Luisa Eckerz

Paris


Ich  habe geträumt. Ich habe geträumt heute Nacht. Von uns. Wir sind in dem kleinen Park vor der Avenue des champs elysee spazieren gegangen. Durch die herbstlich gefärbten Blätter der Bäume die sich leise und zart im Wind wiegten und sich in kaum hörbarem Rauschen an die Hände nehmen, konnten wir die l´arc de triomph am Ende der Allee sehen und ein Stückchen über den Baumkronen ließ sich die Spitze des Eiffelturms erkennen, der in schmelzendem Sonnenlicht in die Wolken emporragte und dem Himmel mit seinen vielen kleinen Engeln  entgegenblickte.
 
Meine Hand ruhte warm und glücklich in deiner und einige wenige Blätter in rot, gelb und orange sanken von den schönen alten Bäumen um uns herum zu Boden.  Man hörte es nicht, wenn sie aufkamen und ehe man sich versah wurden sie auch schon von einem sanften Windstoß hin fort geweht. Ab und an verfing sich eins in meinem Haar, legte sich still und heimlich auf deine Schulter oder  strich mir den Rücken entlang, dass es sich anfühlte wie eine kleine Katze die sich an mich schmiegte in der Hoffnung einen flüchtigen Streich übers Fell zu bekommen. In der Ferne plätscherte die Seine dunkel und weich und ohne Kontur in ihrem Bett, nahm ein paar Schiffe mit sich und trug einige Enten spazieren, die ihre Hälse den warmen letzten Sonnenstrahlen dieses Jahres entgegen reckten. Alles um uns herum wirkte golden in der Abendsonne dieses Herbsttages. Es sah aus als hätte der liebe Gott sein Badewasser über die Stadt gesprüht, alles hatte einen glitzernden sanften Schein, einen goldenen Überzug der sich wie ein Seidentuch über die Bäume, Pflanzen, Gebäude,                 ja sogar die Menschen legte und sie verzauberte.
 
Deine Hand ruhte in meiner warm und zufrieden und schwer, als wolltest du nie mehr loslassen. Uns kamen so viele Menschen entgegen. Schwarze, Weiße, Alte, Menschen. Zwei junge Frauen, das dunkle ,seidige Haar streng zu einem Knoten gebunden, mit knielangen schwarzen Röcken, die im Takt ihrer schnellen Schritte jede Bewegung mitwippten und kleinen ,schicken Handtaschen am Arm, die hübschen Gesichter zueinander gerichtet und sich viel sagende Blicke über das nächste Meeting zuwerfend, die an uns vorbeistolzierend.
 

 
Ein alter Mann in vanilleeisfarbenem, abgenutzten Jackett und einem samtfarbenen Hut auf dem Kopf unter dem sein angegrautes Haar hervorlugte. Er hielt die Hände hinter seinem Rücken in einander gefasst und wanderte den kleinen Weg entlang als gäbe es nichts schöneres auf der Welt, so als hätte er ein Ziel, an dem er doch nie ankommen würde, nachdem es sich aber trotzdem zu streben lohnte, als hätte er alle Zeit der Welt. In seinen Augen sah man Zufriedenheit und Ruhe, genauso auch seine Schritte. Zaghaft aber bewusst. Ihm merkte man an, dass er sich für die Stadt geöffnet hatte, er kannte bereits ihr Geheimnis und ihre Magie. Und so konnte er sich glücklich schätzen .Manche Menschen sind ein einziges Mal in ihrem Leben in Paris und finden es, andere
 
leben ihr ganzen Leben dort und haben es nie gefunden, den Glanz und das Flair das Paris umgibt. Den Zauber, wenn man die Augen für die kleinen Dinge öffnet und sehen will was sonst keiner sieht.
 
 Eine alte Frau mit elfenbeinfarbenem Pelzmantel, den viel zu dick geschminkten roten Lippen und einem Dior-Täschchen am Handgelenk, in der andren Hand eine zierliche, dunkelblaue Hundeleine, an der eine kleine Yorkshirterrier-Dame den in dunklen Stiefeln verpackten Füßen der Frau mit aufgeregten Trippelschritten folgte.
 
Entgegen kam ihr ein sehr alter Mann mit einsamem Blick, der aussah als hätte er nicht vielen Menschen vertraut in seinem Leben. Neben ihm lief ein kleines Mädchen mit einem Eis vorbei, das jauchzend und fröhlich seiner Mutter entgegen lief. Ich meinte, ein Lächeln über das Gesicht des seltsamen, einsamen Mannes huschen zu sehen als er verstolen über die Bäume zur Seine hinüberschaute. Er kannte Paris, wie nur wenige hier, nicht nur mit Glück uns Stolz sondern auch mit Leid und Entbehrungen. Es folgte ein junger Mann, der alle 2 Minuten gehetzt auf seine Uhr schaute, sich über die Haare strich und unter dem schwarzen Armani -Anzug zu schwitzen schien, während er seinen Aktenkoffer umständlich in der rechten Hand umklammert hielt.
 

