Andreas Rüdig

Der Sattler

Sattler der Fachrichtung Fahrzeugsattlerei beziehen und polstern Autositze, bringen Inneneinrichtungen für Fahrzeuge an, montieren Verdecke für Cabriolets und Planen für LKWs. Sie entwerfen die Bezüge, Polster und Planen und fertigen sie aus Leder und Kunststoff an. Beschädigte und alte Ausstattungen reparieren und restaurieren sie.
Ob ein Verdeck für das Cabrio, Ledersitze für die Limousine oder eine Plane für den LKW: Die Aufgaben und Erzeugnisse von Sattlern für Fahrzeugsattlerei sind vielfältig. Doch nicht nur Autos, auch Straßenbahnen und Eisenbahnwaggons, Flugzeug- und Bootskabinen oder Zelte können Fahrzeugsattler ausstatten. Dabei verarbeiten sie verschiedenste Materialien: Weiche Autoleder und Kunstleder gehören genauso zum Arbeitsmaterial wie PVC - Planen und Textilien.
In den Werkstätten von Industriebetrieben fertigen Fahrzeugsattler ihre Produkte in Kleinserie. Sie arbeiten aber meistens in spezialisierten Handwerksbetrieben. Einzelanfertigung und Restaurierung stehen hier im Vordergrund. Dafür sind Absprachen mit dem Kunden notwendig. Neben handwerklichem Geschick ist also auch die Fähigkeit gefragt, kompetent zu beraten und Kundenwünsche umzusetzen. Dabei ist außer präziser Arbeit auch Sinn für Gestaltung notwendig. Fahrzeugausstattungen sollen ja nicht nur praktisch und haltbar, sondern auch optisch ansprechend sein.
Um Sitze, Lehen oder Kopfstützen mit Leder oder Kunstleder zu überziehen, müssen die Sattler erst einmal Maß nehmen. Sie schneiden dann das Leder mit Hilfe von Schablonen, Sattlermessern und Maschinen zu. Nähte fertigen sie meist mit der Sattlernähmaschine an. Mit diesen Nähten werden Leder- und Kunstlederteile, Polsterleder, Gurte und Teppichteile fest verbunden. Lederbezüge für Armaturenbretter oder Türverkleidungen werden aufgeklebt, Bodenbeläge für Fahrzeuge zugeschnitten, eingefaßt und verlegt.
Es ist beim Polstern entscheidend, daß alles richtig sitzt. Aus Federkernen, Schaumstoffen und anderen Füllungen formen die Fahrzeugsattler die Polsterungen für Auto- und Motorradsitze. Die Schaumstoffteile kleben und wattieren sie. Polsteraufbauten werden mit Guten stabilisiert. Die Lederbezüge oder Bezugsstoffe versehen die Fahrzeugsattler mit verschiedenen Nahtbildern und teilen die Bezugsflächen durch Pfeifen und Abnäher auf. Den Bezugsstoff spannen und befestigen sie mit Hammer, Nägeln und Klammern am Sitzgestellt.
Wenn sie Innenverkleidungen von Fahrzeugen anfertigen oder reparieren, gehört es auch zu ihren Aufgaben, elektronische Zubehörteile und andere Bauteile einzubauen oder auszutauschen. Dabei müssen sie natürlich die entsprechenden Sicherheitsbestimmungen beachten. Grundkenntnisse der Kfz - Technik sind dabei von Vorteil.
Planen für LKWs werden meist aus PVC - beschichteten Polyestergeweben angefertigt. Fahrzeugsattler messen die Planen aus und schneiden den Planenstoff mit Hilfe von Ablängvorrichtungen und Schneidemaschinen zu. Die Bahnen legen sie genau aneinander und verschweißen sie überlappend. Dazu setzen sie Kunststoffschweißgeräte und Klebemaschinen ein. In die Säume werden Ösen eingestanzt und Riemen oder Schnallgarnituren als Verschlüsse befestigt. Die Planen werden eventuell mit Fernstern aus flexiblem Glas, Langgutladeklappen, Belüftungsvorrichtungen und Aufrollriemen ausgerüstet.
Zur Montage müssen an der Bordwand Krampen oder Drehverschlüsse verschraubt oder vernieten werden. Bei der Montage ist nicht nur körperlicher Einsatz gefragt. Die Sattler müssen auch technische Vorgaben und Sicherheitsbestimmungen einhalten. So sind bei Planen, die für den grenzüberschreitenden Verkehr bestimmt sind, beispielsweise Zollvorschriften zu beachten. Bei Montagearbeiten kann es auch erforderlich sein, Innenausstattung oder Planen vor Ort anzupassen und zu montieren.
Cowboys sind schon ulkige Kerlchen. Sobald sie auf dem Pferde sitzen spielen sie den harten Kerl. Als ob es nichts besseres als das Pferderodeo gibt. Doch kaum sind sie hinter der Bühne, sind sie wieder ganz normale Menschen.
Vor einiger Zeit stand einer bei mir im Laden. Es war richtig putzig. Zuerst ging die Tür auf. Dann kam er schüchtern herein. Er schaute sich vorsichtig um. Als ob er noch nie in einem Laden für Autoteile gewesen sei. Dann kam er zu mir. „Sagen Sie mal,“ begann er etwas verlegen. „Sie haben doch bestimmt auch Autositze?“ - „Ja, natürlich. Sie stehen da drüben.“ - „Ja, ja, die habe ich schon gesehen. Haben Sie auch Sitze in Pferdesattelform?“
Zuerst verstand ich nicht, was er überhaupt meinte. Er war eigentlich Farmer und nebenbei Cowboy, Rodeo - Reiter und Pferdezüchter. Und er war stolzer Besitzer eines Range - Rovers. Leider gefiel ihm der Sitz nicht. Autositze haben ja doch eher etwas stuhlartiges an sich, nämlich eine flache Sitzplatte. Der Cowboy war aber Pferdesattel gewohnt. Er mochte diese Art des Sitzens so sehr, daß er auch im Auto so sitzen wollte. Also sollte ich ihm einen entsprechenden Autositz konstruieren.
Die Lederarbeiten sind ja nicht so schlimm. Ich habe sie gelernt. Interessanter war da schon das Holzgestell, das quasi als Unterbau das Pferd ersetzen sollte. Schließlich sollte der Cowboy halb stehen, den Sitz teilweise zwischen den Beinen haben, mit den Füßen an die Pedale kommen und nicht mit dem Kopf am die Decke stoßen. Also vermaß ich den Cowboy und das Wageninnere. Ich stellte schwierige ergonomische Berechnungen an. Ich fertigte verschiedene Modelle an. Dann kam der große Tag. Der Cowboy durfte probesitzen. Das Ergebnis: Ich mußte meinen großen Bruder zur Hilfe holen. Er kennt sich gut mit Metallarbeiten am Auto aus. Der Cowboy entschied sich nämlich für ein Modell, das eigentlich viel zu groß für ihn war. Also mußte mein Bruder das Wagendach um 20 cm anheben. Dann erst konnte ich den Sitz einbauen.
Inzwischen betreiben mein Bruder und ich eine Spezialfirma für Autositze. Unser Geschäft wächst und gedeiht. Die Filmindustrie hat uns nämlich für sich entdeckt. Viele Filmaufnahmen sind einfacher geworden, seit es uns gibt. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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