Fritz Rubin
Ein fast perfekter...
Als ich mich vor knapp zehn Jahren in das Abenteuer „Ruhestand“ stürzen durfte, ahnteich noch nicht, dass mich eine bis dahin ungewohnte Tätigkeiteinmal so in den Bann ziehen sollte.Eingespannt in den dienstlichen Tagesablauf war mir diese artfremde Arbeit zwar nicht unbekannt, aber ich dachte auch gar nicht daran, sie an mich zu ziehen. Eine Art Macho-Gehabe, so sehe ich das heute.
Meine Findungsphase für den Ruhestand dauerte rund drei Monate, dann hatte ich meine neue Lebensrichtung erkannt und ging nun frisch ans Werk, zunächst mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und Gedichten. Das erfüllte mich mit Lust und Freude, und so ging jeder Tag recht schnell vorbei.
Eines Morgens, es war ein Samstag, sprach mich meine Frau ganz freundlich mit denWorten an:
„ Liebling, könntest Du bitte mal die Betten machen und die Wäsche aufhängen!“
„Holla“, dachte ich so bei mir, „das ist ja ein ganz besonderer Wunsch.“ Eine Aufforderung, bestimmt und keinen Widerspruch duldend, aber eben so ganz lieb ausgesprochen.
Mit gönnerhaftem Eifer und betont lustvollen Worten folgte ich also diesem Wunsch,
nicht ahnend, dass dieses der Beginn einer wundervollen Leidenschaft werden würde.
„Liebling, könntest Du...“ wurde im weiteren Verlauf meines ruhigen Ruhestandslebens ein geflügeltes Wort, das mich in immer neue Bereiche der Hausarbeit einführte. Es war ja unglaublich, welche Fascetten sich da für mich auftaten, das hätte ich wirklich nicht angenommen.
„Liebling...“, diese Anrede versetzte mich immer wieder in Erstaunen, wenn dann der Aufgabenbereich folgte, den es anzupacken galt.
An das Betten machen und das Wäsche aufhängen hatte ich mich schneller gewöhnt. als ich gedacht hatte. Das waren die leichteren Übungen im Tagesablauf. Es folgten Staub wischen, Fenster putzen, Wäsche abnehmen und zusammenlegen, Tätigkeiten, die ich mit wenig Lust anging, aber die im Laufe des Tages doch vollzogen wurden.
Wenn meine Frau vom Dienst nach Hause kann, waren alle Aufträge erledigt, die meisten jedenfalls.
„Liebling“, könntest Du mal die Wäsche bügeln“, hörte ich eines Morgens meine Frau sagen. Meine Gesicht zeigte Fassungslosigkeit.
Heiße Eisen hatte ich in meinen vergangenen 60 Lebensjahren wohl zur Genüge angefasst, aber Bügeln, nein, Bügeln, das kam nicht in Frage.
„Streik“, das hatte ich auf meine Stirn geschrieben, und auch mit leisen Worten klar und deutlich „nein“ gesagt. Dabei ist es bis heute auch geblieben.
Doch eine Hausarbeitstätigkeit erfüllt mich immer wieder mit großer Lust und führe sie mit besonderer Akribie aus.
Allein das Geräusch des Motors ist Musik in meinen Ohren, satter Klang, gleichmäßig, wie der Düsenantrieb eines Clippers, der hoch am Himmel dahinzieht.
Wenn ich das Gestänge in der Hand halte und mit geübtem Schwingen den Boden berühre, dann kommt jedes Mal eine unbändige Freude in mir auf. Ich sehe den Erfolg meiner Arbeit, jedes kleine Krümelchen, jede Graupapageienfeder verschwindet im Bauch des Staubsaugers. Es ist mittlerweile ein Ritual geworden, zumal unsere drei Grauen immer voller Inbrunst dagegen anpfeifen.
Packt mich hin und wieder mal eine unbändige Laune, streue ich Restkrümel aus dem Papageienfutter auf den Laminatfußboden, und dann...ja, ja,...dann durchzieht mich ein Glücksgefühl, ich sehe den Erfolg, und meine innere Zufriedenheit lässt ein leichtes Lächeln um meine Lippen spielen,
und ich denke:
„Fritz, du bist ja ein - fast - perfekter Hausmann geworden!“
© Fritz Rubin, 01.07 2007, Othfresen
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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 02.11.2007.
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