Andreas Rüdig
Besuch in Mönchengladbach
Mönchengladbach
Es ist Samstag Morgen, so gegen 8 Uhr. Draußen ist es noch dunkel, als
der Wecker klingelt. Es ist ein ungenehmer, kühler Morgen. So brauche
ich noch etwa 15 Minuten, um richtig wach zu werden. Dann quäle ich
mich aus dem Bett.
Nach Mönchengladbach soll die Reise heute gehen, genauer gesagt
nach Rheydt. Ich möchte mir dort die evangelische Hauptkirche ansehen.
Sie öffnet um 10.30 Uhr. Eine Stunde soll die Reise dauern. Da werde
ich spurten müssen.
Der Berliner Kirchenbaumeister Professor Johannes Otzen (1839 -
1911) errichtete die Kirche 1899 - 1902. Das jetzige Gebäude ersetzt
allerdings einen Vorgänger: die „Alte Hauptkirche“. Sie bestand bis
1899. Ihr Ursprünge liegen im Mittelalter. Im 16. Jahrhundert wurde
diese ursprünglich dem heiligen Alexander geweihte Dorfkirche mit fast
der ganzen Bevölkerung der Jülich`schen Unterherrschaft Rheydt
evangelisch. Sie diente ab da dem reformierten Gottesdienst. 1741
erfolgte ein Umbau zur Predigtkirche, in der sich die wachsende
Gemeinde ihrem Bekenntnis gemäß und Kanzel und Abendmahlstisch
versammeln konnte. Als dann auch die 1866 eröffnete Friedenskirche
platzmäßig nicht mehr ausreichte, riß man die alte Kirche am Mark ab,
um die „Neue Hauptkirche“ zu bauen. Erhalten blieben nur die Grabplatte
der Familie Otto von Bylandts, heute eingemauert am Eingang zur
Sakristei, und weinige weitere Erinnerungsstücke, die in der Turmhalle
zu sehen sind.
Der stattliche Neubau sollte signalisieren, daß sich Rheydt zur
blühenden Industriestadt gemausert hatte. Er stellte sich auch dem 1897
gebauten neuen Rathaus würdig zu Seite. In der Gemeinde wurde trotz der
aufwendigen Ausführung und sehr prachtvollen Innenausstattung die
reformierte Raumordnung der alten Kirche aufgegriffen und
weitergeführt. Die Gemeinde entschied sich bewußt für Johannes Otzen
als Architekten und sein 1891 veröffentlichtes „Wiesbadener Programm“.
Er bezeichnet darin seinen an den Bedürfnissen des evangelischen
Gottesdienstes orientierten und auch in Rheydt umgesetzten Zentralraum
als „Versammlungshaus der feiernden Gemeinde“. Baugeschichtlich knüpft
die Hauptgeschichte damit an Tradition protestantischer Gemeinde- und
Predigtkirchen des 17. und 18. Jahrhunderts an. Auch der markante
Kanzelaltar, der eine ausgezeichnete Hörbarkeit und Sichtbarkeit des
Predigers von allen 1.200 Sitzplätzen ermöglicht, soll das
unterstreichen. Rein stilistisch ist dieser Bau des Späthistorismus
kaum einzuordnen. Der Neugotiker Otzen verwendet bewußt einen
„Kombinationsstil“, in dem er romanische und gotische Stilelemente
zusammenführt Die einzelne Form ist dabei der Funktion immer
untergeordnet.
Im 2. Weltkrieg erlitt das Bauwerk schwere Schäden an den Dächern.
Bis auf die Fenster blieb die ursprüngliche Ausstattung mit der heute
sehr kostbaren spätromanischen Sauer - Orgel aus dem Jahr 1902 wie
durch ein Wunder erhalten. Eindringendes Wasser beschädigte allerdings
große Teile der Jugendstilausmalung. Bei der Innenrenovierung von 1962
entschied sich das Presbyterium aus theologischer Überzeugung dafür,
den Innenraum möglichst nüchtern und ohne jeden Gemäldeschmuck zu
erneuern. Dadurch wurde der ursprüngliche Eindruck des Gesamtkunstwerks
Hauptkirche empfindlich gestört.
