Katja Heinrich

Sodbrennen - 14. Geräusche dieser Welt

 

Meine Ohren sind total empfindlich. Daher habe ich meine Wohnung auch gegen Geräusche von außen schalldicht isolieren lassen. Schon früher in der Schule habe ich Pusteln bekommen, wenn Kreide so schief über die Tafel gezogen wurde und dann quietschte. Nachdem das bekannt wurde in der Klasse, machte es einigen Mitschülern besonderen Spaß mit den Nägeln über die Tafel zu kratzen und mich dabei zu beobachten, wie ich aus dem Raum stürmte.
Kinder sind so grausam.
Oder ganz schlimm finde ich auch das Geräusch von Alufolie – egal, ob man sie einfach nur aus dem Behälter zieht oder zusammenknüllt. Der Gedanke macht mir Gänsehaut. Ganz schlimm finde ich auch Zahnarztbohrer oder Geräusche, die dem ähnlich sind, das zieht mir die Spucke im Mund zusammen und mein Trommelfell krampft. Dennoch gehe ich heldenhaft zweimal im Jahr (mit zwei Valium intus) zum Zahnarzt und ertrage das, lieber potentiell dieses Geräusch als verfaulte Zähne (muss kurz würgen, Moment).
 
Insbesondere Geräusche, die anhaltend sind oder die plötzlich eintreten, sind mir ein Gräuel.
Zum Beispiel macht eine Waschmaschine oft immensen Krach, ich habe bereits zwei Maschinen wieder abholen lassen, weil sie nicht wie vom Verkäufer mehrfach versichert, besonders leise waren. Nun habe ich eine, die ich nicht wahrnehme, wenn die Tür des Badeszimmers geschlossen ist. Stille!  
 
Rasend macht mich auch – in den sehr seltenen Fällen, in denen ich das Fenster geöffnet habe – Vogelzwitschern. Die Biester haben die Unart, über mehrere Stunden den Zuhörer mit derselben Tonfolge zu quälen. Ich bekomme dann immer unwahrscheinlich real anmutende Visionen von gebackenem, gebratenem oder gedünstetem Geflügel.
Ich habe schon Stifte nach ihnen geworfen, damit die Viecher aufhören. Um einen Greenpeace-Ansturm zu verhindern: ich habe nicht bewusst gezielt, nur einfach den Stift in den Baum geschmissen, damit dieses Kroppzeug vor meinem Fenster verschwindet. Klappt übrigens prima!
 
Laute Stimmen tun mir auch weh.
Zum Beispiel, wenn ich am Rechner sitze und Klaus direkt neben mir steht, um etwas zu erklären, spricht er ca. fünf Zentimeter neben meinem Gehörgang in schulmeisterlich lauter durchdringender Stimme auf mich ein, wenn ich es nicht sofort begreife. Als würde die Lautstärke dabei helfen, es verständlich zu machen.
Oder Menschen, die überhaupt von Natur aus ein lautes Organ haben – und ihr Gegenüber in Ohrenzuhalt-Lautstärke mit ihrem Geblöke penetrieren.
Auch grässlich ist für mich fröhlich-kreischendes Kindergeplärr beim Spielen, haben die kein Zuhause?
Schlimm finde ich plötzlich auftretende Geräusche, wie zum Beispiel der Kampfflieger, der gerade in vermutlich lediglich zehn Meter Abstand über das Haus brettert. Horror!
Da stellen sich mir die Nackenhaare auf und ich bekomme kurzzeitig Schweißausbrüche.
 
Schön finde ich Musik, die kann ich auch ein wenig lauter ertragen. Nur nicht, wenn andere die Lautstärke einstellen. Versteht sich von selbst.
Aus Prinzip!
Musik höre ich gerne, aber da bin ich auch wählerisch, es muss meiner Laune entsprechen. Am liebsten höre ich dunkle Stücke mit Cello, egal ob klassisch oder modern.
Ich mag gerne diese finnische Gruppe Apocalyptica, die sollten sie sich einmal anhören. Ganz wundervolle Musik. Außerdem höre ich gerne Carmina Burana von Carl Orff oder Gregorianische Gesänge.
 
Musik ist wichtig für mich, ich finde darin Erholung und Abstand – ich kann mich hineinversetzen und gehe manchmal gar als neuer Mensch aus einem Musikstück heraus.
Einige wenige Lieder kann ich den ganzen Tag, eine ganze Woche lang am Stück hören. Sie berühren mich immer wieder aufs Neue, so dass sie mich nicht langweilen oder nerven.
Das finden Sie komisch? Warum denn? Langweilig, immer das gleiche zu hören?  
 
Sie leben ja auch immerzu mit sich selbst – wird Ihnen das etwa langweilig?

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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