Heike Clarissa Conundrum

Mutter-Tochter-Shoppingnacht

 
Keine Ahnung wer auf diese Idee kam, ob sie es war oder ich…
Schuld hatten aber wieder einmal die anderen. Genau diejenigen, die uns unwissende Minderheit davon erzählten, dass es wieder mal eine Shopping-Nacht gab. Und zwar genau an DIESEM, damals jetzigem Tag.
Warum solle man denn mitten in der Nacht einkaufen? Die Geschäfte haben auch so schon lange genug geöffnet. Also Blödsinn das Ganze.

***

Es war der Grillabend bei meinem Schwager. Dort waren wir eingeladen und auch prompt komplett anwesend erschienen. Mit Hund. Der Abend war lustig und das Essen lecker. Mir ging es an diesem Abend nicht besonders gut und ich wusste, dass dieser Abend für uns nicht ewig gehen würde. Vorsichtshalber hatte ich ein paar Tabletten eingesteckt.
Was heißt vorsichtshalber? Neben Feuerzeugen (und das, obwohl ich nicht rauche), Teelichtern, Tempos, Dosenöffner für kurzfristig ungeplante Wild-Katzen-Fütterungen, Reservebatterien für den mp3-Player, Reserve-mp3-Player an sich, Einkaufstüten, Reservestrumpfhosen (ich trage aber gar keine), diversen Schminkwerkzeugen und Duftwässerchen, gehört natürlich in jede, noch so chaotische Handtasche einer Frau, eine „kleine Hausapotheke“.
An Getränken gab es wie immer Wein und wein-ähnliche Getränke für die Frauen, sowie Bier und Kräuter für die Männer. Und…mir wurde offenbart, dass es extra nur für mich Goldbrand mit Cola gab…Wow, das gab es ja noch nie.
Und das, wo ich doch so gar nichts an diesem Abend trinken wollte. Aber gut, wenn auch schon mal an mich gedacht wurde, so wollte ich den Gastgeber doch nicht enttäuschen.
 
Die Schmerztabletten verbannte ich auf direktem Weg in die ganz letzte Ecke der Handtasche. Sie werden an einem anderen Tag Gutes tun müssen.
Es wurde gelacht, erzählt und diese Shopping-Nacht erwähnt.
Meine Tochter trank zwei Lemon-Biere an diesem Abend, die Männer Bier und Kräuter und die Frauen Wein. Alles genau so wie vorgesehen.
Und ich hatte mich ganz langsam an MEIN Getränk gemacht. Das erste Glas war lecker und süffig, das zweite auch.
Nach dem dritten waren die anderen Gäste alle schon fort. Nur wir waren noch übrig. Mein Mann wurde langsam bettlahm und wollte auch zum Aufbruch rüsten.
Ich nicht. Ich goss mir gemütlich das vierte Glas ein.
Und noch immer keine Ahnung wie es dazu kam, Tochter und ich sahen uns an und wir wussten, dass wir zwei an diesem Abend noch zur Schopping-Nacht fahren würden.
 
Meine Schmerzen waren derweil verflogen, der Rausch nicht.
Gegen einundzwanzig Uhr dreißig brachte uns unser Taxi nach Hause, die Tochter den Mann ins Bett, ich wechselte von Pumps zu Shopping-Nacht-Kampf-Lauf-Schuhen und schon konnte es losgehen.
Einen Plan, was wir kaufen wollten, hatten wir nicht. Die Tochter wollte einen defekten mp3-Player umtauschen und sich unter Umständen ein Buch kaufen. Das wars.
 
 
Dafür die Nacht opfern? Egal, mein Lustig-Rausch war noch in vollen Zügen vorhanden.
Wir stürmten als erstes den Media-Markt. Ein neuer mp3-Player war schnell gefunden. Einer von „Philipps“ sollte den von „Elba“ ersetzen.
Mit nur einer Zuzahlung bzw. Mehraufwand von fünf Euro war es für meine Tochter im Rahmen aller Möglichkeiten.
An der Kassen-Schlange ging es schleppend voran.
Ich den alten und kaputten Player in der Hand, Tochter den Neuen.
Mir fiel ein, dass wir schon einige „Elba“-Produkte hatten und nicht eins dabei war, was wirklich lange funktionierte.
Und so fing ich an, mich über diese Produkte ein ganz klein wenig auszulassen. Schimpfte was von untauglich und das es in unserem Haushalt so etwas nicht mehr geben wird. Dieser Hersteller wird boykottiert. Ganz einfach.
 
