Susanne Aukschun

Freunde für's Leben

                                 Der abgeschlossene Roman

 

 

 

Heute: Freunde für’s Leben

 

 

Nach 14-jähriger Partnerschaft fühlte ich mich seit unserer Trennung sehr einsam, und so kam ich auf die Idee, meinen dadurch leider auch ziemlich zerbröselten Be­kanntenkreis wieder etwas aufzufrischen. Meine Kollegin empfahl mir diesbezüglich eine Börse im Internet, und so meldete ich mich beim „Datecafe“ an. Alsbald hatte ich viele lustige Leute um mich gescharrt, wobei es mit den Männern erheblich einfacher war, sie kennenzulernen. Natürlich hatten die meisten von ihnen Inte­resse an einer Beziehung, während die Mehrzahl der Frauen durch bereits vorhan­dene Freundinnen geworben wurde. Etwas für’s Leben wollte ich selbst jedoch noch bzw. nicht mehr eingehen. Ich fühlte mich als Single grundsätzlich eigentlich ganz wohl.

 

 

 

Mit unserer Truppe machten wir viele Ausflüge zu Events und in die Umgebung. Ich hatte wohl noch nie in meinem Leben soviel unternommen. Dabei lernte ich stets neue, interessante Leute kennen. Es war einfach herrlich.

 

 

 

So ergab es sich, daß wir eines Tages zusammen ein kleines Varieté besuchten; wir, das waren sieben Mädels und zwei Herren, die sich untereinander kaum kannten. Das machte aber nichts, denn so ein Abend schweißt zusammen – glaubte ich je­denfalls bis dahin.

 

 

 

Dann jedoch stellte sich heraus, daß ich mir durch ein paar fluffige Bemerkungen schnell einen Feind unter den neuen Gesichtern gemacht hatte. Ich muß dazu sa­gen, daß ich sehr geradeaus bin, nie lange um den heißen Brei herumrede und mich zur Wahrheit bekenne. Meine spitze Zunge ist dabei manchmal etwas kiebig. Ich käme jedoch nie auf die Idee, meinen Gesprächspartner zu beleidigen oder öf­fentlich zu denunzieren.

 

 

 

Wer mich kennt, weiß genau, daß ich es zwar liebe, in temperamentvollen Diskus­sionen brennende Themen aufzugreifen, meine Sympathie jedoch nicht grundsätz­lich an ambivalenten Meinungen scheitert oder ich jemandem etwas Böses will. Da­bei lasse ich mich im speziellen Fall gerne mal – wenn auch nicht überreden – doch überzeugen.

 

 

 

Trotz aller guten Absichten: Jochen’s Humor hatte ich mit meiner Bemerkung über die Parallelen zwischen Menschen und Tieren (hier Hunden) nicht getroffen. Dabei weiß ich nicht einmal genau, was ihn so furchtbar erregt hatte. War es der Ver­gleich zwischen einer Firma mit 40 Frauen und einem Mann auf der Etage mit ei­nem Hundezwinger voller läufiger Hündinnen inmitten eines Rüden? Oder eher die Aussage, daß manche Menschen nicht mal einen Hamster erziehen könnten, ge­schweige denn sich ausreichend um ihre versehentlich geborenen Kinder küm­mern? In jedem Fall hatte er mich so „lieb gewonnen“, daß er zunächst nur aggres­siv in seinen Zwirbelbart murmelte, mir dann aber persönlich angreifend eine Breit­seite nach der anderen austeilte. In jedem Falle hagelte es eine Lawine kynologi­schen „Fachwissens“ und hobbypsychologischer Grundkenntnisse.

 

 

 

Besonders die Argumentation, daß Hunde keine Persönlichkeit besäßen und man sie – im Gegensatz zu Kindern – willenlos herunterknechten könnte, hatte mir „gut gefallen“. Außerdem sei eine Hunderasse – so meinte jedenfalls Jochen – wesens­technisch nicht von der anderen zu unterscheiden und daher keinesfalls mit der individuellen Vielfalt der Menschen zu vergleichen. Soso?! Irgendwie war da wohl meine Kritik an unerzogenen Kindern unter den Scheffel geraten, wobei meine Aus­sage, bei Kindern wie bei Hunden wäre das „Ende der Leine“ schuld, empört zu­rückgewiesen worden war. Nach Jochens Schilderung mußte man davon ausgehen, daß es nur superliebe und brav erzogene Kindern auf der Welt geben würde, wobei man diese nicht einmal erziehen, verpflegen oder versorgen müßte. Sehr interes­santer Aspekt... (hhmmm). Doch: Wo kamen dann die anderen her?