Im Jahre 2001 beschloß das Presbyterium nach eingehender Beratung
mit Fachleuten und Denkmalpflegern, die originale, farbige Raumfassung
des Otzenbaus wieder herzustellen. Ausgenommen sind die beiden
figürlichen Darstellungen am Triumphbogen.
Ist der Eingang noch ein wenig dunkel und wenig einladend
gestaltet, so ist der eigentliche Innenraum doch einen Besuch wert. Es
fehlt ihm zwar die heimelige Gestaltung, die zum Verweilen anregt.
Dennoch ist es ein prächtiger Innenraum, der zum Schauen und Bewundern
anregt. Wer die Zeit und Muße hat, sollte hier hereinschauen.
Die Geschichte von Schloß Rheydt reicht bis ins Jahr 1060 zurück.
Um 1180 wird die Burg erstmals urkundlich erwähnt. Mit Wilhelm von
Heppendorf wird 1263 der erste Herr von Rheydt überliefert. Erst mit
dem Erwerb der Anlage von Schloß Rheydt durch die Stadt Rheydt 1917 und
den Mönchengladbacher Verein Volkswohl und der endgültigen Eröffnung
des Städtischen Museums in einigen Räumen des Herrenhauses 1922
verzahnen sich die Geschichte von Schloß und Museum.
Bis zu dieser Zeit diente Schloß Rheydt nämlich das Wohngebäude
adeligre Familien. Sie nahmen häufig bauliche Veränderungen vor, so daß
das Schloß allmählich wuchs. Die Familie Bylandt ist hier besonders
hervorzuheben. Sie ist eine niederrheinische Adelsfamilie, das die
Herrschaft über Rheydt für fast 300 Jahre bis 1794 innehatte. Diese
Familie sollte das spätere Erscheinungsbild des Schlosses bestimmen.
Vor der entscheidenden Umbauphase im 16.. Jahrhundert unter Otto
von Bylandt (um 1525 bis 1591), der wahrscheinlich den Jülicher
Baumeister Maximilian Pasqualini (1534 - 1572) beschäftigte, sind durch
die umfangreichen Restaurierung- und Rückbaumaßnahmen der letzten Jahre
inzwischen fünf Steinbauphasen nachweisbar.
Schloß Rheydt ist ein gebäudekomplex. Sein Erscheinungsbild ist
durch Umbaumaßnahmen Mitte des 16. Jahrhunderts geprägt. Das Museum
präsentiert also die einzige, komplett erhaltene Renaissance - Anlage
am Niederrhein. Da das Museum in den vergangenen Jahren umfangreich
restauriert und zurückgebaut wurde, entspricht es auch in den
Grundrissen und Raumeindrücken der Renaissancezeit. Von der
ursprünglichen Einrichtung sind Kamine, Decken und Wandgemälde sowie
Bodenbeläge erhalten. Alle Gebäudeteile werden museal genutzt.
Majolika (Fayence) ist eine spezielle Form der Keramik. Sie
zeichnet sich durch eine weiße Oberfläche aus, die durch eine in
zusätzlichem Brand aufgebrachte Glasur erzielt wird. Die Glasur enthält
Sand, Pottasche, Blei und Zinn. Für eine farbige Gestaltung wird eine
weitere Glasur mit nachfolgendem, dritten Brand gebraucht. Sogenannte
Scharffeuerfarbei (Blau, Mangan, Gelb, Grün, Rot, Braun und Schwarz)
brauchen eine hohe Brenntemperatur. Die übrigen Farben heißen
Muffelfarben. Sie kommen mit geringerer Brenntemperatur aus.
