Pierre Heinen

Live Dabei - Teil III

III 
 
Der Kameramann hielt die Hand in die Höhe, ab jetzt waren alle Kameras aktiv. Der Moderator drehte sich von der Kamera ab und legte das Mikrofon auf den Tisch in der Mitte.

„Im Namen des Senders wünsche ich ihnen viel Glück und hoffe daß sie viel Spaß haben werden und die hundert Tage aushalten.“

Daraufhin wurde er freudig beklatscht und man bedankte sich für die Glückwünsche. Der Kameramann verstaute die Kamera und das Mikrofon in eine Tasche, hängte sich diese um und folgte dem Moderator, der den zehn Kandidaten ein letztes Mal zugewinkt hatte, nach draußen wo der Helikopter nervös zu warten schien. Der Wind wurde stärker.

Einige trugen ihre Koffer auf ihre Zimmer, jeder besaß ein eigenes Schlafzimmer mit einem Bett, einem Schrank, einem Nachttisch und einem kleinen runden Tisch. Das ganze war spärlich ausgestattet und es war ein deutlicher Unterschied zu dem behaglichen Kaminzimmer zu spüren.

Samanta ließ ihre Koffer aufs Bett fallen und ging zum Fenster. Sie hatte das Zimmer oberhalb der Terrasse bekommen und konnte Ben, Walter und Anna sehen, wie sie dort unten spazierten. Samanta wandte sich vom herrlichen Panorama ab und öffnete den Schrank. Ein leises Surren und Summen hörte sie hinter sich. Sie drehte sich um und sah die schwarze Kamera in der Ecke, über ihrem Bett. Sie bewegte sich mit ihren Bewegungen mit. Mit diesen Dingern mußte sie wohl oder übel die nächsten Wochen auskommen. Die Kamera konnte den ganzen Raum beobachten, sie hatte keinen toten Winkel. Etwas verlegen legte sie bis auf ihre Unterwäsche alle Kleider ab und zog sich einen dicken Pulli sowie eine Hose an. Sie blickte zur Kamera hinüber.

Von der Terrasse konnte man den Helikopter sehen, wie er langsam ins Tal sauste. Der Wind wurde immer noch stärker und die Sonne war nicht mehr weit davon entfernt von den Bergspitzen verschluckt zu werden.

„Es fängt an kühl zu werden“, meinte Anna und fröstelte leicht.

„Jemand hat gesagt, es würde einen Sturm geben“, sagte Ben und deutete auf die dunkelgrauen Wolken, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tales näherten.

Walter klatschte in die Hände und rieb sie aufwärmend aneinander.

„Ich könnte schnell noch etwas Holz hacken, dann können wir es uns vor dem Kamin gemütlich machen, während draußen der Sturm durch die Gipfel heult.“

„Wie romantisch“, sagte Anna und lächelte ihn an.

Karl betrat die Terrasse, lehnte sich über das Geländer und schaute auf die schneebedeckten Hänge hinunter.

„Ich habe einige ihrer Bücher gelesen“, richtete Ben sich an den Schreiber.

Dieser drehte sich kurz zu ihm um, blickte aber regungslos wieder nach unten. Ben ging nicht weiter darauf ein, schließlich war es bekannt, daß Karl keine Interviews gab und auch ansonsten Menschen meidete. Wie lange er es wohl hier aushalten würde?

Der Pilot dirigierte den Helikopter sanft, obwohl der aufkommende Wind ihm Schwierigkeiten bereitete, zu Boden. Der Kameramann öffnete die Schiebetür und kletterte hinaus, gefolgt vom Moderator. Sobald sie ausgestiegen waren, gingen sie zu einigen Containern, die unweit der Bergwacht, auf dem Übungsplatz für die Show aufgestellt worden waren. Der Moderator nahm seine Sicherheitskarte aus der Hosentasche, steckte sie in den Schlitz neben der Eingangstür und wartete bis das grüne Lämpchen aufleuchtete. Beide betraten die schlichte Behausung und hängten ihre Mäntel auf. Während der Kameramann seine Ausrüstung in einem Raum verstaute, ging der Moderator den Gang entlang und klopfte an eine Tür, ehe er eintrat. Im Innern herrschte eine tiefe Dunkelheit, nur die dutzenden Bildschirme erhellten den Raum. Fünf Personen hielten diese im Auge und saßen wie gebannt davor. Der Produzent und der Regisseur standen hinter ihnen und man wechselte ständig die Kameras. Der Moderator wurde kurz begrüßt.

„Gute Arbeit“, lobte ihn der Regisseur und klopfte ihm auf die Schulter.

„Sollen wir zeigen wenn Wals seine Koffer auspackt?“, fragte einer der Personen von vorne.

„Hackt dieser Walter schon Holz?“

„Er fängt gerade an“

„Zeigen sie ihn zuerst, dann wechseln sie zu Wals. Vergessen sie die Werbung in acht Minuten nicht. Ich gehe jetzt zurück ins Hotel. Gute Nacht, alle zusammen!“, sagte der Produzent und ging hinaus. Sobald er draußen war ging der Moderator zum Regisseur.

„Wie läuft es?“

„Super. Wir hatten allein für heute schon über zwei Millionen Besucher auf unserer Homepage, was unser Server noch gerade verkraftet hat und die Einschaltquote liegt zur Zeit bei achtunddreißig Prozent“

„Schön“

„Wunderbar!“, korrigierte der Regisseur.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 06.08.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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Pierre Heinen, Jahrgang 1979, ist seit frühester Jugend begeistert von Geschichtsbüchern und Verfasser unzähliger Novellen. In Form des zweiteiligen „Payla – Die Goldinsel“ veröffentlicht er seinen Debütroman im Genre Fantasy. Der Autor lebt und arbeitet im Großherzogtum Luxemburg, was in mancher Hinsicht seine fiktive Welt beeinflusst.

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