Es war Mittwoch um genau zwölf Uhr, als unser Flieger abhob und in den Süden flog. Der Kurs ging direkt zur Urlaubsinsel Gran Canaria. Wie jedes Jahr freuten wir, meine Eltern und ich, uns auf den Urlaub auf der Kanarischen Insel, die wir nun schon zum dreizehnten Mal besuchten. Sie war inzwischen schon wie ein zweites zu Hause für uns.
Der Flug verlief ohne weitere Probleme und nach der Landung sagte meine Mutter wie sonst auch immer: „Endlich wieder zu Hause!“
Am Flughafen holten wir dann schnell unsere Koffer ab und machten uns nun auf zu dem Bus, der uns zu unserem Hotel fahren sollte. Auf dem Weg dahin, unterhielten wir uns mal wieder über die positiven Veränderungen, der Insel, die uns jedes Jahr wieder begeisterten.
In unserem kleinen und trotzdem sehr gemütlichem Apartment angekommen, packten wir gemütlich unsere Koffer aus und gingen noch kurz in unsere altbekannten Einkaufsläden, um Essen zu holen, da wir Selbstverpfleger waren.
Schon am nächsten Tag ging es zum Strand, wo wir nun endlich wieder unsere Sonnenschirme aufstellen und baden gehen konnten. Natürlich hatten wir auch einen Swimming-Pool, den wir allerdings nicht so oft benutzten, da die Wellen einfach einen höheren Spaßfaktor hatten und etwas besonderes waren, da man in Deutschland diese nicht so schnell zu sehen bekommt.
Wie immer waren die Wellen auch dieses Jahr relativ hoch und schafften es auch uns die Kondition zu rauben. Deshalb, und auch zum Schutze unserer Haut, die ja noch nicht so an die Sonne gewohnt war, gingen wir schließlich nicht allzu spät wieder zurück in unsere Anlage, die etwa nur einhundert Meter von der Strandpromenade entfernt war.
Abends gingen wir dann noch ein wenig spazieren, um den Abend dann auch noch schön ausklingen zu lassen und nach weiteren Veränderungen in der Stadt zu suchen.
Am nächsten Tag war ich mal wieder als erste wach, und um meine Eltern nicht zu wecken, nahm ich mein Buch und las ein wenig. Erst ungefähr eine Stunde später, war ich nun nicht mehr die einzigste und mir wurde nun Gesellschaft geleistet. Sei es von meinen Eltern oder von den schwarzen Katzen, die morgens immer vor der Balkontür gewartet hatten.
Auch an diesem Tag gingen wir wieder zum Strand, abends allerdings waren wir in unserem Stammrestaurant essen, wo wir wie jedes Jahr mit zwei Wangenküssen freundlich begrüßt wurden. Wie fast jedes Mal bestellte ich auch wieder meinen Haifisch, den es in Deutschland, anders wie in Spanien, nur für teures Geld gab. Außerdem konnte ich der Versuchung dieses leckeren Fischs einfach nicht widerstehen.
Auch am nächsten Tag war alles wie immer: Mittags gingen wir zum Strand und abends wieder zurück. Nach dem Abendessen spielten wir noch ein kleines Spiel und schauten anschließend noch ein wenig fern.
Der nächste Tag sollte auch nicht anders werden, was er allerdings schließlich noch wurde. Denn einer der beiden Stürme, in unserem Fall war es der Schirokko, war im Kommen. Trotzdem wir schon das dreizehnte Mal auf dieser Insel waren, hatten wir noch nie das Vergnügen gehabt, einen dieser Stürme mitzumachen. Diesmal sollte sich das aber ändern…
Der Schirokko bestand zwar nur aus etwas stärkerem Wind, der jedoch über vierzig Grad Celsius heiß war. Dieser kam direkt aus der Sahara und besuchte die Kanarischen Inseln ungefähr einmal im Monat zu dieser Jahreszeit. Diese Zeit war zwar dann wie die Hölle auf Erden, aber dennoch waren wir froh, nicht den anderen Sturm, den Kalima, zu haben. Dieser Sturm unterschied sich nämlich von dem Schirokko in sofern, dass nicht nur heißer Wind aus der Sahara, sondern auch noch der Sand aus der Wüste über das Meer kamen, und ein Urlaub voller Sand war nun wirklich nicht unsere Absicht gewesen.
