Katja Heinrich

Sodbrennen - 8. Stimmen aus der Nachbarschaft

 

Ich liebe meine Wohnung. Sie ist eine echte Festung. Ich habe sie vor einigen Jahren gekauft, als ich einen fernen Onkel beerbte (klingt blöd, nicht wahr? Ist aber so!) und nach meinem Geschmack gestaltet. Das bedeutet, ich habe mir eine Klimaanlage mit Filter einbauen lassen und natürlich eine Eingangstür, die ihresgleichen sucht  - da bricht so schnell keiner ein.
Nicht, dass hier was zu holen wäre außer mir. Aber ich bin ja mein höchstes Gut!
Außerdem ist jede Zimmertür besonders sicher und speziell abschließbar. Man weiß ja nie. 
 
Jedenfalls hat die vermaledeite Eingangstür einen großen Fehler. Sie ist irgendwie stimmendurchlässig. Sie lässt nicht jede Stimme durch, wohl aber die meiner Nachbarinnen. Das ist unschön, weil ich diese beiden Stimmen wirklich nur ganz schlecht bis überhaupt nicht tolerieren kann.  
Meine beiden Nachbarinnen halten sich gerne auf dem Flur auf – ihr zweites Wohnzimmer. Sie sind beide schwerhörig, die eine aus Altersgründen und die andre berufsbedingt und mittlerweile in Rente. Dazu sind sie aber - sozusagen als göttlicher Ausgleich – mit kräftigen Stimmen im ca. sechsgestrichenen C-Bereich gesegnet. Eine Frequenz, die meinen Ohren weh tut.
Eine der beiden Frauen ist liebende Mutti zweier reizender Katzen (ich hasse Katzen, ich kriege zuviel allein bei dem Gedanken an die Haare). Ich kenne mich nicht aus mit dem Viehzeug, aber das sind die mit den besonders langen Haaren und diesen plattgeknautschten Mondgesichtern, die ihnen immer ein dümmliches Aussehen verleihen. Diese Katzenmutti hat den Fimmel, ihre Türe fast den ganzen Tag aufstehen zu haben, so dass ich, wenn ich einmal aus meiner Lebensblase trete, oft über mindestens eine der beiden Katzen falle. Ich bin zu gut für diese Welt, denn ich gebe meinem Reflex, nach diesen Kreaturen zu treten, nicht nach.
Warum? Weil die Katzen nichts dafür können – und ich keine Lust auf Greenpeaceschilder vor meinem Eingang habe, auf denen steht „Rettet die Katzen!“.  
 
Aber ich schweife ab. Die zweite Nachbarin ist das Pendant – die liebende Katzenomi. Idyll! Das bedeutet, wenn beide Damen zuhause weilen (und das tun sie so gut wie immer!) und beide Türen auf sind (und das ist auch viel zu oft der Fall), dann treffen sich Katzenmutti und Katzenomi auf dem Flur. Die reine Freude für beide, denn man hat sich lange nicht gesehen. Leider kann solch ein Treffen zu den unmöglichsten Tageszeiten stattfinden.
Ich liege morgens im Bett und dämmere noch vor mich hin. Auf einmal, plötzlich… schrecke ich hoch. Stimmen. Katzenmutti und Katzenomi treffen sich auf dem Gang und unterhalten sich im sechsgestrichenen C-Bereich. Die irre hohe Frequenz macht mir Herzrasen. Eine Weile lausche ich wie draußen die Katzen betüdelt werden, denn man unterhält sich nicht nur miteinander, nein, man spricht auch mit den Katzen.   Wäre ich Katze, ich hätte den beiden schon die Augen ausgekratzt! Hören Katzen nicht auch besser als Menschen? Tun die Stimmen der beiden Frauen ihnen nicht im Ohr weh? Mir schon!  
 
Neulich sprach mich Katzenmutti an, ob ich denn nicht höre, dass manchmal eine der beiden vor meiner Tür sitzt und schreit. Höre ich nicht! Komisch, die Tür lässt offensichtlich nur die Stimmen meiner Nachbarinnen durch! 
 
Hat sie einen Pakt geschlossen mit ihnen?  

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 22.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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