die Dreistigkeit haben würde ihn zu beklauen.

Man hörte sie bis ins Erdgeschoss keuchen.

Ich wollte es nicht mehr sehen,

aber ich musste tun weswegen ich gekommen war.

Es verlief alles reibungslos.

Dann verließ ich das Haus.
 

Ich setzte mich ins Auto, führte zwei Telefon Gespräche

und wartete ab.

Nach kurzer Zeit kam meine Frau aus dem Haus gerannt, spurtete zu ihrem Wagen und fuhr davon.

Bald darauf konnte ich Polizeisirenen hören,

Nun machte ich mich auf den Weg nach Hause.

Unterwegs entsorgte ich noch die beiden Handys die ich im Auto benutzt hatte,

dann war alles geregelt.
 

Aufgrund eines anonymen Anrufs hat man Thomas Leiche gefunden.

Er lag erschossen neben seinem Gitarrenkoffer,
in dem sich, neben der wertvollen Les Paul drei 200 Gramm Päckchen Heroin befanden.

Das Heroin lag in dem Koffer als ich ihn geklaut hatte.

Deshalb wollte Thomas das Ding so schnell wie möglich zurück haben.

Er wurde gefunden mit einem neuen Handy in der Hand,

mit nur einer einzigen gewählten Nummer, der meines Chefs.

Der wurde wegen Mordes verhaftet.

Man fand in seinem Haus die Mordwaffe, weitere zwei Pakete Heroin, ein

Handy mit der Telefon Nummer des Opfers und Tausend Euro,

ds war genau der Betrag den Thomas am Tag der Tat abgehoben hatte.

Meine Frau war geflüchtet als ihr ein Bild auf das Handy geschickt wurde,

das sie gut erkennbar mit vollem Mund zeigte.
 

Wie es weitergeht, weiß ich nicht.

Aber für die übrig gebliebenen 1200 Gramm habe ich einen guten Kurs bekommen.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 24.07.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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