Dennoch probierten wir es, erneut an den Strand zu gehen, da der Sturm erst noch so langsam im Kommen war. Dort war es jedoch trotzdem schon sehr windig und nahezu unmöglich die Sonnenschirme zu halten. Deshalb kehrten wir auch schon wieder etwas früher zurück in unser Apartment. Am Abend wurde es nun richtig heiß, sodass wir die Balkontür geschlossen hielten, um nicht noch höhere Temperaturen in unseren vier Wänden ertragen zu müssen, denn einunddreißig Grad Celsius reichten uns vollkommen aus.
Die Nacht war ein purer Horror. Schlafen konnte man schon gar nicht und wenn, dann ist man zwischendurch immer wieder wach geworden. Am nächsten Morgen war ich deshalb auch ziemlich müde und kaputt vom Nichtstun, wobei es eigentlich schon eine harte Arbeit war, die Hitze überhaupt zu ertragen. Auch an diesem Tag hielten wir die Balkontüren geschlossen, um nicht dieselben Temperaturen wie draußen zu haben, die durchgängig, auch in der Nacht, nicht unter vierzig Grad Celsius kommen wollten.
Da sich das Wetter ja über Nacht nicht gebessert hatte, beschlossen wir mittags nach Puerto de Mogàn, eine Hafenstadt im Westen der Insel (wir waren im Süden), mit dem Bus zu fahren und uns dort wie fast jedes Jahr wieder umzuschauen. Die Stadt war sehr schön und wurde auch wegen der Ähnlichkeit oft „klein Venedig“ genannt.
Doch schon auf der Hinfahrt, die uns fast um ein Viertel der Insel führte, jedoch nur eine halbe Stunde dauerte, fiel uns etwas auf, was wir noch nie gesehen hatten: Aus Richtung der Berge, die das Landesinnere ausmachten, zog eine große graue Wolke bis auf das Meer, die man in Playa del Ingles, der Ort in der wir wohnten, allerdings noch nicht sehen konnte.
Es war zwar sehr eigenartig, aber dennoch dachten wir uns nichts dabei. Erst als wir ungefähr zehn Minuten in Puerto de Mogàn waren, fiel uns der Ascheregen auf, der aus der dunklen Wolke regnete. Es musste also brennen, und zwar irgendwo in der Nähe…
Dennoch verbrachten wir unseren Tag in „klein Venedig“ und besichtigten unter anderem auch das neu gebaute Kaufhaus. Als wir daher zurückkamen, sahen wir geradezu eine Menge Leute, die wir bei unserem Stadtrundgang vorher sehr vermisst hatten. Jedoch waren dies keine Touristen, sondern evakuierte Leute aus den Bergen.
Unser Interesse wurde geweckt und wir gingen zu der Straße in der die ganzen Menschen waren. Unter ihnen waren auch Leute vom roten Kreuz, die nun einen Tisch aufbauten, um Essen zu servieren. Außerdem waren dort auch noch Kameras vom spanischem Fernsehen. Dies war typisch für uns, denn wir waren mal wieder mittendrin im Geschehen, wie schon so oft zuvor. Dafür hatten wir wohl ein besonderes Talent…
Das Leid das wir sahen war groß, genauso wie unsere Trauer und unser Mitleid. Schließlich hatten die Evakuierten nichts bei sich, bis auf ihre Klamotten, die sie am Leibe trugen und vielleicht noch den kleinen Hund. Schwer vorstellbar, dass diese Menschen genau in diesem Moment alles verloren, was sie hatten.
Inzwischen wurde uns auch richtig klar, was dort oben hinter diesem einen Berg eigentlich abging. Polizisten kamen von dort mit Mundschutz in die Hafenstadt, Löschautos wechselten sich ständig ab und weitere Hilfskräfte sperrten alle Straßen, die in die Berge führten, ab. Es war fürchterlich. Das einzigst gute war wohl nur gewesen, dass der Schirokko nicht bis hier hin kam, weshalb wir auch halbwegs angenehme Temperaturen hatten.