Einfache, farbige Keramik ohne Zinnanteile in der Glasur finden
sich seit dem 4. Jahrtausend in Ägypten und später in der assyrisch -
babylonischen Zeit. Majoliken im engeren Sinne, also mit Zinnglasur,
sind erstmals in persischer Wanddekoration um 500 vor Christus
nachweisbar. Von den Arabern übernommen, entwickelt das im Mittelalter
von den Arabern besetzte Spanien die Technik weiter. Hier wird auch die
sogenannte Lüsterglasur erfunden. Die Lüsterglasur enthält einen
vierten Brenngang mit Schwefel - Kupfer oder Silberoxyd - Glasur).
Von Spanien aus wird die Majolika über Mallorca (daher der Name)
nach Italien importiert. Dort entstehen aber dem 14. Jahrhundert eigene
Produktionsstätten. Die bedeutendste davon liegt in Faenza. Von dort
stammt der zweite Name „Fayence“. Im 17. und 18. Jahrhundert entstehen
in anderen Ländern eigene Majolikazentren - zunächst in Frankreich
(Straßburg, Rouen, Marseille), schließlich auch in Deutschland (Hanau,
Frankfurt). Ende des 18. Jahrhunderts wird die Majolika durch das
billigere, überwiegend in England produzierte Steinzeug abgelöst. Im
künstlerischen Bereich lebt die Majolika aber fort. In der
Jugendstilzeit erlebt sie nochmals eine kurze Blüte.
Majolika ähnelt in ihren Erscheinungsbild dem chinesischen
Porzellan, das seit dem 13. Jahrhundert über die Seidenstraße nach
Europa gebracht wurde. Porzellan konnte in Europa aber erst ab 1710 mit
Boettgers Manufaktur in Dresden hergestellt werden. So lehnte sich
Majolika im Dekor oft an das chinesische Porzellan an. Insbesondere die
Delfter Werkstätten übernahmen die chinesischen Gefäßtypen. Dabei
handelte es sich um Deckelvasen.
Italien schuf aber eine eigene Formensprache. Insbesondere die
Bildteller der sogenannten „Istoriati“ zeigen die Vorliebe der Epoche
für mythologische und historische Episoden der Antike. Die
Bildhauerwerkstatt des Andrea della Robbia in Florenz etablierte die
Majolika als hochwertige Kunstform.
Die Berliner Sammlung Heinz und Iertha Kuckei, die dem Museum als
Leihgabe zur Verfügung steht, trug die Werke zusammen. Sie wurde aus
älteren Sammlungen, wie Wilhelm von Boden (Berlin), Alfred Pringsheims
(München) und John Pierpont Morgan (New York), übernommen. Die Sammlung
umfaßt rund 100 Werke. Sie entstanden zwischen dem ausgehenden 15. und
dem 18. Jahrhundert. Gezeigt werden exemplarische Stücke von der
Hochrenaissance bis zum Barockzeitalter.
Das Museum liegt in einer Textilregion mit einer langen Tradition.
1978 erhielt es für den Versuch, die Industriegeschichte darzustellen,
den Europäischen Museumspreis. Damals galt es als Sensation, Maschinen
in einem Museum auszustellen, das der Kunst gewidmet war. Bald kam der
Wunsch auf, nicht nur technische Denkmäler, sondern auch deren Produkte
zu sammeln. „So entstand eine Kollektion von volkskundlich und
zivilisationsgeschichtlich interessanten Stücken. Darüber hinaus wurde
eine kleine, aber feine Spezialsammlung zur Geschichte des künstlerisch
gestalteten Wandbehangs der Bauhaustradition angelegt,“ ist von dem
Museum zu erfahren. Eine Kollektion koptischer Textilfragmente befindet
sich schon seit langem im Haus. Eine Ausweitung des
textilgeschichtlichen Interesses auf andere Kulturkreise spiegelte sich
bald auch im Ausstellungsprogramm. Es fand mit den „Orient Stars“ im
Jahre 1995 seinen ersteh Höhepunkt.
