Andreas Rüdig
Selbständige Evangelisch - Lutherische Kirche Duisburg
Etwas versteckt in der Mainstraße in der Duisburger Innenstadt, so etwa zwischen Finanzamt und Stadttheater und genau gegenüber dem Landfermann - Gymnasium liegt die Duisburger Gemeinde der Selbständigen Evangelisch - Lutherischen Kirche. Carsten Voß heißt ihr Gemeindepfarrer; er ist auch Propst.
Etwa 30 Personen (darunter der Chor und diverse Kinder und Jugendliche) haben sich an dem ersten Sonntag im September 2007 um 11 Uhr zum Gottesdienst versammelt. Zum Kirchgebäude gehören dabei nicht nur die eigentliche Kirche, sondern auch die darunterliegenden Gemeinderäume (Gruppenräume, Küche, Toilette) sowie Pfarrwohnung.
6 kleine Glasbilder, sechs kleine Leuchter, sechs moderne, bunte Bilder zum Thema "Brot brechen", von den Sitzreihen aus gesehen links eine Kanzel aus Holz und ein hölzerner Altartisch (darauf in der Mitte ein Kreuz mit Jesusfigur, davor eine aufgeschlagene Bibel, auf jeder Seite davon je 3 Kerzen, links davon ein Blumenschmuck, rechts eine bunte Kerze) machen den ansonsten eher schlichten Gottesdienstraum aus.
Nicht wirklich evangelisch wirkt der Gottesdienst. Hier wird die Beichte abgenommen; dazu wird niedergekniet. Auch beim Austeilen des Abendmahls knieen die Gemeindeglieder nieder. Irgendwie wirkt der Gottesdienstablauf viel zu formalisiert, als daß er wirklich Freude bereiten würde.
Und die Predig - was ist von ihr zu halten? Die Diakonie ist das Thema der Predigt. Ausgehend von dem Gleichnis des barmherzigen Samariters entwickelt Voß den Gedanken: Jesus ist für uns da. Nach seinen Worten ist der Text die Grundlage dafür, daß es menschliches Miteinander und christliche Nächstenliebe gibt. Wer ist mein Nächster? Jedermann, der Hilfe nötig hat. Helfer können nicht nur Pfarrer, Sozialarbeiter und andere Profis sein; auch Otto - Normalsterbliche können zu Helfern werden. Wir können dabei falsche Scheu überwinden. Getrieben von der Liebe Gottes können wir jenseits aller gesellschaftlicher Schranken helfen. So kann auch der Asylbewerber, Punker oder Alkoholiker zum Nächsten, der uns hilft, werden.
Daraus ergeben sich für Voß verschiedene Fragen. Wer bin ich? In welchem Rahmen lebe ich? Mit wem habe ich es im täglichen Leben zu tun? Bin ich reich und stark? Bin ich von Gott angerührt? Kann ich über meinen Schatten springen und auch Leuten, die ich nicht mag, helfen? Schließlich könnte ich selbst ja auch mal Hilfe brauchen...
Für mich ist diese Predigt unbefriedigend. Wer in materieller Not steckt, kann sich - zumindest bei uns in Deutschland - an die Sozialversicheurng, an das Sozialamt usw. wenden. Bei sozialer Not können verschiedene Wohlfahrtseinrichtungen helfen. Der Sinn kirchlicher Diakonie wird - zumindest in der Predigt - nicht so ganz deutlich.
Ein Reisender gerät während einer Zugfahrt in die Hände erzürnter Fußballrowdy, die ihn verprügeln. Weder ein zufällig anwesender Sozialarbeiter noch ein Pfarrer helfen ihm. Lediglich ein Punker ruft Polizei und Notarzt. Voß möchte mit seinen Ausführungen mit diesem Beispiel illustrieren. Daß sich Pfarrer und Sozialarbeiter mit strafbar gemacht haben ("unterlassene Hilfeleistung"), verdrängt Voß völlig. Glaubt man den staatlichen Gesetzen, muß auch der reiche Banker im Notfall dem Obdachlosen und der gutbezahlte Universitätsprofessor bei einem Unfall dem Sozialhilfeempfänger helfen.
Ich habe keine Ahnung, wie groß die Duisburger Gemeinde der SELK ist. Im kulturellen, sozialen und kirchlichen Leben der Stadt ist sie jedenfalls nicht sichtbar vertreten. Bei der Predigt fehlt mir der theologisch - inhaltliche Tiefgang. Wie kann eine kleine Kirche wie die SELK diakonisch arbeiten? Wie kann ich in meinem Lebensumfeld Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft zeigen, ohne ausgenutzt zu werden? Leider werden fragen wie diese nicht beantwortet.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 05.09.2007.
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