Abends fuhren wir dann mit einem der letzten Busse zurück nach Playa del Ingles. Doch auf dem Weg dorthin wollte die Rauchwolke einfach nicht verschwinden, nun waren wir schon in unserer Nachbarstadt und der Qualm war immer noch zu sehen. Auch noch als wir „zu Hause“ ankamen. Ein mulmiges Gefühl überkam uns beim Aussteigen des Busses. Der Himmel war rot und nur wenige Kilometer von uns entfernt schien ein Feuer unglaublichen Ausmaßes zu brennen.
In unserem Apartment schalteten wir natürlich sofort den Fernseher ein, um schließlich zum ersten Mal einen spanischen Nachrichtensender zu gucken. Dort sahen wir dann die Bilder. Nicht nur aus dem Auffanglager, sondern auch die aus den Bergen. Unendliche Flächen schienen den Bränden zu unterliegen. Die Dramatik war einfach unglaublich. Stundenlang schauten wir uns die Bilder an, schließlich nun auch im deutschen Fernsehen. Und wir waren mal wieder mittendrin…
Somit ließen wir auch diesen Abend ausklingen und ich ging nochmal kurz nach draußen, um ein paar Fotos zu machen. Die Nacht war jedoch noch schlimmer als die vorherige. Mit fast sechsunddreißig Grad Celsius im Schlafzimmer verständlich.
Am nächsten Morgen bin ich dann schweißgebadet aufgewacht und unter die Dusche gegangen. Einzigstes Problem: Es war alles warm. Das Wasser ging nicht mehr kalt und der Kühlschrank kam nicht mehr gegen die Wärme an. Dennoch machte es den Anschein, als würde der Schirokko sich nun endlich nach zwei langen Tagen verabschieden. Deshalb gingen wir auch wieder zum Strand, wo der Wind nun auch nicht mehr ganz so stark blies wie zwei Tage zuvor.
Und tatsächlich war abends schon eine angenehme Temperatur von „nur noch“ fünfunddreißig Grad Celsius. Ein Traum für uns und nun gingen auch langsam die Gerüchte um, dass die Feuerwehr so langsam die Flammen unter Kontrolle bekommen hätte. Qualm war über Playa del Ingles übrigens nicht mehr zu sehen.
Am nächsten Tag schlugen wir dann auch wieder unseren Weg Richtung Strand ein und abends gingen wir wieder Essen, was wir die Tage vorher immer wieder weiter nach hinten verschoben hatten, wegen der Hitze und des starken Windes, der den ganzen Sand aufgeweht hatte.
Nun war Gran Canaria wieder die alte Insel, die wir schon seit so vielen Jahren kannten, zu mindestens vom Wetter her. Denn im Landesinneren war nun ein drittel der ganzen Vegetation völlig abgebrannt. Sogar bis zu einem Tierpark, den wir aufwachsen gesehen hatten, drangen die Flammen vor, und leider mussten wir an diesem Tag zur Kenntnis nehmen, dass über sechzig Prozent des Parks abgebrannt waren. Es war grausam, all das Leid. Tränen vergoss ich deswegen. Doch schon in zwei Monaten sollte der Park dank finanzieller Unterstützung des spanischen Festlands wieder eröffnen. Eins ist damit jetzt schon sicher: Nächstes Jahr werden wir wieder dorthin fahren und hoffen, dass der Park sich schon wieder gut entwickelt hat. Was aus den Tieren geworden ist, weiß allerdings noch keiner so richtig, aber dass sich die Natur von den Bränden erst wieder in fünf Jahren erholt haben soll, steht jetzt schon fest.
Wir hatten zwar schon viel über die Ausmaße des Brandes mitbekommen, gingen aber trotzdem nochmal zu unserer Reiseleitung um uns zu erkundigen, ob die bereits gebuchte Jeep-Safari am nächsten Tag stattfinden würde. Ja, hieß es, allerdings mit einer abgeänderten Route, die letztendlich wohl mehr über gepflasterte als über die eigentlich gedachten Wege ging. Dennoch war die Tour nicht schlecht, auch wenn wir viel abgebranntes Land zu sehen bekamen, was einfach schrecklich war. Zum Glück zerstörte das Feuer letzt endlich aber „nur“ eine Stadt, nämlich Mogàn, dessen Evakuierte wir gesehen hatten.
