Werner Gschwandtner
Und ich glaube. Leseprobe 2
Leseprobe 2. Kapitel « Countdown ». Seite 100 bis 102
Young untersuchte das Mädchen. Er hatte sich letztlich bereit erklärt, dies vorerst mal ohne Bezahlung zu tun. Amy sang dabei von der Stillen Nacht und Young, der anfangs forderte, dass die Kleine damit aufhören sollte, erwischte sich plötzlich dabei, wie ihm eine Träne über die Wange lief. Er versuchte es zu ignorieren. Gefühle hatte er seit zehn Jahren nicht mehr verspürt. Seit dem Tag, an dem seine Familie gestorben war. Gestorben an einem Virus, den er nicht hatte finden können und das Unglück daher auch nicht verhindern konnte.
Amy fühlte plötzlich eine aufsteigende Welle von Übelkeit. Die Decke begann sich zu drehen und ihre Temperatur stieg an. Der Husten und der Schüttelfrost gesellten sich wieder zu dem armen kleinen Kind. Tief durchatmend streckte das Mädchen sich im Bett aus und schloss die Augen. Ihr Gesang verstummte. Der Professor registrierte das Geschehen. Hastig läutete Young nach der stationären Krankenschwester. Kurz darauf trat Susanne in das Zimmer und überraschte Young dabei, wie er sich über die Kleine beugte und ihr ein kühlendes nasses Tuch auf die heiße Stirn legte.
„Was ist geschehen?”, fragte Bell, während sie Amy Samanthas Temperatur maß. Young gab einen kurzen Bericht. Amy war von einer Sekunde auf die andere in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen. Brandon Young blickte auf den Körper des Mädchens. Erneut lief eine Träne über sein Antlitz. Susanne lief los, um den Chefarzt zu holen.
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„Du darfst nicht aufgeben”, flüsterte er beinahe unhörbar, „kämpfe dagegen an. Halte nur noch ein paar Stunden durch. Bitte”, endete er fast flehend, „stirb nicht. Zwei nicht gerettete Leben sind genug für einen einzigen Menschen.” Brandon Young brach dabei in ein schmerzerfülltes Weinen aus. Alles das, was er seit zehn Jahren zu unterdrücken und zu vergessen versuchte, brach nun mit einem befreienden Seufzer aus ihm heraus. Das Herz aus Stein schmolz und Youngs früheres Ich trat in das Licht.
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Brandon Young schüttelte sich. Es war ihm, als spaltete sich ein böser Geist von ihm ab und er konnte nun endlich wieder frei denken. Perry White war überrascht, Susanne Bell misstrauisch. Doch der Professor agierte rasch und ließ alle notwendigen Apparaturen kommen, die er für die Zellenreinigung benötigte. Zwei Leben hatte er in der Vergangenheit nicht retten können. Seine Tochter und auch seine Frau nicht. Sie starben und er musste tatenlos zusehen – konnte nichts dagegen tun. Doch dieses Mal wollte er es verhindern. Dieses Mal würde er, würde das Leben gewinnen. Young sah den Tod seiner Lieben wieder vor sich. Beide hatten, Gott alleine weiß woher, eine schwere Lungenentzündung davongetragen. Er hatte den bösen Erreger nicht wirklich erkannt. Und es war ihm auch nicht möglich gewesen, seine Familie zu retten. Danach wurde er zum Menschenfeind. Sein eigenes Versagen dominierte ihn bis an diesem Tag. Nun war das Herz aus Stein gebrochen und sollte für alle Zeiten verbannt sein.
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 20.10.2007.
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