Die Falle
Stefan Krüger ging mit seinem treuen Hund Django über die
große Wiese hinter seinem Viertel spazieren. Die Sonne schien,
es war Frühsommer. Angenehme 25°C und ein paar
Schönwetterwolken auf einem meerblauen Himmel. Django hechelte
leise neben ihm. Für den alten Golden Red Reaver waren die
Temperaturen noch annehmbar, sollte es noch vier, fünf Grad
wärmer werden, so würde er bloß noch auf dem Hof vor
sich hin dösen.
Stefan liebte das Tier. Seit seine Frau ihn verlassen hatte, war
Django die einzigste Person, die es noch in seinem Leben gab. Heidi.
Heidi hatte ihn vor knapp zwei Jahren verlassen. Nach zehn Jahren
Ehe. Er konnte ihr nicht geben, was sie brauchte. Ein Kind. Stefan
war nicht zeugungsfähig, sie hatten alles versucht, doch seine
Schwimmer wollten sich nicht bewegen. Kein Weinen im Haus, keine
kleinen Füßchen, die ihm folgen würden.
Sie
hatten Django gekauft, doch der Hund war für Heidi nur ein
spärlicher Ersatz. Also fragten sie Frank, Stefans besten
Freund, ob er nicht die Blüte bestäuben wollte. Künstliche
Befruchtung konnten sie sich mit Stefans Hilfsjob, den er jetzt auch
noch verloren hatte, nicht leisten. Frank willigte ein und schlief
mit Heidi so lange, bis es funktionierte. Es war wohl ein, zwei Mal
zuviel. Denn Heidi verließ ihn nach der Empfängnis.
Frank lud ihn zu einem Bier in der gegenüberliegenden
Frittenbude ein und sagte frei heraus: „Heidi zieht zu mir!“
„Ich
dachte mir so was!“
„Mensch Stefan, komm mal aus dir raus! Ich hab deine Frau gebumst,
sie dir weggenommen. Ich würde dich windelweich schlagen!“
Frank knuffte ihm hart gegen die Schulter.
„Du
bist ein Schläger, welche Chance habe ich gegen dich? Du kannst
Karate…“
„Und? Wehr dich doch mal!“
„Was
soll ich denn machen? Damit du dich besser fühlst?“
Das
Ende vom Lied war, dass Frank Stefan, erst mit der Faust die Nase
brach, ihm dann die Bierflasche über den Schädel schlug und
dann noch mit einem Fußtritt in die Rippen .
„Du
bist ein Versager!“ rief sein ehemaliger Freund, als er von der
Polizei abgeführt und er selbst ins Krankenhaus transportiert
wurde.
Heidi hatte Django bei den Nachbarn gelassen. Der arme Hund bekam
einen Monat nur sehr wenig zu fressen und zutrinken, so dass er fast
gestorben wäre. Nun war Django schon wieder auf dem Damm, doch
Stefan fragte sich, wie alt sein Freund wohl werden würde,
immerhin war er schon neun. Sein Herz stach, als er darüber
nachdachte.
Doch
egal. Heute war ein schöner Tag.
Es
war warm, er musste nichts tun und die Mädchen auf der Straße
trugen kurze Klamotten. Er war noch keine vierzig. Erst in fünf
Jahren. Heidi hatte ihn gut gefüttert, doch die Masse ging
langsam zurück, durch Hartz IV Diät, 90 Kilo bei einem
Meter achtzig war wieder annehmbar. Irgendwer würde sich schon
für ihn interessieren. War ja noch nicht vom Markt.
Er
schlenderte zu dem Büdchen, das ein findiger Geschäftsmann
am Ende der Wiese aufgestellt hatte. Fritz, die Bedienung, hatte die
drei Plastiktische mit Sonnenschirmen bestückt. Die Fettflecken
der Friteuse auf seinem Kittel glänzten in der Sonne. Er winkte
dem Ankommenden zu und ging wieder in sein Büdchen. Vor der
Ausgabe stand eine Blondine. So um die zwanzig, schätzte Stefan.
Hübsch, etwas nuttig, vielleicht sogar billig. Aber so waren die
Mädels hier in der Gegend. Wenn sie nicht auf der Strecke
bleiben wollten, mussten sie sich an den Mann bringen. Sie trug ein
bauchfreies Top und Hotpans aus Jeans, die ihre Pobacken freigaben.
An den Füßen gelbe Flipflops. Fritz überreichte ihr
eine Portion Currywurst mit Pommes, die ihrem schwanenhaften Körper
nichts anzuhaben schien und eine Dose Coke.
„Hi
Stefan.“ Begrüßte ihn der Mann. „Bier und Fritten?
