Finz Canz

Die Egoschlampe

Gibt es ein schöneres Gefühl, als geliebt zu werden?
Selbst wenn man die Gefühle nicht erwidert, so ist man zumindest geschmeichelt und genießt die Bestätigung.
Jeder Mensch möchte anerkannt werden.

Nun addieren wir die Tatsache eines gestörten Selbstbewusstseins und erhalten als Ergebnis eine Misshandlung der Zwischenmenschlichkeit.

Man gerät leicht in die Versuchung andere Menschen auszunutzen, um das eigene Ego auf Hochglanz zu polieren.
Besonders leicht fällt es, wenn sich dann jemand verliebt hat.
Man spürt, daß dieser Jemand viel zu geben hat und ist gerne bereit alles anzunehmen, was angeboten wird.
Ohne es zurück zu geben.

Dabei betrügt man sich selbst, weil alles unter dem Vorwand geschieht, man sei doch „wie immer“.
Im Grunde genommen scheint das auch so zu sein, denn man geht immer noch zusammen ins Kino und sitzt mit einem Bier auf dem Balkon.
Plötzlich steht man sich jedoch nicht mehr auf ser selben Ebene gegenüber, sondern blickt entweder hinauf oder hinab zu der Person, die einmal in Augenhöhe war.

Es ist ein Mensch, der nicht sehr stark ist und des öfteren seinen Emotionen erliegt.

Er sucht ständig nach einem haltversprechenden Anker, sehnt sich nach dem Heimathafen und einem Reisegefährten. Irgendwann trifft er vielleicht dich – du gibst ihm das Gefühl, du würdest am Steuer stehen und wüsstest genau wohin die Fahrt geht.

Nun verliebt sich dieser Mensch in dich.
Er bewundert dich für deine Stärke und deine Weltanschauung.
Daraus macht er kein Geheimnis, trägt sein Herz auf der Zunge, spuckt es aus und präsentiert es dir.
Du bist nicht verliebt und auch nicht selbstbewusst.

In dem Moment hat er sich verletzbar gemacht und bietet für dich ein gefundenes Fressen, falls du nach Anerkennung suchst und alles mitnimmst, was du bekommen kannst.
Dabei müssen seine Gefühle eigentlich nicht einmal erwidert werden.
Vielleicht machst du ein paar leere Versprechungen und versuchst den Anderen an dich zu binden, indem du ihm Hoffnungen machst.
Hoffnungen, von denen du selbst weißt, daß sie ins Nichts führen.
Es wird niemals eine Beziehung geben und es werden sich auch keine intensiveren Gefühle entwickeln.

Du möchtest nur diese Liebe genießen, du willst Mittelpunkt sein und spüren, daß du wichtig bist.
Er wird anfangs gerne bereit sein, seinen Gefühlen in irgendeiner Weise Ausdruck zu verleihen. Er wird sich vielleicht sogar aufopfern – schickt Blumen, ist jederzeit zur Stelle, macht Einladungen, ist charmant und versöhnlich.

Vielleicht fühlt sich dieser Mensch sogar herausgefordert, wenn du dich distanziert gibst.

Er kämpft, was du jedoch mit keinem Sieg belohnst.
Du wirfst ihm Brocken von Zuneigung vor die Füße, welche er begierig verschlingen wird.

Eigentlich merkst du gar nicht, was du machst.
Du lebst und lebst, genießt die Zuneigung und die Verlässlichkeit seiner Anwesenheit.
Es ist eine Freundschaft, bei der er eben mehr Gefühle hat als du.
Na und?

So schleicht ihr zusammen durch die Zeit – er trägt dir sein Herz hinterher. Manchmal lächelst du und ihr harmoniert gemeinsam.
Manchmal ignorierst du ihn oder schlägst ihm mit der verbalen Faust ins Gesicht.
Wenn er verletzt oder eifersüchtig ist, fühlst du dich geehrt und es reizt dich.

Für dich gibt es keinen Grund, um an dieser Situation etwas zu ändern. Du hast was du willst, du kannst jederzeit gehen und brauchst auch kein schlechtes Gewissen zu haben – schließlich warst du ja „wie immer“ und bist nie auf seine Annährungsversuche eingegangen.

Du bist zufrieden und nimmst ohne zu geben. Er bekommt von dir weder die Zuneigung, noch den Halt, wonach er sucht.
Aber was kümmert dich, was er sucht?

Irgendwann, früher oder später, kommt dann der Tag an dem es dich vielleicht interessieren wird, wonach er gesucht hat.
Das wird der Tag sein, an dem er all das nämlich nicht mehr bei dir sucht.
Der Tag, an dem du spürst, wie er sich entfernt und zu neuen Ufern aufbricht. Ohne dich.

Und scheinbar kümmert es ihn auch recht wenig, ob du dabei bist.

Dabei telefoniert ihr immer noch, ihr trefft euch, er lächelt und hört dir zu.
Aber er hat dir deine Krone weggenommen und Prinzessinnen können ziemlich ungehalten werden, wenn sie merken, wie ihnen die Macht entgleitet.

Wut, Panik und Verzweiflung und du weißt nicht, wieso du dich so fühlst.

Fast scheint es so, als hätte man einem Junkie die Droge genommen.
Er fehlt dir.
Plötzlich drehst du dich im Kreis, mischst die Karten neu, definierst irgendwelche Gefühle und glaubst vielleicht, dich tatsächlich in ihn verliebt zu haben.

Die Leute sagen, man wisse erst, was man hatte, wenn man es verloren hat.

Du hast ihn nicht verloren.
Er ist „wie immer“.
Im Grunde genommen scheint das auch so zu sein, denn man geht immer noch zusammen ins Kino und sitzt mit einem Bier auf dem Balkon.

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 04.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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