Der Stuttgarter Sammler E. Heinrich Kirchheim überließ dem Museum
nach der erfolgreichen Ausstellung zwei bedeutende Teppiche als
Leihgabe: der „Seerosenteppich“ und der „kaukasische Alpan“. Ein
weiterer Höhepunkt der Sammlung von Schloß Rheydt stellt der Elibelinde
- Kelim dar. Kirchheim förderte den Ankauf.
Mit der Gruppe der 21 gelbgrundigen Teppiche aus der Region Konya
in Anatolien erhielt das Museum ein Konvolut ganz besonderer Art. Auch
diese Anschaffung gelang nur durch das Mäzenatentum Kirchheims.
Die Konya - Teppiche stellen eine ungebrochene Traditionslinie zu
den frühesten, uns bekannten türkischen Knüpfteppichen, den
Seldschukenteppichen des 11. bis 13. Jahrhunderts, dar. Auch wenn die
Teppiche im Museum erheblich jünger sind, so zeigen sie doch die
klassischen Muster. Das künstlerische Verharren der Region Konya in den
Traditionen der Seldschukenzeit bewahrte die Vorstellung vom
Mittelalter der türkischen Teppichkunst.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert sammelte der aus Rheydt stammende
Kölner Landgerichtsrat Josef Seuwen (1855 - 1913). Er ist der Bruder
des Rheydter Schuhfabrikanten Peter Seuwen. Seuwen sammelte mediterrane
Kleinplastik, Keramik, Schmuck und Münzen der Antike. Er trag eine
umfangreiche Sammlung zusammen, die er möglicherweise auf Reisen in den
Mittelmeerraum erwarb. Darüber hinaus dürfte der seine Sammlung über
den Kunsthandel erweitert haben. Neben zyprischen Keramiken für den
kultischen Gebrauch beinhaltet die Sammlung Gefäße wie Amphoren,
Aryballen, Lekythen und Schalen aus dem klassischen Griechenland sowie
römische München und Öllampen der Spätantike aus Ton und Bronze.
Seine Sammlung ägyptischer Kunst setzt sich überwiegend aus
Kleinplastiken, Grabbeigaben und Gefäßen des Mittleren und Neuen Reichs
zusammen. Sie enthält Götterstatuen, Tiergottheiten, Pharaonenfiguren,
Schreiber, Salbgefäße und Amulette aus Bronze, Alabaster und
Edelsteinen.
Etwas abgelegen liegt das Schloß im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt. Ein Besuch lohnt sich dort aber auf alle Fälle.
Verkehrsmäßig ist das Museum gut angeschlossen. Selbst nicht
motorisierte Verkehrsteilnehmer können es gut erreichen. Vom Rheydter
Bahnhof führt eine Buslinie direkt zum Schloß. Doch was erwartet mich
dort? Diese Frage ist für den Besucher ja wesentlich wichtiger. Schloß
Rheydt ist vielleicht nicht das prunkvolle und repräsentative Schloß,
wie wir es aus anderen Regionen kennen. Dafür entschädigt aber die
Ausstellung. Wer gute Kunst und Kultur sehen möchte, wird gerne 3,-
Euro für den Eintritt geben.
Doch auch der nicht ganz so kulturbeflissene Besucher wird hier
auf seine Kosten kommen. Schloß Rheydt gehört zur „Straße der
Gartenkunst“. „NRW ist ein Land mit wertvollem, gartenkunst -
historischem Potential. Ob das die Schlösser und Gärten in Ostwestfalen
oder dem Münsterland sind, die Parks der Schwerindustrie zwischen
Duisburg und Dortmund oder die Gärten zwischen Kleve und Brühl - alle
Regionen bergen Schätze, die bisher eher als Geheimtip galten. Die
Landesregierung NRW möchte das Thema Gärten und Parks als kulturelles
Spitzenprodukt dauerhaft verankern und nachhaltig voranbringen. Zur
Stärkung des Prozesses wurden die vier Straßen der Gartenkunst in NRW
in der Initiative StadtBauKultur NRW als Leitprojekt verankert,“ ist im
Internet zu lesen. So können also auch Besucher, die einfach nur
wandern möchten, Schloß Rheydt auf ihre Art kennenlernen.
