Josef G. Broßmann

Kein Sieg

Er kommt zu ihr wie schon so oft. Damit schenkt er ihr den Vorzug der Entscheidung, was sie Beide miteinander
anstellen wollen: zu ihm gehen, bei ihr bleiben, woandershin? Mit eisernem Gesicht öffnet Malwine die Tür, vor
der er steht. "Tach!" Sie spricht es im Ton einer Ohrfeige. Moritz lächelt sie mit seinem strahlenden Lächeln nur
an. "Grüß' Dich, Malwine" plätschert es fröhlich aus ihm und er will mitfühlend wissen "oh, hattest Du im Unter-
nehmen Ärger?" Dabei tritt er auf sie zu, an ihr vorbei und in den Flur.
 
Die Frau weiß, dass er Küsse zwischen Tür und Angel nicht mag. Oft schon hat er sie mit seinem Lächeln, in 
dem soviel Zuversicht liegt, umstimmen können. 'Diesmal nicht!' denkt sie, Jochen ist besser, viel besser: gebil-
deter, attraktiver, aktiver, entschlossener, im Bett stärker, reicher!' Sie schließt die Tür und Moritz will sie in 
den Arm nehmen. Brüsk schiebt sie ihn von sich und sein Gesicht erlischt plötzlich zu fahlem Brei. "Zwischen 
uns ist es aus! Aus! Aus! Aus!" schleudert sie ihm ins Gesicht, verachtend, zischend, erniedrigend!
 
Gefasst und ernst sieht Moritz Malwine an, eine Minute, zwei? Es erfüllt sie mit Wut, als sich seine Mine wieder
aufhellt und lebendige, helle Zuversicht zurückkehrt, die sie noch bis vor kurzem so an ihm gemocht hatte. Da
schwebt mit einem Male seine offene Rechte im Raum. "Gut!" schluckt er hart, "Du kennst für Dich das Bes-
sere und ich vertraue darauf, dass es das auch ist, Malwine!" erklärt er jetzt schon mit fundierter und freier 
Stimme. Nachdem sich ihre Hand nicht in der seinen findet, streicht die ihr von Schulter bis Elle und kehrt
zurück.
 
Moritz ist im Begriff, sich umzuwenden, da schmettert ihm sein Gegenüber hämisch entgegen "ich wusste es!
Du (!) liebst mich nicht, denn sonst würdest Du um mich kämpfen!" Da schaut er sie fest über die Schulter 
an. Er, der im Begriff war, sich abzuwenden, wendet sich ihr noch einmal zu. Mit neuem Atem erklärt er ru-
hig "bei einer bloßen Sache täte ich dies auch. Du aber bist Malwine, die Frau, die ich liebe!" Seine Augen
sprühen noch eine Weile in die ihren. Der Mann greift zum Türknauf und versichert "für den einzig geliebten
Menschen will ich das Beste, auch wenn das für mich heißt, ihn zu verlieren! Adieu!"
 
Jetzt ist die Frau sprachlos und dies länger, als der Mann aus der Tür geht. Wollte sie über dieses Weichei 
nicht einen Sieg erringen? Ihr ist aber eher, als sei ihr etwas entrissen worden. -  

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