Paul Duke

Fünf Punkte und Katzenjammer

Fünf Punkte und Katzenjammer  
 
 
 
Eine etwas befremdliche Situation, als seine Mutter mir den Joint reicht. Er hatte die letzten paar Jahre seines Lebens in einer der berüchtigtsten Haftanstalten des Landes verbracht, die Tätowierung auf seinem Handrücken sprach Bände. Starkes Dope, Elektrofaust. Gutes Karma. Abmarsch in Richtung City. Wir stinken nach Krawall, haben Fahnen vor uns herwehen wie Raubritter mit Rückenwind. Verwirrende Energien, fliegende Fäuste, Revier erfolgreich verteidigt. Der nächste Joint glüht mitten in der Innenstadt, Freitagabends um acht Uhr. Der Party-Motor muss laufen, also wird er betankt. Dass dabei ein Joint nach dem anderen die Runde macht, scheint niemanden zu jucken. Die gesamte Bar riecht nach feinstem Kathmandu-Shit. Unser Rudel ist gewachsen, eine hochgewachsene Blondine leistet mir Gesellschaft. Sie erzählt mir viele wichtige Dinge, ich stelle meine Ohren auf Durchzug, bin sowieso nicht aufnahmefähig. Die permanente Dope-Zufuhr und die Unmengen von Bier fördern nicht grade meine Konzentration. Drauf geschissen, Stationswechsel. Der Türsteher der Titten-Bar lässt uns nicht rein, wir sind nicht angemessen gekleidet, so sagt man. Verstehe ich, wir sehen aus, als wären wir auf dem Weg von einer Schlägerei zu einem Einbruch. Wir beschließen weiter zu ziehen, da man sich mit Türstehern aus dem Rotlicht-Milieu vor allem dann nicht anlegen sollte, wenn sie in Schwärmen auftauchen und kokett mit ihren Teleskopschlägern schwingen. Erst recht nicht, wenn einem wütende und verkokste Zivilbullen am Arsch kleben. Ab in den nächsten Laden, die Türsteher könnten vor einem Kindergarten stehen, also ignorieren wir sie, genauso wie den Vogel, der Eintritt verlangt. Die Party geht weiter, das Glas ist halbvoll, die Drinks fließen in Strömen. Irgendein Bastard hat angefangen, den Schuppen zu drehen, oder ich bin betrunken. Filmriss. Taxifahrt. Werd mal wieder in einer seltsamen Crack-Höhle wach. Seltsam aufgeputscht, mit weit aufgerissenen Augen und vom Kotzen geplatzten Adern im Gesicht, stelle ich die Ereignisse der letzten acht Stunden in Frage. Hatten diese Typen echt gedroht uns zu erschießen, bevor sie unter einem Meteoritenschauer von Fäusten der bitteren Wahrheit ins Auge sehen mussten, das ausgewachsene Sozial-Terroristen keine echten Feinde innerhalb ihres an gestammten Lebensraumes haben? Und was war in diesem seltsamen Laden passiert, der wahrscheinlich Leute in unserem Alter als Zielgruppe hat? Was hatte ich getan? Hatte ich etwas getan? Ich überlegte wo ich den Ausweis loswerden konnte, welchen ich, warum auch immer, irgendwo hatte mitgehen lassen. Eins stand fest: ich hatte gegen fast jedes Gesetz des Universums verstoßen, mich gegen seine Energien aufgelehnt, als Antagonist agiert. Ich hatte mich zum Spiegel des Lichtes des Seins gemacht, einem großen, dunkel getönten, verwunschenen Spiegel der direkt aus der Garderobe Draculas stammen könnte, zudem mit Resten von Speed und Koks verschmiert ist. Und schon den einen oder anderen Sprung hat.
 

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Veröffentlicht auf e-Stories.de am 27.12.2007. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

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