Warum meine Tochter mich anrempelte konnte ich mir nicht erklären. So eng war der Platz im Kassengang nun auch nicht. Ihr bissig böser Blick entging mir wohl auch.
Ich konnte mich auch nicht auf so viele Dinge gleichzeitig konzentrieren.
Ich hatte schließlich noch genug rumzumotzen. Da war ein Küchenradio, ein Wecker, eine Kaffeemaschine und nun dieser mp3-Player, der nichts taugte. Ich hatte Grund genug und war voll im Recht…also.
Dass die Frau vor uns schon seit Minuten keinen Blick mehr von mir ließ, nahm ich nicht wahr.
Doch dann der etwas lautere Brüller meiner Tochter...“Man jetzt halt doch mal endlich die Klappe“.
Diesmal entging mir ihr böser Blick nicht. Sie zeigte garstig auf die Frau vor uns in der Schlange.
Meine „Elba“-Wut schlug schlagartig in einen  Lachanfall um. Ob die Tochter aus purer Verzweiflung mitlachte und ihr das die Tränen in die Augen stiegen ließ, keine Ahnung.
Ich sah nur, dass die Frau vor uns einen „Elba“-Wasserkocher kaufte.
Insgeheim wünschte ich dieser Frau mein Beileid, äußerlich konnte ich mich vor Lachen auch nach 10 Minuten nicht einkriegen.
Zwar noch immer mitlachend, teilte meine Tochter mir mit, dass sie mit mir nie wieder einkaufen gehen würde.
Das verstand ich nun überhaupt nicht.
Mit dem neuen mp3-Player als Beute in der Tasche gingen wir dann weiter. Die Strassen waren voll und es fing leicht an zu regnen.
Überall waren kleine Bühnen aufgebaut und dort offenbarten einige Künstler ihr Können.

Um den Bühnen herum, waren trotz stärker werdenden Regens, jede Menge Leute.
An einer Bühne klang irgendetwas interessant und ich flitzte mit der Tochter an der Hand los.
.„Los komm lass uns tanzen“, sagte ich und zog sie weiter.
„NEIN, ich tanze hier ganz bestimmt nicht“, antwortete sie, guckte diesmal nur entsetzt, konnte sich meines Zerrens aber nicht wehren.
Nun waren wir schon direkt vor der Bühne angekommen, es goss in Strömen.
Die Nacht war noch jung und ich kam dort an, wo ich hin wollte. An einer winzigen Menschentraube, mit einem riesigen, überdimensionalen Regenschirm.
Diesmal war es meine Tochter, die in Gelächter ausbrach und mich mitriss. 

Die Musik war gut und die Leute mit dem Regenschirm blieben auch noch eine Weile, wir hatten also nichts zu befürchten. Der Regen ließ irgendwann nach, wir machten einen höflichen Knicks und zogen weiter.
Überall waren Bierstände aufgestellt und der Gedanke an  ein Lemon-Bier gefiel mir.
Aber der Teufel steckte wie immer im Detail…Weizenbier und all so ein Zeug, nur nichts mit Lemon. Dort gab es offensichtlich eine Marktlücke und wir zogen weiter.
 
Unser nächstes Ziel war „Karstadt“.
Wir drängten uns durch den Eingang, wollten das Buch für die Tochter kaufen.
Nur ein paar Meter dahinter stoppten wir abrupt. Dort stand eine Figur, angemalt, mit sehr hellem Teint und altertümlicher Kleidung.
Wirklich nur eine Figur? Oder Eine Pantomime? Was in Kuckucks Namen war das?
Wir waren gewillt herauszufinden um was es sich dabei handelt.
Langsam, dennoch beherzt schritten wir drauf zu. Tochter lief einmal herum, guckte und wollte etwas sagen.
Mein Zeigefinger war derzeit schon ausgestreckt und zum Anpieksen bereit. Sie sagte nichts mehr, denn ich begann auch schon lautstark los zu kreischen.
Denn, ES lebte!
Womit mich dieses wirklich hinterhältige und fiese Figürchen erschreckte, kann ich nicht mehr sagen.
Mein Schrei war lang anhaltend und ich hatte es ganz plötzlich sehr eilig in die Bücherabteilung zu kommen. Ob es an meinem Schrei oder dem lauten Gelächter der Leute ringsherum lag, ist ungewiss.
Die Bemerkung meiner Tochter: "Ich sah, dass es ein „echter“ Mensch war", hatte mich dann auch nicht mehr trösten können.
 
Hochrot vor Lachen kamen wir in der mucksmäuschenstillen Bücherabteilung an und handelten uns nur leicht giftige Blicke ein.
Das Buch war trotz Tränenreichtum recht schnell gefunden und wir hatten alles erledigt, was zu erledigen war. Das winzige Ziel der Shopping-Nacht war mehr oder minder erfüllt.
Am Ausgang wollte ich dann noch mal nach diesem unmöglichen Wesen schauen, leider war es nicht mehr da. Ich befürchtete, er bekam einen Herzinfarkt oder hatte ganz kurzfristig gekündigt. Unsere Stadtzeitung würde uns auf einem großen Bild und aufgerissenen Mündern als Schlagzeile am nächsten Tag liefern, soviel war uns klar.
Wir schlenderten dann den Broadway gemütlich zurück. Meine Tochter war nun endgültig davon überzeugt, dass sie nie wieder mit ihrer Mutter irgendwo hingehen würde.
Ganz am Ende dann, ein glückliches Ende.
Ein ganzer Stand mit Lemon-Bier.
Wir kauften zwei, ließen die letzten zweieinhalb Stunden Revue passieren, lachten noch einmal ein wenig und begaben uns auf den Heimweg.
Mission erfolgreich absolviert.
 

 
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 09.09.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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