Farblos

Farblos

Ein Freund erzählte mir die Geschichte eines Mannes der, durch einen Autounfall bedingt, plötzlich keine Farben mehr zuordnen konnte. Er hatte keinen anderen körperlichen Schaden davongetragen und war sich, bis zu dem Moment wo ihn ein Polizist stoppte, sicher noch einmal mit dem Schrecken davongekommen zu sein. Der Polizist fragte ihn ob er alkoholisiert wäre, da er schon die dritte Rote Ampel so lässig überquert hatte, als würde er in seinem Garten die Strecke von der Terrasse zum Grill zurücklegen. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, das sich in der Ampel etwas mit dem Namen rot befand und wenn es in diesen komischen Dingern am Strassenrand war, was in aller Welt sollte es ihm sagen?

Obwohl er sich kurz nach dem Unfall noch eimnmal im Krankenhaus untersuchen liess, konnten die Ärzte nichts feststellen und liessen ihn schon kurz danach wieder gehen. Dabei sollte man doch denken, dass es ein Leichtes sein müsste in einem Krankenhaus seine Farben zu entdecken. Nicht das er von diesem Moment an nur keine Farben mehr sehen konnte, nein, er hatte sogar die Bedeutung von Farbe völlig vergessen.

Vielleicht, dachte er, als er das Krankenhaus verliess, spielte die Farbe ja verstecken und hatte sich in einem Laken vergraben damit die Ärzte sie nicht entdecken konnten. Vielleicht wurde sie aber auch, nachdem man ihn angefahren hatte, aus ihm herausgeschleudert und lag besinnungslos im Graben?

Also machte er sich zurück auf den Weg um seine Farben zu suchen. Er ging den ganzen Weg sehr vorsichtig ab, so als würde er befürchten in seine Farben zu treten. Aber er konnte sie nirgends mehr entdecken. Schade, dachte der Mann und überlegte ob vielleicht ein aufmerksamer Mensch seine Farben gefunden und zum Fundbüro gebracht hätte. Doch auch dort waren seine Farben nicht.

“Wie sehen sie denn aus ihre Farben?“ fragte der Beamte hinter dem Schalter und sah ihn dabei an, als hätte er noch etwas anderes verloren.

“Na ja“, begann der Mann, dem plötzlich auffiel, dass er auch die Namen seiner Farben vergessen hatte: “bunt“ sagte er nach einem langen Spaziergang durch sein Gedächtnis. Dann lächelte er wie jemand dem gerade ein alter Geruch aus seiner Kindheit begegnet war und sagte in euphorischem Ton: “Irgendwie besonders bunt!“