Norbert Wittke
Das vergessene Lachen
Es gab einen kleinen Kurort an der Lahn. Die Gegend war so
beschaulich, dass man sich kaum satt sehen konnte. Aber seine
Bewohner waren so vergrämt, dass sie die Schönheit der
Landschaft nicht mehr wahrnahmen. Die wirtschaftliche Lage
war so weit unten, dass die Bewohner nur noch zu Hause blieben
und ihre Wunden leckten. Kaum Besucher und Übernachtungs-
gäste. Die Geschäfte liefen ganz schlecht.
Wir müssen die Bevölkerung aufmuntern und neue Gäste anlocken
dachte der engagierte Kurdirektor. Er bot von nun an einen bunten
Strauß von Unterhaltung an, der wieder Leben in den Ort bringen
sollte. Aber kaum einer kam zu den Veranstaltungen. - Und das
schlimmste war passiert, die Leute hatten ihr Lachen vergessen.
Es ging vor lauter Kummer und Gram nicht mehr. Man zog sich
fast zurück.
Dieses drang durch bis zur Landesregierung. Dort war man sehr
besorgt. Was konnte man tun? Wie konnte man den Leuten am
Ort helfen? Und siehe da, der zuständige Kulturminister hatte einen
Einfall. Im Orte sollte es doch eine kleine Kabarettbühne geben,
wie man ihm berichtet hatte. Geben wir ihnen doch einen kleinen
Zuschuss für einen größeren Programmrahmen.
So geschah es dann, dass das Ministerium mit einem Kabarettverein
und dem Kurdirektor ein hochwertiges Programm anbot. Und es
geschah ein kleines Wunder. Die Veranstaltung war ausverkauft.
Das Programm mit seinen Künstlern war so bunt und unterhaltend,
dass die Leute wieder lachen konnten. Alles applaudierte und war
munter. Der Kurdirektor sagte es dem Stadtbürgermeister, der dem
Verbandsbürgermeister, der dem Landrat, der dem Chef der
Struktur- und Genehmigungsbehörde, der dem Innenminister,
der dem Ministerpräsidenten. In seiner Kabinettsrunde informierte
er seine Minister über das Wunder. Anschließend informierte er die
Medien. Es gab einen kleinen Ort, dessen Bewohner wieder ihr
Lachen gefunden hatten.
Von nun an ging es aufwärts. Die Leute kamen wieder aus ihren
Häusern. Alle Vereine beteiligten sich am Kulturgeschehen. Die
Kurkonzerte und die Tanzabende waren wieder gut besucht. Die
Veranstaltungen waren fast immer ausverkauft. -Und selbst nach
ernsten Stücken holten die Bürger ihr lange vermisstes Lachen
als Ausdruck ihrer Freude nach. Gemeinsam schaffte man das
zweite Wunder. Es kam wieder richtiges Leben in die Stadt.
Nun ja es gibt Märchen und Träume. Wir alle hoffen, dass einige
wahr werden. Auf jeden Fall sollte man sein Lachen nie verlieren,
auch nicht in schweren Zeiten.
01.11.2007 Norbert Wittke
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 01.11.2007.
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