Mönchengladbach ist eine Stadt am Niederrhein zwischen Roermond in
den Niederlanden und Düsseldorf. Die größte Stadt am linken Niederrhein
gehört damit zum Bundesland Nordrhein - Westfalen. Mönchengladbach ist
die Heimat des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach.
Die Stadt Mönchengladbach besteht seit der Gebietsreform von 1975
in ihrer heutigen Form. Damals wurde die alte Stadt Mönchengladbach mit
der Stadt Rheydt und dem Amt Wickrath (Kreis Grevenbroich) zur neuen
Stadt Mönchengladbach vereinigt.
Mönchengladbach liegt etwa 16 km westlich des Rheins im
niederrheinischen Tiefland am Ostabfall der Schwalm - Nette - Platte
gegen die lösbedeckte Kempen - Aldekerker - Platten und die
Niersniederung. Obwohl Mönchengladbach größtenteils im Flachland liegt,
sind der Süden und das Stadtzentrum vergleichsweise hügelig. Diese
Hügelketten beschränken sich aber auf das Innere der Stadt.
Die ersten Siedlungen auf dem Gebiet des heutigen Mönchengladbachs
sind etwa 300.000 bis 400.000 Jahre alt. Sie zeigen, daß sich der Homo
erectus und der Neandertaler hier aufhielt. Aus der Jungsteinzeit und
der Bronzezeit sind zahlreiche Hügelgräber erhalten.
Die Geschichte von Mönchengladbach begann mit dem Bau des
Gladbacher Münsters und der Gründung einer Abtei im Jahre 974 durch den
Kölner Erzbischof Gero und seinen Begleiter, den Trierer Mönch Sandrad.
Der Bau der ersten Klosterkirche fand neben dem Ort statt, an dem 954
die Ungarn die von Balderich, einem Vornehmen des Reiches, erbaute
Kirche zerstört hatten.
Die Mönche trieben eine Besiedlung voran und legten dazu im 12.
Jahrhundert nördlich der Kirche einen Markt an. Handwerker und
Gewerbetreibende ließen sich hier nieder. 1364/1366 erhielt
Mönchengladbach die Stadtrechte. Die „Stadt“ erhielt eine steinerne
Stadtmauer, die von den Bürgern zu unterhalten war. Reste davon sind
noch am Geroweiher erhalten. Der „Dicke Turm“ kommt als Wehrturm am
Waldhausener Berg hinzu. Die Stadt gehörte bis Ende des 18.
Jahrhunderts zum Herzogtum Jülich.
Am 4. Oktober 1794 rückten französisch - napoleonische Truppen in
die Stadt ein. Einen Tag zuvor war die Festung Jülich übergeben worden.
Als 1801 der deutsche Kaiser Franz II im Frieden von Lunéville das
linke Rheinufer an Frankreich abtrat, wurde Gladbach den französischen
Religionsgesetzen unterworfen. Für die Abteil bedeutete dies also das
Ende und die Auflösung. Am 31. Oktober 1802 verließen die letzen 31
Mönche ihr Kloster. Die Bibliothek der Abtei wurde vernichtet oder in
alle Winder zerstreut.
Von 1798 bis 1814 gehörte Gladbach zum Kanton Odenkirchen,
Arrondissement Krefeld im französischen Roerdepartment. 1815 wurde
Gladbach dann endlich preußisch. Es wurde Sitz des Landkreises
Gladbach, der 1929 aufgelöst wurde.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hieß die Stadt „Gladbach“ bzw.
früher Gleidebach. Es sind aber wohl auch andere Schreibweisen
überliefert. Die Stadt wurde am 1. Januar 1888 kreisfrei. Um sie besser
von Bergisch - Gladbach unterscheiden zu können, erhielt sie den Namen
„München - Gladbach“, was „M. Gladbach“ abgekürzt wurde.