Abends ließen wir dann wieder gemütlich den Tag ausklingen, nun auch mit dem Wissen, dass das Feuer endlich gelöscht gewesen sei.
Der nächste Morgen begann zunächst normal, bis meine Eltern Kassensturz machen wollten. Dabei stellte sich dann ganz schnell heraus, dass meine Mutter die Geldrolle nicht fand. Warum, lüftete ich letzten Endes wohl, denn meine Tasche war komplett auf gewesen und mein Geld war weg. Nun sagte mein Vater auch, dass ihm nun klar wurde, warum seine Schublade beim Aufwachen auf gewesen und die Balkontür nicht abgeschlossen war. Die Erklärung war simpel: Es wurde eingebrochen. Ein großer Schock. Immerhin war meine Tasche, die morgens dann komplett offen war, ungefähr nur einen halben Meter von meinem Kopf in der Nacht entfernt gewesen. Doch zum Glück hatte ich ausgerechnet all meine wertvollen Sachen, bis auf mein Urlaubsgeld, einen Tag zuvor in den Tresor gelegt. Dort war auch noch alles drin, also hatten wir noch Glück im Unglück, denn insgesamt vierzig Euro würden wohl zu verschmerzen sein…
Den endgültigen Beweis für den Einbruch fanden wir dann neben unserem Hotel, denn dort lag der Kassenzettel vom vorherigem Abend, der ganz oben in der Geldrolle lag und beim Öffnen wohl weggeflogen sein musste. Nun gut, vierzig Euro Lehrgeld konnten wir verkraften, es war ja schließlich sonst nichts gestohlen worden. Gemeldet hatten wir den Einbruch dann zwar trotzdem, aber danach war das Thema für uns auch abgeschlossen. Mein Geld ersetzten mir übrigens meine Eltern, worüber ich eigentlich auch sehr glücklich war, dennoch war der Gedanke unheimlich, dass jemand in unserem Apartment war, und welch ein Glück, dass der Tresorschlüssel nicht gefunden wurde…
Aber dadurch ließen wir uns natürlich nicht den Urlaub vermiesen, auch wenn einem jeden Abend ziemlich schummerig wurde und man nicht mehr so gut schlafen konnte wie zuvor. Zusätzlich ergriffen wir aber auch noch Maßnahmen und „verbarrikadierten“ uns, indem wir Möbel wie zum Beispiel unseren Sessel vor die Türen stellten. Hereingekommen, wäre also niemand mehr lautlos, und das war auch gut so.
Den Rest des Urlaubs gingen wir bis auf eine Ausnahme nur noch an den Strand, um so viel Sonne wie möglich zu tanken, und abends waren wir auch nochmal Essen in unserem Stammrestaurant, das wir auch nächstes Jahr wieder besuchen werden.
Einen Tag waren wir jedoch noch in San Agustin, unser Nachbarort, um dort mal wieder in einem der großen Shoppingcenters rumzugucken.
Dann ging der Urlaub auch wieder schneller vorbei, als es uns liebgewesen war und wir wurden mittags dann mit einem Bus zurück zum Flughafen gebracht. Dort lief dann auch nochmal einiges schief, denn wir saßen im Flugzeug getrennt, da wir leider die letzten waren, die eingecheckt hatten, was allerdings ausschließlich nicht an uns lag, sondern an dem Bus.
Zu dem kam auch noch eine zweistündige Verspätung hinzu, in der wir uns allerdings Essen im Wert von achtzehn Euro um sonst am Flughafen kaufen konnten.
Dennoch kam das Flugzeug nachher heile, wenn auch mit Verspätung, an und der Pilot entschuldigte sich vielmals bei seinen Passagieren und erklärte alles. Der Rest verlief dann wiederum normal und um zwei Uhr nachts kamen wir nun wieder in unserer Wohnung im verregnetem Deutschland an.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 16.08.2007.
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