Alexander Schulz

Leben


Zu Beginn des dritten Jahrtausends stellt man sich immer
häufiger die Frage nach der Zukunft hinsichtlich Energie und Arbeitslosigkeit.
Doch liegen diese Problemstellungen nicht vielmehr in der Vergangenheit, mehr
noch, als wir es uns zugestehen wollen. Ist nicht der Fortschritt schuld an der
fortschreitenden Vergreisung des Systems Mensch?

 
In einer Zeit, lange bevor der Mensch begann, Wohlstand als
Zeichen des Ranges anzuerkennen, als es noch darum ging, durch Tauschhandel
einander und sich selbst das Leben zu erleichtern, Spezialisierte  man sich auf einzelne Tätigkeiten, mit denen
man seine Zeit verbrachte, etwas sinnvolles Produzierte und damit Dinge des
täglichen Lebens erwarb indem man sie ertauschte. Die Medizin war auf einem
Stand, der ausreichte, Schmerzen zu lindern, Wunden zu heilen und Leben zu
schenken, es zu beenden und zu verlängern, wo die Möglichkeiten des Menschen
dies zuließen. Die Natur hielt alle hierzu nötigen Mittel bereit.

 
Durch die Jahrhunderte und Jahrtausende veränderte sich das
Weltbild, es kamen Erkenntnisse und Ideen, Schöpfungen und Kreationen hinzu,
die dieses durchaus harte Leben vereinfachten. Der Tauschhandel ward
vereinfacht durch die Erfindung des Geldes. Es wurde Geschäft um seinen
Selbstzweck des Erwerbs von benötigten Dingen allein nicht mehr nur getätigt,
sondern um der Erhöhung des Wohlstandes willen, um zu Geld Geld kommen zu
lassen. Die Medizin Bediente sich immer mehr Elixiere, die Krankheiten heilten,
jedoch war noch immer die Natur, mit organischen und anorganischen
Bestandteilen Helfer der Mediziner.

 
Ein über Jahrhunderte schleichender Prozeß also, der einen
Schrecken machenden Höhepunkt darin erfuhr, daß die Industrie Menschen durch
Maschinen ersetzte, die mehr produzieren konnten. Die mehr produzieren konnten,
als benötigt wurde. Mehr Produktion bedeutete wiederum mehr Ertrag, wenn man
seinen Verkaufsbereich erweiterte. Eine frühe Form der Globalisierung entstand.
Die Entwicklung der Maschinen schließlich ging soweit, daß der Menschen als
Arbeitskraft unnötig wurde und selbst die Dinge, die der Mensch um seines
Selbsterhaltes unternehmen sollte, wird nun durch Maschinen erledigt.

 
Solange wir zurückdenken können, war der Mensch auf
Wanderschaft. Er war auf der Suche nach Lebensraum, auf Forschung und
Entdeckung. Er war auf der Flucht oder verfolgte, schlichtweg, er bewehte sich.
Das Automobil nimmt uns seit mehr als einhundert Jahren nun auch schon diese
einfache Tätigkeit ab. Die Muskelstruktur des Menschen verkommt dadurch in
seiner Struktur, immer mehr junge Menschen leiden an Krankheiten, die bis zur
vorherigen Generation vorrangig Senioren vorbehalten waren. Gelenkverschleiß,
Fettleibigkeit und Antriebslosigkeit sowie vermehrte Kopfschmerzen und
Krebserscheinungen stehen einer Medizin gegenüber, die das Leben scheinbar in
eine beinahe Form der Unsterblichkeit führen kann, hierbei jedoch in wirklichen
Fragen machtlos ist und diese Unsterblichkeit einer fragwürdigen Form des
Stolzes und der Selbstwürde entgegensetzt. Wir führen Kriege und Debatten um
den Erhalt unserer Energieressourcen, debattieren über Kriege, die in ihrer
Natur niederen Zielen dienen und bringen uns gegeneinander auf, jedoch sind wir
nicht in der Lage, die körperliche und geistige Vergreisung unserer
Gesellschaft und unserer Jugend zu stoppen, da wir nicht in der Lage sind,
Politik zu machen, die sich darum dreht, welche Ziele haben wir, nein, wir
leben in einer Politik, die sich selbst als Zweck hat unter der Motivation
einer Konsolidierung der Haushaltslöcher. Ist es nicht an der Zeit, Bedürfnisse
zu überprüfen und zu dem Ergebnis zu kommen, daß Ansprüche zu hoch und Kosten
nicht mehr zu tragen sind. Muß die Medizin um jeden Preis verlängern, was die
Natur beenden will?