1929 wurde München-Gladbach mit Rheydt und anderen Gemeinden
(Rheindalen, Hardt, Giesenkirchen und Odenkirchen) zur Doppelstadt
Gladbach - Rheydt vereinigt. Die Doppelstadt wurde 1933 bei der
Neuverteilung der Gaue wieder geteilt. Dies geschah auf Wunsch des
Reichspropagandaministers Joseph Goebbels, der ein gebürtiger Rheydter
war. Danach hieß das alte München-Gladbach offiziell „München Gladbach“
oder kurz nur „M. Gladbach“.
Die Luftangriffe auf deutsche Städte im Zweiten Weltkrieg begannen
mit einem britischen nächtlichen Luftangriff auf Wohngebiete
Mönchengladbachs. So geschehen am 11. Mai 1940. weitere
Flächenbombardements der Alliierten auf Mönchengladbach und Rheydt
folgten bis 1945. 65 % beider Städte wurden zerstört. Nach dem Ende des
Krieges konnte Mönchengladbach wieder zügig aufgebaut werden. Rheydt
erholte sich nicht so schnell. In beiden Städten erlangte die
Textilindustrie wieder Bedeutung, die später durch den Maschinenbau
ergänzt wurde. 1960 wurde der heute noch gebräuchliche Name
„Mönchengladbach“ eingeführt.
Mönchengladbach und Rheydt gehörten anfangs zum Bistum Lüttich.
Unter Erzbischof Everger von Köln kam das Gebiet zum Erzbistum Köln. Es
war dem Archidiakonat des Propstes des St. Viktor Doms in Xanten,
Dekanat Süchteln, unterstellt. Die Abtei Gladbach war aber relativ
autonom. Sie übte die kirchlichen Rechte über die Stadt Gladbach aus.
Bis 1802 verlieb das Gebiet beim Erzbistum Köln. In Gladbach konnte die
Reformation nach reformiertem Bekenntnis zwar zunächst Fuß fassen, sich
dann aufgrund des Widerstandes des Abtes nicht durchsetzen. Gladbach
blieb eine überwiegend katholische Stadt. Die wenigen Protestanten
konnten zu Beginn des 17. Jahrhunderts ihre Gottesdienste in der
„Halle“ auf dem Markt ihre Gottesdienste abhalten. 1684 konnte sie eine
Kirche an der Ostseite der Stadt vor der Stadtmauer bauen, die aber
1857 abgebrochen wurde. Der Neubau der heutigen Christuskirche erfolgte
bis 1852. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war das Verhältnis der
Katholiken zu den Protestanten etwa 4/5 zu 1/5.
In Rheydt sah die Lage anders aus. Die Reformation setzte dort um
1550 ein. 1560 gab es reformierte Geistliche. 1632 traten die Pfarrer
und die Gemeinde in Rheydt auf Druck des protestantischen
Herrscherhauses Jülich zum Protestantismus über. Sie gehörten zur
Jülicher Provinzialsynode und zum Gladbacher Quartier. Daher war Rheydt
eine überwiegend protestantische Stadt. Im Zuge der Industrialisierung
zogen im 19. Jahrhundert aber viele Katholiken zu. Das Verhältnis
beider Konfessionen war relativ ausgeglichen. Später veränderte es sich
stark zugunsten der Katholiken. Wickrath war nach der Reformation auch
ausschließlich reformiert.
1802 wurden die katholischen Pfarrgemeinden dem neugegründeten
Bistum Aachen zugeordnet. Es wurde 1821 / 1825 aber wieder aufgehoben.
Das Gebiet Gladbach / Rheydt kam 1821 also wieder zum wiedererrichteten
Erzbistum Köln. Als das Bistum Aachen 1930 wieder errichtet wurde,
gehörte Gladbach wieder dazu. Mönchengladbach und Rheydt wurden Sitze
von Dekanaten. Heute gehören alle Pfarrgemeinden Mönchengladbachs zur
„Region Mönchengladbach“. Hauptkirche ist das Münster.
Mit dem Übergang des Herzogtums Jülich an Preußen 1815 wurden die
protestantischen Gemeinden Gladbach und Rheydt sowie die Gemeinden in
den heutigen Stadtteilen Glieder der Evangelischen Kirche in Preußen
beziehungsweise dessen rheinischer Provinzialkirche. So geschehen im
Jahre 1817. Die Kirche war uniert. Gladbach wurde Sitz eines
Superintendenten. Aus ihm ging später der Kirchenkreis Gladbach (heute
Gladbach - Neuss) in der Evangelischen Kirche im Rheinland hervor.
Mönchengladbachs industrieller Aufstieg wurde vor allem durch die
Entwicklung der Textilindustrie geprägt. Daneben entwickelte sich auf
eine textilorientierte Maschinenindustrie. Dies geschah in der Mitte
des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Nach dem 2.
Weltkrieg setzte ein Strukturwandel ein, bei dem die Bedeutung der
Textilindustrie abnahm und neue Wirtschaftszweige an Bedeutung
gewannen. Heute sind nur noch 7 Prozent der Beschäftigten in der früher
dominierende Textil- und Bekleidungsindustrie tätig. Zu den Produkten
der heutigen Wirtschaftsstruktur gehören unter anderem Werkzeug- und
Spinnmaschinen, automatische Förderanlagen, Signalanlagen,
elektronische Registrierautomaten, und Transformatoren,
Druckerzeugnisse sowie Nahrungs- und Genußmittel. Darüber hinaus sind
auch Bierbrauereien in Mönchengladbach vertreten. Sie produzieren
Altbier.
Soweit zur Theorie, wie sie im Internet nachzulesen ist. Doch wie
sieht die Realität aus? Was erwartet den Besucher, der sich nach
Mönchengladbach verirrt? Eine ganz normale Stadt. Oder? Eigentlich
schon. Der Europaplatz ist der Vorplatz des Mönchengladbacher
Hauptbahnhofs. Er ist der Startpunkt für viele Busse. Wer hier zu Fuß
startet, erreicht schnell die innerstädtische Fußgängerzone mit ihren
vielen Einkaufsmöglichkeiten. Schnell erreicht man das Museum Abteiberg
mit seiner Kunstausstellung sowie die Kirche St. Maria Himmelfahrt. Sie
sind die unbestrittenen Prachtstücke der Innenstadt.
Natürlich gibt es auch die Schlösser Rheydt und Wickrath, das
Münster und das Rathaus Rheydt, die Touristenattraktionen sein können.
Sie sind aber über das gesamte Stadtgebiet verteilt und erfordern eine
eigene Anreise. Es fehlt der zentrale Punkt, der ein Publikumsmagnet
ist. Wo ist das urgemütliche Viertel, in dem sich die Menschen gerne
treffen? Wahrscheinlich kennen ihn nur die Einheimischen. Auch wenn
Mönchengladbach eine Fachhochschule besitzt, so ist die Stadt doch
keine ausgeprägte Studentenstadt. Auch wenn es sicherlich ein
Vereinsleben in der niederrheinischen Stadt geben wird, so wird die
Geselligkeit in der Regel doch nicht in der Öffentlichkeit ausgelebt.
Wer nach Mönchengladbach fährt, will also jemanden gezielt besuchen
wollen.
Ein Höhepunkt im städtischen Leben findet regelmäßig am Wochenende
statt. Da spielt nämlich die Borussia. Zumindest bei Heimspielen ist
ein Großkampftag angesagt. Tausende Anhänger sind dann unterwegs. Hinzu
kommen die Einsatzkräfte der Polizei, die für Sicherheit und Ordnung
sorgen sollen. Wer sich noch an die glorreichen Zeiten in den ´70er
Jahren erinnert (Jupp Heynckes, Günter Netzer und Berti Vogts waren
einige der Fußball - Helden und Idole), träumt sicher wieder von
besseren Zeiten.
Und sonst? Gut bürgerlich ist die Stadt. Dementsprechend ist auch
ihr Charme. Wenn da nicht abends die Bürgersteige hochgeklappt werden...
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