Wasser für den Kleinen?“
„So
wie immer!“
Er
setzte sich an einem der Tische und beobachtete die junge Frau. Sie
as die Wurst, schaute abwechselnd ihn und seinen Hund an und
schaufelte Pommes in ihren kleinen Mund. Sie lächelte. Fritz
brachte die Bestellung, setzte sich an seinem Tisch und trank
ebenfalls ein Bier.
„Schönes Wetter!“
„Angenehm!“ meinte Stefan.
Fritz beugte sich zu ihm rüber und flüsterte: „Das ist
ein heißes Stück. Die würd ich gern mal auf meinen
Grill setzten.“
Stefan trank sein Bier. Er hasste es, wenn Männer so über
Frauen sprachen, er würde nie so über Frauen sprechen. Aber
Fritz hatte Recht, sie hatte etwas. Er würde solche Mädchen
nur anschauen dürfen, denn er war nichts. Was sollte er haben,
was für sie von Interesse wäre? Nicht einmal in seinen
Träumen.
Fritz trank sein Bier in einem Zuge aus und ging wieder zur Bude
zurück. Ein kleiner Junge stand davor und fragte nach einem Eis.
„Das
ist das letzte Mal, mein Freund! Wenn deine Eltern kein Geld haben
und dir keins geben, kannst du kein Eis essen.“
Stefan wusste, dass Fritz dem Jungen auch am nächsten Tag das
Eis geben würde.
„Beißt der?“ Sie hatte gesprochen.
„Wie?“
„Ob
der Hund beißt?“
„Nein!“
Sie
sprang auf und setzte sich zu ihm an den Tisch. Django beschnupperte
sie kurz ab, sie warf ihm ein Stück Currywurst hin. Sie lächelte
und reichte Stefan die Hand. „Ich bin Carmen!“
„Stefan.“
„Du
hast mich die ganze Zeit angestarrt und…“
„’Tschuldige.“
„Nicht schlimm. Ich mag das. Ich hab da mal eine Frage: Würdest
du gerne mit mir schlafen?“
Röte
stieg dem Mann ins Gesicht. „Ich … äh… wie? Jetzt?“
„Entschuldige, ich bin da etwas direkt. Ich mache eigene Filme.“
„Filme?“ Stefan war verwirrt.
„Hast du Internet? Nich?“
„Kann ich mir nicht leisten!“
„Is
nicht so schlimm. Ich hab da meine eigene Seite. Carmenfuckalot. Ich
will nicht mit dir gehen, will dich nicht heiraten. Einfach nur einen
coolen Film machen. Du brauchst nichts zuzahlen und kannst mit mir
machen was du willst.“
„Wie
kommst du auf mich? Warum? Ich…“
„Wenn du nicht willst, dann nicht. Bist halt ein Typ mit dem ich
noch nichts gemacht hab. Passt in meine Sammlung.“
„Wie
soll das gehen?“
„Siehst du das Haus, da? Klingel bei Schmitz. Ich bin Carmen
Schmitz. Ich hab eine Digicam, ein sauberes Bett, Spielzeug und du
brauchst kein Gummi tragen.“
Sie
verabredeten sich um drei Uhr an diesem Nachmittag. Stefan lief, ja
er rannte fast nachhause. Duschte, cremte sich ein und benutzte
kölnisch Wasser. Um drei stand er gekämmt und sauber vor
dem Haus und klingelte. Der Türsummer wurde betätigt und er
stieg in den ersten Stock. Carmen erwartete ihn. Sie trug nur einen
String und einen Pushup.
„Hi“
Sie
lächelte und führte ihn in ein Zimmer, mit einem Rundbett.
Sie legte sich rücklings drauf und spreizte ihre Schenkel.
Stefan schwitzte. Er sah die Kamera, mit dem roten Licht. Er musste
träumen, heute war sein Tag!
Seine Hose rutschte auf seine Füße, da sprang ihn von
hinten jemand an und drückte ihm einen in Äther getauchten
Lappen vor seine Nase. Alles wurde schwarz.
Als
er wieder zu sich kam hing er in einem Keller, in Handschellen und
Ketten, von der Decke. Carmen trug einen Lackanzug und die Kamera war
auch da. Hinter ihr stand ein dunkelhaariges Mädchen, in ihrem
Alter.
„Er
ist wach!“
„Schön, dann können wir beginnen.“ Carmen hielt eine
Machete in der Hand.
Stefan dachte sich, dass ihn hinter diesen dicken Wänden niemand
schreien hören würde. Niemand würde ihn als vermisst
melden, keiner würde sich fragen, wo er steckt und die ARGE
würde ihm noch mindestens vier Monate bezahlen, bis sie ihn
wieder anschrieben. Wer würde Django füttern?
Die
Linse der Kamera verhöhnte ihn. Ein dünnes Kabel führte
zu einem Laptop. Was er auf dem Bildschirm las, ließ ihn das
Blut gefrieren.
CARMENKILLSALOT
IST ONLINE!!