 
Die Menschen hier, sie waren anders in Paris, sie veränderten sich, je länger sie dort blieben. Sie besaßen nach einiger Zeit, aber nur, wenn sie Glück hatten, den Pariser Charme. Es raschelte, wenn man auf die zu Boden gefallenen Blätter trat und es hörte sich ein bisschen so an als hätte man ihnen das Herz gebrochen. Als wir in eine keine Gasse abbogen war es bereits kälter geworden und später. In mitten der Bäume auf einem kleinen ,von zarten Erdbeerplänzchen umwachsenen und mit Efeu verrankten Platz mit anrikem, wackeligen Steinboden sahen wir die Maler, die vor ihren alten, nach Holz und Farbe riechenden Staffeleien standen und versuchten einen der einzigartigen Herbsttage wie diesen hier auf eine Leinwand zu bannen um ihn sich für immer anschauen zu können. Einige malten auch Touristen oder Pariser. Du hast fasziniert zu einem jungen Mädchen hinüber geschaut, das mit ihrer farbspritzerversehenen, bunten Strickjacke und den orangefarbenen Strümpfen mit einem feinen, braunen Pinsel dünne, silberne Linien durch ihr Bild zog. Es sah interessant aus und sicher war das Bild, obwohl es noch nicht fertig war, ganz genauso wie sie es sich vorgestellt hatte, so, wie sie Ihr Paris sah und liebte. Sie bemerkte deinen Blick und lächelte einmal flüchtig um sich dann aber dem noch weißen Rest der Leinwand  hinzugeben. Sie musste sich beeilen, denn so schön solche Herbstmomente auch sind, so vergänglich sind sie auch. Das Licht verändert sich von Minute zu Minute, und so geht die Stimmung schnell in eine andere über.
 
 Meine Hand zog deine weiter über diesen künstlerischen Platz und ich atmete noch ein letztes Mal den Geruch von Farbe und süßlichem Parfüm und Holz ein als wir den Weg weitergingen. Wir verließen den Platz der Maler von Paris und es dämmerte. Je später es wurde, desto weniger Menschen kamen uns entgegen und ich war ein bisschen traurig ,dass jenes Seidentuch seinen goldenen Überzug allmählich von der Stadt verschwinden ließ, doch ich spürte deine Hand in  meiner , warm und zufrieden.
 
 Als wir durch die Jardins du Palais de l´Elisee spazierten war es fast dunkel. Doch sie war hier in Paris nicht einfach nur normal ,die Dunkelheit, auch sie hatte das Pariser Flair. Wir fuhren mit der metro soweit es ging zum Montmartre um in einem der kleinen Cafes einen der besonderen französischen Rotweine zu genießen und uns vorzustellen wir lebten zur Zeiten vom Paris der Amelie Poulain.
 
Es war kalt geworden und dunkel also suchten wir nach etlichen Treppenstufen ein kleines gemütliches Cafe aus. 
 

 
Zur Zeiten der Belle Epoche hatten hier fast alle bedeutenden Künstler der Stadt gelebt und diesen Charme des Viertels spürte man noch heute, ich verstand sehr gut, warum sie sich hier niedergelassen hatten. So genüsslich und respektvoll wie du das Glas an deine Lippen setztest gäbe es für mich in diesem Augenblick keinen schöneren Ort auf der Welt als diesen hier. Die Geräuschkulisse, die uns umgab war ebenso einmalig wie der Ort selbst, einheimisches Französisch vermischte sich mit den Sprachen der Welt , ein gemütliches Beisammensein mit Freunden, ein Abendessen, einfach nur einen Kaffee, wer Paris nicht nur sehen sondern auch fühlen wollte, der kam hierher. Deine Hand ruhte unter dem kleinen, gelben Tisch immer noch still und glücklich in Deiner.
 
Als wir ausgetrunken hatten, kauftest du noch eine Flasche von dem Wein, damit wir uns  wenn wir ihn trinken wieder an die schöne Zeit zusammen in Paris erinnern können, hast du gesagt. Als wir die Treppen hinuntergingen, im Schein, des schwachen Lichtes der altmodischen graugrünen Laternen wusste ich dass dies mein letzter Tag in Paris sein würde, nie mehr würde ich hier her zurückkommen.
 
Ein Abschied ,nicht nur von Paris ,sondern auch von dir. Als wir einige Tage später zu Hause waren, starbst du. Die Prognose des Arztes war sehr genau gewesen, er hatte dir höchstens noch 4 Monate gegeben. Die 4 Monate ,die wir in Paris verbrachten. Ich sitze in unserem Wohnzimmer und trinke den Wein aus Paris. Er ist das letzte, was mir noch von dir geblieben ist. Ich liebe dich so sehr wie Paris, doch werde ich keines von beiden, weder Dich, noch die Stadt jehmals wiedersehen können.   
 

 
        Ende                        
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.11.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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