 

 

 

Am Ende lag es für ihn ganz nah, mich ohne weiteres Interesse an meiner Person schlichtweg für eine frustrierte Jungfer zu halten, die ihre Tierliebe nur aufgrund menschlicher Enttäuschungen und als Ersatzobjekt entwickelt hatte. Daß ich 20 Jahre lang – mit Partner - erfolgreicher Schlittenhundesportler war, irgendwann auch mal eigene Kinder wollte und mir gut erzogene, liebe Kinder durchaus ange­nehm sind, hatte er dabei irgendwie außer Acht gelassen. Meine Überlegungen, ich wolle mich jetzt dafür mit 43 auf alleinerziehende Väter mit älteren Kindern kon­zentrieren, quittierte er als feige, unannehmbar und bequem... nunja... Sollte ich jetzt wirklich noch an eine Familienplanung denken, nur um dies zu dementieren?

 

 

 

Doch besonders seine Erfahrungen als (ehemaliger) Hundebesitzer – ich wollt’s ihm eigentlich nicht glauben, daß er je schon einen Hund hatte – empfand ich als sehr spannend. Leider referierte er dann aber doch nicht über seine Erlebnisse hinsicht­lich einer Rudelhaltung, die meine obige Bemerkung über eine weitestgehend weib­liche Belegschaft um einen Mann und ihre Parallelen zum Hunderudel entkräftet hätte. Wirklich schade.

 

 

 

Insgesamt war das echt ein lustiger Vogel, der übrigens erst aufhörte, mich und meine Lebensweise intolerant zu attackieren, als ich ihn darauf hinwies, daß wir ja wohl kaum heiraten wollten. Es kann ihm also völlig egal sein, wie und wo ich lebe, solange er mich nur stundenweise und freiwillig ertragen muß. Oder hatte er gar ernsthafte Absichten?

 

 

 

Dabei weiß ich nicht einmal, wie wir auf meine persönliche Situation zu sprechen kamen, da es ursprünglich eigentlich nur um allgemeine Dinge des Weltgeschehens ging. Ich hatte lediglich angemerkt, daß mich das Stadtleben langfristig so gar nicht mehr anzieht, da ich von Kriminalität, Schmutz und Verkehrsaufkommen inzwi­schen mächtig entwöhnt bin.

 

 

 

Zum Glück kann man/n sich die Menschen aussuchen, mit denen man verkehrt. Und unsere „Bundesstraßen“ werden sich sicherlich nicht mehr kreuzen.

 

 

 

Aber schön, daß wir mal drüber gesprochen haben.

 

 

 

Am Abend kuschelte ich mich zufrieden mit meinem Hund auf die Couch, zappte ein wenig durch die Fernsehprogramme und schleckte einen Schokopudding. „Dann doch besser allein als in schlechter Gesellschaft“ sagte ich zu Flocke und schloß entspannt die Augen.

 

 

 

Aus: Susi’s lustiges Lotterleben / Gedanken zum Tage

vom 07.11.2007

 

 

 

 

 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Susanne Aukschun).
Der Beitrag wurde von Susanne Aukschun auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 08.11.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Die Autorin:

  Susanne Aukschun als Lieblingsautorin markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Notizen aus der Vergangenheit. Verweht? von Elfie Nadolny



Anthologie des Inselchen-Forums.
Unsere Gedichte und Geschichten

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (2)

Alle Kommentare anzeigen

Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Mensch kontra Mensch" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Susanne Aukschun

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Wissenswertes - Die Wühlmaus von Susanne Aukschun (Humor)
als ich geboren wurde, war ich ich – ! von Egbert Schmitt (Mensch kontra Mensch)
Vergewaltigung! von Peter Alexander Lutze (Trauriges / Verzweiflung)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen