Der eisige Wind schlug die nassen Blätter in sein Gesicht, ohne Rücksicht, ohne Milde, grob und unkoordiniert wie ein wild um sich schlagender Irrer.
Kaum sah er wieder den Waldweg im späten Abendlicht, klatschte schon ein weiteres Blatt gegen sein Auge, seine Stirn.
Es war düster. Die dunklen Wolken waren von Wasser geschwängert, das bald als Regen die ohnehin schon durchgeweichte Erde weiter in eine schlammige Pfütze verwandeln würde.
Er rannte.
Leise konnte man das wütende Gebell des siebenjährigen Bernhardiners noch hören. Vor wenigen Minuten auf einer Lichtung blieb dieser einfach stehen und jagte von einem Moment auf den nächsten einem Schatten im Gebüsch nach. Da hat der Horror angefangen. Dort fing er an zu rennen. Die Luft war mit einem mal kälter geworden, die letzten Sonnenstrahlen verschwunden und dieses undefinierbare Gefühl breitete sich in ihm aus. Er wollte wegrennen, ohne Ziel, ohne zu wissen, wovor er eigentlich weglief, einfach nur weg, in Bewegung sein. Er spürte, wie dieses Gefühl , gleich einer Hand, nach ihm griff, seine Finger nach ihm streckte und immer, kurz bevor es ihn erreichte, sich wieder etwas zurückzog, nur um erneut nach ihm zu greifen.
Es war grauenhaft.
Stille.
Der Bernhardiner bellte nicht mehr. Entweder er hatte sein Ziel erreicht und würde nun gemütlich nach Hause schlendern, oder... das Ziel hatte ihn erreicht.
Er stoppte.
Wie groß war schon die Wahrscheinlichkeit, dass ein so großer Hund von einem der Waldbewohner, wie einem Kaninchen oder Reh, zur Strecke gebracht wurde? Hier gab es keine Bären oder andere große Jäger, die ihm gefährlich werden konnten.
Eine innere ruhe breitete sich in ihm aus, obschon sein Herz immer noch schnell schlug.
Langsam setzte er wieder einen Fuß vor den anderen und hörte auf im dichten Gestrüpp oder im plötzlich auftauchendem Nebel Gestalten zu sehen, die ihn beobachteten. Er fühlte sich sicher und irgendwie... leicht trunken.
Der Wind hatte sich gelegt, dafür fing es aber an zu regnen. Es war ein sanfter Regen, der leise auf die Erde fiel.
Er näherte sich einer Lichtung, während seine innere Alarmanlage aufheulen wollte, jedoch keinen Ton hervorbrachte. Stattdessen hörte er ein leises Summen und Kichern.
Er trat auf die Lichtung.
Dort stand jemand, ein Mädchen. Es trug ein weißes Kleid, das vom Regen leicht durchnässt war. Sie lächelte und winkte ihn zu sich.
Erneut versuchte etwas in ihm ihn zu warnen, dieses Summen und Kichern im Kopf des Jungen zu vertreiben, doch vergeblich. Er ging auf das Mädchen zu.
Der Wald um ihn herum verschwamm mehr und mehr. Er erkannte noch, dass es die Lichtung war, wo sein Hund kläffend ins Unterholz verschwunden war, doch das kümmerte ihn nicht mehr wirklich. Er lag auf dem Boden, das Mädchen auf ihm und kaum fünf Meter weiter in einem Gestrüpp der Bernhardiner.