Wolf-Alexander Melhorn

Hoffnungen - Parabel: Kriegserleben

 


 


 


 


Eng auf den Leib gepasst
sein Waffenrock
- bis in die Falten steif gebügelt.
Straff geschnürte Männlichkeit
auch Ausdruck eines Machtanspruches
- und sichtbar Schutz
vor jedem Zweifel!





 



So hatte er begonnen.
Und Hoffnung prahlte Zuversicht...


 


 


Inzwischen hing die Uniform
längst schlotterig an ihm herunter
- geflickt und irgendwie doch abgerissen!


 

Auch beulte Erdreichfeuchte ihm die Stiefel,
die einst,
zu Zeiten schneller Siege,
in speichelaufpoliertem Glanz
im Stechschritt paradierten.



Auch sonst
war er nicht wieder zu erkennen!
Der kühne Blick,
der herrisch einst das Morgen ahnte,
war stumpf geworden
mit der Zeit;
die junge Haut,
einst straff den Knochen aufgezogen,
zu tiefen Falten abgealtert;
der Leib
- der unverwundbar schien! -
nunmehr mit Narben eingerissen.
Der Stolz von einst
war zwar bei ihm geblieben,
die Hoffnung aber sich davon gemacht,
als er
- nicht ohne Schuld! -
versagte!






 


Denn unerbittlich,
- um auch sein Ende aufzuschieben -
ließ er das letzte Aufgebot
in seinen Straßen kämpfen.


 

Und nur der Tod,
der unersättliche Vasall,
blieb weiter stur an seiner Seite,
als andere schon von ihm wichen!


Verschlagen die Gelegenheit ergreifend,
gesellte sich den zwei
gelegentlich noch die Erniedrigung hinzu,
um sich,
im Schatten dieser beiden,
grausame Lüste auszuleben.













Die hatten auch nach ihr gegiert,
gewillt,
in ihren jungen Leib zu brechen
den sie sich mit Gewalt ergriffen!

Nur einen Lidschlag lang
wurde dieser Akt gestört
- doch Zeit genug,
dass sich der Tod den Schänder holte!

An ihr
blieb daher nur der Ekel kleben!













Sie teilten sich zu viert den Keller.
Nur sie
und ihre beiden Kinder. ,
Waren
- einfach so! -
entkommen.


 

Mit dieser Frau vom 4.Stock,
deren Unausstehlichkeit
nur Last,
doch deren Hilfe,
sie so brauchte!


Mehr hatte die Vergangenheit
ihr nicht gelassen!



 


 


Alle andern fehlten jetzt.
Zerplatzt in Bomben über ihnen;
geschrumpft
im Knistern dieser Phosphorglut;
durchglüht wie ein Papier,
das dann im Feuerwind zerweht
- als Fetzen durch die Trümmer!









Doch ihren 22 Jahren
blieb die Pflicht,
den beiden Kleinen Nahrung herzuschaffen!
Denn Hunger fraß sich in ihr Leben ein,
den keine Hoffnung stillen konnte!


 

Und diese Bürde
drückte sie
in eine neue Form von Wirklichkeit!


 

Zwar fand,
in manchem aufgeplatzten Keller,
sich anfangs Eingemachtes
und es galt,
dann schnell zu sein,
bevor es sich die andern griffen!
Doch reichte das nur wenig Tage!





Daher verkaufte sie,
an hungrige Soldaten
- auf Zeit
und gegen Brot -
in den Ruinen
ihre Schenkel;
Wobei sie schwor,
das werde niemand
jemals
wissen!
Die Scham in ihr
besänftigte zu recht die Not.




Nach Wochen erst,
als sich die Sieger sicher wähnten,
war endlich
neue Ordnung festgezurrt!


Da stand sie nun
in ihrer neuen,alten Welt,
gestützt auf Trümmer,
die vormals Werte waren!
- Und doch erfüllt mit jener Kraft,
die neuem Anfang immer eigen!


 

Nur so saugt sich auch Zukunft ein
und alles wird sich wieder neu
- nachdem das Alte
so bedrohlich!


 

Und immer wieder
glühte dabei ihre Seele,
im Wunsch,
dass doch ihr Frank
zu ihr und seinen Kindern finde!
Dann
- endlich! -
könnte sie auch ihre Qual beweinen;
dass sie dem Krieg
und einem 'Endsieg'
opfern musste!







