Ich könnte sagen, dass da nichts zu erklären gibt, dass er seine Eltern
fragen soll... Na, mir könnte ja auch einiges einfallen, wenn ich nicht so
geschockt und sprachlos wäre. Ich selbst habe den Ehevertrag durchgelesen und
es gab Sachen, die mich geschockt haben. Ich las ihn mehrmals durch um wirklich
zu verstehen, was da geschrieben war, und mit jedem Mal verstand ich weniger.
Von mir wurde verlangt so viel... Zu viel! Ich hab keinen Moment
gezweifelt, dass es einen Ehevertrag geben wird, aber ich hatte nie gedacht,
dass er so sein wird, wie er, leider, ist.
Der Ehevertrag ist eigentlich ziemlich gut gemeint. Ich bekomm sogar Geld, dafür
dass ich Patrick heirate! Das ist verrückt! Na ja, das ist auch die einzige,
positive Sache beim Vertrag – so etwa 20 Zeilen sind der Geld-Sache gewittmet,
die Anderen – den Sachen, die ich machen muss, z.B., wird mir da
vorgeschrieben, dass ich in den kommenden zwei Jahren ein Kind gebähren muss.
Ja, genau so steht da geschrieben! Ich fühlte mich wie ein Haustier als ich das
las und dieses Gefühl ist noch da. Darf man einer Frau überhaupt Vorschriften
dieser Art machen? Also, ich hatte schon immer irgendwie Zweifel wegen der
Hochzeit gehabt, aber jetzt spüre ich, dass diese Zweifel nicht mehr grundlos
sind und das macht mir Angst... Ich will schließlig nicht zu einer
Hausfrau mutieren. Hallo?! Warum hört der liebe Gott nicht meine Gebete, denn
langsam habe ich das Gefühl, dass ich mich verändere und nicht weil ich es
will, sondern weil andere mich verändern – sie machen aus mir den Menschen, den
sie sehen wollen, z.B., Amelie. Sie hat stundenlang gemeckert, dass mein Hochzeitskleid
keine Schleppe hat. Na ja, die hatte es auch nicht bis zu dem Moment, jetzt hat
es eine und ob ich das mag, hat mich ja keiner gefragt, denn Amelie ist doch
die perfekte, ältere Schwester, die einen guten Geschmack hat und immer recht
hat. Das macht mich verrückt! Und nervt!
Ich höre wie Patrick hinter mir flucht und dann sitzt er schon mir
gegenüber. Ich sehe garnichts, es ist plötzlich dunkel geworden, dann bemerke
ich seinen Blick; ich will etwas sagen, alles erklären, doch dann, als ich den
Mund öffne um das zu machen, merke ich, dass ich nichts zu sagen habe. Es ist
traurig, aber da bin kraftlos – ich hab ein Gefühl, dass ich einem riesigen
Felsen gegenüber stehe und diesen Felsen nicht vom Platz bewegen kann. Und wie
so oft fliegen meine Gedanken weg, sie lösen sich von meinem Körper, gegen
meinen Willen, und ich sehe alles in einem vollkommen anderen Licht – ich
bemerke, dass es riecht, als ob etwas verbrannt hätte, dass Patrick sich nicht
gekämmt hat und muss zugeben, dass er umwerfend aussieht.
„Was soll das?“, fragt er und lehnt sich über den Tisch zu mir; seine Hand
berührt leicht meine Wange und streicht eine Haarsträne aus meinem Gesicht. Ich
kann nur mit dem Kopf schütteln, kein Wort kommt über meine Lippen.
Das Telefon klingelt. Patrick steht grinsend auf und ich kann mich jetzt
auch nicht zurückhalten und grinse. Im Wohnzimmer höre ich seine fröhliche
Stimme, er lacht. Es scheint so, als hätte er alles vergessen und ich merke
auch dass ich schon fast alles vergessen habe. Vielleicht ist es auch besser
so.