 
Ist der Mensch noch in der Lage sich selbst zu sehen, zu
lesen und zu lernen, anstatt sich zu berieseln und zu ergötzen an einer
Kunstwelt, die wieder einmal nur dafür lebt, sich zu bereichern? Schalten wir
das ab, was uns auslaugt statt uns zu ernähren, uns bremst anstelle einer
Beschleunigung dessen was als die Werte der Aufklärung und der Philosophie
galten.
Denken um zu sein, zu kommen zu sehen und zu siegen, also
über die eigene Erkenntnis zu triumphieren ohne von Vorgekautem zu fressen und
sich ergo den Geistigen Magen zu verderben.
Sind wir noch in der Lage, die Tore der Wahrnehmung zu
öffnen, mit offenen Augen zu sehen, den Geschmack dessen wahrzunehmen, was vor
uns liegt, zu hören was da klingt, wenn der Strom ausgeschaltet ist. Zu fühlen,
was nicht gesagt wird, den Duft eines Regentages zu genießen statt sich über die
nassen Strassen zu ärgern.
Wenn es uns gelingt, das Wesentliche vom unwesentlichen zu
unterscheiden, werden wir wieder die Unendlichkeit der Dinge erkennen, werden
wir wissen, daß es keinem Krieg bedarf, Energiereste zu verteilen, da die Energie
aus uns kommt. Es bedarf keiner Debatte um Benzinpreise, da wir in der Lage
sind, zu laufen, weil wir wissen, wie entspannend es sein kann, sich zu
bewegen, weil es die Tatsache wieder Wert ist, sich durch die Stadt zu bewegen,
weil die Luft klarer ist. Es wird unnötig sein, kurze Strecken zu fahren, was
es uns erleichtern und verbilligen wird, längere Strecken doch mit dem Auto zu
fahren, da durch eine Entlastung des Nahverkehrs die Luft besser, die Straßen
freier, der Treibstoff billiger sind. Wir begegnen uns wieder Auge um Auge, wir
atmen durch, wir nehmen wahr, nehmen uns wahr, nehmen einander war und stellen
Fragen, informieren uns, lesen, reden statt zu debattieren.
Wir essen wieder, was uns schmeckt, weil wir gelernt haben,
was Geschmack ist, und wir essen, was der Körper benötigt, da wir auf unser
Inneres hören, nicht auf die Plastikwelt dessen, was uns als Bedürfnis
vorgegaukelt wird. Der Appetit nach neuem nährt uns und nähert uns einander an.
Wir brauchen keine Medizin, die uns am Leben erhält, denn wir halten uns am
Leben, indem wir uns das nur nehmen, was wir wirklich brauchen, um satt zu
sein, nicht übersättigt. Nicht Ergötzung des Voyeurismus ist die Maxime,
sondern erleben, entdecken. Wir brauchen kein big brother, kein Geständnis und
keine Bild, denn wir spüren was passiert, hören was geschieht, lesen was war um
zu erkennen was wird und kombinieren die Bilder zu einem Puzzle des Lebens. Wir
haben es nicht nötig, 100 Jahre darauf zu warten, daß wir elendig verfallen, da
wir die Zeit nutzen uns zu finden, was es uns erleichtern kann zu gehen, wenn
der Körper uns dieses sagt. Keine Krankenkasse weiß um unser Wohlbefinden, denn
niemand fragt uns danach. Es kann nicht sein, daß wir jemandem Geld dafür
zahlen, ihn darum zu bitten, uns am Leben zu erhalten, uns zu heilen und die
Schmerzen zu nehmen, wenn uns dieser niemand niemals danach fragt, wie wir uns
fühlen, wie es uns geht oder ob wir den Wunsch haben, zu leben, zu sterben, zu
leiden zu entspannen oder einfach die Wahl zu haben, einen anderen Weg zu gehen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Was ist die Würde in deinem Rahmen der
sich Staat nennt, der Gesetze erstellt, die unter dem Vorschub von Gründen
seinen Selbsterhalt an erster Stelle vollzieht. Wir werden kontrolliert,
überprüft, ausgehorcht, abgespeichert und kategorisiert, in Tabellen zusammen
gefaßt und nach Fällen begutachtet. Wir bezahlen dafür in ein Schubfach
geschoben zu werden wenn wir es verdienen gefragt zu werden und im Mittelpunkt
zu stehen. Wir stehen im Mittelpunkt, wenn wir uns einfach nur im Strom treiben
lassen und vielleicht ein wenig dagegen anschwimmen.
Sind wir eine Nummer? Kaum, aber wir werden nach Nummern
verwaltet. Steuernummer, Sozialversicherungsnummer, Aktennummer hier und dort.
Wer sind Sie? Schmidt, Meier, Schulz, Lehmann? Keine Ahnung. Wie ist denn Ihre
Aktennummer? Alles Klar. Sie haben sich noch nicht registrieren lassen. Das ist
eine Ordnungswidrigkeit. Wie ist Ihre Personalausweisnummer?

 
Niemand kann jeden kennen, aber gerade deshalb ist es doch
wichtig, sich nicht um jeden ungefragt zu kümmern. Oder ist es so wichtig, ob
ein Zaun nun 105 cm ist oder 115cm. Wenn eine Verordnung etwas besagt, so muß
sie eingehalten werden, um ihrer selbst Willen. Niemandem ist damit gedient,
nur dem Amtsschimmel, der sich selbst erhalten muß. Wir erlegen uns Regeln auf,
um Arbeit zu schaffen, anstatt dafür zu arbeiten, daß wir keine Regeln mehr
benötigen, weil wir das, was wir leisten deshalb schützen wollen es uns teuer
ist. Wir führen Prozesse gegen Unternehmen, weil wir nicht in der Lage sind,
uns vor Gefahren zu schützen, indem wir die Augen aufhalten und mit wachem
Verstand Dingen aus dem Wege gehen, die uns nicht geheuer sind. Daß ein Kaffee
zu heiß ist, um ihn über die Hose zu gießen wissen wir alle. Wir wissen, daß
eine Eisbahn glatt ist. Jedem ist bewußt, daß es hier und da passieren kann,
anzuecken. 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 18.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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