Wenn sie sich dies ersehnte,
so glommen ihr
- gedankensüß -
die Stunden auf,
in denen sie gemeinsam in die Zukunft träumten
- auch wenn sich
hohle Männlichkeit
an Orden maß und Schulterklappen.

Sie hatte stets dafür gebetet,
er möge seiner Siegessicht
- zur rechten Zeit! -
dann doch Tribut entrichten!
Nicht machen,
was der Schwiegervater wollte,
dem jeder Mann Verräter,
wenn er
- statt seiner Pflicht -
zuletzt dann doch das Leben wählte.













Doch Jugend ist nun mal auch Leben,
das niemals wirklich Stillstand duldet!


 

Und so versank in ihr
auch schwer Durchlebtes.
Führte neue Hoffnung
sie allmählich auf den Platz,
auf den sie,
nach Bestimmung,
nunmehr hingehörte!











Doch als der Enkel
jetzt
das Honigbrot verweigerte
- obwohl er es noch angebissen! -
ermahnte sie ihn drängend:
„Iss!“

Da war nun plötzlich wieder
so ein schlechtes Stück Erinnerung!


 

Das hätte ihr das Brot
am liebsten selbst hineingezwungen,
damit nur ja nichts in den Abfall kam!
Auch wenn die Süße sie dann
quälend schmerzen würde
- am Zahn,
der die Prothese hält.



„Ich will aber nicht!“
beharrte dieses Kind!

„Aber andre hungern...! “
erwiderte sie aufgebracht!
" Egal!"


 

Die Hoffnung,
sie werde dieses Kind verstehen
fiel damit jäh in sich zusammen.


 

Doch konnte es denn überhaupt begreifen,
was sie sich nicht mal selbst
noch ein Mal begründen wollte?



Das Kind,
mit aller Patzigkeit,
suchte Streit
- den sie verlieren würde,
wie sie wusste!


Das zog sie in die Gegenwart zurück.


Für Hoffnung blieben andre Zeiten!


unter
http./www.melhorn.de/Geschichten.htm





 

Vorheriger TitelNächster Titel
 

Die Rechte und die Verantwortlichkeit für diesen Beitrag liegen beim Autor (Wolf-Alexander Melhorn).
Der Beitrag wurde von Wolf-Alexander Melhorn auf e-Stories.de eingesendet.
Die Betreiber von e-Stories.de übernehmen keine Haftung für den Beitrag oder vom Autoren verlinkte Inhalte.
Veröffentlicht auf e-Stories.de am 17.10.2002. - Infos zum Urheberrecht / Haftungsausschluss (Disclaimer).

Der Autor:

  Wolf-Alexander Melhorn als Lieblingsautor markieren

Bücher unserer Autoren:

cover

Was die Liebe vermag: deutsche und englische Gedichte von Stefanie Haertel



Es sind deutsche und englische Gedichte, zum Träumen, zum Nachdenken, zum Verlieben.

Möchtest Du Dein eigenes Buch hier vorstellen?
Weitere Infos!

Leserkommentare (0)


Deine Meinung:

Deine Meinung ist uns und den Autoren wichtig!
Diese sollte jedoch sachlich sein und nicht die Autoren persönlich beleidigen. Wir behalten uns das Recht vor diese Einträge zu löschen!

Dein Kommentar erscheint öffentlich auf der Homepage - Für private Kommentare sende eine Mail an den Autoren!

Navigation

Vorheriger Titel Nächster Titel

Beschwerde an die Redaktion

Autor: Änderungen kannst Du im Mitgliedsbereich vornehmen!

Mehr aus der Kategorie "Parabeln" (Kurzgeschichten)

Weitere Beiträge von Wolf-Alexander Melhorn

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?
Dann schau Dir doch mal diese Vorschläge an:

Der Zuhörer - Erzählung: Gefallsüchtiges Verhalten von Wolf-Alexander Melhorn (Zwischenmenschliches)
Ihr Freund, der Baum von Christa Astl (Zauberhafte Geschichten)

Diesen Beitrag empfehlen:

Mit eigenem Mail-Programm empfehlen